Tichys Einblick
Corona-Update 18.01.2021

Die Realität schreit nach dem sofortigen Ende des Lockdowns

Die Zahlen sinken, es kommen erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit des Lockdowns auf. Die Regierung zaubert mit der angeblich so gefährlichen Corona Mutante ein Luftschloss - und steht zusehends alleine da.

imago images / photothek

Die Zahl der festgestellten Corona-Neuinfektionen stieg in der letzten Woche wieder, wird aber hauptsächlich von der Zahl der durchgeführten Tests bestimmt, eine Information über tatsächliche Entwicklungen haben wir kaum noch – das zeigt die Grafik unten. Die Infektionszahlen ohne den Kontext der Anzahl der Testungen als bare Münze zu nehmen und dann an der daraus resultierenden Inzidenz die Corona-Politik für 80 Mio Bundesbürger abzuleiten – das ist schon Realsatire.

Viel aussagekräftiger sind dagegen die Zahlen in den Krankenhäusern. Politik und Wissenschaft haben sich bei ihrer Lockdownargumentation immer nur auf die Verhinderung der Triage und der Überlastung des Gesundheitssystems bezogen. Infektionen kann man auf der langen Bahn durch einen Lockdown nicht verhindern und Tote somit auch nicht – das war immer die Argumentation. Also müssen wir den Lockdown im Wesentlichen an einer Zahl bemessen: Der Auslastung der Intensivbetten. Diese Zahl ist auch die zuverlässigste und präziseste, die wir haben. 

Und hier setzt sich das Bild weiter fort, seit Anfang des Jahres sinken die Zahlen kontinuierlich.

Da auch zuvor keine Triage nötig wurde, ist sie jetzt quasi ausgeschlossen. Allein das muss für eine Lockerungsdebatte sorgen.

Die Zahl der Corona-Toten stagniert weiter auf dem bis dato Höchststand. Aber gestorben wird in den Altersheimen. Laut BILD-Nachfrage bei den Bundesländern waren bis zu 89% der Corona-Toten Altersheimbewohner. Doch die Altersheimbewohner infizieren sich nicht im Restaurant oder im Einzelhandel – der Lockdown mag die Zahl der Infizierten in der Gesamtbevölkerung drücken, auf die Heime hat er aber kaum einen Effekt. Im Gegenteil: Während die Politik das Jahr über mit einem Lockdown nach dem andere alle Aufmerksamkeit auf sich zog, ging völlig unter, dass man bis Dezember keine effektive Teststrategie für die Heime entwickelt hat. Das ohnehin schon völlig überlastete Pflegepersonal wurde mit den Problemen alleine gelassen, die Altersheime durchseucht und aus den steigenden Todeszahlen der nächste Lockdown abgeleitet. Es sterben mehr Menschen über 80 an Corona als unter 80.

Und dieser Effekt mildert sich nicht ab, im Gegenteil: Der Anteil der Hochbetagten an den Gesamttoten steigt weiter. Die Lage in den Pflegeheimen spitzt sich also immer weiter zu.

Die Mutante

Doch während alle Realität für Lockerungen spricht, will die Politik verschärfen – wegen der theoretischen Gefahr der neuen Corona-Mutante B.1.1.7..

Das ist zunächst mal insofern bemerkenswert, weil die Mutante als neues Corona-Thema als Testballon im Dezember aufkam und eigentlich systematisch für nicht so wichtig befunden wurde – von der versammelten Presse und selbst von den Promi-Virologen von Streeck bis Drosten. Weil es einfach ziemlich lächerlich war: Es gibt über 4.000 Corona-Mutationen. Eine einzige Punktmutation soll in diesem Fall dafür sorgen, dass das Virus besser an die menschliche Wirtszelle andocken kann? Das ist aber bisher auch nur das Ergebnis von Laborexperimenten und Metaüberlegungen wie „in Irland steigen die Zahlen auf einmal so drastisch“.

Eine Chronologie dieser Mutante stellt die dramatische Gefahr sehr in Frage: Im September wohlgemerkt wurde die Mutante bereits in einer Probe in Großbritannien entnommen, in einer Probe aus dem November bereits in Deutschland. Mitte Dezember wurde es in Großbritannien dann aber erst publik, und Boris Johnson trat mit einer – laut Drosten – aus der Luft gegriffenen Zahl von 70% höherer Ansteckungsgefahr an die Öffentlichkeit (weil er eine Begründung ohne Gesichtsverlust für einen Strategiewechsel brauchte). Die Bundesregierung schloss die Flughäfen. 

Erinnern Sie sich an den Jahresanfang: Wie schnell es von der Entdeckung des Virus bis zum Lockdown ging. Und dieses angeblich noch ansteckendere, mutierte Virus soll jetzt – 4 1/2 Monate nach erstem Auftreten –  „vereinzelt“ in Deutschland sein? Und wenn wir jetzt Maßnahmen ergreifen, können wir die Einschleppung verhindern?

