Tichys Einblick
Deutschland im Murmeltiermodus

Zehntausende Abgeschobene wieder da mit neuem Asylantrag

Und wieder sind Seehofer und Co. beim Vortäuschen von Maßnahmen, die ihretwegen nicht greifen.

© Tobias Schwarz/AFP/Getty Images

Immerhin noch eine gute Nachricht, der Murmeltierbestand in Bayern ist gesichert. Die possierlichen Nager leben in Familienverbänden, die in der deutschen Alpenregion wiederum Teil ganzer Kolonien sind. So hört der Bajuware mindestens in den höheren Regionen außerhalb des Winterschlafes noch regelmäßig das schrille Warnpfeifen des Murmeltiers, wenn sich etwa ein Raubvogel nähert.

Der ewige Gruß des Murmeltiers soll hier aber nur auf der Metaebene Teil der Geschichte rund um einen bayrischen Einzelgänger sein, der mittlerweile in Berlin in Alt-Moabit 140 seinen Bau bezogen hat und dessen Pfeifen nur noch wenig an den selbstbewusst durchdringenden Ton der Heimat erinnert. Sie ahnen es, die Rede ist von Horst Seehofer, der sei März 2018 das Amt des Bundesinnenminister inne hat, dort schrill aufgeschlagen und dann mit der Größe der Bundeskolonie schier überfordert war und sein Pfeifen mittlerweile bis auf ein paar jämmerliche Zischlaute komplett eingestellt hat.

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Von der Fabel zu den realen Verwerfungen der bundesdeutschen Gegenwart, hin zu einer erschreckenden Nachricht zu Abschiebungen und über Abgeschobene, von denen der Bundesinnenminister seit Jahr und Tag fabuliert, diese Abschiebungen müssten intensiviert werden, Einreisen sollen verhindert werden und gleichzeitig wird dann analog zur Bundeskanzlerin alles dafür getan, massenhafte Einreisen über das Mittelmeer und über weitere Routen zu legalisieren gemäß der von Deutschland maßgeblich mitgestalteten UN-Migrationspakte. Horst Seehofer hatte auch das neuen deutsche Einwanderungsgesetz befördert, das vieles organisiert, aber doch weniger die Einwanderung wirklich qualifizierter Ausländer. Das alles ist bekannt.

Beispielsweise die Welt stellte gerade fest, dass selbst noch die wenige Abschiebungen und Ausreisen vollkommen vergebens sind. In Wahrheit kommen abgeschobene oder freiwillig ausgereiste Asylbewerber in großer Zahl wieder nach Deutschland zurück: 28.224 Asylbewerber, die seit 2012 eingereist seien und einen Antrag stellten, dann aber abgeschoben wurden oder ausreisten, seien inzwischen wieder im Land – „und haben einen weiteren Asylantrag gestellt.“

Eigentlich weiß es jeder, müsste es jeder wissen, dennoch weigert sich die zuständige Bundesregierung, ihre Massenzuwanderungspläne einzustellen bzw. die planvolle Weigerung der Verhinderung derselben endlich aufzugeben. Es ist so grotesk wie wahr: Die Zahl der Abschiebungen sank sogar noch in den letzten Monaten während die Zahl der vollziehbar (!) Ausreisepflichtigen überproportional anstieg auf eine Zahl von mittlerweile gigantischen 246.737 Personen zum Stichtag 30. Juni 2019. Also eine knappe Viertelmillion Migranten, die weiter in Deutschland rundumversorgt werden, die weiter mutmaßlich Millionen an Euro via MoneyGram oder WesternUnion in ihre Herkunftsländer überweisen, um dort ihre Verwandtschaft zu versorgen. Eine Art Entwicklungshilfe also, direkt an Ort und Stelle dem Geberland abgepresst.

