Tichys Einblick
Jahresrückblick 2023

Übrig bleibt die Einsicht: Das Land wird von Dilettanten regiert

Den Leistungsträgern, und vor allem denen, die noch nicht die Flucht aus diesem irren Absurdistan angetreten haben, wäre eine Regierung zu wünschen, die nicht so unbekümmert mit der Zukunft dieses Landes spielt wie ein Haufen kleiner Kinder mit Konfetti.

Bundeskabinettssitzung, Berlin, 13.12.2023

IMAGO / Political-Moments

Statistisch gesehen war das Jahr 2023 meteorologisch eher unspektakulär, etwas wärmer als im langjährigen Durchschnitt und insgesamt eher zu feucht als zu trocken. Nach einem gewohnt milden Winter folgte wieder ein relativ kühles Frühjahr mit Nachtfrösten bis Mitte Mai.

Anschließend wurde es trocken und ab Mitte Juni dann auch heiß. Während in einigen Regionen die Wassersättigung erfreulich lange komfortabel war, litten vor allem die küstennahen Gebiete in diesem Jahr unter einer ungewöhnlich früh einsetzenden Trockenheit. Besonders nervtötend entwickelte sich dann die Witterung in den Erntemonaten Juli und August mit anhaltenden Regenfällen, alles andere als wünschenswertes Erntewetter. Der Spätsommer und der frühe Herbst waren erst milde bis warm, dann zu feucht und schließlich wurde es früher als in den Vorjahren kalt und winterlich.

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Die unter den diesjährigen Bedingungen erzielten Naturalerträge werden wohl im Allgemeinen noch vernünftig gewesen sein. Die Erlössituation und vor allem die Kosten: Ertrag-Verhältnis ist es schon länger nicht mehr. Innovationen der Landtechnik sind nach wie vor faszinierend, jedoch meist vor allem so kostspielig, dass ihr praktischer Mehrwert kritisch zu hinterfragen wäre. Entscheidende Durchbrüche bei der Pflanzenzüchtung mit deutlichen Effekten auf die Wirtschaftlichkeit des Pflanzenbaus gab es in jüngerer Vergangenheit erkennbar auch nicht. Ebenso sind die Fortschritte bei Düngung und Pflanzenschutz kleine Schritte im Vergleich zu den Forderungen, die von einer pappsatten und gezielt desinformierten Bevölkerung an die Art und Weise der Lebensmittelerzeugung gestellt werden.

Neu war in diesem Jahr dann noch die Bekanntschaft mit der reformierten EU-Agrarpolitik. Auf GAB (Grundanforderungen an die Betriebsführung) und GLÖZ, den „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand“ von Flächen, kam es an, dann noch auf Abwägungen zu den EU-Ökoregeln und -Entscheidungen zu den länderspezifischen AUKM (Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen). Alles in allem übersichtlich, auf etwas mehr als 2.100 DIN-A4-Seiten beschrieben (Ironie). Und dann waren da noch die Umsetzung der zum Vorjahr novellierten Pflanzenschutzanwendungsverordnungen und die Erfahrungen mit den Kontrollen zur mehrfach novellierten Düngeverordnung und Landesdüngeverordnung.

Was sonst so geschah

Nun geht er also schon ins dritte Jahr, der grüne Kampf der deutschen Nation gegen den Klimawandel. Es ist ein radikaler, ein totaler Kampf. Die Wunderwaffen, mit denen der deutsche Himmel vom schädlichen CO2 frei gekämpft werden soll, haben Windflügel und Sonnenkollektoren. Da das unmöglich ausreichen bzw. zum Endziel führen kann, wird, quasi als Teil der Doppelstrategie, ein Degrowth ernsthaft in Erwägung gezogen. Also ein Schrumpfen der Wirtschaft und ein allgemeiner Konsumverzicht.

Der XXL-Bundestag, immerhin das zweitgrößte Parlament der Welt, ließ sich, trotz eindeutiger Empfehlungen, bislang jedoch nicht auf eine vernünftige Personalstärke bringen. Von den Planungen zum monströsen Ausbau des Kanzleramtes, für immerhin schlappe 750 Millionen Euro, wurde auch noch nicht endgültig abgelassen. Ganz so einfach scheint der konsequente Kurs des „weniger ist mehr“ wohl dann doch nicht einzuschlagen sein.

