Tichys Einblick
Parallelen Kanzleramt - Politbüro

Aber wann lernt die CDU wieder laufen?

Merkel sowie ihre innerparteilichen und medialen Claqueure machen unverdrossen auf „Weiter so!“ Die Mainstreampresse inkl. Öffentlich-Rechtliche ist dabei ganz vorne dran, sie hat einen medialen Cordon sanitaire um Merkel gebildet.

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Jeder weiß es: Die CDU/CSU hat bei der Bundestagswahl vom September 2017 8,5 Prozent verloren und mit 32,93 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit 1949 eingefahren. Aktuell dümpeln CDU/CSU bundesweit in Umfragen bei 25 bis 27 Prozent vor sich hin. Nimmt man die immerhin noch 37 Prozent der CSU heraus, dann bleiben für die CDU zwischen 22 und 24 Prozent. In Hessen droht der CDU mit dem getreuen Merkel-Stellvertreter Volker Bouffier bei der am 28. Oktober anstehenden Landtagswahl ein Desaster; nach dem Schwaben Winfried Kretschmann könnte es in Hessen einen zweiten grünen Ministerpräsidenten geben. Der unerwartete Sturz des Merkel-Paladins Volker Kauder vom 25. September 2018 als Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion blieb offenbar ein Sturm im Wasserglas.

Richtig gelesen
Merkel auf dem CDU-Parteitag Thüringen dechiffriert
Jeder weiß es. Ob es auch Merkel weiß? Gewiss, aber sie walzt über all das hinweg. Dass es in den obersten CDU-Gremien jemals eine ersthafte Analyse des CDU-Absturzes gegeben hätte, ist nicht bekannt. Wäre dies geschehen, dann hätte man es vernommen. Und so sind denn auch die Reihen wieder dicht geschlossen. Der aktuelle Parteitag der CDU Thüringen vom Samstag, 20. Oktober, steht symptomatisch dafür. Dort hat sie sich dem Parteitag immerhin 90 statt der vereinbarten 60 Minuten geschenkt.

Lassen wir Merkel von dort im Original zu Wort kommen: „Seit einem Jahr beschäftigen wir uns in viel zu hohem Maße damit, ob wir beleidigt sein sollen über das Wahlergebnis.“ Merkel weiter: Sicher gebe es in der Migrationspolitik noch Probleme, vor allem aber riesige Fortschritte (sic!) seit 2015, sagte Merkel in Leinefelde-Worbis. „Wenn wir uns für den Rest des Jahrzehnts damit beschäftigen wollen, was 2015 vielleicht so oder so gelaufen ist und damit die ganze Zeit verplempern, dann werden wir den Rang als Volkspartei verlieren.“ „Deshalb fordere ich, dass wir uns jetzt um die Zukunft kümmern“ und meinte damit eine „nötige Innovationspolitik.“ Am Ende erhielt Merkel dafür Ovationen im Stehen von den thüringischen CDU-Delegierten.

Verbiegen, bis es passt
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Geht’s noch? Oder erleben wir hier die Reinkarnation Erich Honeckers? „Vorwärts immer, rückwärts nimmer!“ gab er zuletzt in der Festansprache zum 40. Jahrestag der DDR am 7. Oktober 1989 zu besten. Oder noch ein „Honecker“ original: „Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.“ Dies meinte er laut „Neues Deutschland“ vom 15. August 1989 bei der Vorstellung eines 32-bit-Chips aus DDR-Produktion.

Parallelen Kanzleramt – Politbüro? Klar doch! Hier haben zwei Deutsche die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Die eine Person ist schon Geschichte, die andere wird es bald sein. In letzterem Fall freilich stellt sich die Frage (immerhin gibt es noch rudimentäre Reste von Demokratie, auch innerparteiliche Demokratie), warum dann Hunderte von delegierten Lemmingen auf „standing ovations“ machen. Oder ist es ein letztes Innehalten kurz vor dem Abgrund, um morgen den nächsten Schritt über die Kante zu tun? Oder ein Suizid aus Angst vor dem Tod?

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Warum diese Wirklichkeitsverweigerung, die ans Paranoide, ans Verrückte (neben die Realität Gerückte) nicht nur grenzt, sondern im Kern so etwas ist? Das Flüchtlingsproblem etwa ist längst nicht aufgearbeitet, Merkels „Herrschaft des Unrechts“ (Seehofer, Vosgerau) war und bleibt ebenso Realität wie zahlreiche von „Schutzbefohlenen“ begangenen Morde. Und mitnichten hat sich der Zustrom gegen Null entwickelt. Nein. Pro Tag stellen im Schnitt 460 Personen erstmals einen Asylantrag in der Bundesrepublik. So ein internes EU-Papier. Das sind auf ein Jahr hochgerechnet rund 170.000 illegale Einwanderer und damit die Einwohnerzahl einer Großstadt in der Größenordnung von Potsdam oder Leverkusen.

Merkel sowie ihre innerparteilichen und medialen Claqueure machen trotzdem unverdrossen auf „Weiter so!“ Die Mainstreampresse inkl. Öffentlich-Rechtliche ist dabei ganz vorne dran, sie hat einen medialen Cordon sanitaire um Merkel gebildet. Und dann kommt auch noch der Oberliberale Christian Lindner daher (das ist der, der lieber nicht regieren als schlecht regieren will) und meint: Armin Laschet kann Kanzler. Nee, Leute, das wäre auf der nach unten offenen Richterskala nichts anderes als ein gendergerechter Merkel-Klon.

Bürgerliche Mehrheit
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Richtiger liegt da schon einer, der für die CDU verschiedentlich sogar schon Schattenminister war, dem Vorstand der sonst mittlerweile hundertprozentig Merkel-getreuen Konrad-Adenauer-Stiftungsspitze angehört, sich aber als Historiker gottlob seines eigenen Verstandes befleißigt: Andreas Rödder. „Aufwachen“! – so hat er in einem aktuellen Beitrag an die CDU appelliert. Rödder hat damit nicht anderes von sich gegeben als eine gewisse Angela Merkel als damalige CDU-Generalsekretärin, die in einem Gastbeitrag für die FAZ zur Abnabelung der CDU von Helmut Kohl am 22. Dezember 1999 geschrieben hatte. „Die Partei muss laufen lernen.“