Tichys Einblick
„Scholze-Mann geh Du voran!“

Auf das letzte Aufgebot der SPD wartet ein aussichtsloses Rennen

Bei seiner Wahl zum Parteichef ist Olaf Scholz kläglich gescheitert. Nun darf er für die SPD bei der Bundestagswahl als Kanzlerkandidat ins Rennen gehen – weil es keine anderen Vorzeigbaren an der Bundesspitze mehr gibt.

IMAGO / photothek

„Olaf hat den Kanzler-Wumms“, verbreitet die Parteispitze über den intern umstrittenen Bundesfinanzminister. Es klingt fast wie Hohn. Zum SPD-Chef taugt er der Funktionärsbasis nicht, aber als aussichtsloser Kanzlerkandidat schon. Ja, es gibt halt keinen anderen in der heute linkssektiererischen Sozialdemokratie mehr. Scholz ist so etwas wie der letzte Sozi alten Typs, den noch ein leichter Hauch von Helmut Schmidt umgibt. Vor allem aber wohl nur, weil der Hanseat aus Hamburg kommt.

Jetzt hat ein SPD-Parteitag Olaf Scholz als Kanzlerkandidat bestätigt. „Ich stehe auf der Seite der ganz normalen Leute“, lautet sein Bekenntnis. Das wird ihm nur wenig nützen. Schließlich kann die vorgespielte Harmonie des digitalen Treffens nicht darüber hinwegtäuschen, dass Vize-Kanzler Scholz seine rückwärtsgewandte Partei ganz und gar nicht hinter sich hat.

Wie die Linkspartei alias PDS alias SED mutiert auch die SPD radikal zu einer abgehobenen „Lifestyle-Linken“, wie sie Sahra Wagenknecht hier im Interview beschreibt. Diese elitären Linken wollen ganz und gar nichts mehr mit „normalen Leuten“ zu tun haben.

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Trickreich greift man dennoch auf einen Normalo zurück. „Scholze-Mann geh du voran“, könnte der SPD-Wahlslogan heißen. Genosse Olaf soll es nun bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 als Kanzlerkandidat richten – oder besser: retten, was noch zu retten ist für eine 15-Prozent-SPD (s. Grafik). Der 1958 in Osnabrück Geborene war schon so vieles: SPD-Generalsekretär, Erster Bürgermeister Hamburgs, kommissarischer Bundesvorsitzender, Bundesarbeitsminister, Bundesfinanzminister und Vizekanzler.

Nun also soll dieser eher langweilige als lebendige Wahl-Hamburger und Neu-Berliner die SPD vor der größten Wahlniederlage in ihrer über 150-jährigen Geschichte bewahren. Dabei hat diese vom linksgrünen Zeitgeist beherrschte Partei den Genossen Scholz vom übrig gebliebenen rechten Flügel überhaupt nicht gewollt. Mehr noch: Die SPD hat ihren Vizekanzler bei der Bewerbung um das höchste Amt des Vorsitzenden vor 18 Monaten regelrecht abgemeiert. Scholz erhielt als pragmatisch beste Wahl im zweiten Mitgliederentscheid am 30. November 2019 lediglich 45,3 Prozent. Gewählt wurden hingegen mit 53,1 Prozent die linken Leichtmatrosen Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans.

Wenn eine traditionsreiche Arbeiterpartei wie die SPD nach über 150 Jahren zwei nichtssagende Politiker wie Walter-Borjans und Esken an ihre Spitze wählt, kommt das einem Offenbarungseid gleich.

Der künftige Neu-Potsdamer Scholz erscheint gegen dieses Spitzenduo wie das letzte Aufgebot in der Riege traditionsreicher SPD-Genossen. Denn die alte Arbeiter-SPD bestimmen heute abgebrochene Studenten, Sozialarbeiter, Lehrer oder Berufslinke. Überhaupt verkommt der Begriff „Arbeiter“ in der SPD zu einem Fremdwort. Aus gutem Grund wählen Arbeiter daher kaum noch SPD – es ist auch wenig ratsam. Kurt Schumacher, Willy Brandt oder Helmut Schmidt würden beim gegenwärtigen Führungspersonal schier verzweifeln.