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Aber nicht nur die Abschiebungen gingen zurück, auch die Überstellungen nach dem so genannten Dublin-Verfahren in andere EU-Länder ging deutlich zurück, während – wir berichteten – südliche EU-Mitgliedstaaten wie Spanien gleich die Durchfahrt der iberischen Halbinsel bis zur französischen Grenze für alle Migranten Richtung Deutschland als Rundumkomplettpaket organisieren, ohne freilich diese Migranten asylrechtlich zu registrieren. Kaum noch erwähnenswert, dass auch die Zahl der freiwilligen Rückkehrer, die den Rückkehrerbonus in Anspruch nahmen, zurückgegangen ist.

Und was macht der deutsche Innenminister? Er stellt sich hin und erklärt der Nation, seine Maßnahmen würden jetzt Wirkung zeigen, wenn die heimlichen Kontrollen im Hinterland dazu geführt hätten, dass kaum ein paar Dutzend Personen beispielsweise an der deutsch-österreichischen Grenze direkt zurückgewiesen wurden. Jeder weiß es, aber es passiert nichts. Der rechtswidrige Befehl der Bundeskanzlerin von Ende 2015, die deutschen Grenzen nicht zu schließen, hat auch 2019 noch uneingeschränkt Bestand – alles weiter im Murmeltiermodus: Es werden irgendwelche Maßnahmen zur Grenzsicherung ohne reale Grenzsicherung verkündet und am Ende passiert nichts, außer, dass beispielsweise die Zahl der Abschiebungen zurückgeht und wiedereinreisende Abgeschobene ständig mehr werden. Dabei immer zu bedenken: Eine Viertelmillion Abzuschiebende müssen solche Abschiebungen aus Deutschland erst gar nicht fürchten.

Und was machen die deutschen Medien? Während der Chefredakteur der Weltgruppe gerade seinen Twitter-Account stilllegt, mutmaßlich, weil er dort keine Mauern hochziehen kann gegen diese basisdemokratischen Blödmänner, die seinen Tweet-Verlautbarungen nicht huldigen wollen, titelt eine Redakteurin bei WeltOnline nach Bekanntwerden der hohen Wiedereinreisezahlen – übrigens dank der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der AfD – titelt die Welt doch tatsächlich in einem Meinungsartikel: „Endlich greift der Rechtsstaat durch“. Murmeltiermodus also auch bei der Welt, denn wie oft wurden eigentlich schon vergleichbare Sedierungsmittel über die eigenen Leser versprüht? Placebo-Journalismus. Hier über Abgeschobene.

Natürlich hat dieser hektische wie viertelherzige Aktionismus aus dem Innenministerium eine konkrete Ursache, wenn mit einem der Oberhäupter eines der vielen kriminellen und muslimisch geprägten Familienclans in Deutschland nach Verbüßung einer Haftstrafe und vollzogener Abschiebung der Clanchef Miri via Schlepperroute einfach illegal wieder eingereist ist und der Abgeschobene wie selbstverständlich nun einen neuen Asylantrag gestellt hat.

Wir müssen es so nennen: Auf lächerliche Weise heißt es in besagtem Welt-Artikel   nun: „Wenn der Druck groß genug ist, geht die Entscheidung auch mal schnell. Nur wenige Tage brauchte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), um den neuerlichen Asylantrag des als Clanchef geltenden Ibrahim Miri als ‚offensichtlich unbegründet‘ abzulehnen.“

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Ist das etwa sarkastisch gemeint? Leider nein, vollkommen ernst. Die Redakteurin meint hier tatsächlich, was sie schreibt. „Wenn der Druck groß genug ist“ – von welchem Druck spricht sie? Nicht einmal jener Überdruck der zugewanderten Massen von Ende 2015 war doch ausreichend, die Grenzen dicht zu machen und den Staat und seine Menschen zu schützen. Oder meint die Autorin etwa einen Druck des Innenministers auf seine Behörde (BAMF)? Nein.