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Bei wesentlichen Entscheidungsträgern der deutschen Schicksalsgemeinschaft hat sich im ablaufenden Jahr ein bemerkenswerter Familiensinn entwickelt. Nicht, dass die neidgetriebene Debatte um die Erbschaftsteuer schließlich ein Ende gefunden hätte oder die Bevorzugung ortsansässiger Familienbetriebe bei öffentlichen Auftragsvergaben geregelt worden wäre. Auch spürbare Entlastungen für Familien bei der Pflege von Angehörigen gab es vorerst nicht. Dafür konnte sich die schwerkriminelle Remos-Familie über sensationell milde Urteile im spektakulären Juwelenraub-Prozess freuen. Gemessen am Wert der bislang noch verschollenen Beute, lässt sich selbst bei voller Haftstrafe ein Stundelohn errechnen, der an übliche Monatseinkünfte aus prekären Beschäftigungsverhältnissen in diesem Land heranreicht.

Aber auch der Graichen-Clan zeigte echte Nehmerqualitäten. Kaum hatte die grüne Wanderungsbewegung ihren Patriarchen Patrick ins Klimaschutzministerium gespült, da floss dann auch schon die Staatsknete an Freunde und Verwandte in Unternehmen und NGOs so wuchtig wie Schmelzwasser einen Bergbach hinab. Ausschließlich zum Wohle des Klimas, versteht sich. Wobei die Auswirkungen des Gebäudeenergiegesetzes auf das meteorologische Klima mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu spüren sein werden. Dafür wird das von Graichen und Konsorten ausgebrütete Gesetz dem sozialen Klima in diesem Land sicher nicht zuträglich sein. Es wird über eine flächendeckende Entwertung von Wohnimmobilien zur Entleerung des Eigentumsbegriffs führen, mit den absehbaren sozialen Folgen, der weiteren Verarmung der Mittelschicht in diesem Land.

Vor etwa 25 Jahren, als eine Angela Merkel an die Macht strebte, wird sich bei hinreichend sensiblen Mitbürgern mit ausgeprägtem Sinn für Ästhetik möglicherweise einsichtig ein Verständnis dafür entwickelt haben, dass für die Kosten von Friseuren, Visagisten und Stilberatern von Politikern der Steuerzahler zuständig ist. Inzwischen hat sich daraus, also aus dem Aufhübschen und in Szene setzen von Politikern, ein beachtlich umsatzstarker Wirtschaftszweig entwickelt – selbstverständlich immer noch aus Steuergeld finanziert. Dabei ginge das wesentlich schlichter. Das zeigte ein Eingeborenenstamm am Amazonas, indem er den angereisten Spitzenpolitikern aus Deutschland einer rituellen Gesichtsbemalung unterzog. Offensichtlich zum Gefallen der Bemalten und irgendwie so identitätsstiftend, bis diese sich als Häuptlinge zu erkennen gaben, um dann jedoch gleich, wesensgemäß, wieder in die Rolle von Missionaren zu schlüpfen.

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Und noch bevor ein Südamerikaner es auch nur wagen konnte, die Gäste aus Germanien scheel anzusehen, erklärte Häuptling Cem, vom Stamm der unnatürlich gut gelaunten Eigenbedarfsanbauer, den Brasilianern in einem Anfall von Kompetenzillusion seine spezielle Sicht zu Fragen des nachhaltigen Wirtschaftens. Häuptling Robert vom grünen Zappelstrom beklagte indes die von ihm beobachtete Entwaldung Brasiliens. Um sich schützend vor Bäume zu stellen, hätte er diesen Aufwand ja eigentlich nicht betreiben und eine 100.000 Kilometer weite Reise, nach typisch grünem Distanzempfinden, zurücklegen müssen. Denn auch in seiner Heimat, oder besser gesagt, in dem Land, für das die Regierung, der er angehört, zuständig ist, sind Bäume schon lange nicht mehr vor Kettensägenmassakern sicher, wenn sie zum Beispiel einer Windkraftanlage im Weg sind oder als Teil einer baumbestandenen Brache, wie Wald in Deutschland situativ und eher unromantisch auch genannt werden kann, einer Batteriefabrik oder einem Autowerk weichen müssen.

