Tichys Einblick
Afghanistan-Flüchtlinge

Laschet ist in Merkels „flüchtlingspolitischer“ Hinterlassenschaft gefangen

Die Willkommenskanzlerin rät nun den Afghanen, lieber nicht nach Deutschland zu kommen. Glaubwürdig ist das angesichts ihrer real exerzierten Einwanderungspolitik nicht.

IMAGO/NurPhoto

Fangen wir mit der Bild-Zeitung an, jenem Blatt, das einst unter Chefredakteur Kai Diekmann – früher schillernde Figur bei Springer, heute fast vergessen – jenen Refugees-Welcome-Aufkleber beilegte, den Sigmar Gabriel am Sakko durch den Bundestag schleppte. Kai Diekmann twitterte dazu am 3. September 2015:

Sie sind da! Und morgen an ganz vielen Kiosken, wo es @BILD gibt: unsere Aufkleber #refugeeswelcome – Wir helfen!“

Diekmanns Nachfolger Julian Reichelt ließ jetzt, sechs Jahre später, titeln: „Millionen Afghanen wollen nach Deutschland – Aber Merkel sagt Nein!

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Für die Faltzeitung mit der Reefugees-Welcome-Kampagne ist Merkels „Wir schaffen das!“ also heute Geschichte. 2021 lautet die neue Botschaft: „Wir können nicht alle aufnehmen.“ Allerdings gibt es diesmal keinen Aufkleber als Einleger mit der Aufschrift: „Refugees not welcome“. Und da fände sich auch sicher niemand, der ernsthaft analog zu Gabriel so einen fiktiven Nachfolger-Bild-Sticker tragen würde – zumindest nicht jenseits der AfD.

Aber warum sagt Merkel so etwas? Nein, nach Abschiedstournee hört sich das alles nicht an, was Angel Merkel da veranstaltet. Alles, was die Noch-Bundeskanzlerin jetzt verkündet, kommt mit all seinen Folgen nicht mehr zu ihr zurück. Wozu das also überhaupt? Eine geordnete Übergabe, von der sie in ihre jüngsten Pressekonferenz sprach, sieht doch ganz anders aus.

Wahltaktisch vorstellbar wäre hier: Kanzlerkandidat Armin Laschet versichert sich der Kanzlerin, nimmt Merkels immer noch so erstaunlich hohe Umfragewerte mit, um dann mit der Kanzlerin eine Abkehr von der Massenzuwanderung zu verkünden, also gemeinsam abzuwenden, damit es nicht so aussieht, als würde Laschet jetzt alles anders machen als Merkel.

Besonders verblüfft hier einmal mehr die Genügsamkeit der Deutschen, wenn die Kanzlerin als Hauptverantwortliche der illegalen Massenzuwanderung jetzt verkündet, ohne mit sich selbst einmal ins Gericht zu gehen: „Man kann nicht alle Probleme lösen, indem wir Menschen aufnehmen.“ Genügsam deshalb, weil solche offensichtlichen Lippenbekenntnisse angesichts ihrer Kanzlertaten beziehungsweise -unterlassungen doch besonders empören müssten.

Angela Merkel hatte schon am Nikolaustag 2016 auf dem 29. CDU-Parteitag in Essen erklärt: Liebe Freunde, wir haben es auf unserem Parteitag in Karlsruhe vor einem Jahr beraten und seither wieder und wieder gesagt: Eine Situation wie die des Spätsommers 2015 kann, soll und darf sich nicht wiederholen. (Beifall) Das war und ist unser und mein erklärtes politisches Ziel. Genau dafür arbeiten wir seit vielen, vielen Monaten zum Wohle aller hier in Deutschland und Europa.“

Nun gibt es zwei Möglichkeiten zu verstehen, warum daraus nichts wurde: Entweder diese und weitere Willensbekundungen waren reine Lippenbekenntnisse oder Merkel war schlicht nicht in der Lage, in den zurückliegenden fünf Jahren ihre politische Ziele umzusetzen. Für Deutschland ist keine dieser beiden potentiellen Wahrheiten erfreulich.

Fakt ist: Angela Merkel hat sich nicht nur in der Energiepolitik einer grünen Agenda verschrieben, auch ihre Zuwanderungsagenda ist jene des zukünftigen grünen Wunschkoalitionspartners, welche Merkel ihrem wahrscheinlichen Nachfolger Armin Laschet bereits mit ins Bett gelegt und dort festgenäht hat.

