Tichys Einblick
Reste der Bürgerfreiheit bewahren

Die Essener Tafel und jede andere ist frei

Private Tafeln entscheiden selbst, wem sie helfen. Sie sind keiner staatlichen Institution verpflichtet. Und keinen selbsternannten Deutungshoheitsträgern unterworfen.

© Sean Gallup/Getty Images

Im Nachhall des Essener Tafel-Sturzes für Ausländer wird immer deutlicher: Das Problem ist kein Neues. Weitere Fälle, einige schon Jahre zurückliegend, belegen, dass die Maßnahmen des Essener Tafelleiters Jörg Sartor nur medial auf fruchtbaren Boden fielen, es gab sie schon zuvor. Sartor selbst vermutete gegenüber der Welt bereits, dass auch andere Tafeln in der Bundesrepublik auf diese oder ähnliche Weise eingreifen würden – nur klammheimlich: „Ich behaupte, es gehen mehr so vor, nur sind wir die ersten, die das so auf ihre Internetseite gestellt haben.“

Bevor wir hier der Vollständigkeit halber über weitere Fälle von Reglementierungen und Ärger von und über Ausländer(n) an deutschen Tafeln berichten, müssen wir also mutmaßen, dass eine explizite Hilfe von Deutschen für Deutsche in Deutschland einer Klammheimlichkeit unterliegen muss, will man nicht die geballte Wut jener auf sich ziehen, die für sich beanspruchen, die Meinungshoheit über alle anderen zu besitzen.

Aber noch besteht Hoffnung, denn das politische Establishment scheint sich seiner Sache durchaus nicht sicher: Es leidet unter akuten und tief greifenden Kontrollverlustängsten. So zumindest lassen sich die Reaktionen auf Maßnahmen der Essener Tafel deuten, die ein generelles Misstrauen gegenüber privatem Engagement offenlegen. Alles ist verdächtig, das nicht staatlich organisiert, das nicht regulier- und kontrollierbar ist. Hier wird der Versuch unternommen, noch den mickrigen letzten Rest Selbstbestimmung in der Gesellschaft unter staatliche Aufsicht zu stellen.

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Nun hat die Essener Tafel Ausländer überhaupt nicht ausgeschlossen, die Nahrungsmittel wandern sogar nach wie vor zu zwei Drittel in die Taschen von Zuwanderern, die zu großen Teilen außereuropäischer Herkunft sind. Also in die Taschen von Asylbewerbern, von Geduldeten und subsidiär Geschützten, die doch aber bereits vor allem eines in Deutschland bekommen: Schutz und alle für ein Leben in Sicherheit notwendigen Mittel und Möglichkeiten. Inklusive einer finanziellen monatlichen Zuwendung, die auch Genussmittel und eine bescheidene aber ausreichende Körperpflege, Kommunikationsmöglichkeiten und auch mal einen Kinobesuch erlauben. Dann, wenn man das zur Verfügung gestellte, nicht rückzahlpflichtige Geld entsprechend seinem Verwendungszweck einsetzt.

Nun ist es aber so, dass Millionenbeträge Jahr für Jahr via Western Union und anderer Geldtransfer-Unternehmen direkt aus Deutschland in die Herkunftsländer der eben beschriebenen Leistungsempfänger transferiert werden, was wiederum dazu führt, dass die großzügig berechneten Mittel bei einigen nicht mehr ausreichend zur Verfügung stehen und die Empfänger also Hilfsstationen wie die deutschen Tafeln aufsuchen müssen. Oder die zur Tafel kommen, einfach weil es möglich ist. Weil mehr eben immer mehr ist. Weil diesen Migranten einfach der Gedanke fehlt, dass andere möglicherweise dringender auf diese private Hilfe angewiesen sind. Und sie nicht über die Schambarriere verfügen, die sonst nur Not und Hunger überwinden helfen kann. Scham, weil man sich als Teil einer Gemeinschaft fühlt, die man unterstützen und nicht belasten möchte.

