Tichys Einblick
Zahlen liefern Fakten

Zuwanderer: Saldo von Hartz IV-Empfängern und Beschäftigten deutlich negativ

Aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) über die Beschäftigung von Asylbewerbern, werden von einigen Politikern, Arbeitsmarktforschern und Medien öffentlich ausgeschlachtet, um die Grenzöffnung des Jahres 2015 nachträglich zu rechtfertigen.

© Christof Stache/AFP/Getty Images

Kein Grund zur Entwarnung: trotz zunehmender Beschäftigung wächst die Zahl der Hartz IV-Empfänger unter den Asylbewerbern, weiter. Aktuelle Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) über die Beschäftigung von Asylbewerbern, werden von einigen Politikern, Arbeitsmarktforschern und Medien öffentlich ausgeschlachtet, um die Grenzöffnung des Jahres 2015 nachträglich zu rechtfertigen.

Beschäftigungszuwachs als Ausdruck des Integrationwillen

In einem im Mai von der Bundesagentur für Arbeit (BA) veröffentlichten Bericht über die „Auswirkungen der Migration auf den deutschen Arbeitsmarkt“, ist für den Zeitraum März 2017 bis März 2018 unter anderem zu lesen:

„Die Beschäftigung von Staatsangehörigen aus den nichteuropäischen Asylherkunftsländern ist um 99.000 oder 52 Prozent gestiegen. Die Arbeitslosigkeit hat um 1.000 oder 0,3 Prozent abgenommen, während der Leistungsbezug im SGB II um 200.000 oder 26 Prozent gestiegen ist.“

Inzwischen sind rund 290.000 Personen aus den acht Ländern Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien bei der BA als beschäftigt gemeldet. Von diesen sind wiederum rund 223.000 sozialversicherungspflichtig und rund 67.000 geringfügig, d.h. nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das entspricht einer Steigerung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten von 2017 auf 2018 um 83.000 (plus 60 Prozent) und der geringfügig Beschäftigten um 16.000 (plus 23 Prozent). Im März 2014 lag die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hingegen noch bei 64.000 und der geringfügig Beschäftigten bei 25.000. Seit der Grenzöffnung im Jahr 2015 hat sich die Zahl der bei der BA gemeldeten erwerbsfähigen Personen aus den acht Asylherkunftsländern allerdings auch von 130.000 auf 709.000 Personen erhöht.

Kontrollverlust als Methode
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Der inzwischen eingetretene Beschäftigungszuwachs hat erwartungsgemäß vorwiegend in der Zeitarbeit, in der Gastronomie und in anderen Dienstleistungsbereichen, kaum jedoch in der Industrie, stattgefunden. Er wird nun von einigen Politikern, Arbeitsmarktforschern und Medien zum Anlass genommen, hinsichtlich des Risikos hoher und kontinuierlich steigender Arbeitslosigkeit unter den Asylbewerbern, Entwarnung zu vermelden. So schreibt zum Beispiel die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) vom 03. Juni: „Nun scheint es, als wäre die Sorge gar nicht so schwerwiegend.“ Die Zahlen der BA zeigten, „wie groß der Arbeitswille bei einer Mehrzahl von Flüchtlingen ist, wie sehr sie sich darum bemühen, in Deutschland anzukommen. Sie haben sich ja auch nicht auf die gefährliche Reise gemacht, um in Flüchtlingsunterkünften den Tag zu verdämmern oder Drogen im Park zu verkaufen. Von denen, die eine Beschäftigung gefunden haben, arbeiten viele unter ihrer Qualifikation. Auch das ist ein Potential, aus dem sich noch mehr machen lässt.“

