Tichys Einblick
Grüne in Berlin:

Utopisten und Zerstörer der Stadt

In der Hauptstadt wird besonders deutlich, was grüne Politik bedeutet. Die endlose Geschichte vom Baustadtrat Florian Schmidt ist nur der Einstieg in eine unvollständige Aufzählung, die bei der Spitzenkandidatin Bettina Jarrasch und ihren Träumen vom radikalen Stadtumbau noch längst nicht aufhört.

Bettina Jarrasch und Michael Kellner beim Start der Briefwahlkampagne von Bündnis 90/Die Grünen auf dem Tempelhofer Feld, Berlin, 15.08.2021

IMAGO / Future Image

Linksextreme in besetzten Häusern, Antifa und Autonome besitzen so etwas wie Bestandsschutz in Berlin. Polizisten, die über die Missachtung von Hygieneregeln beim Christopher Street Day so fest die Augen verschließen müssen, dass bereits die Lider schmerzen, und vor Zurückhaltung vor Linksextremen in den Asphalt versinken, sollen dafür ihren angestauten Frust im Einsatz gegen Querdenker abbauen. 

Trotz Vorwürfe des Amtsmissbrauchs und der Veruntreuung von Haushaltsmitteln im Immobilien-Skandal um die Genossenschaft „DIESE eG“ wurden Ermittlungen gegen den Baustadtrat von Berlin Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt, wegen Unerheblichkeit eingestellt. Schmidt ist ein Parteifreund des grünen Justizsenators Dirk Behrendt. TE berichtete ausführlich.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass in der Hauptstadt die Grünen über dem Gesetz stehen. Ob das Rechtsgutachten des Anwalts Gerson Trüg, das die Vorwürfe gegen Schmidt erhärtet, daran etwas ändert, ist fraglich. Es ändert sich wohl erst etwas, wenn die Grünen abgewählt worden sind. 

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Stadtrat Florian Schmidt hatte 2019 einer, wie die B.Z. schreibt, „nahezu mittellosen Genossenschaft insgesamt sechs Häuser (u.a. in der Boxhagener Straße 32, Forsterstraße 1) zugeschanzt“, nachdem Schmidt das bezirkliche Vorkaufsrecht ausgelöst hatte. Doch, schreibt die B.Z. weiter: die „Genossen hatten gar nicht genügend Geld, um die Käufe zu stemmen. Bei ihren Genossen hatte die „DIESE eG“ nur einen Bruchteil der Gesamtsumme von 27 Millionen Euro eingesammelt, Finanzierungszusagen von Banken oder Senat gab es auch nicht. Laut Berliner Rechnungshof stand die Genossenschaft Ende 2019 deshalb vor der Insolvenz!“

Schmidts Handeln führte dazu, dass „dem Bezirk ein Haftungsrisiko in Höhe von 27 Millionen Euro und Zahlungsverpflichtungen in Höhe von 270.000 Euro entstanden“ sind, fasst der Tagesspiegel die Stellungnahme des Berliner Rechnungshofes zusammen. Die B.Z. kommentiert: „Letztlich mussten die Steuerzahler für die Pleite-Genossen aufkommen. In einer (umstrittenen) Entscheidung des Senats wurde die Genossenschaft mit Millionen-Zuzahlungen aus der Staatskasse gerettet, Schmidts Bezirk entstand ein Schaden von 270.000 Euro. Geld, das jetzt an anderer Stelle fehlt!“. Der Tagesspiegel, einer Abneigung gegen die Grünen unverdächtig, merkt an: „Um das Geschäftsmodell der geretteten Genossenschaft trotz Staatsgeld überhaupt tragfähig zu machen, erlaubte der Senat schon vor Inkrafttreten des Mietendeckels Ausnahmen – ja sogar einen Anstieg der Mieten in den sieben Miethäusern.“ Man lernt daraus: Mieterhöhungen fürs grüne Gemeinwohl sind also in Ordnung, egal wen sie treffen.  

