Tichys Einblick
METZGERS ORDNUNGSRUF 24-2020

Die hysterische Dauererregung und andere Verrücktheiten

„Antifaschisten“ bedienen sich als Bilderstürmer Nazi-Methoden. Jakobinischer Tugendfuror beherrscht Medien und Wissenschaft. Und der Staat spuckt Hunderte Milliarden Euro aus.

imago Images

Es ist wie in einem Alptraum: Kaum hat sich die Republik nach der erzwungenen Entschleunigung durch den Corona-Shutdown wiederbelebt, hyperventiliert das Land in einem fast irrationalen Rassismus-Furor. Wer sich aus der erregten Medien- und Netz-Blase unter das leibhaftige Volk mischt, gewinnt aber eher den Eindruck, dass vorrangig wieder ein politisches Stigmatisierungs-Ritual eingeübt wird, das im vergangenen Jahr schon in der Klimawandel-Debatte studiert werden konnte. Doch die Wucht der Bilder aus den USA, einem Land, in dem die Bürger nach vorherrschender Meinung nicht nur den falschen Präsidenten gewählt haben, sondern Polizisten bei der Festnahme einen schwarzen Bürger besonders brutal erstickt haben, emotionalisiert global Hunderttausende und treibt sie auf die Straßen. Gewalt wird mit Gewalt beantwortet, Plündereien und blindwütige Zerstörungen haben Konjunktur. Mittelalterliche Bilderstürmer-Erinnerungen werden wach, wenn in den USA und in England linke „Antirassisten“ Denkmale historischer Persönlichkeiten zerstören. Oder die Entfernung des „Sklavenhalters“ George Washington, des ersten Präsidenten der USA, vom Dollarschein verlangen.

In Deutschland ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Bismarck-Türme und -Denkmale in den Fokus geraten. Otto von Bismarck sei schließlich der Begründer des deutschen Kolonialismus gewesen, erregt sich die linke Szene. Kolumnistin Margarete Stokowski durfte auf Spiegel-online schon mal vorventilieren: „Ist es okay, eine Statue ins Wasser zu werfen, wenn sie der Huldigung eines Rassisten dient? (…) Was spricht dagegen? Nicht viel.“ Keine Rede davon, dass der linke Säulenheilige Karl Marx ausweislich seiner Schriften und Briefe ein übler Antisemit und Rassist war, wie Wolfram Weimer in seinem Format „Person der Woche“ auf ntv-online überzeugend darlegt.

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Noch konzentriert sich die deutsche Debatte auf eine Grundgesetz-Änderung. Ausgerechnet die Grünen starteten diesen Vorstoß, dem sogleich SPD, Linke und FDP beisprangen. Was von den wenigen Müttern und vielen Vätern des Grundgesetzes als klare Absage an die „Rassenideologie“ des nationalsozialistischen Deutschlands gedacht war, wird heute geschichtsvergessen, aber mit moralischer Inbrunst uminterpretiert: Der Begriff Rasse müsse aus Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes getilgt werden. Man kann nur hoffen, dass diese Forderung an der Vernunft einer Verhinderungs-Minorität im Bundestag scheitert. Denn für Verfassungsänderungen braucht es bekanntlich eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Wie schrankenlos sich Teile der linken Szene der Nazi-Sprache bemächtigen, dokumentierte ausgerechnet die linke Tageszeitung taz. Von „links, witzig, klug“, wie sie in progressiven Kreisen gelobt wird, war nichts zu lesen, als die Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah Platz für einen vermeintlich satirischen, aber vor allem volksverhetzenden Text unter der Überschrift „All Corps are berufsunfähig“ einräumte. Der intellektuell und sprachlich unterirdische Text gipfelte in der Forderung, dass man die 250.000 Polizisten mit ihrem „Fascho-Mindset“ nicht in anderen Berufen unterbringen, sondern nur unter „ihresgleichen“ auf der Mülldeponie entsorgen könnte. Das ist Nazi-Sprech und ein Beleg dafür, wie nahe sich Linke und Rechte manchmal in der Wahl ihrer Sprache und Denkmuster sind.

taz-Hassautorin ignorierte Einladung des Bundespräsidenten wegen „almanya“-Abneigung
Der politische Dauererregungszustand manifestiert sich aber auch in der Haltung einer Bundesregierung, deren Finanzminister in seinem Haus offenbar einen Dukatenesel entdeckt zu haben glaubt. Noch während am Mittwoch die Busunternehmer hunderte von Bussen hupend in Berlin-Mitte für staatliche Förderung demonstrieren ließen, öffnete der Bundesverkehrsminister mit großzügiger Unterstützung von Olaf Scholz auch die Geldschleuse für diesen Wirtschaftszweig: 170 Millionen Euro. „Wer hat noch nicht, wer will nochmal“, lautet seit Wochen der Schlachtruf aus Wirtschaft und Gesellschaft. Und die Politik liefert, als ob es kein Morgen gäbe. Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich stehen viele selbständige Existenzen auf dem Spiel. Und gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmer tragen ein hohes Insolvenzrisiko.

Doch wer sich in Berliner Kiez-Milieus umhört, der lernt auch die Kehrseite staatlicher Corona-Großzügigkeit kennen. Programmkinos machen trotz verordneter Schließung derzeit höhere Umsätze denn je. Die Kosten sind gering, aber die staatlichen Kunst- und Kulturfördertöpfe üppig bestückt. Soloselbständige etwa sind von der rot-rot-grünen Landesförderung großzügig bedacht worden. Der frühere Berliner Finanzsenator Ulrich Nußbaum, der heute als beamteter Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium arbeitet, beklagt massiven Berliner Missbrauch bei der Corona-Förderung. Während das Land 210.000 Förderungen bewilligt hat, beziffert Nußbaum die Zahl der tatsächlich Antragsberechtigten in der Bundeshauptstadt nur auf 170.000. Es geht um hohe dreistellige Millionenbeträge, die zu Unrecht ausbezahlt wurden. Man hört von Beispielen, wo Antragsteller für zwei unterschiedliche Gewerbe im gleichen Raum zweimal die Förderung kassiert haben. Manche Antragsteller mühen sich verzweifelt, jetzt fingierte Rechnungen aus ihrem privaten Umfeld zu organisieren, um die nötigen Betriebsausgaben nachzuweisen, weil ansonsten Rückforderungen des Staates drohen.

Nicht wenige Arbeitnehmer scheinen sich inzwischen zu wünschen, dass dieser Corona-Entschleunigungszustand durchaus länger anhalten dürfte. Sie stammen nicht nur, aber vor allem aus dem öffentlichen Dienst, der ohne Gehaltskürzungen, aber mit viel „Homeoffice“ ganz gemütlich durch den Shutdown kam. Deshalb ist eine Prognose gewiss nicht gewagt: Gerade die Erfahrung des in der Krise privilegierten öffentlichen Dienstes wird die Bereitschaft zum Unternehmertum und zur Selbständigkeit bremsen. Das Risiko der Selbständigkeit werden nach Corona noch mehr Menschen scheuen. Dabei muss uns allen klar sein, dass es ohne Arbeitgeber auch keine Arbeitsstellen für Mitarbeiter gibt. Verrückte Welt!

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