Tichys Einblick
Wahlkampfteam der CDU

Armin Laschets letztes Aufgebot

Erst wollte CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet kein Wahlkampfteam. Jetzt präsentiert er offensichtlich notgedrungen ein achtköpfiges Hilfsteam – mit dabei neben wenig bekannten Gesichtern der Wunschkandidat der Basis Friedrich Merz.

Armin Laschet mit seinen acht "Experten"

IMAGO / Emmanuele Contini

Schon am Montag sah sich CDU-Chef Armin Laschet gezwungen, die ersten Helferlein vorzustellen. Aber nicht zu den klassischen Unionsthemen wie Wirtschaft, Steuern, Arbeit und Sicherheit. Nein, es war nur eine junge Aktivistentruppe zum Schwerpunkt Klimaschutz.

Doch die Einschläge kommen für die Union und ihrem Kanzlerkandidaten in Form von einmalig niedrigen Umfragezahlen immer näher und heftiger. Drei Wochen vor der Bundestagswahl steht Laschet vor dem Abgrund. Seine Union stürzt ab. Nach den Meinungsforschern von INSA ermittelt nun auch Infratest dimap den tiefsten Wert in der Umfragegeschichte für die Union mit nur 20 Prozent und den höchsten Wert für die SPD seit Mai 2017 mit 25 Prozent.

Mitverantwortlich für diese historisch schlechtesten CDU-Zahlen ist die vom Gros der Medien für sakrosankt erklärte Bundeskanzlerin und langjährige Parteichefin Dr. Angela Dorothea Merkel. Denn Armin Laschet war ihr Kandidat für den Parteivorsitz, den sie gegen den Basis-Favoriten Friedrich Merz an vielen Strippen ziehend im Hintergrund durchgesetzt hat. Unionspolitikern fällt immer mehr auf, wie Merkel ihre Partei derzeit auch im Wahlkampf im Stich gelassen habe. Sie sei förmlich als CDU-Politikerin abgetaucht und sonne sich nur noch in ihrer Kanzlerschaft.

Die Folge: Bei INSA wie Infratest eine klare Regierungsmehrheit für SPD, Grüne und Linke alias PDS alias SED mit 48,5 bzw. 47 Prozent.

Der Union bleibt neben einem Team auch noch der letzte Versuch, mit einer Roten-Socken-Kampagne, die unter Kanzler Helmut Kohl 1994 erfolgreich war, einen zweiten Rettungsanker zu werfen. Doch wird die Angst vor einer Linksregierung bei bürgerlichen Wählern noch so wirken wie vor 27 Jahren? Wohl kaum, bestenfalls bei einigen.

Denn CDU-Kanzlerin Merkel hat alles dafür getan, eine solche zu legitimieren, indem sie durch ihre Anordnung demokratische Wahlen rückgängig gemacht hat, um den Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow von den SED-Erben an der Macht zu halten.

Warum nicht schon am Montag?

Nach seinen Klimaaktivisten vom Montag stellt Laschet heute am Freitag erst sein eigentliches achtköpfiges Team vor. Warum nicht schon am Montag? Hatte er nicht alle Zusagen – vor allem von seinem wichtigsten Schattenmann?

Erst tags darauf funkt Laschet beim CDU-Wirtschaftsrat eine erste Rettungsbotschaft vor dem CDU-Wirtschaftsrat: „Friedrich Merz ist das wirtschafts- und finanzpolitische Gesicht der Union und er wird in meiner Regierung eine wichtige Position einnehmen.“ Aha. Wird Merz jetzt doch noch Schattenmann? Noch am Montag spielte er keine Rolle.