Wende in der Asyleinwanderung?
Merkel will angeblich Millionen nach Deutschland drängender Afghanen nicht aufnehmen
Die politmediale Aufrüstung der kleinsten Fraktion im Deutschen Bundestag bis hin zu einer grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ist in der Geschichte der Bundesrepublik ein bisher einmaliger Vorgang – die politischen Kungeleien mal außen vor: Noch nie zuvor haben die öffentlich-rechtlichen und die privaten etablierten Medien auf so fatale Weise versagt. Am erstaunlichsten hier übrigens die Rolle der SPD, die aller Voraussicht nach übel angeschlagen auf die Oppositionsbank wechseln wird und darüber nicht einmal nennenswerten Klagelaute hören lässt.

Was hat Merkel erreicht, nachdem sie Ende 2016 „zum Wohle aller hier in Deutschland“ gegen die ja von ihr selbst angestoßene Massenzuwanderung politisch zu Felde ziehen wollte? Nichts!

Das genaue Gegenteil ist wahr: Der milliardenteure Türkei-Deal ist ohne jeden Effekt und entpuppt sich mehr und mehr als ein Deal, die Türken noch irgendwie im Nato-Bündnis zu halten, gern auf Kosten der Bundesrepublik.

Der Türkei-Deal sah von Anfang an vor, dass es für jeden zurückgeschickten Migranten einen offiziell aus der Türkei kommenden geben sollte, aber die Rückführungen klappen nicht, dafür werden die Lager auf den griechischen Inseln immer voller und auch über den Landweg nach Griechenland hält Erdogan die Massenzuwanderung nach Deutschland kontinuierlich am köcheln – je nach Lust und Laune dreht er dabei die Flamme höher oder niedriger, aber sie geht nie ganz aus, immer bleiben Schlupflöcher als Faustpfand nach Berlin.

Gerade was die Afghanen angeht, funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den türkischen und deutschen Behörden besonders gut – gut für die Migrationswilligen jedenfalls: Die Türken stellen Papiere für Afghanen aus, mit denen diese regulär Touristen-Visa für bis zu drei Monaten haben. Aber um was zu tun? Um in Deutschland innerhalb dieses Zeitraums Asyl zu beantragen. Dieses Schlupfloch wird noch auffälliger dadurch, dass die Behörden dazu keine Zahlen sammeln und auch nicht bereit sind, diese vorsorglich sammeln zu lassen.

TE fragte Anfang 2020 bei der Pressestelle des Auswärtigen Amtes, wie viele Afghanen aus der Türkei ganz legal mit Visa nach Deutschland eingereist sind. Eine Frage, die ein Sprecher des Auswärtigen Amtes nicht beantworten konnte, weil eine „Erfassung nach Staatsangehörigkeit“ nicht erfolgen würde. „Insofern können wir diese Zahlen leider nicht zur Verfügung stellen“ .

Die Bundeskanzlerin ist also, was ihre Taten oder das Fehlen ebensolcher angeht, wie selbstverständlich auf Kurs der Grünen. Eine Umarmungsstrategie bis zur Bundestagswahl, die sich bis in die Innereien der Union Raum geschaffen hat: Ein Beispiel dafür ist der CDU-Oberbürgermeister von Würzburg, jener Stadt, die gerade die furchtbaren Messermorde eines somalischen Migranten verkraften muss. Jener Oberbürgermeister und Merkel-Parteifreund Christian Schuchardt findet aber nichts dabei, gleichzeitig dem privaten Zuwanderungsverein Seebrücke zu huldigen und sich einem Forderungskatalog dieses legalen Arms der Antifa zu unterwerfen. Übrigens in Gesellschaft weiterer 250 deutschen Städte.

Merkels Einwand gegen diesen Linksradikalismus? Keiner, sie kooperiert! Also nicht gleich offiziell und auf ganzer Linie, aber die Oberbürgermeister wurden alles andere als entmutigt: Thomas Geisel (SPD), früherer Düsseldorfer Oberbürgermeister, kommentierte das im WDR so: „Es besteht bei der Kanzlerin vor allem das Bestreben, hier einheitlich europäische Regelungen anzustreben oder jedenfalls dadurch gewissermaßen die anderen nicht vom Haken zu lassen.“

Aber auch das ist nur eine weitere verstörende Facette dieses ausgedehnten Organigramms der merkelschen Massenzuwanderung. Gleich eine ganze Reihe weiterer staatlicher und privater Institutionen sind Mitspieler in diesem Orchester einer nicht enden wollenden illegalen Massenzuwanderung in die deutschen Sozialsysteme häufig unter Missbrauch dieses weltweit einmaligen Asylsystems.

