Tichys Einblick
Alles in allem nicht im Grünen

Gedanken für 2022 – Rückfallerinnerungen und Unterhaltungskabarett

Das rotgrüngelbe Unterhaltungsmodell wird im Jahr 2022 für manche Freude sorgen. Vor allem bei denen, die nun plötzlich feststellen werden, dass sie sich das doch anders gedacht hatten. Weil es entweder nicht radikal genug oder eben doch zu radikal sein wird.

IMAGO / Emmanuele Contini

Irgendwie erinnern mich die Grünen zunehmend mehr an eine Geschichte, die mir aus der Kinderzeit bekannt ist. War es der Zauberlehrling? Nun, ein bisschen vielleicht – aber nicht ausschließlich. Zwar haben sich die Grünen mit ihrer Klimahysterie jene Generation gezüchtet, die ihn in den kommenden Jahren in Scharen weglaufen und sich radikalen Umwelt“aktivist/ern/innen“ anschließen werden – aber das ist nur ein Aspekt.

Auch Rumpelstilzchen trifft es nicht ganz. Zwar tanzen die Grünen fröhlich um das Lagerfeuer und freuen sich darüber, dass kaum jemand ihren neomarxistischen Kern erkennt – aber auch das ist eher nebensächlich.

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Hans im Glück vielleicht. Ja, das trifft es schon eher. Ständig tauschen sie etwas, das sie von ihren Eltern geschenkt bekommen haben, in etwas weniger werthaltiges – und freuen sich am Ende noch über die Mittellosigkeit. Vor allem in der Energietechnologie ist es unübersehbar. Die weltweit modernsten und leistungsfähigsten Kern- und Kohlekraftwerke abschalten, um veraltete Erdgastechnik zur nachhaltigen Energiequelle zu erklären und ansonsten auf anfällige Riesenluftflügel zu setzen.

Nun ja, am Ende greift hier dann das Rumpelstilzchen: Ein paar Wälder für die Lagerfeuer werden sich noch finden – und sollten es dank Klimawandel am Ende Palmen sein –, auch die kann man verheizen.

Da wäre noch der Hans Guck-in-die-Luft. Ja, so kommen einem die Grünen häufig vor. In irgendwelche versponnenen Phantasien vertieft, tapsen sie träumend durch das Land und werden dann irgendwann ins Wasser stürzen. Sie stolpern ja bereits. Von Pfütze zu Pfütze.

Trotzdem – irgendwie trifft es keine dieser Figuren so richtig. Vielleicht bin ich auch zu unbewandert in der Welt der Märchen und Sagen. Versuchen wir es also andersherum. Beschreiben wir das Phänomen. Und wem dazu eine Person einfallen sollte – ich freue mich auf entsprechende Mitteilung.

Über das eigene Produkt in Jammerzustände fallen

Beginnen wir mit dem Wesentlichen: Mit der grundsätzlichen Technikfeindlichkeit. Seit einiger Zeit jammern die Grünen lauthals darüber, dass Deutschland die Digitalisierung verpasst habe. Erstaunlich – man muss schon ein Meister der Verdrängung sein, um die Ursachen für diesen Missstand schlicht auszublenden. Denn als in den Achtzigern und Neunzigern die Thematik erst behutsam, dann immer vehementer aus Silicon Valley nach Deutschland schwappte, waren es an vorderster Front die Grünen, die dieses amerikanische Teufelszeug mit den Bits und Bytes zutiefst verdammten. Alles, was mit moderner Digitaltechnologie zu tun hatte, war entweder US-Imperialismus oder des Teufels oder gleich beides zusammen.

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Die „Zurück-zur-Natur-Bewegung“ der Grünen träumte eher von hölzernen Rechenschiebern als von elektronischen Taschenrechnern – und selbst die aufwändig zu betreibenden Rechner mit Bandkassettenspeicher schienen schon unerträglich. Und weil das mit den USA und der Natur allein manchen noch nicht zur Ablehnung reichte, wurde auch noch das angeführt, was heute als Datenschutz das Internet erschwert. Das führte wiederum unweigerlich in die Grundsatzablehnung der Volkszählung in den Achtzigern.

