Tichys Einblick
Italia ciao?

EM 2020: Belgien führt bereits vor dem Anpfiff mit Eins zu Null gegen Italien

Schaffen es die vereinigten Moralapostel, Tugendwächter und Gesellschaftsläuterer, die Squadra Azzurra zum Knien in Belgien zu bringen?

Italiens National-Torwart Gianluigi Donnarumma beim Spiel gegen Österreich am 26. Juni 2021

IMAGO / GEPA pictures

Irgendwann reißt jede Serie, das merkten die Italiener gegen Österreich im Spiel zuvor, als Tormann Gianluigi Donnarumma nach sage und schreibe über 1.150 Minuten, also elf Spielen wieder hinter sich greifen musste, sonst stand immer die Null. Gegen Österreich jedoch gewannen die Italiener von Mancini immerhin noch mit 2:1. Seit 30 Spielen gelten die Italiener auch als unbesiegt, doch ob das so bleibt? Irgendwann fällt auch die stärkste Abwehr, die Frage ist nur, wie, wann und warum?

Während fast ganz Italien hinter seiner Squadra Azzurra steht, für sie schwärmt, wird im Hintergrund dermaßen politisiert und die hohe Moral von Außen ins italienische Trainingslager und Team hineingetragen, dass es nicht mehr feierlich ist. Ist das noch der Sport, der Fußball, den alle liebten? Nein, tempi passati. Es scheint die Europameisterschaft des kategorischen und moralischen Imperativs zu sein.

Es ist auch ganz egal, so scheint es, wie sich ein Team entscheidet, ob gegen die devote „BLM-Hinknie-Symbolik“, aber am besten natürlich dafür, denn die Mannschaften geraten ins Blickfeld der linken Moralapostel und Tugendwächter und der EU-Gesellschaftsläuterer.

Am Freitag steht das Viertelfinale gegen Belgien an, und anstatt über Spielsystem und Taktik zu reden, oder wie man den Schrank von einem Stürmer, Lukaku, in den Griff bekommen könnte, wird nun darüber berichtet und diskutiert, warum das italienische Team bisher so standhaft blieb, und sich eben nicht mit erhobener Faust auf die Knie begab. Der Mannschaftsrat hatte sich geschlossen dagegen entschieden. Denn, man müsse sich nicht extra mit solch einer ferngesteuerten Symbolik dazu bekennen, dass jeder ganz selbstverständlich gegen Diskriminierung und Rassismus sei. So wurde es auch aus dem Trainingslager der Azzurri in einer Pressekonferenz neulich kundgetan.

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Gegen Österreich standen sie dann auch alle, und gegen Wales zuvor in der Gruppenphase, knieten nur fünf Spieler nieder, und auch das wäre ja kein Problem gewesen. Wären da nicht die linken Politiker der PD, der italienischen Sozialdemokratie, die das Thema befeuerten, und zwar seit Tagen ohne Unterlass. Ein wahres Störfeuer. Zuerst schoss sich der Vorsitzende der PD, Enrico Letta, auf Italiens Team ein, alle müssten auf die Knie, als Zeichen der weltumspannenden Solidarität.

Und jetzt, statt dass sich die Squadra um den ruhigen und sehr motivierenden Coach Roberto Mancini konzentriert vorbereiten kann, muss auch noch Mailands Bürgermeister, il Sindaco Giuseppe Sala dazwischenschießen. Giuseppe Sala gehört der grünen unabhängigen Bewegung und Partei Europas an und ließ nun via Facebook wissen, dass er mit der Art und Weise, wie das italienische Team auftrete, nicht zufrieden sei. Klar, er meine nicht das Spiel, von dem fast ganz Europa schwärme. Italien gilt als Favorit des Turniers. Doch gerade diese Stellung gefährden nun Politiker und Meinungsmacher des rotgrünen Milieus? Kann das denn wahr sein? Was sind das nur für absurde Europameisterschaften?

Giuseppe Sala meinte ganz ironiefrei: „Lassen Sie mich mit der üblichen Offenheit sagen, dass die Art und Weise also des Auftritts der Fußballnationalmannschaft zur Black Lives Matter-Kampagne unabhängig davon, wie jeder über deren Nützlichkeit denken mag, ehrlich gesagt lächerlich war.“

Es scheint fast so, als würden sich alle Gesellschaftsläuterer absprechen, um die Sportler unter Druck zu setzen – für BLM, für die hohe und kostenlose Moral, die keine abweichenden Meinungen mehr zulässt – nein, die selbst diejenigen zu stigmatisieren versucht, die stehen bleiben und dennoch gegen Rassismus sind. Alle sollen zur Symbolik gezwungen werden.