Die Rheinische Post (RP) vom 31. Mai berichtet, dass inzwischen etwa 25 Prozent der seit 2015 zugewanderten Asylbewerber einer Arbeit nachgingen. Damit liege deren Beschäftigungsquote zwar nach wie vor deutlich unter der Beschäftigungsquote deutscher Arbeitnehmer von 68 Prozent, jedoch deutlich über den Erwartungen und Prognosen der Kritiker der bisherigen Zuwanderungs- und Asylpolitik der Bundesregierung. Arbeitsmarktforscher Enzo Weber hat laut der FAS daher festgestellt: „Die Befürchtung, da kommen eine Million Arbeitslose auf uns zu, hat sich nicht bewahrheitet.“ Die Integration in den Arbeitsmarkt benötige Zeit und einen langen Atem. Zu erwarten sei laut RP, dass nach fünf Jahren etwa die Hälfte und nach fünfzehn Jahren etwa siebzig Prozent der Zugewanderten ihr Einkommen mit Arbeit verdienen. Das würde dann der Beschäftigungsquote deutscher Arbeitnehmer entsprechen. Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wird mit Blick auf die aktuellen Zahlen daher mit den Worten zitiert: „Wenn sich der Beschäftigungszuwachs so fortsetzt, liegen wir mit der Erwartung ziemlich gut.“

Heutige Beschäftigungsquote deutscher Arbeitnehmer bei 68 Prozent –  25 Prozent der zugewanderten Asylbewerbern

Nun sind fünfzehn Jahre, um Zuwanderer zu siebzig Prozent in Arbeit zu bringen, alles andere als ein Grund zur Freude, weder für die Zuwanderer noch für die einheimischen Steuerzahler. Viele der betroffenen Zuwanderer sind langzeitarbeitslos und müssen aus Steuermitteln finanziert werden. Das ist aber nicht der wichtigste Einwand gegen die Entwarnungsmeldungen der Verfechter offener Grenzen und Integrationsoptimisten in Politik, Wissenschaft und Medien, sollte die weitere Beschäftigungsentwicklung unter den Asylbewerbern tatsächlich so verlaufen, wie von Brücker u.a. angenommen. Weit gravierender ist, dass bei der Betrachtung der Beschäftigungszunahme die gleichzeitige Zunahme der arbeitslosen Hartz IV-Empfänger gänzlich ausgeblendet wird.

Diese Kritik trifft nicht den Bericht der BA, sondern dessen öffentliche Interpretation bzw. Ausschlachtung durch die „Entwarner“. Im Bericht der BA ist nämlich zu lesen:

„Die Zahl der Leistungsempfänger im SGB II aus den nichteuropäischen Asylherkunftsländern stieg im Vorjahresvergleich um 200.000 oder 26 Prozent. Die absolute Zunahme fiel bei syrischen Staatsangehörigen am stärksten aus (plus 88. 000). Der Anteil der Personen aus den nichteuropäischen Asylherkunftsländern an allen Leistungsempfängern im SGB II hat sich von 12,8 Prozent auf 16,5 Prozent erhöht.“

Während vom März 2017 bis zum März 2018 also die Zahl der Beschäftigten unter den Zuwanderern um rund 100.000 Personen gestiegen ist, hat die Zahl der Bezieher von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) unter ihnen um 200.000 Personen zugenommen. Sie lag im März 2018 bei rund einer Million Regelleistungsberechtigten, von denen rund 660.000 Personen von der BA als „erwerbsfähig Leistungsberechtigte (ELB)“ eingestuft sind. Deren Anzahl hat von März 2017 bis März 2018 um rund 117.000 Personen (plus 21,6 Prozent) zugenommen und macht 93 Prozent der 709.000 per März 2018 bei der BA als erwerbsfähig gemeldeten Zuwanderer aus den nichteuropäischen Asylländern aus.

Steigende Zahl der Bezieher von Hartz IV

Rund 320.000 Personen werden per März 2018 von der BA hingegen als „nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte (NEF)“ geführt. Ihre Anzahl ist seit März 2017 um rund 83.000 Personen (plus 35,1 Prozent) angestiegen. Hierbei handelt es sich um „Personen innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft (BG), die noch nicht im erwerbsfähigen Alter sind (unter 15 Jahren) oder die aufgrund ihrer gesundheitlichen Leistungsfähigkeit bzw. evtl. rechtlicher Einschränkungen nicht in der Lage sind, mindestens 3 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten.“ Auch sie beziehen Grundsicherung (Hartz IV), stehen dem Arbeitsmarkt aber nicht als Arbeitskräfte zur Verfügung.