Deshalb steht die SPD derzeit zu Recht hinter den Grünen im Schnitt mit mageren 15 Prozent in den Umfragen.

Die goldene Taschenuhr August Bebels mag in der linksintellektuellen Sozi-Truppe ohnehin keiner mehr tragen. Heute ruht der Chronometer im Willy-Brandt-Archiv. Angesichts des desolaten Parteizustands könnte der SPD hingegen das letzte Stündlein schlagen.

Scholz als trojanisches Pferd für eine linke und grüne SPD

Mit welchen Versprechen und Angeboten will Olaf Scholz seine Wähler an die Urnen locken? Im Prinzip ist er ja als Kanzlerkandidat nur ein trojanisches Pferd für eine linksgrüne SPD. Denn die Sozialdemokratie der ehrbaren Hamburger Kaufleute oder der Arbeiterklasse gibt es ja nicht mehr. Zudem müsste jedem aufmerksamen Bürger geläufig sein, für welche Politik der Bundeskassenwart steht: Statt schwarze Null – riesige Staatsverschuldung für nächste Generationen, Nullzinsen fürs Sparbuch, höhere Energiekosten, steigende Spritpreise, Geld drucken bis die Blase platzt, Klimapolitik gegen unsere Kernindustrie und natürlich viele Steuer- und Beitragserhöhungen, die noch kommen werden. Wer so viel Belastungen weiter will, kann Scholz und seine SPD getrost wählen. Nur, wer wird das schon? „Sehr gut Menschen“ wählen Grüne, Arbeiter CDU, AfD oder FDP. Da bleibt nicht mehr viel für die sektiererische Kevin-Kühnert-SPD mit ihrem in Wahrheit ungeliebten Scholz.

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Wie in einer Geschichte des Barons von Münchhausen versucht sich jetzt Kanzlerkandidat Scholz am eigenen Schopf aus dem tiefen Sumpf der SPD-Umfragen zu ziehen. Doch Kanzler wird der 62-jährige mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht, selbst wenn ihm diese Aussicht die öffentlichen-rechtlichen Medien in ihrer aktuellen Berichterstattung – Hauptsache der Union schaden – ohne Zweifel daran durchgehen lassen. Aber was sind die wirklichen Aussichten für Scholz und seine Rest-SPD? Bestenfalls darf er in einer grüngeführten Bundesregierung mit den Linken oder in einer Ampel mit der FDP mitregieren, und so seinen Genossen noch einmal ein paar Minister- und Staatssekretärsposten sichern. Die Groko ist bei den Bürgern durch. Ehrlich verdient wäre der Gang in die Opposition
Einer will gewinnen – nur wie bei 15 Prozent?

Lieber ruft Scholz jedoch aus dem tiefen Umfragekeller: „Ich will gewinnen!“ Ja, das ist schon ein Ruf der Verzweiflung. Denn die Union und die 20-Prozent-Grünen bleiben mit Sicherheit stärker als die schwindsüchtige SPD. Für Wähler im Osten ist der spröde Niedersachse ohnehin kein Angebot. Im Bundestagswahlkreis 61 von Potsdam und Umgebung muss der Hamburger SPD-Westimport als einsamer Mann ausgerechnet gegen Frauen antreten. Schließlich hat sich in seinem Potsdamer Wahlkreis viel weibliche Prominenz gegen Scholz versammelt. An erster Stelle steht die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Sie ist zwar auch ein Westimport aus Hannover, aber schon seit gut 15 Jahren in Brandenburg zu Hause und wird zudem von der Mehrheit der Journalisten fast wie eine Heilige verehrt und protegiert.

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Obendrein stellen sich engagierte liberal-konservative Frauen, ja so etwas gibt es zufällig noch, wie die frühere FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg und die ehemalige CDU-Vorsitzende Brandenburgs Saskia Ludwig zur Wahl. Beide sitzen ebenso wie Baerbock bereits im Bundestag. Teuteberg und Ludwig könnten für grünfrustrierte Mittelschichtler wie Arbeiter ein Angebot sein. Linksgrüne wählen natürlich Baerbock und für Scholz bleibt dann nur der Rest. Im Ranking der Spitzenkandidaten liegt der Sozialdemokrat selbst bei der Wirtschaft abgeschlagen an letzter Stelle (s. Grafik).