Jetzt hat die Essener Tafel darauf regiert, andere haben das schon früher gemacht, wir kommen zum Schluss noch dazu. Vorab aber bitte noch etwas Grundsätzliches: Bundestagsabgeordnete sind Vertreter des deutschen Volkes. So unangenehm das mittlerweile einer großen Mehrheit dieser Vertreter auch sein mag, das ist ihre originäre Aufgabe: So betrachtet sind sie sogar Lobbyisten der Deutschen, die sie gewählt haben. Ihr bevorzugtes Interesse muss ein deutsches Interesse sein. Wenn das nicht mehr der Fall sein sollte, müssen sie von ihrem Mandat unverzüglich zurücktreten.

Oben und unten
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Selbstredend gilt, was für alle Nationalitäten gilt, auch für Deutsche: Deutschsein ist auch eine exklusive Angelegenheit, wer Deutscher werden will, dem sind dafür nicht ohne Grund bestimmte Hürden aufgestellt. Er muss idealerweise den Nachweis erbringen, mit diesen Deutschen in einer Gemeinschaft zusammenleben zu wollen, die für einander einsteht. Die Pflichten und Rechte mit sich bringt. Das hat nichts Pathetisches, es ist einfach Wesenmerkmal eines Volkes, das in Staatsgrenzen lebt, die einen Schutzraum definieren für eine bestimmte Art, miteinander leben zu wollen, für eine bevorzugte Gesellschaftsform. Wer das rassistisch findet, der muss konsequenterweise auch den Nationalstaat und vor allem den Rechtsstaat als solchen rassistisch finden. Aber er ist nun mal da und wird sogar durch Gesetze als solcher geschützt, Gesetze, die Deutsche sich gegeben haben, auch um sich von anderen Gesellschaftsformen abzugrenzen.

Was das große Ganze nun mit der Essener Tafel zu tun hat, ist schnell erzählt: Wenn Deutsche in Deutschland beschließen, ehrenamtlich Landsleuten zu helfen, denen es trotz sozialem Netz aus individuellen Gründen schlecht geht, und die deshalb privatinitiativ eine Tafel gründen, die jene versorgt, an denen aus verschiedenen Gründen staatliche Hilfe vorbeigeht, dann ist diese private Hilfe zielgerichtet.

Sie richten sich an Bürger, mit denen man in Gemeinschaft, in Nachbarschaft zusammenlebt. An Deutsche. Und diese Hilfe folgt keineswegs irgendeinem universellen Gedanken. Sie richtet sich zunächst einmal an Mitbürger, denen es vorübergehend oder auf Dauer schlechter geht. Und da naturgemäß diese Hilfen endlich sind, wird eine Auswahl getroffen. Sie verweigert oder bestätigt Hilfe für den Mitbürger in Not.

Das ist ihr ureigenes Anliegen: Menschen, die sich zu einer Gemeinschaft bekennen zu unterstützen. Menschen, die Teil dieser Gemeinschaft sind. Es gehört nun zum dankenswerten Wesen dieser Deutschen, das sie in individueller humanitärer Geste bereit sind, diese Hilfe freiwillig sogar noch auszudehnen auf Menschen, die nicht in dieser Gemeinschaft leben, die noch nicht einmal eine Idee davon haben können, was diese Gemeinschaft ausmacht, die nur deshalb von ihr profitieren dürfen, weil die Deutschen aus einer leidvollen historischen Erfahrung ein Asylrecht anbieten, das Menschen prinzipiell Schutz gewährt, wenn sie in ihren Ländern verfolgt werden.

Wenn nun beispielsweise der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) zu Essen mahnt: „Nächstenliebe und Barmherzigkeit kennen keine Staatsangehörigkeiten“, dann mag er das als engagierter Katholik gerne in seiner Weltkirche zum Besten geben, also in seinem privat-universellen Kosmos ausleben. Aber als Abgeordneter sollte er wissen, dass er Interessensvertreter der Nordrheinwestfalen ist. Wenn er dieser Verantwortung nicht mehr gerecht werden kann oder will, hat er sein Mandat niederzulegen. Dann ist jeder Helfer einer Tafel bereits verantwortungsbewusster als der Minister selbst. Dann hat jeder einzelne dieser Helfer ein höheres Anrecht auf den Ministerjob des Herrn Laumann.

