Tichys Einblick
Die Woche des Gesundheitsministers

Endlich wieder Aufmerksamkeit für Lauterbach: Ein Gesetz und zwei Anzeigen

Karl Lauterbach hat sein Infektionsschutzgesetz mit leichten Abstrichen durch den Bundesrat gebracht. Aber auch sonst war er endlich wieder medial präsent: als Anzeigender und Angezeigter.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Bundesrat, 16.09.2022

IMAGO / Christian Spicker

Die Woche endet für Karl Lauterbach erfolgreich. In der Währung, die ihm die wichtigste sein dürfte, wird er jedenfalls, nachdem es eine Zeitlang eher mau aussah, wieder gut bezahlt: mit medialer Aufmerksamkeit. Sein „Gesetz zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19“ ist heute im Bundesrat angenommen worden. Na gut, es gab vorher eine kleine Entschärfung nach Kritik aus Thüringen, Schleswig-Holstein und Hessen: Schulkinder müssen nach Covid-Erkrankung oder -verdacht nun doch nicht einen bestätigten negativen Test zur Rückkehr in den Unterricht vorlegen. Lauterbachs Entwurf gemäß sollte das Coronavirus eigentlich in eine Liste besonders ansteckender Infektionskrankheiten aufgenommen werden wie Cholera, Masern, Keuchhusten und Pest, für die ein solcher negativer Test obligatorisch sein soll.

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Um den sachlichen Sinn dieser Vorschrift ging es den Kritikern übrigens weniger. Das wichtigste Argument war dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zufolge, dass Schüler damit gegenüber anderen Gruppen benachteiligt würden. Lauterbach hat also wohl sein eigentliches Ziel erreicht, dass bei seinen Gesetzesinitiativen gar nicht mehr der Sinn oder Unsinn seiner gewünschten Maßnahmen debattiert wird, sondern sie nur noch als Gegenstand eines Tit-for-tat-Geschachers zwischen den im Bund oder den Ländern koalierenden Parteien dienen, wie schon zuvor beim Aushandeln der Gesetzesvorlage mit FDP-Justizminister Marco Buschmann. 

Grundsätzlich scheint sich Lauterbach eine Art von Narrenfreiheit im Berliner Politikbetrieb erkämpft zu haben, die ihn immun macht gegen jeden rational und sachlich vorgebrachten Vorwurf. Er widerspricht zwar auf Twitter und vor den Fernsehkameras laufend der Wirklichkeit und oft auch eigenen vorangegangenen Aussagen – aber wenn andere das tun, ist er sehr dünnhäutig. Damit wären wir beim zweiten großen Aufmerksamkeitserfolg: 

Lauterbach hat die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch angezeigt. Wegen Beleidigung. Von der AfD beschimpft zu werden, gilt unter Regierungspolitikern als eine Art besondere Auszeichnung nach dem Motto: Was die AfD schrecklich findet, kann nur wunderbar sein. Von Storch also hatte ihm nach einer Rede im Bundestag den „Vogel“ gezeigt und angeblich gesagt: „Sie sind völlig irre.“ Das meldete übrigens der Spiegel als erstes Medium. Es ist wohl nicht zufällig jenes Medium, das Lauterbach mit Vorliebe auf Twitter bewirbt und dessen Redakteur Markus Feldenkirchen zeitgleich am gestrigen Tag mit dem deutschen Fernsehpreis für eine Sendung über Lauterbach ausgezeichnet wurde, zu der ihm Lauterbach twitter-öffentlich gratuliert. 

Die Erfolgsaussichten vor Gericht dürften gering sein, auch wenn Lauterbach Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Soziales Annette Kramme als Zeugen benennt. Denn seine Behauptung ist nicht ganz richtig, worauf Wissings Parteifreund Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki gegenüber der Welt hinweist: Laut vorläufigem Protokoll hat von Storch gesagt: „Das ist doch irre.“ Diese Formulierung sei „nicht sanktionsfähig, weshalb ich in Übereinstimmung mit der Bundestagsverwaltung keinen Ordnungsruf erteilte“. Was Kubicki von Lauterbach hält, hat er übrigens beim Landesparteitag in Schleswig-Holstein verkündet: „Isst kein Salz, isst kein Zucker, trinkt kein Alkohol, hat keine Freundin. Was hat er dann vom Leben?“ 

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Naja, öffentliche Aufmerksamkeit dank Corona-Politik, könnte eine Antwortmöglichkeit sein. Allerdings gibt es wohl auch Aufmerksamkeit, auf die selbst Lauterbach vielleicht eher gerne verzichten würde. Und damit wären wir bei der dritten großen Lauterbach-Nachricht dieser Woche: Das Berliner Gesundheitsamt ermittelt gegen Karl Lauterbach.

Ausgerechnet der härteste Corona-Maßnahmenpolitiker Europas soll gegen Quarantäne-Regeln verstoßen haben. Er war Anfang August an Covid-19 erkrankt und hatte darüber ausgiebig getwittert. Bereits nach fünf Tagen beendete er seine Quarantäne vorzeitig. Deswegen wurden mehrere Anzeigen gestellt. 


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