Sehr bald, und doch viele Jahre zu spät, wird die Regierungszeit von Angela Merkel endlich zu Ende gehen: sechzehn unendlich lange Jahre, die Deutschland tiefgreifend geprägt haben, und deren vergiftete Früchte wir alle in Europa bald ernten werden. Um diese zentrale Periode in der Geschichte des modernen Deutschlands angemessen zu analysieren, müsste man entweder ganze Bände von Dokumentationen füllen oder sie in wenigen Zeilen zusammenfassen.
Offensichtlich ist zunächst die zunehmende „Linkslastigkeit“ der CDU von Angela Merkel: Ursprünglich fest in den christlichen Werten und der sozialen Marktwirtschaft verwurzelt, hat die CDU die konservativen Werte systematisch zugunsten der gegenwärtigen politischen Korrektheit aufgegeben und die Mittelschicht zugunsten eines Klientelismus verlassen, der sich einerseits an bestimmte einflussreiche soziale Minderheiten und andererseits an einige wenige große Lobbys richtet. Zählen wir ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige Punkte auf, die spontan in den Sinn kommen, wenn wir auf die letzten 16 Jahre zurückblicken:
Sicherlich sind viele dieser Punkte nicht allein Angela Merkel zuzuschreiben, denn ohne die Linksradikalisierung der öffentlichen Meinung, die wir in der gesamten westlichen Welt beobachten, und natürlich ohne die Zustimmung ihrer eigenen Partei, die sich um den Preis ihrer eigentlichen Identität an der Macht zu halten suchte, wäre diese Entwicklung undenkbar gewesen. Dennoch sollte man auch die zentrale Bedeutung des heutigen Deutschlands für dieses Phänomen nicht unterschätzen: Fast ausschließlich aufgebaut auf jener merkwürdigen Mischung aus historischem Schuldgefühl für die Verbrechen des Dritten Reiches und jener bedenklichen moralischen Arroganz, die aus der Überzeugung resultiert, „aus seinen Fehlern gelernt“ zu haben, war Deutschland der prädestinierte Nährboden für eine linke Ideologie, die kommunistischen Messianismus, westlichen Masochismus, wirtschaftliche Naivität und vor allem die Selbstzufriedenheit, auf der „richtigen Seite der Geschichte“ zu stehen, vermischt.
Wie sind dann die Faszination vieler Menschen (vor allem im Ausland) für Angela Merkel und die unbestreitbare Tatsache zu erklären, dass ihr Machtsystem immer wieder in Wahlen bestätigt wurde, die trotz allem als relativ frei zu bezeichnen sind, wenn wir auch nicht die systematische Zunahme von Beschwerden über Wahlunregelmäßigkeiten vergessen sollten und die Tatsache, dass zuletzt in Berlin in einigen Bezirken eine Wahlbeteiligung von 150 % verzeichnet wurde?
Außerdem darf nicht vergessen werden, dass sich Merkel schon sehr früh als Bollwerk gegen den „Populismus“ präsentieren konnte, indem sie sich als Gegenpol zu Donald Trump darstellte, was ihr auf der internationalen Bühne und bei den politisch korrekten deutschen Wählern viel Sympathie einbrachte. Und schließlich muss man anführen, dass ihre letztlich nicht nur für Europa, sondern auch für Deutschland selbstzerstörerische Politik perverserweise kurzfristig einen Profit aus der Eurokrise zu ziehen vermochte: Angesichts der Instabilität der Märkte und des wirtschaftlichen Niedergangs der europäischen Peripherie, die durch die von Deutschland verordnete Sparpolitik ausgeblutet war, stürzten sich viele Anleger auf die für ihre „Solidität“ bekannten deutschen Märkte und überschwemmten sie mit Geld, wobei sie sehr niedrige Zinsen in Kauf nahmen, was dem deutschen Konsum und der Produktion trotz allgemeiner Wirtschaftskrise einen gewissen Schub gegeben hat.
Jetzt, nach sechzehn Jahren, verlässt Merkel das deutsche Schiff und hinterlässt nicht nur ein Land, das am Rande einer großen Wirtschaftskrise steht, sondern auch eine CDU, die einen totalen Vertrauensverlust erlitten hat, ein politisches, mediales und akademisches System, das fast ausschließlich von umweltpolitischen und sozialistischen Bewegungen beherrscht wird, und eine Gesellschaft, die mehr denn je polarisiert und von Zensur, Denunziation und Ausgrenzung geprägt ist.
Nach Merkels Entscheidung, nicht für eine weitere Amtszeit zu kandidieren, und ihrer merkwürdigen Weigerung, sich überhaupt in den Wahlkampf einzuschalten, funktionierte die asymmetrische Demobilisierung nicht mehr: Bei den Wahlen im September 2021 erlitt die CDU eine ihrer schlimmsten Wahlniederlagen, und die nächste Regierung wird von den Sozialisten und Ökologen dominiert werden – die logische Folge von sechzehn Jahren ideologischen Verrats an der Christdemokratie zugunsten der Linken.
Angela Merkel, die das Land mit dem einzigen Ziel geführt hat, ihr klientelistisches System so lange wie möglich an der Macht zu halten, verschwindet von der politischen Bühne, wo sich die ersten Risse zeigen: Deutschland, das 16 Jahre lang ruiniert wurde, steht kurz davor, einen Kontinent zu destabilisieren, für den es der wichtigste wirtschaftliche und politische Motor ist. Doch ironischerweise wird sich die heutige Generation höchstwahrscheinlich zunächst nicht an die Ära Merkel als den wahren Grund für die sich abzeichnende Krise erinnern, sondern eher als jene „gute alte Zeit“, bevor die letzten Fassaden des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Nachkriegsparadigmas endgültig bröckelten …
Professor Dr. David Engels ist Senior Analyst am Instytut Zachodni in Poznań.