Tichys Einblick
Einschüchterung von allem rechts der SPD

Deutschland: Ein Klima der stillen Angst

Verfassungsschützer sollten eigentlich die Freiheiten der Bürger garantieren. Im rot-rot-grün regierten Bremen rufen sie jetzt ganz offen die Bevölkerung zum Schnüffeln und Denunzieren auf. Wer ein autoritäres Regime erlebt hat, erlebt im heutigen Deutschland ständig Déjà-vu-Momente.

© Getty Images

Nach 16 Jahren in Moskau bin ich hart gesotten, was staatliche Eingriffe in Bürgerrechte und Freiheiten sowie Schnüffeleien des Geheimdienstes angeht. Ich hoffe inständig, dass mich meine sämtlichen Sinne trügen, mich mein Verstand und meine Logik in die Irre führen und ich einfach durch die lange Zeit in einem autoritären Staat übersensibel geworden bin, wenn ich, wie so sehr, sehr viele Ex-DDR-Bürger, heute in Deutschland ständig Déjà-vu-Momente habe – wie etwa gerade, als der Verfassungsschutz in Bremen die Bürger aufforderte, im Zuge des Kampfs gegen Rechtsextremismus auffälliges Verhalten zu melden, gerne auch anonym. Mir kam dabei sofort eine „Handreichung zum Umgang mit Rechtspopulismus und Menschenfeindlichkeit in Kitas“ der Amadeu-Antonio-Stiftung der Ex-Stasi-IM Anetta Kahane in den Sinn (die übrigens schon in ihrer damaligen Tätigkeit für die Stasi im Verdacht stand, andere wegen vermeintlich rechter Gesinnung zu melden bzw. bespitzeln). In der Broschüre wird der Eindruck erweckt, blonde Zöpfe, ordentliche Kleidung, soziales Verhalten und sportliche Betätigung könnten ein Verdachtsmoment sein.

Ver(bl)ödete Sprache, ver(bl)ödetes Denken
Die Deutschen sind wieder ein Volk von Flüsterern
Was erleben wir nur für völlig verrückte Zeiten! Hätte mir das jemand vor meiner Heimkehr aus Moskau vor sieben Jahren vorausgesagt, als ich noch bei jeder Gelegenheit unsere Demokratie, unseren Pluralismus und unsere Medien lobte – ich hätte ihn für verrückt erklärt. Soweit wir auf der einen Seite noch von wirklich autoritären Zuständen entfernt sind – so sehr kriechen die alten Geister aus allen Ritzen, in neuem, grünroten Gewand und Lack. „Sowok“ nennen die Russen den (Un-)Geist des Sozialismus in der Sowjetunion, ein unübersetzbares Wortspiel aus „Sowjet“ (wörtlich: „Rat“) und Kehrschaufel („Sowok“). In Deutschland rieche es heute nach Sowok, finden viele meiner russischen, ukrainischen und jüdischen Freunde. Sie haben ein feines Gespür für Sozialismus und seine Tücken, auch im Anfangsstadium: eine Immunität, die so vielen im Westen nach 70 Jahren Frieden und Freiheit abgeht.

„Die Deutschen sind wieder ein Volk von Flüsterern“, schrieb Josef Kraus vor kurzem hier auf Tichys Einblick unter Berufung auf aktuelle Umfrageergebnisse: 78 Prozent der Deutschen sagen laut Allensbach, man könne seine Meinung zu bestimmten Themen nicht oder nur mit Vorsicht frei äußern. Infratest schiebt im Auftrag des MDR hinterher: Es sind 69 Prozent. Und die aktuelle Shell-Jugendstudie belegt dies für 68 Prozent junger Menschen. Und, zumindest genauso schlimm, wenn nicht schlimmer: Viele in Politik und Medien finden das auch noch gut – wie etwa Christian Staas in der ZEIT („Erst denken, dann meinen“), die früher schon von der DDR schwärmte und bei der heute allem Anschein nach erneut sozialistische Träume weit verbreitet sind. Die Umfrage, die massive Probleme mit der Meinungsfreiheit offenbar, bediene „rechte Ressentiments“, schreibt Staas in der Zeit – das ist Logik und Sprache, wie man sie aus dem Sozialismus kennt.