Der grüne Wunschpartner der Bundeskanzlerin hat es sich ins Wahlprogramm hineingeschrieben: „Wir wollen mehr sichere und legale Zugangswege“ und mehr und unbürokratischen Familiennachzug. Der Staat soll eine private Asylberatung für alle bezahlen, Asylbewerber sollen von Anfang an Hartz-4 bekommen („Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes“) und Geduldete sollen noch schneller und unbürokratischer einen Aufenthaltstitel bekommen – beinahe so, als wären diese Migranten etwa ernsthaft in Gefahr, ausgewiesen zu werden.

Also wer soll angesichts all dessen die Worte der Kanzlerin noch ernst nehmen? Ende 2016 – also im Vorwahlkampf für die Bundestagswahl 2017 sprach Merkel davon, die Massenzuwanderung zu begrenzen, jetzt im Vorwahlkampf 2021 macht sie es wieder – und dazwischen wird weiter mit aller Wucht an der Umsetzung der doch angeblich unverbindlichen UN-Flucht- und Migrationspläne gearbeitet.

Merkels grüne Wunschpartner, gegen die sich ein Armin Laschet nicht wehren kann und will, und die ja in Bayern bereits vom Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) umarmt und umgarnt werden, sind sogar weit vernetzt mitten hinein in die teils illegale Migrationsbeförderung. Und es gibt (wenn wir die isolierte AfD ausnehmen) tatsächlich keine Regierungs- oder Oppositionspartei im Deutschen Bundestag, die hier Widerspruch einlegen würde.

Merkels langer Atem
Die Kanzlerin bittet um Spenden für Flutopfer – Finanzielle Priorität hat offensichtlich anderes
Katrin Göring-Eckardt, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Deutschen Bundestag ist eine der glühendsten Verfechterinnen der merkelschen Massenmigrationspolitik. Göring-Eckardt war bis 2013 Präses der EKD-Synode und ihr Lebenspartner Thies Gundlach gilt als Vordenker der EKD und einer der führenden Köpfe hinter dem Reformprozess der Kirche. Gundlach ist Vorsitzender des Vereins „Gemeinsam retten“, der unter dem Namen „United4Rescue“ auf Betreiben des Noch-EKD-Vorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm gegründet wurde, um Schiffe ins Mittelmeer zu entsenden.

Diese Schiffe nehmen vor der libyschen Küste Migranten auf, um sie in die EU zu bringen bzw. weiter auf dem Landweg nach Deutschland. Die Sea-Watch-4 wird von einem Kapitän begleitet, der bekennender Aktivist der Antifa ist, das Schiff fährt mit der Flagge der Linksextremisten hinaus und der private linksradikale Verein Seebrücke ist das direkte Bindeglied einer zunehmend reibungslos funktionierenden Massenzuwanderung auch wieder auf der Route Tripolis-Berlin, Tripolis-Frankfurt usw.

Aber noch einmal zum Anfang zurück: Angela Merkel sagt auf ihrer mutmaßlich letzten Bundespressekonferenz als Bundeskanzlerin in Richtung von geschätzt einer Million Afghanen, die nach Deutschland wollen: „Bleibt zuhause!“ Gleichzeitig aber bemühen sich staatliche und private Organisationen intensiv um einen Erhalt oder Ausbau der illegalen Massenzuwanderung nach Deutschland und werden dazu von Angela Merkel – jedenfalls außerhalb von Wahlkämpfen – ermuntert. Wie ernst ist also zu nehmen, was Merkel da jetzt wieder zu Beginn der heißen Phase des Wahlkampfes 2021 vorträgt?

Die Rolle von Armin Laschet ist in dieser politischen Farce leider die am wenigsten attraktive – einerseits will Laschet sicher auf dem weiterhin erstaunlich hohen Kanzlerinnenbonus zum Wahlsieg surfen. Andererseits müsste er, um deutlicher zu punkten, gleich mit einer Reihe von Merkelpositionen radikal brechen.

Andererseits übernimmt Merkel das freundlicherweise gleich selbst und stringent zum Merkel-Wahlkampf 2017: Sie bricht mal wieder interimsmäßig mit ihren eigenen Positionen und zwingt Armin Laschet jetzt zwischen die Stühle, wo er still verharrt in der Hoffnung, dass ihm bis zum Wahltag nicht die Luft wegbleibt: Hier die Kanzlerin mit einer nicht glaubwürdigen Anti-Zuwanderungsposition, dort der zukünftige grüne Koalitionspartner, der die illegale Migration nach Deutschland befördert.

Für den Wähler sind das ein paar Fragen zu viel: Wer ist Armin Laschet, was will Armin Laschet wirklich, will er überhaupt etwas, und was will Angela Merkel, dass Armin Laschet wollen soll und wieviel Einfluss hat sie damit auch weiterhin?

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