Religiös oder auch ideologisch motivierte Missionen hatten, geschichtlich betrachtet, fast immer auch einen ernsten wirtschaftlichen Interessenhintergrund. So war das dann auch bei der Reise der beiden woken Bannerträger der Klimaschutzbewegten aus dem Gaga-Lande. Es muss wohl jemandem gelungen sein, dem Kindergärtner im Landwirtschaftsministerium beizubringen, dass die von ihm betriebene Politik der Zerstörung der modernen Landwirtschaft zu einem weiteren Absinken des Selbstversorgungsgrades und zu Versorgungslücken in Deutschland führen wird, die nur durch Importe zu schließen sein werden, und zwar am sichersten durch Importe aus Regionen, die den erwiesenen Unsinn der großflächigen Extensivierung vorerst nicht nachahmen werden. Und vermutlich hat es sich sogar bis zu den Philosophen im Klimawirtschaftsministerium herumgesprochen, dass die deutsche Energiewende vor allem eines ist: eine Materialschlacht mit wahnwitzigem Bedarf an Rohstoffen, von denen die meisten auch noch so selten sind, dass es wenig Sinn macht, sie in deutschen Böden zu suchen, dann schon eher unter Indianerfüßen im Dschungel.

Am Ende ging es bei der Reise von Cem und Robert also um eine moralisch hochwertige Ausbeutung ferner Regionen. „Aber da geht doch noch mehr“, wird daraufhin vielleicht das Motto im Arbeitsministerium beim Entwerfen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes gewesen sein. Und irgendwie ja auch passend zur Debatte um die Viertage-Arbeitswoche und zu den üppigen Aufstockungen beim Bürgergeld. Es ist nämlich im Großen und Ganzen doch genauso wie im wirklichen Leben: Talente und Neigungen sind ungleich verteilt und an wirklich nützlichen Begabungen herrscht meist ein Mangel. Das macht dann Schwächen und Fehler normal und durchaus menschlich.

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Und so wie sich das deutsche Volk bei der Weltenrettung ins Zeug legt, zwar im Grunde nur verbal und eher lauthals als klug, aber immerhin und vor allem so wie sich die Bundesrepublik Deutschland daran abarbeitet, anderen Völkern Nachhilfeunterricht zu geben in Sachen Umwelt- und Klimaschutz, zu Fragen der Menschenrechte, zum Demokratieverständnis, zur Bündnispolitik und zum Konsumverhalten, da kann es schon einmal zur eigenen Überforderung und dann zu Defiziten kommen. Da bleibt dann schon mal sprichwörtlich die Wäsche liegen oder die Infrastruktur zerbröselt, die öffentliche Sicherheit geht verloren, die Staatsschulden explodieren, die Wirtschaft kollabiert und am Ende droht dann auch noch, die würdevolle Versorgung pflegebedürftiger Mitmenschen auf der Strecke zu bleiben.

Da ist es doch gut, dass das beste Deutschland aller Zeiten von einer so umsichtigen Regierung geführt wird, die auch den Fachkräftemangel, wie auch schon die Lebensmittelproduktion, die Landesverteidigung und die Energieversorgung kurzer Hand auslagert und damit das Problem exportiert. Fragwürdig bleibt dann doch nur, warum nach Jahren der anhaltenden Massenmigration noch niemand auf die Idee gekommen ist, unter den bisher Zugezogenen konsequenter nach Fachkräften zu suchen. Naja so leicht und so schnell kann der Grundsatz doch auch nicht aufgegeben werden, dass bei Schutzsuchenden sich Nützlichkeitserwägungen aus moralischen Gründen verbieten! Auch wenn diese meist illegal ins Land gereist sind und selbstverständlich auch dann nicht, wenn sich für die einheimische Bevölkerung die Gründe häufen, sich gegenüber den Schutzsuchenden selbst besser Schutz suchend zu verhalten.

Wem dabei der rotgrüne Faden der Regierungslogik abhandengekommen ist, dem seien die lobenden Worte von Kanzler Scholz und seiner Entwicklungshilfeministerin über die Errichtung von Fabriken zur Stickstoffdüngerherstellung in Afrika in Erinnerung gerufen. Ausgerechnet der Stoff, der nach Medienberichten und offensichtlicher Politikauffassung ganz Europa in einen Zustand der Eutrophie versetzt und das deutsche Grundwasser zu einer Substanz werden lässt, die am ehesten mit Batteriesäure vergleichbar ist, soll bei der Steigerung der Erträge und dann zur Bekämpfung des Hungers in Afrika helfen. Seinen Schrecken verliert der Mineraldünger also nicht durch Präzisionslandwirtschaft mit dem GPS-basierten Abfahren von Applikationskarten und der sensorgestützten Online-Bedarfserfassung, sondern erst durch die Aussicht, dass er von schwarzer Hand auf frisch gerodetes Buschland verteilt wird. Es bleibt zu hoffen, dass rechtzeitig Schulungen zur formvollendeten Düngerbedarfsberechnung nach deutschem Vorbild Teil der künftigen Entwicklungshilfe und auch Bestandteil der feministischen Außenpolitik in Ergänzung des Baerbockschen Schuld- und Sühnekultes werden.