Es laufen auch schon Wetten, dass die SPD mit Kandidat Scholz im Herbst das einzige Direktmandat der Sozis bei der Bundestagswahl 2017 in Ostdeutschland gegen die grüne Möchtegern-Kanzlerin verlieren wird.

Bundesfinanzpolitik – die einst gut gefüllten Kassen sind leer

„Ja, wir haben mitregiert“, bekennt sich Scholz zu seinen Taten in der Groko von Union und SPD. Diese Regierungspolitik mit gigantischer Steuergeldverschwendung könnte ihm beim nachdenkenden Wahlvolk noch gewaltig auf die Füße fallen. Wenn nicht CDU-Kanzlerin Angela Merkel zur Volksberuhigung vor den Wahlen noch kurzfristig etwas anordnet, läuft die Corona-Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Überschuldung tatsächlich seit 30. April 2021 aus. Mit einer Pleitewelle und steigenden Arbeitslosenzahlen ist dann zu rechnen, weil im Falle einer Insolvenzwelle auch die Kurzarbeitergeldverlängerungen nicht mehr wirken. Die Inflation greift im Bau- und Industriebereich ohnehin schon um sich, bald schon bekommen es auch die Verbraucher mit steigenden Preisen zu spüren.

Die Beruhigungsparty der Bundesregierung fürs Wahlvolk dank der Steuergeld-Milliarden hart arbeitender Menschen geht dann also vorbei.

Schließlich hat SPD-Finanzminister Scholz persönlich die Bazooka rausgeholt und mit Milliarden um sich geballert, um mit „Wumms“ aus der Krise zu kommen. So hatte er sich das mit seiner Kanzlerin ausgedacht. Ersten Erkenntnissen nach wird es bestenfalls nur ein kleines „Wümmschen“, das kein stabiles Wachstum bringt. Siehe hier.

Union am Scheideweg
CDU und CSU senden ihren Wählern widersprüchliche Botschaften
Geld spielt für Scholz und Merkel jedoch keine Rolle. Es wird ja gedruckt oder digital bereitgestellt. Das rächt sich schon im nächsten Jahr – denn dann wird abgerechnet. Mehr als 353 Milliarden Euro für deutsche Corona-Hilfen stehen inzwischen insgesamt schon auf der Uhr genauso wie Garantien von über 819 Milliarden Euro. So ganz genau weiß das derzeit aber mittlerweile keiner. Hier ist zunächst der Stand aus dem Hause Scholz vom 20. Mai 2020.

Seit an Seit mit Bundeskanzlerin Merkel hat SPD-Finanzminister Scholz auch den EU-Haushalt mit hart erarbeiteten deutschen Steuermilliarden beglückt. Für das bis 2058 laufende 750-Milliarden-Euro-Hilfspaket der EU muss allein Deutschland mit 35 Prozent also für über 260 Milliarden Euro geradestehen. Das alles nennt sich ein EU-Wiederaufbauplan nach Corona. Insgesamt ist das Pandemie-Hilfspaket 1,8 Billionen Euro schwer.

Obendrein haften wir auch noch mit rund 85 Milliarden Euro für Griechenlands EU-Rettungspakete.

Laut Schätzung der Bundesregierung wird zusätzlich der deutsche EU-Jahresbeitrag von 2021 bis 2027 steigen – um 13 Milliarden Euro im Jahr auf dann 44 Milliarden. In sieben Jahren macht das zusätzliche 91 Milliarden Euro aus, die der deutsche Steuerzahler erarbeiten muss. All das hat der Bundesfinanzminister in Tateinheit mit der Kanzlerin zu verantworten. Obendrein sind Scholz und Merkel in den Wire-Card-Skandal verwickelt. Sie stellen sich hier natürlich als unschuldig dar.

Und wer soll das bezahlen? Die Antwort ist für Merkel wie Scholz einfach: Die hart arbeitenden Bürger, die deutschen Steuer- und Beitragszahler – vor allem die nächsten Generationen. Das wird ein toller Wahlkampf für den SPD-Kanzlerkandidaten Olaf Scholz.

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