Bei Laschets Vorstellung im Konrad-Adenauer-Haus fällt zunächst auf, wie er plötzlich auch den konservativen Flügel als Teil der CDU erwähnt. Die Konservativen hatte er wie seine Lehrerin Merkel ja schon abgeschrieben. Als Stellvertreter Merkels im CDU-Vorsitz stellte er im November 2018 fest: „Das Ziel der CDU kann nicht sein, alles, auch programmatisch, zu sammeln, das rechts von der politischen Linken ist.“ Rechts von der politischen Linken ist aber nichts anderes als die politische Mitte, die Laschet wie Merkel verbannt und ihre CDU nach links gerückt haben.

Doch jetzt geht dem Kanzlerkandidaten wohl – wie der Volksmund sagt – so gewaltig die Düse, dass er sich genötigt sieht, den in die Ecke abgeschobenen konservativen Flügel hervorzuheben.

Damit aber keine Zweifel an der richtigen Haltung aufkommen, stellt Laschet bei der inneren Sicherheit allem voran, dass es in Deutschland nichts Gefährlicheres und Bedrohlicheres als den Rechtsterrorismus und den Rechtsextremismus gebe, der Synagogen und Juden bedrohe. Die jüngsten massiven antisemitischen Ausschreitungen und schlimmsten Juden-Beschimpfungen und -bedrohungen durch viele muslimische Migranten in seinem Bundesland hat der NRW-Regierungschef in dem Moment völlig vergessen. Linksextreme und Islamisten kommen bei CDU-Chef Laschet nur unter ferner liefen und lediglich mit „aber auch“ vor. Der Kanzlerkandidat hat vor klarer Kritik an zunehmenden Linksextremisten und radikalen Islamisten offensichtlich Angst.

Jetzt aber: Friedrich Merz – geh Du mal mit voran

Nach seinen Einleitungen kommt Laschet wohl zum Höhepunkt seiner Bühnenshow in der CDU-Zentrale: Er stellt seinen Experten für Wirtschaft und Finanzen vor – den Mann, der die Steuererklärung auf dem Bierdeckel möchte – Friedrich Merz. Ja, der kantige Konservative aus Brilon im Hochsauerland darf jetzt tief im Tabellenkeller mitspielen. Zweimal ist er als Kandidat für den CDU-Vorsitz durch den Einfluss von Merkel abgemeiert worden, jetzt steht er neben Laschet als wichtigster Helfer auf der Show-Bühne. Der Ex-Unionsfraktionschef und Bundestagskandidat in seinem Heimatwahlkreis sei einer der „profiliertesten Finanzpolitiker in Deutschland“, lobt ihn Laschet. Merz bedankt sich brav neben ihm, er stehe für einen ausgeglichenen Haushalt und Entlastungen bei den Steuern.

Damit nicht zu viel Finanz- und Industriekompetenz die Union durchdringt, darf gleich nach Merz sein Klimaaktivist und Fraktionsvize Andreas Jung nach dem Montagsauftritt auch am Freitag wieder erscheinen, erneut als Laschets Mann für Klima und Energie. „Wir brauchen mehr Tempo beim Klimaschutz“, verlangt Jung. Die grüne Botschaft wird die Unionswähler jetzt mobilisieren.

Damit nicht genug. Es ist kein Witz: Ausgerechnet Dorothee Bär von den Christsozialen aus Bayern will bei der Digitalisierung auf die Tube drücken. Dabei hat die sogenannte Digital-Staatsministerin ihre Amtsjahre unter Merkel im Tiefschlaf vollbracht. Im Volksmund wird das deutsche Mobilnetz wegen seiner lückenhaften und schlechten Qualität bereits „Merkel-LTE“ genannt – „Bär-LTE“ wäre natürlich genauer. Deutschland ist auch beim Glasfaserausbau Entwicklungsland – siehe Grafik.

Nichtsdestotrotz behauptet Bär kess: Sie wolle aufs Tempo drücken und ein neues Bundesministerium für Innovation. Und jetzt kommt es: Sie wolle den „digitalen Turbo“ zünden, um den Menschen das Leben zu erleichtern. Was für ein Brüller. Aufgewacht und mitgemacht Frau Bär, möchte man ihr zurufen.