Übrigens ist Florian Schmidt auch zuständig für die Rigaer Straße. Auch hier steht offenbar Ideologie über dem Recht, denn, so berichtet der rbb: „Im Streit um fehlende Brandschutzmaßnahmen am teilbesetzten Haus in der Rigaer Straße 94 hat der zuständige Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) seine Mitarbeiter wiederholt angewiesen, nicht wegen Brandschutzmängeln im teilbesetzten Haus in der Rigaer Straße 94 tätig zu werden.“ Übrigens war „die Bezirksbürgermeisterin Herrmann schon 2016 über die Gefahren informiert worden, die vom baulichen Zustand des Gebäudes ausgehen. Damals wies die Polizei Monika Herrmann darauf hin, dass der „Zutritt für adhoc einzusetzende Rettungskräfte erheblich erschwert“ sei, wie der rbb berichtet. Auch die Bauaufsicht des Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg wies die grüne Bürgermeisterin hin, dass „Verwaltungsverfahren zur Gefahrenabwehr zwingend erforderlich“ sei. Im Bericht des rbb heißt es weiter: „Herrmann teilte stattdessen 2017 Innensenator Andreas Geisel (SPD) mit, dem Bezirksamt lägen „keine Hinweise, Indizien oder Informationen vor, die ein behördliches Einschreiten rechtfertigen würden.““

Parolen auf Plakate geklebt
Bundestagskandidatin der Grünen gesteht Beschädigung von CDU-Plakaten
Die ehemalige Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, die ihr Amt abgab, um zur Berliner Wahl in drei Wochen zur Abgeordneten gewählt zu werden, lebt ohnehin in einer eigenen Welt. In einem Kiez, in dem öfter Fahrzeuge angezündet werden, versieht sie das Bild von einem parkenden Transporter und einem Lieferwagen, die einen provisorischen Radweg versperren, mit einem Flammen-Emoji. Wer will, kann ohne großes Assoziationsvermögen darin eine Aufforderung sehen, Fahrzeuge anzuzünden. Herrmann ist sich sicher, dass die meisten Menschen in ihrem Kiez doch gar kein Auto brauchen. Deshalb läuft ihre Politik darauf hinaus, den Bürgern das Autofahren und den Besitz von Autos unmöglich zu machen. Sie will Berlins Innenstadt ohne Autos haben. Gern verhöhnt sie auch die Menschen, die an der Mauser gestorben sind, mit dem Tweet: „60 Jahre Mauerbau – die Folge eines faschistischen, kriegerischen und mörderischen Deutschlands. Es liegt an uns, dass sich Geschichte nicht wiederholt.“ Die Mauer hat nach Herrmanns Geschichtskenntnissen anscheinend nicht Ulbricht, sondern Hitler gebaut, auch flohen die Menschen dann aus dem Dritten Reich und nicht aus dem sozialistischen Paradies. Und sie zeigt überdies ihre Missachtung für die Demokratie, von der sie doch so gern und gut lebt.

Doch auch die Spitzenkandidatin der Grünen, Herrmanns Parteifreundin Bettina Jarrasch, träumt von radikalem Stadtumbau und von Verteilungskämpfen. Jarrasch will die Autos aus der Stadt haben, denn Berlin soll eine große grüne Tummelfläche für „Omas“ und „Kinder“ werden, und natürlich für Drogendealer, letzteres verschweigt sie allerdings. Sie will Kieze ohne Autos, sie will: „Mehr Bullerbü mitten in der Hauptstadt.“ Es nichts dagegen zu sagen, wenn die Berliner ihr Bullerbü verwirklichen, fairerweise sollten sie dann aber auch auf dem Länderfinanzausgleich verzichten, denn niemand in der Bundesrepublik ist verpflichtet, den Berlinern ihr grünes Bullerbü zu finanzieren, niemand ist verpflichtet, Wirtschaftsabbau zu alimentieren. Es passt zur grünen Heuchelei, sich auf die Schriftstellerin Astrid Lindgren zu berufen, obwohl man gleichzeitig ihre Texte gesäubert wissen möchte. 

Nach Jarraschs Willen, die über beste Kontakte zum rbb verfügt, sollen bis 2030 die Hälfte aller Autoparkplätze in Berlin wegfallen. Weil die Grünen für den Bau von Unterkünften für Migranten und für andere multikulturelle und queere Maßnahmen, für den Ausbau von Bürokratie und zur Finanzierung immer neuer Fußtruppen, genannt NGOs, sehr viel Geld brauchen, gehört die Erhöhung der Einnahmen beispielsweise durch die Erhebung der City-Maut zu den Wünschen der gebürtigen Augsburgerin. 

Dass Jarrasch es mehr mit Ideologie, anstatt mit der Wissenschaft hat, zeigt ihr Glaube an die Erderwärmung, denn: „Die Erde erwärmt sich schneller als je gedacht.“ Mit der gedachten Erderwärmung rechtfertigt sie jedenfalls ihre Utopien.