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Ähnlich wie Enrico Letta will Sala, dass Italien als gesamtes Team wie Deutschland und England zuvor auf die Knie geht. Und jetzt kommt’s: Am Freitagabend beim Spiel der Europameisterschaft gegen Belgien werden die italienischen Spieler vor dem Anpfiff jetzt wohl doch hinknien, um ihre Solidarität mit Belgiens Stürmer Romelu Lukaku, einem der großen Unterstützer der Black Lives Matter-Initiative, auszudrücken. Lukaku, der in Italien gerade mit Inter Mailand Meister geworden ist, hat wohl die italienischen Spieler im Namen der Belgier, die vor den Türen der EU-Kommission ganz auf BLM-Linie sind, gebeten, auch auf die Knie zu gehen. Die Belgier knieten bisher vor jedem Spiel. Demnach Eins zu Null für die Belgier.

Und obwohl der Italienische Fußballverband (FIGC) wieder in einer Pressemitteilung betont hatte, dass es den Azzurri freigestellt sei, an der Kampagne und Kniefall-Aktion teilzunehmen oder nicht, ist die Kontroverse nun so richtig heftig entbrannt. Während Trainer Roberto Mancini einmal ganz ruhig erklärte, er sei allein hier, um die Mannschaft auf die Spiele vorzubereiten, für nichts anderes, und dass er ein Mann der Freiheitsliebe sei, ist nun voll und ganz die Politik aufs Spielfeld marschiert. Was für ein Eigentor, die Azzurri dermaßen zu instrumentalisieren.

So meldete sich dann auch der Anführer der Lega und ehemalige Innenminister Matteo Salvini zu Wort. Salvini ist gebürtiger Mailänder. Die Forderung des grünlinken Bürgermeisters von Mailand wollte er so nicht stehen lassen. Zudem ist Salvini in diesem Moment auch ein italienischer Fan und Tifoso wie Millionen Italiener auch.

Auf den sozialen Medien, auch auf Facebook, lederte Salvini zurück: „Wieder einmal die gesamte Linke gegen die Azzurri, aber das reicht jetzt! Lasst sie in Ruhe spielen!“, forderte Salvini, und fügte fast sarkastisch hinzu, Letta wie Sala sollten eher aufpassen, dass sie vor lauter ungelösten Problemen nicht in die Knie gehen würden, wie auch die Zeitung Il Giornale berichtete.

Auf jeden Fall hatte sich die italienische Nationalmannschaft dazu entschieden, stehen zu bleiben, nicht auf die Knie zu gehen. Das wurde auch so kommuniziert. Vor dem Spiel gegen Österreich hatten die Azzurri erklärt, so wurde Giorgio Chiellini der Mannschaftssprecher zitiert, dass sie nur dann hinknien würden, wenn dazu eine Bitte oder Aufforderung ihres Gegners einginge. Belgien, das diese Form des Protests immer umgesetzt hat bisher, hat also darum gebeten. Und so müssen, oder werden wohl alle Azzurri schon vor der Partie in die Knie zu Boden gehen.

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Dieser „erzwungene“ Kompromiss spricht niemanden an, weder diejenigen, die die sechs Azzurri unterstützten, die nicht gegen Wales knieten, noch diejenigen, die wiederum jene unterstützten, die es gegen Wales aus freien Stücken getan haben – jedem das Seine, eine Mannschaft kann nie gleichgeschaltet sein, sollte man meinen.

Nun bestimmt schon allein diese Debatte die Stammtische sowie, Achtung, auch die Sportfachzeitschriften, wer wisse, wie es Pfiffe in der Arena hageln könnte, wenn sich ein Team hinknien würde, und das andere eben nicht? Die Politik hat es geschafft, Teams und Spieler zu stigmatisieren.

Jeder hat seine eigene Meinung, so wie auch neulich der italienische Rugby-Spieler, Maxime Mbanda, der sich gegen einen Zwang des Hinkniens ausgesprochen hatte, so mischte sich jüngst auch der bekannte Sänger Povia in die Diskussion ein. Er, ebenfalls ein Mailänder durch und durch, meinte: „Die Fußballspieler müssen über das Spielen nachdenken und dürfen sich nicht dieser wirklich rassistischen Propaganda beugen, die sie ‚Black Lives Matter‘ nennen. Sie sollten sie ‚Human Lives Matter‘ nennen. Wir leben in einer Demokratie“. Ein ziemlich neuer Titel Povias heißt übrigens „Italia Ciao“, angelehnt an „Bella ciao“, dem Lied der Sozialisten und Weltverbesserer, nur mit einem etwas anderen, süffisanten Tenor. Italia ciao? Das wünscht sich wohl kein Italiener – aber möglich und traurig zugleich wäre es tatsächlich …

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