Forderungen nach Meinungs-Totalitarismus, auch von Journalisten, finden in den sozialen Netzwerken breiten Anklang (siehe etwa hier). Das „Recherchezentrum Correctiv“ will als „Faktenwächter“ die Verbreitung eines Artikels aus Tichys Einblick verhindern, weil darin 500 Wissenschaftler – mittlerweile sind daraus 700 geworden – zu einem differenzierten Umgang mit dem Klimawandel aufrufen und den Klimanotstand bezweifeln (Details hier). Das ist so ungeheuerlich, dass man es eigentlich dreimal wiederholen müsste, um zu erfassen, was für ein Irrsinn in diesem Lande mittlerweile fast schon als normal angenommen wird. Man kann mit den 700 Wissenschaftlern einverstanden sein oder nicht – aber die Verbreitung ihrer Meinung zu verbieten? Und noch dazu, dass Journalisten diese Zensur durchsetzen wollen? Das hat nichts mehr mit Journalismus zu tun. Aber viel mit George Orwell, der seine Schreckensszenarien vom real existierenden Sozialismus abschaute.

In der gleichen antidemokratischen Gewichtsklasse spielt der Schnüffelaufruf des Bremer Verfassungsschutzes. Der Rechtswissenschaftler Lorenz Böllinger kommentierte ihn bei Radio Bremen wie folgt: „Die Gefahr besteht vor allem für die Grundwerte unserer Gesellschaft. Nämlich für Freiheit und für Vertrauen. Das geht systematisch verloren, wenn Menschen generell aufgefordert sind, andere zu beobachten.“ Birgit Bergmann von der Bremer FDP-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft sagte dem Sender: „Man muss sich fragen, ob das nicht ein tiefes Misstrauen in unserer Gesellschaft schafft.“ Die CDU-Opposition in Bremen bezeichnete den Vorstoß dagegen unterstützend „als grundsätzlich richtig“. Was ist nur aus der CDU geworden?

Sie nennen es Demokratieförderung
Für ihre "Zivilgesellschaft" verlangen Kahane und Co. 200 Millionen statt "nur" 115
Wenn ich solche Nachrichten lese, komme ich mir vor wie im falschen Land. In Russland werden Oppositionelle schon einmal eingesperrt, oder umgebracht. Daran gibt es nichts zu deuten und zu verharmlosen. Wer den „Imperator“ im Kreml lautstark kritisiert, lebt gefährlich. Weil Putin aber völlig ideologiefrei ist (er nimmt Kommunisten ebenso regelmäßig für sich ein wie Nationalisten), ist die Bandbreite des Sagbaren in Russland enorm. Politische Korrektheit ist in dem Land so gut wie unbekannt, und bis auf eine Minderheit ist die Immunität gegen Sozialismus und radikales linkes Gedankengut riesig. So entsteht eine völlig absurde Situation: In einem autoritären Regime äußern sich die meisten Menschen völlig sorgenlos und frei von der Leber weg über fast alle Themen, ja selbst Putin kritisieren inzwischen viele ganz offen – solange das im Privaten geschieht, interessiert es keinen. In einer Demokratie wie in Deutschland dagegen sind die Menschen zu „Flüsterern“ geworden. Äußerungen zu Themen wie Flüchtlinge, Migration, oder Sicherheit gleichen selbst im Privaten oft einem Spießrutenlauf. Es geht soweit, dass in Familien Angst herrscht, vor den Kindern falsche Worte zu sagen – weil die das in der Schule weiter verbreiten würden. Dass in der Bundeswehr Soldaten, die „falschen“ Medien lesen, als verdächtig gemeldet werden, dass viele sich nicht trauen, in der Arbeit zuzugeben, dass sie regierungskritische Seiten lesen. Dass Menschen sich fürchten müssen, im Internet auch nur einen falschen Klick zu machen – ein „Like“ für einen politisch nicht korrekten Beitrag etwa auf facebook kann weitreichende Folgen haben, bis hinein ins Berufliche.

Unter Angela Merkel, die einst für den kommunistischen Jugendverband FDJ aktiv war, hat sich politischer Mehltau über die deutsche Gesellschaft gelegt. Es hat tatsächlich einen massiven Klimawandel in Deutschland gegeben, auch wenn sich viele den nicht eingestehen wollen: Es ist eine Atmosphäre der stillen Angst entstanden. Alle, die sich dem quasiamtlichen linksgrünen Zeitgeist verweigern, müssen mit massiver Einschüchterung rechnen. Diese Angst wird massiv geschürt – gerade auch von vielen Organisationen, die sich formell den Kampf für Demokratie auf die Fahnen geschrieben haben und dabei den Verdacht nähren, ihre wahres Ziel könnte eine „Demokratie“ sein, die in vielem an das mittlere „D“ in der Abkürzung DDR erinnert.