Die grüne Spitzenkandidatin sollte Astrid Lindgren gründlich lesen, dann würde sie feststellen, dass in Bullerbü niemand die Grünen wählen würde. Übrigens handelt es sich nicht nur um die Innenstadt, denn bis 2030 soll die „Verkehrswende“, also der Umstieg aufs Lastenrad, auch den Stadtrand erreichen. Die Brandenburger dürften sich heute gratulieren, dass sie damals gegen ein gemeinsames Bundesland Berlin-Brandenburg gestimmt haben. 

Die Grünen und ihr Denunziationsportal
Die Steuersünder-Denunziation als Probelauf für weitere Bereiche
Unerwartet für die Berliner Grünen bekommen sie nun Gegenwind, ausgerechnet von den Sozialdemokraten. Deren Spitzenkandidatin Franziska Giffey nennt eine autofreie Innenstadt „völlig wirklichkeitsfremd“ und scheint, auf eine Koalition mit CDU und FDP zu setzen. Die Zahlen könnten ihr das ermöglichen. Selbst in Berlin wachsen die Bäume der grünen Utopiewerker nicht mehr in den Himmel. In der letzten Umfrage von Infratest Dimap kommt die SPD auf 23%, die CDU auf 19%, die Grünen auf 17 %, Linke auf 12 %, AfD auf 11 und die FDP auf 8%. 

Giffeys geradezu klassisch sozialdemokratischer Kurs mit den Schwerpunkten Wirtschaft, innere Sicherheit und Bauen hat die Grünen auf dem falschen Fuß erwischt. Jarrasch giftet: „Mit Giffeys SPD gibt es weder Klimaschutz noch Verkehrswende. SPD zu wählen bedeutet, CDU und FDP zu bekommen.“ Unter die öffentlich-rechtlichen Kabarettisten geht Jarrasch mit der Bemerkung: „Wir haben jetzt die Wahl zwischen notwendigen Veränderungen und gefährlichem Stillstand.“ Wenn man am Abgrund steht, ist Stillstand vielleicht nicht die schlechteste Idee, hingegen würde ein Schritt weiter zu einer radikalen Veränderung führen, zu einem Progress von 9.81 m/s.

Da aber die Sätze der unermüdlichen Kämpferin gegen Hetze nicht verfangen, hilft nur noch der Befreiungsschlag unter die Gürtellinie. Jarrasch, die ein outfit pflegt, das wie ein verzweifelter Ruf nach ewiger Jugend klingt, lässt die Spitzenkandidatin der SPD  deshalb in einem Werbeclipp mit einer Anspielung auf Giffeys Kleidungsstil attackieren, in dem es heißt: „Politik, die sich in kein Kostüm zwängt.“ Gut zu wissen, was Grüne unter Inhalte verstehen.  

Wohin führt die Spitzelkultur?
Eine Meldestelle für „Steuersünder“ wäre nur der erste Schritt
Die Grünen sind die Partei der Berliner Szeneviertel, der LGBTQ-Community, der Singles, derer, die sich als urbane Elite und die Herr*innen des Planten fühlen. Sie sind nicht die Partei der Familien, nicht die Partei der Handwerker, nicht die der Arbeiter, nicht die der Gewerbetreibenden, nicht die der Steuerzahler, sie sind die Partei derer, deren Horizont an den Bezirksgrenzen von Prenzlauer Berg und Friedrichshain-Kreuzberg endet und deren urbanitärer Provinzialismus sich für weltoffen hält, weil er in der Lage ist, fast überall auf der Welt eine Wohnung über Airbnb zu mieten. Vielleicht hebt in Berlin auch ein Kampf darüber an, wessen Stadt die Stadt ist. 

Eines zeigt der Wahlkampf 2021 in Berlin und in der Republik auch, nämlich wie sehr die Grüne-Besserpartei vielleicht sogar normaler als andere Parteien ist. Eine Kanzlerkandidatin sucht vor den Augen der Wähler nach einer Biographie, die mehr ist als Produkt des Parteiapparats, als Marketing-Retorte. Spitzenfunktionäre vergessen gern einmal der Bundestagsverwaltung Einnahmen zu melden. Eine Bundestagskandidatin mit sicherem Listenplatz beschädigt Plakate mit einem Aufkleber, auf dem „korrupt“ steht, nicht der eigenen Partei, sondern des politischen Gegners und in der Hauptstadt wird die erfolgreiche Spitzenkandidatin einer anderen Partei aufgrund ihres Kleidungsstils angegriffen. Wie gut, dass für die Grünen kein Mann als Bürgermeisterkandidat in Berlin antritt, die Attacke wäre ja sonst Sexismus.