Tichys Einblick
Immer voran

Ulla Jelpke: Sturmgeschütz der Linkspartei

Ulla Jelpke fordert die „Aufnahme der in den libyschen Folterlagern inhaftierten Geflüchteten“ und will damit gleichziehen mit ihrer politischen Enkelin Carola Rackete, die alle Migranten aus Libyen nach Europa holen will – in den Lagern sollen allerdings weniger als fünftausend Personen sitzen – und nun?

Ulla Jelpke

imago images / Metodi Popow

Einschlägige Portale berichteten jüngst, dass Ulla Jelpke, Bundestagsabgeordnete der Linken, zweihunderttausend Migranten aus Algerien nach Deutschland holen will. Hat Jelpke allerdings gar nicht behauptet. Sie wollte bisher lediglich mit Carola Rackete in der Libyen-Frage gleichziehen, als sie die Forderungen der Sea-Watch 3-Frau teilte, dass Deutschlands sämtliche Migranten aus Libyen aufzunehmen hätte.

Nun sind Algerien, Marokko und Tunesien mit Beschluss des Bundestages vom 18. Januar 2019 sichere Herkunftsländer. Wir fragen also im Büro Jelpke nach, ob sie gemäß der bisher von ihr nicht offiziell bestätigten Behauptung Migranten aus diesen Ländern ebenfalls nach Deutschland holen will – alleine in Algerien sollen zweihunderttausend (nach Europa) Ausreisewillige auf gepackten Koffern sitzen.

Ulla Jelpkes Antwort kommt postwendend:

„Priorität hat die Aufnahme der in den libyschen Folterlagern inhaftierten Geflüchteten. Zudem müssen endlich sichere legale Fluchtwege für alle Geflüchteten geschaffen werden, um dem unsäglichen tausendfachen Sterben in der Sahara und im Mittelmeer ein Ende zu setzen.“

Deutlich geht nun allerdings anders. Ein Rückzieher der in der Migrationsfrage sonst immer so lautstarken Linken? Denn wenn Jelpke mit den Forderungen ihrer politischen Enkelin Carola Rackete tatsächlich würde gleichziehen wollen, dann müsste sie die Forderung wiederholen, das alle Migranten aus Libyen nach Europa geholt werden sollen und nicht nur die, die in den „Folterlagern“ ausharren. Dort nämlich sitzen laut Bundestagsabgeordnetem Michael Kuffer (CSU) gegenüber Deutschlandfunk aktuell weniger als fünftausend Personen.

Ebenfalls interessant dürfte hier die Aufteilung von Migranten in zwei Klassen sein, wenn die einen noch warten müssen, während die anderen eine „Priorität“ bekommen.

Wer ist Ulla Jelpke und welche Rolle spielt sie für die Linke in der MIgrationsfrage?

Während die Grünen den Blinker auf Dauerlinks gestellt haben, dümpeln FDP und Linkspartei darüber ganz erschrocken nur weiter unentschlossen am Fahrbahnrand. Die Hoffnungsträgerin der Linken, Sahra Wagenknecht, hat gar ganz das Handtuch geworfen.

Während allerdings bei der FDP alle nur immer weiter auf Christian Lindner schauen und auf ein erneutes Wunder hoffen, das nicht passieren will, ist bei den Linken das politische Urgestein Ulla Jelpke angetreten, die Wagenknecht-Lücke auszufüllen und die Partei wieder ins Gespräch zu bringen. Wo Wagenknecht mit zuwanderungskritischen Akzenten einen Ausfallschritt probiert hat, rückt Jelpke noch weiter nach links, um damit Aufmerksamkeit für die Partei zu erreichen.

Denn darum geht es ja: Medien erreichen, mit steilen Thesen punkten, und die Stammklientel im Wortsinne anfeuern, bei der Stange zu bleiben. Dem Volk „auf’s Maul schauen“ muss die Linke gar nicht nicht: Das Schicksal der Volksparteien bzw. der neuen potentiellen Volksparteien teilen sie nicht.

Wenn Wagenknecht die Strategin am Kartentisch war, dann ist die innenpolitische Sprecherin der Linkspartei so was wie ihr Sturmgeschütz: Feuern aus allen Rohren. Das Büro Jelpke gilt als eines der fleißigsten, wenn es darum geht, die Bundesregierung mit wahrhaft ätzenden kleinen Anfragen zu bombardieren, die diese in einer bestimmten Frist auch zu beantworten hat.