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Der Anteil der Unter-Fünfzehnjährigen an den NEF wird in dem Bericht der BA nicht ausgewiesen, dürfte aufgrund des vermehrt stattfindenden Familiennachzugs und des Kinderreichtums vieler Zuwanderer aber inzwischen recht hoch sein. Wenn man ihn pauschal mit 50 Prozent veranschlagt, dann ist die Anzahl der erwachsenen Hartz IV-Empfänger zwischen 2017 und 2018 um insgesamt rund 160.000 Personen gestiegen. Dem steht im selben Zeitraum die Zunahme der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 83.000 Personen sowie der geringfügig Beschäftigten um 16.000 Personen gegenüber. Saldiert ergibt dies ein Plus von 61.000 auf Seiten der erwachsenen Hartz IV-Empfänger, das bei der von den „Entwarnern“ angestellten Prognosen für die kommenden zehn bis fünfzehn Jahre seriöserweise mit berüchsichtigt werden müsste. Selbst wenn alle 83.000 NEF unter fünfzehn Jahre alt wären, läge der Zuwachs an erwachsenen Hartz IV-Empfängern zwischen 2017 und 2018 mit 117.000 Personen immer noch über dem Zuwachs an Beschäftigten in Höhe von rund 100.000 Personen. Auch dies würde bei einer Fortschreibung der aktuellen Zuwachsraten mittel- und langfristig zu einem stetigen Anstieg der erwachsenen Hartz IV-Population unter den Zuwanderern aus den nichteuropäischen Asylländern führen.
Begrenzte Aufnahmekapazität des Arbeitsmarktes versus Zuwanderung

Dies zeigt: Für die mittel- und langfristige Integration dieser Migranten in den deutschen Arbeitsmarkt ist nicht nur entscheidend, wie schnell sie Arbeit finden, sondern auch, wieviele von ihnen jährlich zusätzlich ins Land kommen. Liegt diese Zahl wie nicht nur 2015 und 2016, sondern auch 2017 weiterhin über der jährlichen Aufnahmekapazität des Arbeitsmarktes, nimmt auf Dauer zwar die Anzahl der Beschäftigten, gleichzeitig aber auch die Anzahl der Hartz IV-Empfänger unter den Zuwanderern zu. Je größer die Differenz zugunsten der Zuwanderung ist, desto mehr Hartz IV-Empfänger werden auf Dauer denjenigen Zuwanderern gegenüberstehen, die einen Zugang zum Arbeitsmarkt gefunden haben. Bei einer Fortschreibung der derzeitigen Zuwanderungszahlen auf der einen und den derzeitigen Aufnahmekapazitäten des Arbeitsmarktes auf der anderen Seite, steuern wir die kommenden Jahre auf eine Polarisierung der Integration in den Arbeitsmarkt für Asylbewerber zu. Einer wachsenden, vergleichsweise jedoch geringen Zahl von Beschäftigten steht eine ebenso wachsende, vergleichsweise deutlich höhere Zahl von Hartz IV-Empfängern gegenüber.

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Ein Grund zur Entwarnung ist dieser Trend nicht, begünstigt er doch offensichtlich die arbeitsmarktpolitische Desintegration eines großen Teils der Zuwanderer aus den nichteuropäischen Herkunftsländern. Schnell und wirksam stoppen ließe sich dies vor allem durch eine deutliche Reduzierung der jährlichen Zuwanderung aus diesen Ländern auf das vom Arbeitsmarkt verkraftbare Maß. Das liegt angesichts einer insgesamt hohen Nachfrage nach Arbeitskräften derzeit bei rund 100.000 und kann sich bei nachlassender Nachfrage auch schnell deutlich verringern. Mit rund 200.000 vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für das Jahr 2017 gemeldeten Asylerstanträgen, lag die Zuwanderung im vergangenen Jahr deutlich über dieser Marke. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Zahl von 180.000 bis 220.000 jährlichen Zuwanderern aus den Asylländern muss deswegen dringend nach unten korrigiert werden. Dies entspricht auch vereinzelten Forderungen innerhalb der Bundesregierung, insbesondere seitens der CSU. Ob sie sich in der bestehenden Koalition durchsetzen lassen ist allerdings fraglich, zumal viele ihrer Mitglieder, nicht zuletzt im Kanzleramt, nur allzu gerne den bequemen Lockrufen der „Entwarner“ Gehör schenken werden.