Wie es ein damaliger grüner Fraktionsgeschäftsführer und späterer TV-Moderator im Gespräch mit einer TAZ-Redakteurin auf deren Frage sagte, warum man angesichts der Lächerlichkeit der Volksbefragungsinhalte eigentlich dagegen sei: „Aus Prinzip!“ – Aus heutiger Sicht angesichts der Bereitwilligkeit, mit der Millionen auch von Grünwählern ihre intimsten Geheimnisse den Datenkraken aus den USA, Russland und China anvertrauen, kann ein solches Verhalten nicht einmal mehr als lächerlich bezeichnet werden.

Doch damals, als die 68er noch frisch waren? Staatliche Kontrollsucht und Ausspähung der unbeugsamen Bürgerlein – das ging nun überhaupt nicht! Dagegen war man als Grüner grundsätzlich – als es ausschließlich die ohnehin noch vom „Berufsverbot“ gebeutelten Linken zu treffen schien, weil die Rechten zu marginal waren, als dass sie in Sachen Regelanfrage Bedeutung gehabt hätten.

Ein knappes halbes Jahrhundert später ist das alles für die Grünen und die Gelben und die Roten kein Problem mehr. Diese sogenannte Regelanfrage beim Bundesamt für Verfassungsschutz wird gerade hoffähig gemacht – mit der Folge des einst beklagten Berufsverbots für nun allerdings die erkannten, überall aus ihren Löchern kriechenden Rechten. Irgendwie auch nachvollziehbar: Einige Jahrzehnte ließ man jeden Linksextremen ungehindert in ein Staatsamt – da ist es nur konsequent sicherzustellen, dass nicht die Rechtsextremen auf gleichem Wege zum Gegenschlag ausholen können.

In Sachen Umwelt ein Nackenschlag

Aus ähnlichem Prinzip verhinderten die Grünen dann nach ihrer Machtübernahme gemeinsam mit Gazprom-Gerhard Schröder den durchgeplanten Einsatz des umweltfreundlichsten Fernverkehrsmittels – des Transrapid. Der neue Berliner Hauptbahnhof war bereits darauf ausgerichtet. Die Lücke in der obersten Etage sollte den abriebfreien und stromgespeisten Magnetzug aufnehmen. Doch die grünen Technikfeinde, allen voran jener Michael Cramer, dem für den Schaden, den er der deutschen Logistik nachhaltig zugefügt hat, mit EU-Abgeordnetenmandat und 2018 sogar mit einem Bundesverdienstkreuz gedankt wurde, sorgten dafür, dass diese Technologie ab sofort verrotten durfte. Warten wir mal ab, wann es den Zivilisationszerstörern mit dieser Technologie ähnlich geht wie mit der Kernkraft und die EU entdeckt, dass diese Hochtrassen-gestützte Technologie um ein Vielfaches umweltfreundlicher und kaum langsamer als das zunehmend mehr verteufelte Flugzeug ist.

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Apropos Kernkraft: Fast möchte man sich kugeln vor Lachen! Wo immer die Übermächtigen in Brüssel und Luxemburg zum Hammerschlag gegen die Unwilligen in Polen und Ungarn ausholen, durften sie sich des grünen Jubels sicher sein. EU über alles – nieder mit den Landesverfassungen und traditionellen, nationalen Befindlichkeiten! Und nun ausgerechnet das! Unter Frankreichs Führung soll die gute, alte Kernenergie als nachhaltig eingestuft werden – zumindest als Übergangstechnologie, weil sie tatsächlich kein CO2 produziert. Und mit einem Mal ist es nun aus mit dem grünen EU-Jubel. Ganz im Gegenteil: Die deutschgrünsprachige Front aus Piefkes und Öschis soll umgehend Klage gegen die EU erheben, um die AKW-Befindlichkeiten zu retten.

Derweil nun die einst führende KKW-Schmiede Siemens hoffentlich ihre alten Pläne herausholt, um diese auf den neuesten Stand der Technik zu bringen, riskiert die rotgrüne Bundesregierung, in den Buhmanntopf mit Polen und Ungarn geworfen zu werden. Widerstand gegen die EU-Oberhoheit? Wenn das nicht unmittelbar auf ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH hinausläuft. Und wie die enden, ist allgemein bekannt. Da wird auch das grüne Lob für Putins Erdgas nicht helfen. Dabei ist das, blickt man auf den Förderprozess im fernen Sibirien, noch viel umweltfeindlicher.