Journalisten, die bei Ulla Jelpke im Presseverteiler sind und diesen auch regelmäßig lesen, können von der immensen Lautstärke dieses politischen Urgesteins schon mal rote Ohren bekommen.

Unfreiwillige Klarheit
Außenamtlich: keine Flüchtlinge
Jelpke engagierte sich schon als Minderjährige für eine autonome Frauenpolitik, war bei den Vorläufern der Grünen aktiv, zog für die GAL in die Hamburger Bürgerschaft ein, hat den kommunistischen Bund mitbegründet und Jelpke war auch ein paar Jahre lang Innenressortleiterin der Zeitung „junge welt“, dem ehemaligen Zentralorgan der FDJ.

Kurz gesagt: Die 1951 geborene Jelpke hat das Trommeln von der Pieke auf gelernt und sie kann zudem über ein Bundestagsbüro verfügen, wo mit beispielsweise dem Historiker Dr. Nikolaus Brauns und anderen ein paar echte Scharfschützen im Graben liegen und auf alles feuern, was sich rechts bewegt.

Der Internetauftritt der Politikerin spiegelt in etwa die Mitteilungen des Presseverteilers. Wer regelmäßig liest, bemerkt die Eskalation insbesondere bei Migrationthemen, die Ansprache wird rauer, der Ton schriller, die Forderungen immer umfangreicher.

28. Juni
Jelkpe fordert: „Keine rassistische Stigmatisierung von Mitgliedern sogenannter „krimineller Clanfamilien“!“ Zu Polizeirazzien sagt Jelpke: „In den letzten Monaten fanden in der Tat einige Großrazzien statt, zum Beispiel in den Shisha-Bars. Ich will einfach mal vortragen, was dabei rausgekommen ist: einige Verstöße gegen das Tabaksteuergesetz, einige Fälle von Schwarzarbeit, in einigen Shisha-Bars eine zu hohe Konzentration von Kohlenmonoxid. Das ist in der Tat gesundheitsgefährdend, aber mit organisierter Kriminalität hat das wirklich nichts zu tun; das muss man hier auch mal klar auseinanderhalten.“

Zum Entzug der Staatbürgerschaft für IS-Kämpfer schreibt Jelpke am selben Tag: „Verbot des Entzugs der Staatsbürgerschaft ist Lehre aus dem Faschismus!“

10. Juli
Jelpke bescheinigt BAMF-Chef Sommer, er sei zunehmend ein „Vertreter flüchtlingsfeindlicher Positionen“. Der sei eine „offenkundige Fehlbesetzung“, er leide unter „kolonialen Träumereien“ und sei ein „Scharfmacher“.

15 Juli
Ulla Jelpke unterstützt Carola Racketes Forderungen alle Migranten aus Libyen aufzunehmen: „Die Bundesregierung muss umgehend allen in Libyen befindlichen Flüchtlingen eine sichere Überfahrt über das Mittelmeer und eine Aufnahme in Deutschland ermöglichen.“ Jelpke möchte „dauerhaft sichere Fluchtwege nach Europa“.

16. Juli
„Menschenrechtsverletzungen sind in Algerien und Marokko an der Tagesordnung. (…) Dass die Bundesregierung trotzdem an ihrer Einstufung dieser Länder als sicher festhält, ist ein Zynismus sondergleichen.“

Nun schildert aktuell eine Online-Seite, dass Ulla Jelpke zusätzlich zu den Migranten aus Libyen auch 200.000 aus Algerien auf sicherem Weg nach Deutschland holen will. Das allerdings geben ihre Pressemeldungen nicht her.

Wir haben also nachgefragt und Antworten bekommen, wie sie das Orakel von Delphi nicht besser hinbekommen hätte: Einerseits will Jelpke Rackete sein, andererseits lediglich die unter Fünftausend aus den libyschen Lagern nach Deutschland holen. Es sei denn, Frau Jelpke glaubt, dass ganz Libyen ein Folterlager ist.

Dann allerdings wäre es empfehlenswert, sich einmal mit dem Bundestagsabgeordneten Michael Kuffer (CSU) zusammenzusetzen und sich darüber auszutauschen, wer nun die richtigeren Informationen hat, wenn der davon spricht, dass unter fünftausend Menschen in Militärlagern in einer bedrohlichen Situation sitzen, die anderen hunderttausende Migranten in Libyen aber nicht.

Anzeige