Tichys Einblick
Zivilcourage oder gewalttätiges Ausrasten?

Polizei bestätigt Anzeige gegen Geschäftsführer des Journalistenverbands Thüringen

Im Gespräch mit TE bestätigt der Sprecher der Landespolizeidirektion Thüringen, dass mindestens eine Anzeige gegen den Geschäftsführer des Journalistenverbands DJV Thüringen wegen seiner Gewaltaktion vom 1. Mai vorliegt. Eine Kooperation zwischen Polizei und DJV gebe es nicht.

Symbolbild

imago Images
Der Geschäftsführer des Deutschen Journalistenverbands DJV Thüringen, Sebastian Scholz, läuft in Weimar am 1. Mai von der Seite kommend in einen vor der Polizei weglaufenden Demonstranten und stellt ihm eine Bein, eine Verletzung dabei offensichtlich in Kauf nehmend. Der Verband brauchte zehn Tage, um die Aktion schließlich in einer Stellungnahme „zivilcouragiert“ zu nennen. Nach Anzeige wird jetzt gegen Scholz ermittelt, dem gegebenenfalls ein Strafverfahren droht.

Wir sprechen darüber mit Patrick Martin, Erster Polizeihauptkommissar und Pressesprecher der Landespolizeidirektion Thüringen.

TE: Wer war der Mann, dem vom Geschäftsführer des DJV Thüringen ein Bein gestellt wurde?

Patrick Martin: Aktuell wissen wir nicht, wer der Mann ist. Die Kollegen die dort gehandelt haben, das ist eine bayrische Einheit. Da stehen aktuell noch Zuarbeiten aus Bayern aus. Ob da eine Identität festgestellt wurde oder nicht, können wir zum derzeitigen Zeitpunkt deshalb nicht sagen.

Die von Scholz zu Fall gebrachte Person soll zuvor eine Polizistin und eine Journalisten angegriffen haben, wird vom DJV behauptet …

Wir haben im Moment auch nur, was in dem Video zu sehen ist, da arbeitet die Kriminalpolizei in Weimar im Moment daran und versucht, das im Anzeigeverfahren aufzuklären. Insbesondere warten wir hier aber, auch wie schon gesagt, auf die Berichte aus Bayern, was die Kollegen, die da vor Ort gehandelt haben, für uns haben. Wir haben natürlich üblicherweise von solchen Ereignissen auch eigenes Videomaterial, was ebenfalls noch ausgewertet werden muss. Es soll mehrere, beziehungsweise eine mir bekannte Anzeige gegen den Herrn Scholz geben. Und auch diese wird von der Kriminalpolizei in Weimar bearbeitet.

Woher kommt diese Anzeige? Befragungen der Querdenker-Szene haben so eine Anzeige von deren Seite nämlich nicht ergeben.

Die Anzeige ist bei uns per Email eingegangen. Ob das jetzt die richtigen Personalien sind, die in der Email stehen, wissen wir nicht. Auf jeden Fall ist eine Anzeige eingegangen und sie wird bearbeitet. Es soll jemand gewesen sein, der das Video gesehen hat. Jedenfalls postitulierte das derjenige, der die Anzeige per Mail erstattet hat.

Warum befasst sich die Polizei von sich aus nicht mit Herrn Scholz, der ja in Polizeiarbeit eingegriffen hat? Der DJV behaupet jetzt sogar, das wäre juristisch nicht angreifbar.

Wir werden den Herrn Scholz vorladen. Er bekommt Gehör, so wie jeder andere, der in einem Strafverfahren beschuldigt wird. Er bekommt im Zusammenhang mit der Anzeige ganz normal eine Vorladung. Dann kann er erscheinen bei der Polizei oder auch nicht. Es gibt hier keine Erscheinungspflicht wie bei der Staatsanwaltschaft oder bei Gericht. Dann kann er eine Aussage machen oder auch nicht. Als Beschuldigter stände ihm natürlich auch das Recht zu schweigen zu.

Ist also also ein Strafverfahren gegen Scholz schon im Gange?

