Tichys Einblick
Der Chaos-Minister gegen alle

EU-Streit um den Genesenenstatus: Lauterbach wird zusehends zur Belastung für die Regierung

Die EU-Staaten halten am sechsmonatigen Genesenenstatus fest, auch Vertreter der Bundesregierung stimmen zu. Lauterbach will dem Kontinent jedoch seinen Willen aufzwingen. Das Chaos-Irrlicht im Gesundheitsministerium wird zunehmend zur Belastung für das Land – und die Regierung.

IMAGO/Political-Moments

Die plötzliche Verkürzung des Genesenenstatus in Deutschland ist einmalig. Nicht nur, weil dieser elementare Grundrechtseingriff ohne wirkliche Ankündigung, geschweige denn mit Schonfrist verhängt wurde. Nicht nur, weil eine Regierungsbehörde intransparent und an den demokratischen Institutionen vorbei per Mausklick Grundrechte für viele Menschen wieder abschafft. Sondern auch, weil Deutschland auf diesem Weg praktisch alleine ist.

erratische Aussagen eines Ministers
Die wachsende Verwirrung des Karl L.: "Seit zwei Jahren Rücksicht auf die Ungeimpften"
Der Sprecher des Gesundheitsministers verweist auf wissenschaftliche Gründe für die geänderte Dauer des Genesenenstatus. Auch das Robert-Koch-Institut tut das: Die Quellen, die das Institut anführt, geben diese wissenschaftliche Begründung jedoch nicht her (TE berichtete). Lauterbachs Sprecher behauptet auch, der Minister hätte sich bereits zu den Vorgängen geäußert: Das ist falsch. Der Minister selbst erklärte zu den Vorgängen, er habe nichts von der bevorstehenden Änderung gewusst. Seine Staatssekretärin Sabine Dittmar hatte diese jedoch einen Tag vor der plötzlichen Änderung im Bundestag zur Sprache gebracht. Vielleicht redet einfach niemand im Gesundheitsministerium mit Lauterbach. Doch wahrscheinlicher ist: Der Minister erzählt der Öffentlichkeit wissentlich die Unwahrheit.

Dieser Unwahrheitsminister will jedoch nicht von seinem Kurs abweichen – und das trotz massiven Gegenwindes aus dem Ausland. Wenige Tage, nachdem das Bundesgesundheitsministerium die Dauer des Genesenenstatus schnell änderte, wird Lauterbachs angeblich wissenschaftlich begründbare Haltung konterkariert: Am Dienstag beschlossen die EU-Mitgliedsstaaten, dem Genesenenstatus unionsweit sechsmonatige Gültigkeit einzuräumen.

Die Bundesregierung versinkt daraufhin im Chaos: Das Auswärtige Amt verweist Presseanfragen zum Thema an das Innenministerium, dieses wiederum verweist an das Bundesverkehrsministerium. Im Bundesgesundheitsministerium wurde man von der Entscheidung der EU scheinbar überrascht. Dabei stimmte die Außenamts-Staatsministerin Anna Lührmann in Brüssel sogar für die Sechs-Monats-Regel. Im deutschen Regierungskörper weiß die rechte Hand offenbar nicht, was die linke tut.

Karl Lauterbach gibt sich jedoch ungeschlagen. Die EU-Entscheidung will er nicht umsetzen: Auf Anfrage von Business Insider stellt das Ministerium klar, dass es keine erneute Änderung geben wird. EU-Bürger werden in Deutschland drei Monate nach ihrer Infektion wie Ungeimpfte behandelt, sofern keine zusätzliche Impfung stattgefunden hat. Die EU-Kommission hat jedoch eine klare Haltung: „Das Mindeste, was wir alle erwarten können ist, dass die Mitgliedsstaaten diese Empfehlung auch umsetzen.“

Lauterbach will den Spieß jedoch kurzerhand umdrehen: „Wir werden in Kürze erneut versuchen, die drei Monate auch auf europäischer Ebene umzusetzen“, erklärte er gegenüber dem ZDF. Offenbar will ein Minister einem ganzen Kontinent seinen Willen aufzwingen – ist das schon Größenwahn?

Übersicht
Beschlussvorlage zum Corona-Gipfel: Schallende Ohrfeige für Lauterbach, vage "Öffnungsperspektive"
Scheinbar völlig ungebremst irrlichtert Lauterbach durch Berlin und durch die Welt. In Dänemark ist das Ende fast aller Corona-Maßnahmen für den ersten Februar fix: keine Maskenpflicht, keine Impfnachweis-Kontrollen. „Wir sagen ‚Hallo’ zum Leben, das wir vor Corona kannten“, erklärt Regierungschefin Mette Frederiksen. In Großbritannien fielen die Masken bereits am heutigen Donnerstag. Und in Israel empfehlen Experten beim Gesundheitsministerium das Ende des „Green Pass“, also des Ausschlusses der Ungeimpften. Das alles hauptsächlich wegen der Omikron-Variante, die in so ziemlich jedem Land außer Deutschland als Chance und Hoffnung begriffen wird – als Tür aus dem pandemischen Tunnel, in dem wir seit knapp zwei Jahren festsitzen.

Scheinbar als einziger will Karl Lauterbach diese Tür verrammeln – entgegen dem internationalen Trend und entgegen den Empfehlungen der meisten der Top-Wissenschaftler, die lange als Leitlicht hochgehalten wurden. Olaf Scholz hat sich einen Unberechenbaren ins Kabinett geholt – Lauterbachs Stil, mit Haltungen und Aussagen vorzupreschen, wird im Ministeramt zu einer echten Belastung für die Regierung.

Noch verhindert wohl vor allem das starke öffentliche Profil des Ministers seine Entlassung – doch die Realität wird durchsickern, ob Lauterbach das will oder nicht. Vielleicht wird sich der Bundeskanzler schlussendlich zwischen seinem Gesundheitsminister und dem Ende der Pandemie entscheiden müssen.

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