Weiter erlaubt
Der Kampf um Glyphosat
Es hatte schon oft den Anschein, als würden sich die Ampelmännchen herausgefordert fühlen, das von ihnen regierte Volk irgendwie komisch durch eine Art Realsatire zu unterhalten. Ebenso wie die alternative These der böswilligen und absichtlichen Zerstörung des deutschen Volkes durch verräterische Politik, ist das hoffentlich nicht ernsthaft anzunehmen. Übrig bleibt dann doch nur noch die Einsicht, dass dieses Land von absoluten Dilettanten regiert wird, die in einer eigenen Traumwelt zu leben scheinen und wirklich nichts vernünftig auf die Reihe bekommen. Das führt dann zwangsläufig zu der Frage, wie sich eine aufgeklärte, offene Gesellschaft so etwas bieten lassen kann. Denn auch wenn in diesem Land inzwischen die Rechtstaatlichkeit zusammen mit der Demokratie an Krücken gehen, die Wahl dieser Bande an die Macht war Volkes Wille!

Die Antwort könnte sein, dass es die eine Gesellschaft schon lange nicht mehr gibt. Und damit sind nicht die Trennungsrisse zwischen Ost und West, oben und unten, rechts und links oder arm und reich gemeint. Vielmehr ist festzustellen, dass der zunehmend korrupter werdende Staat eine beeindruckende Sogwirkung auf den Arbeitsmarkt und noch beeindruckende Absorptionskräfte bezüglich der Beschäftigungsverhältnisse für den ansonsten schwer vermittelbaren akademischen Überschuss eines verkorksten Bildungssystems entwickelt hat. Mit der Folge, dass sich daraus Milieus entwickeln konnten, die von einer Leichtigkeit des Daseins geprägt sind. Zusammen mit der reizarmen Umgebung der bevorzugten Bullshit-Jobs, in denen die modernen Leistungsträger der postindustriellen Gesellschaft, ob als Genderforscher, als Gleichstellungsbeauftragte oder Wolfspopulationsmanager*in …, hängen bleiben, führt das dann vermutlich zu einer permanent heiß laufenden Sinnsuche und schließlich zu einer Art Kopffieber.

Ausdruck dieser fast schon krankhaften Besonderheit ist, dass scheinbar normal entwickelte Erwachsene mit Eifer über die Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles debattieren, den Verzicht auf modernen Pflanzenschutz als Beitrag für eine gesunde Ernährung betrachten, sich über schuldenfinanzierte Subventionen für an sich unproduktive Verfahren oder nicht marktgängige Erzeugnisse freuen und vor allem das Übel, das eigentlich stets von einem übergriffigen Staat angerichtet wird, immer zuerst im Kapitalismus begründet sehen. Kraftwerksingenieure, Ärzte, Architekten, Handwerker und Landwirte können sich den Luxus einer faktenfreien Meinungsbildung in der Regel nicht leisten. Sie müssen, um beruflich zu überleben, die von Natur- aber auch von seriöser Sozialwissenschaft erklärten Realitäten anerkennen oder zumindest nach tatsächlich existierenden Grundlagen wirtschaften.

Ihnen, den wahren Leistungsträgern, und vor allem denen, die noch nicht aus verständlichen Gründen frustriert die Flucht aus diesem irren Absurdistan angetreten haben, wäre eine Regierung zu wünschen, die nicht so unbekümmert mit der Zukunft dieses Landes spielt wie ein Haufen kleiner Kinder mit Konfetti.

Wir haben uns für das kommende Jahr vorgenommen, weiterhin für unsere Klienten mit seriösen Ratschlägen und faktenbasierten Mitteilungen da zu sein, wertschätzend und auf Anstand und Redlichkeit fokussiert, ob bei alltäglichen Entscheidungen oder bei der strategischen Unternehmensausrichtung.

Dr. Holger Kersten und Eckhard Harder sind Landwirte und Unternehmensberater.

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