Die Kriminalpolizei in Weimar hat dazu eine Anzeige vorliegen und die wird jetzt auch bearbeitet und nach Abschluss der Staatsanwaltschaft vorgelegt.

Ist das schon ein Hinweis darauf, dass man die Anzeige ernst nimmt?

Natürlich müssen wir das ernst nehmen. Wir haben den Sachverhalt ja im Video sichtbar. Das ist momentan, was uns vorliegt.

Daraus leitet sich ab, dass man da ein Strafverfahren einleiten will?

Ja, die Staatsanwaltschaft bekommt es dann, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind. Rechtliches Gehör muss gewährt werden. Und die Berichte aus Bayern müssen dazu da sein, ebenso wie die Videoauswertung aus Bayern. Die Staatsanwaltschaft muss eine Würdigung der Gesamtumstände vornehmen können. Die Staatsanwaltschaft kann hier immer noch sagen, in Würdigung aller Gesamtumstände stellen wir das Strafverfahren ein.

Wie lange dauert so etwas?

Frühestens nächste Woche. Die Polizei in Weimar leidet auch nicht an Arbeitsmangel. Bei so einer Großveranstaltung und einer Demo-Lage schiebt man oft einen riesen Wust vor sich her. Dann muss das ganze getacktet werden, jemand beauftragt werden, die Sachbearbeitung zu machen, der muss seinen Terminkalender durchgehen, muss die Vorladungen schreiben. Dann haben sie das übliche Problem, dass zwei von drei Vorgeladenen zu einer anderen Zeit als eingeladen kommen wollen. Es ist hier aber auch keine Eile da, es rennt nichts weg.

Der DJV spricht von Zivilcourage ihres Geschäftsführers Scholz. Wie sieht das die Polizei?

Dazu können Sie von uns keine Meinung erwarten. Wenn wir uns völlig abstrakt – ohne dass es diesen Sachverhalt gegeben hätte – unterhalten, dann kann ich ihnen die Meinung der Polizei zu Zivilcourage natürlich sagen. Aber das passt in diesem Kontext nicht. Wir können hier weder eine Vorverurteilung vor-, noch jemanden in Schutz nehmen. Es gibt den Paragraphen 127/1 der Srafprozessordnung, das so genannte „Jedermannsfestnahmerecht“. Es ist möglich, dass die Staatsanwaltschaft das so erkennt oder auch nicht. Da ist die Justiz unabhängig. Wir als Polizei müssen darüber nicht entscheiden. Wir haben Gewaltenteilung und wir haben einen Erforschungsauftrag, wir haben alle Umstände zu erforschen, die zur Tatbe- und -entlastung führen kann.

Es gibt nicht nur die Szene des Übegriffs sondern auch jene spätere Szene, wo Sebastian Scholz in Gegenwart einer Polizeisprecherin eine Art Kurzbefragung eines sich ursprünglich an die Sprecherin gewandten Foto-Journalisten vornimmt und beispielsweise auch dessen Ausweis in Augenschein nimmt. Was hat es mit dieser Szene auf sich? Und was hat das möglicherweise mit einer Kooperation der Polizei Thüringen mit dem DJV also mit Geschäftsführer Scholz zu tun? Und was hat ihrem Kenntnisstand nach Herr Scholz dort überhaupt gemacht? Ebenfalls war er in einem Bereich, der für nicht autorisierte Bürger zu dem Zeitpunkt eher nicht zugänglich war. Was autorisierte Scholz?

Diese Kooperation gibt es nicht. Das war ein Wunsch des DJV, dem noch nicht entsprochen wurde. Herr Scholz ist mir persönlich nicht bekannt. Das Video, wo die Szene zu sehen sein soll mit der Polizeisprecherin, kenne ich noch nicht. Nach dem ich es jetzt gesehen habe, kann ich dazu sagen: Im Video sieht man dass ein „Journalist“ mit der Pressesprecherin reden wollte. Nach einem kurzem Vorgespräch wird er jedoch von Herrn Scholz (so stellt sich der Mann zumindest vor) in ein Gespräch verwickelt. Was weiter folgt, ist nicht bekannt.

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