Heft 02-2021
Tichys Einblick 02-2021: 2021 - Endlich wieder leben
Selbst wenn die Mutante erheblich einfacher durch die Mutation an den Spike-Proteinen an die menschliche Wirtszelle andocken kann, muss das im Ergebnis nicht viel verändern. Denn zur Übertragung sind andere Faktoren viel enstcheidender: Wie kommt das Virus überhaupt von einem zum anderen Körper?

Nach verschiedenen Untersuchungen soll das mutierte Virus in Irland und Großbritannien einen erheblichen Teil der Infektionen ausmachen – aber auch das lässt wenig Rückschlüsse auf die Gefährlichkeit des Virus zu. Selbst bei höherer Ansteckungsgefahr: Erstmal würden die mutierten die herkömmlichen Viren verdrängen, so wäre eine hohe Verbreitung der Mutante ebenfalls zu erklären. Eine geringere Letalität, was bei neuen Mutationen eher die Regel ist, führt auch zu höherer Verbreitung, da der Wirt ja nicht stirbt und daher weitere Personen anstecken kann. Und selbst bei keiner erheblichen Veränderung kann sich das mutierte Virus rein statistisch gesehen neben dem herkömmlichen ausbreiten. 

Und schließlich ist es sogar möglich, dass sich dieses mutierte Virus eher in den oberen Luftwegen als in der Lunge manifestiert und damit harmloser wird, gibt der Mediziner Jochen Maas, Vizepräsident des House of Pharma and Healthcare, zu bedenken. Selbst Drosten sagte, es sei positiv zu werten, dass der neuen Variante ein bestimmtes Gen fehle, das die Krankheitsschwere verstärkt. 

Dass die Zahlen in Irland so steigen, lässt hingegen viel eher auf die begrenzte Wirksamkeit des Lockdowns schließen. Während man Ende letzten Jahres die Zahlen stark drücken konnte, explodierten sie, sobald man im Dezember lockerte – weil keine Immunität in der Bevölkerung entstanden war. Diesen Gedanken muss man sich immer wieder vor Augen führen, denn das haben auch die Lockdown-Befürworter nie anders gesagt: Das Virus wird auf lange Sicht sowieso durch die Bevölkerung gehen, es kann nur darum gehen, die Verbreitung zum Schutz des Gesundheitssystems zu verschleppen.

Bringt der Lockdown überhaupt etwas?

Über die Wirksamkeit des Lockdowns wurde viel disktutiert, insbesondere über das Beispiel Schweden, das ohne Lockdown einfach nicht zum Toten-Hotspot von Europa wurde, sondern im Gegenteil unter europäischem Durchschnitt blieb. Eine neu veröffentlichte Meta-Studie von John Ioannidis, Professor für Medizin und Epidemeologie an der Standford-University, stellt die Wirksamkeit des Lockdowns im Generellen in Frage. Die Studie beschäftigt sich mit den Auswirkungen von „restriktivsten nicht-pharmazeutischen Interventionen“ (NPIs), also obligatorisches Stay-at-home und Geschäftsschließungen – die zentralen Maßnahmen des Lockdowns. Die Wissenschaftler untersuchten das Covid-19-Fallwachstum in 10 Ländern darunter Schweden, Südkorea, Deutschland und die USA und versuchten, durch Herausrechnen der Effekte von schwächeren Maßnahmen und epidemeologischer Dynamik die Effekte der harten Corona-Maßnahmen zu isolieren.

Das Ergebnis: „Nach Abzug der epidemischen und lrNPI-Effekte [Effekte weniger harter Corona-Maßnahmen] finden wir in keinem Land einen klaren, signifikanten positiven Effekt von mrNPIs [restriktiven Corona-Maßnahmen] auf das Fallwachstum.“ 

Außerdem weisen die Wissenschaftler auf die schwerwiegenden Folgen harter Corona-Maßnahmen hin. Sie sagen: „Die Berücksichtigung von Schäden sollte bei politischen Entscheidungen eine herausragende Rolle spielen, insbesondere wenn es sich um solche NPIs handelt – unwirksam bei der Verringerung der Ausbreitung von Infektionen.“ 

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Das bringt die renommierten Wissenschaftler (Ioannidis ist einer der meist-zitiertstesten Wissenschaftler der Welt) zu dem Fazit: „Während kleine Vorteile nicht ausgeschlossen werden können, finden wir keine signifikanten Vorteile restriktiverer NPIs [harte Corona-Maßnahmen]. Ähnliche Reduzierungen des Fallwachstums können mit weniger restriktiven Interventionen erreicht werden.“

Was spricht also überhaupt noch für den Lockdown? Wenn man einen solchen einführen bzw. beibehalten will, müssen zwei Kriterien erfüllt sein: er muss a) wirksam und zielführend und b) notwendig und verhältnismäßig sein.

