Tichys Einblick
Freiheit ist unteilbar

Kurz & Kogler kennen keine Österreicher mehr, nur noch Getestete und Geimpfte

Im Zusammenhang mit dem dritten Lockdown ist in der Regierung wiederholt die Rede davon, man könne dann ab 18. Januar durch Teilnahme am Testen "Freiheiten erwerben". K&K und wer auch sonst noch: Die Freiheit des Menschen gehört ihm selbst und niemandem sonst.

Screenprint ORF: ZIB Spezial

Hans Bürger ist eine Institution beim ORF. Gestern Abend interviewte er Sebastian Kurz zum dritten Lockdown in Österreich. Der wiederholte Blick in Bürgers Gesicht sagte mir viel, des Kanzlers Poker Face nichts. Du schaust drein wie er, sagte meine Mitbeobachterin. Sie meinte Bürger, nicht Kurz. Im Gesicht von Bürger las ich: Dir glaube ich nichts mehr. Wenn das auch in meinem Gesicht zu lesen war, gab es mein Empfinden korrekt wieder.

Erst mal kurz zum Verkündeten und dann zur Bewertung:

  • 26. Dezember bis 18. Januar Ausgangssperre ganztags; nur Arbeiten, Besorgungen, Helfen und Freiluftaktivitäten erlaubt.
  • In der Woche ab 18. Januar öffnen Schule, Handel, Gastronomie und Kulturveranstaltungen für alle mit einem aktuellen Antigen-Test, nicht älter als eine Woche. Die Ausgangssperre von 20 bis sechs Uhr bleibt aufrecht.
  • Ab 18. Januar müssen wöchentlich an einem Test teilnehmen oder eine FFP2-Maske tragen: Lehrer, körpernahe Dienstleister, Mitarbeiter in Gastronomie, Handel, Verkehr, Gesundheitsbereich und Bauwirtschaft.
  • In Regionen mit Neuinfektionen über einer bestimmte Sieben-Tages-Inzidenz Massentests und regionaler Lockdown: freitesten möglich.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober definierte als Messlatte: „Wir müssen unter 100 bei der Sieben-Tages-Inzidenz, unter 0,8 beim Reproduktionsfaktor und unter 250 bei den Covid-Patienten auf Intensivbetten.“

Die Regierung Kurz & Kogler, oder kurz K&K, sitzt in der eigenen Falle, seitdem sie trotz Beratung (Kurz: „Sieben Wissenschaftler, zehn Meinungen“) denselben Fehler macht wie viele andere Regierungen, nämlich „positiv“ Getestete als Infizierte auszugeben. Air Türkis hat zu den Corona-Zahlen als Begründung für den Lockdown das Nötige zurückhaltend und klar gesagt: Ein harter Lockdown bei dieser Gefährdungslage bedeutet: nie wieder Normalzustand.

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Die Frage der Fragen richtete Hans Bürger an Sebastian Kurz: Was geschieht, wenn die Zahlen nicht runter gehen? Kurz beantwortete die Frage nicht, sondern wiederholte – wie Merkel und Spahn in solchen Fällen auch immer – das schon vorher Gesagte noch einmal ausschweifend. Dabei vergaß er seinen Sommertrick nicht. Er habe schon früh gewagt, die Rückkehr zur Normalität im Sommer 2021 in der optimistischen Annahme von Impfungen ab Jahresende 2020 in Aussicht zu stellen.

Erst haben K&K das öffentliche Leben mit dem Abstandhalter des kleinen Elefanten und der Maskenpflicht eingeschränkt, dann ganz zum Erliegen verurteilt, diesen Zwang nun für einen Monat verlängert und versprochen, es dann für Testwillige und Testgenötigte wieder erheblich öffnen zu wollen: bis Testen durch Impfen abgelöst wird. Dass genügend Kapazitäten beim Testen und Impfen nicht rechtzeitig da sein werden und welche Probleme sich daraus ergeben werden, nur als Fußnote.

Über das Impfen sprach Hans Bürger mit Sebastian Kurz nicht. Wie welche Impfstoffe wirken, welche Nebenwirkungen sie in welcher Häufigkeit haben werden, steckt das nächste Problemfeld ab.

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Eine andere Frage von Bürger und die Kurz’sche Antwort dürften viele überhört haben, während sie mich mehr interessierte als die anderen. Wenn dieser neue „harte Lockdown“ wegen der zu hohen Zahlen unvermeidlich ist, warum nach Weihnachten und nicht sofort? Kurz‘ Antwort schrumpfte innerhalb längerer Ausführungen auf die wohl einzige Antwort, die das Kurz’schen Wort vom Hausverstand verdiente: Die Leute hätten sich Weihnachten eh nicht dran gehalten.

Die Anschlussfrage stand in Bürgers Gesicht, doch er sprach sie nicht aus: Was, Herr Kurz spricht eigentich dafür, dass sich genügend Leute für ihre Zahlenvorgaben vor und nach Weihnachten anders verhalten als sich eh nicht dran zu halten?

Beim politischen Zahlenlotto sehen wir uns wieder, Herr Kurz – und viel später bei der Bewertung des bitteren Befundes der Corona-Politik in Berlin wie Wien und fast allen westlichen Hauptstädten von Wolfgang Herles: Hauptsache der Mensch stirbt nicht an Covid19, für diese Prämisse dürfen Existenzen und Menschenleben vernichtet werden.“

Hier zwei Fußnoten zur Corona-Politik von K&K, eine zum Schifahren und eine zum Sternsingen.

Die Landeshauptleute im Westen und der Steiermark setzten die für 24. Dezember vorgesehenen Öffnung der Skilifte (halb besetzte Gondeln und Kabinen) durch. Sie sagten, wenn in Wien die U-Bahn fährt, dann bei uns auch die Lifte. K&K waren wg. einer Mehrbelastung der Spitäler durch Verletzte auf den Pisten dagegen. Nun dürfen Bundesland oder Bezirk selbstständig in Erlassen regeln, wie Gondeln, Lifte und Pisten benutzt werden dürfen. Pflicht ist bis 18. Januar das Tragen einer FFP2-Maske in der Gondel. – Österreich hat Landeshauptleute, denen ihre Bürger wichtig sind – anders als in Deutschland.

Das Dreikönigssingen ist auch in Corona-Zeiten erlaubt. Gesungen werden darf allerdings nicht, Mundschutz muss getragen werden. Man muss keine böse Zunge haben um festzustellen, dass dieser ursprünglich so schöne Brauch schon länger nur noch zum Spenden eintreiben da war. Corona bringt das eine und andere an den Tag.

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