Seehofer hat die Schleierfahndung an den Grenzen noch einmal verschärft, wo es doch selbst der letzte Almbewohner da oben bei den Murmeltieren schon besser weiß, denn auch dort gibt es Internet, auch dort ist die Nachricht über den Zusammenbruch der deutschen Sicherheitsarchitektur und die Arbeitsverweigerung des Bundesinnenministers und die Zuwanderungsagenda der Bundesregierung längst angekommen.

Man darf der Welt direkt dankbar sein, wenn das Blatt in vollendeter Kindersprache diese ganze Hoffnungslosigkeit – wenn auch unfreiwillig und in maximaler Naivität – abbildet, welche die Menschen angesichts der Arbeitsverweigerung befällt, wenn es da in vollendeter Realitätsverweigerung weiter heißt:

„Viel zu lange konnten abgelehnte Asylbewerber unser freiheitliches System ausnutzen. Weil die Binnengrenzen in Europa offen sind, reisten Tausende von ihnen einfach wieder ein. Viele von ihnen gingen abermals aufs Amt und stellten einen neuen Antrag auf Asyl. Durch den Fall Miri wird der Staat jetzt strenger.“

Eine Sprache, wie aus dem Kika-Kanal.

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Der Staat wird strenger? Auweia. Es droht Haft. Aber wo sind diese Haftanstalten? Wo sind die flächendeckenden Hochsicherheitsbereiche mit Haftmöglichkeiten an allen internationalen deutschen Flughäfen? Denn wenn es keine flächendeckende Festsetzungsmöglichkeit gibt, suchen sich die illegal Einreisenden eben weiterhin den passenden einfach im Vorfeld aus und reisen ungehindert ein, stellen plangemäß ihren Asylantrag und begeben sich dann in die Obhut der entsprechenden Anwälte, die den Aufenthalt von da an dauerhaft absichern gegen beispielsweise ein Abschiebebegehr aus dem Hause Seehofer. Wer drin ist, ist drin. Muss man eigentlich besonders schlau sein, hier die einzig mögliche Lösung zu denken? Nämlich die Grenzen eben so zu sichern, das die Kontrollen möglichst lückenlos sind schon an der deutschen Außengrenze?

Ausgerechnet Herbert Reul (CDU), der Innenminister von Nordrheinwestfalen, will Seehofer zur Seite springen und spricht über dessen Maßnahmen von einer Politik der „1.000 Nadelstiche“. Der Innenminister eines Landes, dessen Ministerpräsident eine Politik der offenen deutschen Außengrenzen seines Bundeslandes offen propagiert, dessen so offen gehaltene Grenzen eines der Einfallstore nach Deutschland sind. Wieder die Welt schrieb noch Mitte 2018 über diese „Grenzen“: „Dass das Dreiländereck auch Brennpunkt illegaler Einwanderung ist, haben bislang weder Bund noch Land zugegeben. Dabei sind die Belege erdrückend.“

Der Artikel begann damals übrigens so:

„An der deutschen Grenze zählt für Armin Laschet nur eins: Offen muss sie sein. Im Kampf für das vereinte Europa, das der Ministerpräsident so gern beschwört, gilt ihm die Durchlässigkeit nationaler Grenzen als entscheidend. Je offener die EU-Binnengrenzen, umso besser, davon ist er überzeugt.“

Laschet, Seehofer, Welt – die Freunde der Murmeltiere sind zahlreich, aber sie selbst weigern sich beharrlich endlich mal zu pfeifen, wenn der Schatten über dem Land übermächtig wird. Lieber verharren Sie und singen immer das selbe Lied von vermeintlichen, von vermeintlich ganz neuen, ganz strengen Maßnahmen, die das Problem der illegalen Massenzuwanderung, der ankommenden Wiedergänger und Wiederkehrer eindämmen bzw. einstellen soll. Diese Scheintätigkeiten werden regelmäßig entlarvt als wirkungslos, aber sie gelten den Verantwortlichen nach wie vor als Alibi und zur Vertuschung ihrer Arbeitsverweigerung und ihrer Aufgabe staatlicher Souveränitäten und einer fortschreitenden Erosion der Sicherheit der Bürger im Land.

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