Interview mit Litauens Ex-Staatschef
Landsbergis: „Deutschland gleitet ein drittes Mal in den Sozialismus ab“
Wie schon zu Sowjet- und DDR-Zeiten wird der „Kampf gegen Rechts“ („Faschisten“/“Nazis“) als Vorwand für Einschränkungen der Meinungsfreiheit und damit letztlich auch Demokratie genutzt – eine Taktik, die übrigens von KGB und Stasi eingeführt wurde (siehe meinen Beitrag „Staatsfeind Faschist“ hier). Und die erstaunlich zentral ist im politischen Geschehen der Bundesrepublik nach der Wende und insbesondere seit dem Amtsantritt von Angela Merkel. Man ist fast geneigt zu sagen, dass deren wichtigstes Mantra der Macht, die „Alternativlosigkeit“, wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen würde, wäre da nicht das Feindbild „Rechts“ – und die AfD, die dieses in vielem bedient. Was für Putin der Feind im Westen ist, ist für Merkel die AfD – der große Feind, gegen den alle zusammenstehen und sich hinter ihrem beschützenden „nationalen Anführer“ bzw. „Mutti“ scharen müssen. Gäbe es die AfD nicht – Merkel und ihre linken Mitstreiter bis hin zur grünen Pseudo-Opposition müssten sie geradezu erfinden. Denn ohne sie ließe sich die Diskussion über heikle Probleme nicht mehr vermeiden, über Realitäten, die unsere tonangebenden linken Dogmatiker in Politik und Medien widerlegen und deren Realitätsferne entlarven, und bei deren Ansprechen heute das Totschlagargument kommt, das könne ja auch die AfD sagen (so als ob alle sagen müssten, die Erde ist eine Scheibe, wenn die AfD morgen erklärt, sie sei eine Kugel). Dass dieser argumentative Hütchenspieler-Trick auf Kindergarten-Niveau heute so umfassend funktioniert, ist eine intellektuelle Bankrotterklärung für große Teile unserer Medien- und Politiklandschaft. Merkel wurde dabei offenbar auch Opfer der eigenen Finten: Sie scheint in 14 Jahren hinter den hohen Mauern des Kanzleramts, umgeben von Schmeichlern und Opportunisten, inzwischen so weit den Kontakt zur Realität verloren haben, dass sie selbst an die von ihr ausgegebene Parole glaubt, die AfD selbst sei das Problem – und nicht ihre Politik und die wirklichen Probleme, die Menschen in Scharen zur AfD treiben und die sie auch ohne AfD nicht zu einer linken CDU zurückkehren lassen würden.

Da die Ideologen die intellektuelle Schlacht verloren haben, weil immer offensichtlicher wird, dass sich die Realitäten ihrer Haltung und Gesinnung wie immer bei linken Experimenten nicht beugen wollen, müssen sie umso mehr um die Lufthoheit über dem völlig verengten Meinungskorridor kämpfen – damit nur niemand ungestraft sagen kann, dass sie und mit ihnen ihre Kaiserin (geistig) nackt sind. Und dafür braucht es Geld (das nützlicherweise auch für schöne Posten für Mitkämpfer und Gleichgesinnte ermöglicht). Die Stiftung von Ex-Stasi-IM Kahane und andere Dauergäste an den Futtertrögen des staatlich initiierten und alimentieren Kampfs gegen alles rechts der SPD haben nach dem Anschlag von Halle kaum Zeit verstreichen lassen, um hastig 200 Millionen statt den bisherigen 120 Millionen Steuergeldern für sich zu fordern. Ehrlicher wäre es, das als „Kampf für links“ zu bezeichnen. Und von SPD, Grünen, „Linke“ und dem Teil der Union bezahlen lassen, der sich mit Merkel auf strammen linksgrünen Kurs begeben hat.

Bei der Nachricht von Forderung nach mehr Geld kommt einem unwillkürlich die alte Warnung der DDR-Dissidentin Bärbel Bohley in den Kopf -vor einer Rückkehr von alten Stasi-Methoden in völlig neuem Gewand:

„Die gründliche Erforschung der Stasi-Strukturen, der Methoden, mit denen sie gearbeitet haben und immer noch arbeiten, all das wird in die falschen Hände geraten. Man wird diese Strukturen genauestens untersuchen – um sie dann zu übernehmen. Man wird sie ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen. Man wird die Störer auch nicht unbedingt verhaften. Es gibt feinere Möglichkeiten, jemanden unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen – das wird wiederkommen, glaubt mir. Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation, der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert.“


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Lesen Sie auch Reitschusters Kolumne «Berlin extrem – Frontberichte aus Charlottengrad»: Darin lüftet der Autor ironisch den Blick hinter die Kulissen der russisch-ukrainisch-jüdischen Diaspora an der Spree, deren Außeneinsichten oft ungewöhnliche Perspektiven eröffnen. Darüber hinaus spießt der Autor den Alltags-Wahnsinn in der Hauptstadt auf – ebenso wie die Absurditäten in der Parallelwelt des Berliner Politikbetriebs und deren Auswirkungen auf den bodenhaftenden Rest der Republik.

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