Die vermeintlich allergrößte Gefahr des Rechtsterrorismus in Deutschland darf bei Laschet künftig Sicherheitsexperte Peter Neumann vom King’s College in London anpacken. Der dürfte jedoch mit islamistischem Terrorismus bei zahlreichen Anschlägen in Großbritannien, Europa aber auch in Deutschland jedoch viel mehr Erfahrungen und Schrecken gesammelt haben.

Die eher unbekannte, aber linksorientierte CDU-Bildungsministerin Karin Prien aus Schleswig-Holstein verspricht als Expertin für Laschet: „Durch Aufstieg Bildungsgerechtigkeit zu schaffen ist ein Megathema.“ Wie neu.

Dann verkündet Laschet auf der Bühne, seine Stellvertreterin Silvia Breher wisse, was Belastungen für Familien seien. Ja, und deswegen ist sie jetzt in seinemTeam. CDU-Vizechefin Breher weiß aus eigener Erfahrung, Familien bräuchten mehr Zeit und Geld. Die CDU wolle daher Familienzeitkonten, höhere Freibeträge für Alleinerziehende und mehr Wohnraum für Familien.

Soso: Aber das hat die Union ja alles seit 2005 in ihrer Regierungszeit nicht geschafft, sollte jeder Wähler wissen.

Zudem holt Laschet noch einen Quereinsteiger hervor. Die CDU brauche auch jemanden, der um die Ecke denke. Aber natürlich keinen Querdenker, sondern einen Crossover-Rocker und Musikmanager wie Joe Chialo. Der Sohn einer tansanischen Diplomatenfamilie kandidiert als CDU-Bewerber für den Bundestag in Berlin-Spandau, „um die Welt für die Künstlerinnen und Künstler ein Stück heller erscheinen zu lassen.“ Natürlich wollen er und die CDU die Fördermittel für Film, Verlag, Musik und Gaming aufstocken. Vor allem aber: „Ich bin nicht der Quoten-Schwarze“, versicherte er bereits zu Beginn seiner Kandidatur im November 2020.

Zum Schluss kommt noch der Osten dran, wo Laschet bislang absolut keine Schnitte hat. Eine Ost-Frau und Sozialpolitikerin darf daher auch noch mit auf die Bühne – Barbara Kleppsch, die sächsische Kultusministerin aus Dresden. Sie wisse als Ex-Oberbürgermeisterin von Annaberg-Buchholz „wie Sozialpolitik funktioniert“. Natürlich strebe sie „gleichwertige Lebensverhältnisse“ an. Aber da sei noch einiges zu tun vor allem im ländlichen Raum mit einem Sonderprogramm. Zukunft Ost bedeute auch, mehr Behörden sollen in die neuen Länder.

Na, das wird die Ossis freuen. Ist ja mal etwas anderes, als ständig als potentielle Rechtsaußen stigmatisiert zu werden, wie es Merkels Ost-Beauftragter Marco Wanderwitz Ende Mai 2021 getan hat. Für ihn sind sehr viele Ostdeutsche eben nicht in der Demokratie angekommen. Aber wird das jetzt durch Frau Kleppsch anders?

Ach, und dann kommt schließlich noch einmal der Kanzlerkandidat zum Zuge. Er behauptet am Ende seiner Vorstellung: „Ich freue mich schon auf diesen Endspurt.“ Doch das war’s noch nicht ganz. Es soll natürlich weiter bürgerliche Politik für die Menschen gemacht werden und nicht linke Politik. Aufgepasst liebe Wähler!

Deswegen will Wahlkämpferlein Laschet noch von seinem vorbeiziehenden Gegner wissen, wie die künftige Mannschaft der SPD aussieht. Da würden ja viele versteckt.

Na, Herr Laschet, jedenfalls werden die linkstreuen Medien diese Kandidaten des Erschreckens sicher nicht kritisch beleuchten. Das macht vorerst nur die Junge Union im Netz:

Screenprint via twitter / JU München-Nord

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