Lindners Finanzphantasien

Es ist schon bemerkenswert, wie den Grünen nun ständig ihre eigenen Dummheiten auf die Füße fallen. Wir können davon ausgehen, dass das Herumgeeiere noch viel spannender werden wird. Man stelle sich vor, die NATO müsse tatsächlich irgendwo Krieg führen? Einmal abgesehen davon, dass die Bundeswehr in ihrem gegenwärtigen Zustand bestenfalls zur Etappe taugt – bis die Grünen und die Roten ihren internen Krieg zum Thema durchgestritten haben, dürfte der reale längst verloren sein.

Doch so weit müssen wir überhaupt nicht gehen. Finanzminister Christian Lindner hat als Neujahrsgeschenk Milliarden Steuersenkungen für die normalen Bürger und Mittelständler versprochen. Nicht sofort zwar, aber bald. Irgendwann.

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Wovon sollen denn künftig die zahllosen NGO-Hilfstruppen der Grünen bezahlt werden – und wer sorgt dafür, dass die dort eingesetzten, volkswirtschaftlich überflüssigen Pseudoakademiker in Lohn und Brot bleiben? Da könnte ein Revolutionspotenzial freigesetzt werden, dass die rotgrüngelbe Ampel der Albernheiten mit Federstrich hinwegfegt! Und wer soll die Subventionen finanzieren, mit denen sich Ökostromer die Konten füllen? Da hat Lindner nun wirklich nicht bis zum Ende gedacht – und sogar noch seine Kabinettskollegen aufgefordert, in ihren Ressorts nach Streichpotenzialen zu suchen. Wo die doch gerade damit beschäftigt sind, weitere Empfängergruppen aus staatlichen – sprich bürgereigenen – Finanzmitteln zu generieren, um ihre Klientel bei der Stange zu halten.

Alles in allem fängt das Jahr 2022 also unterhaltsam an. Den Grünen fällt als Regierungspartei ihre Frühgeschichte auf die Füße. Annalena Baerbock aus Brandenburg darf in der Welt herumreisen und diplomatisches Porzellan zerbrechen – und der Macher Robert Habeck muss es wieder kitten und nun seinen grünen Wählern erklären, warum die versprochene grüne Revolution ins Stocken geraten wird und das dumme Klima mangels entsprechender Bildung nicht nachvollziehen kann, was 1,5 Grad Celsius sind.

Die FDP wird zum Opfer ihrer eigenen Naivität. Hauptsache, man darf endlich mal Regierung spielen. Das mit den Steuermilliarden – das werden die Grünen dem Lindner schon austreiben. Schließlich hat sich nach grüner Doktrin jeder Ministerbeschluss dem Klimatest zu unterziehen. Und mehr Geld beim Bürger – das bedeutet mehr Benzin oder sogar einen zusätzlichen Flugzeugurlaub. Geht also 1,5-Grad-technisch auch nicht – die Inflation soll schließlich transformatorische Wirkung zeigen.

Bei all dem, was uns im kommenden Jahr an Freude aus den Zänkereien der Regierenden unterhalten wird, sitzt dann noch irgendwo ein Scholz. Der hatte schon als Hamburger Bürgermeister begriffen: Am erfolgreichsten bin ich, wenn mich niemand wahrnimmt. Was dann beim G20-Gipfel nicht mehr funktionierte, doch das Abtauchen bei CumEx und ähnlichen Machenschaften erlaubte. Als es dennoch eng wurde in der Hansestadt, holte ihn Mutti Merkel nach Berlin. Dort hat sie ihn zu ihrem Nachfolger gemacht – nur, ob das mit dem Abtauchen und Hochloben immer noch funktioniert?

Wir werden sehen. Zumindest wird das rotgrüngelbe Unterhaltungsmodell für manche Freude sorgen. Vor allem bei denen, die nun plötzlich feststellen werden, dass sie sich das doch anders gedacht hatten. Weil es entweder nicht radikal genug oder eben doch zu radikal sein wird. Aber so ist das eben, wenn nicht nur den Akteuren die eigene Vergangenheit auf die Füße fällt, sondern dem getreuen Wähler sogar noch genau das geliefert wird, was er zwar bestellt, aber bei der Wahl übersehen hatte, weil er vergaß, auch das Kleingedruckte zu entziffern.

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