Ohne jede Selbstkritik
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Private Tafeln entscheiden selbst, wem sie helfen. Sie sind keiner staatlichen Institution verpflichtet. Sie sind sogar besser gestellt, als beispielsweise Gastronomen, die aus wirtschaftlichem Interesse agieren und denen der Gesetzgeber bestimmte Antidiskriminierungsgesetze auferlegt hat, die ihnen in einem bestimmten Maße untersagt, ihre Gäste bzw. Kunden frei auswählen zu dürfen. Für Tafeln indes gilt das aus gutem Grunde nicht. Der Sozialminister müsste das ebenso wissen wie weitere Personen aus Politik und Gesellschaft, die sich gerade so vorlaut und moralisierend zu Wort gemeldet haben in der festen Überzeugung, Hüter des Guten zu sein, zu den Gutmeinenden zu gehören. Dabei sind sie in ihrer Funktion zunächst einmal eines: Interessenvertreter der Deutschen. Wer findet, das klänge komisch, der hat in diesem Job nichts verloren.

Aber kommen wir, wie eingangs angekündigt, zu weiteren Fälle von Reglementierungen und Ärger von und über Ausländer(n) an deutschen Tafeln, die durchaus nicht selten sind und bisher allerdings von keinem so großen Entrüstungssturm begleitet wurden wie die Maßnahmen der Tafel in Essen. Hier nur eine kleine Sammlung als exemplarische Belege:

Im Oktober 2015 berichtete die Süddeutsche Zeitung, dass die Dachauer Tafel keine Lebensmittel mehr an Flüchtlinge ausgibt. „Die Tafel gibt keine Lebensmittel an Flüchtlinge aus. Diese sollten lernen, mit ihrem Geld umzugehen, sagt Vorsitzender Bernhard Seidenath.“ Auch andere Tafeln hatten entschieden, keine Lebensmittel an Asylbewerber abzugeben, etwa jene in Hallbergmoos und Moosburg im Landkreis Freising oder in Lenggries im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, berichtete die Zeitung.

Von der Illmenauer Tafel berichtete die Thüringer Allgemeine Ende letzten Jahres:
„Leiterin schildert katastrophale Zustände bei der Lebensmittelausgabe. Personal fehlt. Frauen an der Ausgabe wurden angegriffen. (…) Mit den Flüchtlingsfamilien, die zur Tafel kommen, habe sich die Situation verschärft. (…) Die ehrenamtlich arbeitenden Frauen würden von den männlichen Asylbewerbern und Familienvätern nicht anerkannt und respektiert. Insbesondere gäbe es Probleme mit etwa 13 Männern.“

Die WAZ berichtete schon Anfang 2015, das die Tafeln in Wattenscheidt 300 Mitarbeiter verloren hätte. Der Grund sind auch hier unhaltbare Zustände gewesen, ausgehend von Aussiedlern aus Südosteuropa und „zunehmend auch von Flüchtlingen, die sich so benehmen.“

Mitte 2016 berichtete die Ostsee-Zeitung über die Crivitzer Tafel (Landkreis Ludwigslust-Parchim). Dort sollen rund 30 Zuwanderer Einheimische an der Lebensmittelausgabe zurückgedrängt und geschlagen haben, um eher dranzukommen.

Recherchieren Sie bitte gerne weiter und informieren Sie uns via Kommentarfunktion. Außerdem wollen wir die Gelegenheit gerne nutzen, Sie zu bitten, die Tafel in Essen zu unterstützen. Alle wichtigen Kontaktdaten finden sie auf der Website. Wenn Sie in der Essener Lebensmittelbrache tätig sind, haben Sie möglicherweise Gelegenheit darauf hinzuwirken, einmalig oder sogar regelmäßig Essen zu spenden. Oder Sie bieten sogar Ihre ehrenamtliche Mitarbeit für ein paar Stunden im Monat an. Denen, die gerne spontan helfen: Danke für Ihr Engagement für eine gute Sache.