Nach einem Jahr Corona haben wir hier eine ziemlich klare Evidenz: Beides ist eindeutig nicht gegeben. Der Lockdown hat in der Realität keinerlei Grundlage mehr, und das ist mittlerweile auch der de facto Stand jener Mainstream-Wissenschaft, auf der der Lockdown einst gegründet wurde. 

Die Impfung

Nun werden neue Probleme mit der Impfung bekannt. Während die Verhinderung einer Infektion bei gesunden und jüngeren Patienten in Studien belegt wurde, ist die Wirkung bei den Risikogruppen fraglich. Denn man kann ein Immunsystem nicht durch einen Impfstoff aufbauen, wenn das Immunsystem so geschwächt ist, dass es die nötige Immunreaktion gar nicht mehr vollbringen kann. Jetzt wurden in Norwegen zudem weitere Risiken für diese Gruppen bekannt. So sorgen Nebenwirkungen, die bei der normalen Bevölkerung nicht weiter tragisch sind, bei den Hochrisikogruppen für schwere Schäden. Den Informationen des norwegischen Gesundheitsamtes zufolge sind bislang 23 Menschen im Land kurze Zeit nach ihrer ersten Impfdosis gestorben. 13 dieser Toten wurden untersucht, und diese Untersuchungen legen nahe, dass sie unter Nebeneffekten der Impfung litten, wie sie vom Hersteller angegeben wurden. Daraufhin änderte das norwegische Gesundheitsamt seine Empfehlungen: Menschen mit „schwerster Gebrechlichkeit“ wird jetzt von einer Impfung eher abgeraten. Die Behörde rät bei sehr alten Menschen zur Vorsicht.

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Im Ergebnis ist das natürlich dann wieder völlig sinnbefreit: Jetzt werden jüngere Menschen geimpft, für die Corona in den allermeisten Fällen keine große Gefahr darstellt, und diejenigen, die wirklich vor Corona geschützt werde müssten, kann man nicht schützen. Hinzu kommt, dass das Pflegepersonal beim Impfen auch skeptisch ist, und verschiedenen Schätzungen zufolge ist das Meinungsbild hierzulande etwa so, dass sich lediglich ein Drittel impfen lassen will, der Rest will sich entweder gar nicht impfen lassen oder erstmal abwarten. Die Liebe zu den „Pflegehelden“, zu deren Schutz wir das ja alles angeblich machen, schwenkte dann doch ganz schnell um: Verschiedene Politiker brachten gleich eine Impfpflicht für Pfleger ins Spiel. Das war klar: Wenn man dieser Berufsgruppe wirklich helfen wollte, würde man sich schließlich für eine Erhöhung der skandalös niedrigen Bezahlung und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einsetzen.

Dass ein Impfstoff grundsätzlich einmal eine gute Sache ist, ist klar, aber als alleinige Lösungsstrategie taugt er eben nicht. Denn, wann immer dann eine neue Epidemie auftritt (was in der jetzigen Größenordnung durchaus öfter passieren kann bspw. durch eine schwere Grippewelle), muss man mindestens ein Jahr auf den Impfstoff warten und ein weiteres Jahr bis ausreichend Menschen geimpft sind.

Dennoch setzt man hierzulande voll auf die Impfung – und scheitert dabei. Bisher wurden in Deutschland 1.048.160 Menschen geimpft, In den letzten 7 Tagen wurden täglich im Schnitt 73.612 Impfdosen verabreicht. Wenn in diesem Tempo weitergeimpft wird, sind in 1.567 Tagen genug Menschen doppelt geimpft, um die angestrebten 70% der Bevölkerung geimpft zu haben – dann sind wir im Mai 2025.

Die Politik betrachtet den Impfstoff als Wunderheilmittel – hat die Einführung aber dermaßen in den Sand gesetzt, dass es nicht zum Einsatz kommt und seine Wirkung nicht entfalten kann. Allein die daraus theoretisch resultierenden Toten und wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen müssten – wenn die Regierung ihre eigenen Aussagen glaubt – zum Rücktritt führen. Dass man die Bürger jetzt für dieses Versagen mit einem noch drastischeren Lockdown in Haftung nehmen will, sorgt zurecht für große Empörung gerade bei Menschen, die bisher die Maßnahmen der Regierung mittrugen.


Wie auch immer: Morgen treten die Ministerpräsidenten zusammen und beschließen neue Corona-Maßnahmen, es wird wahrscheinlich verschärft, mindestens verlängert – fernab von der Realität der Menschen im Land, aber auch fernab des wissenschaftlichen Kenntnisstands zu Corona. Die Regierenden erinnern an Mediziner des 18. Jahrhunderts, die bei Kranken und Gesunden jeder Couleur immer nur eines anordnen: den Aderlass. Und wenn es nicht wirkt, dann liegt es daran, dass zu wenig zur Ader gelassen wurde. Das fatale Ergebnis dieser Spirale droht uns jetzt auch.

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