Tichys Einblick
Misstrauen in die deutsche Demokratie

ZDF-Sommerinterview: Frank-Walter und die Kultur des Unsäglichen

Es ist von der ersten Sekunde an unfassbar, was einem das ZDF als Sommerinterview mit dem Bundespräsidenten serviert.

Screenprint: ZDF/ Das Sommerinterview

Man meint noch den Regisseur vom Sommerinterview des ZDF zu hören „Sie, Herr Bundespräsident, kommen ganz locker die Straße herunter, gehen auf Herrn Koll zu und strecken zur Begrüßung Ihre Hand aus.“ Aufnahme. „ Sehr schön, Herr Bundespräsident, jetzt vielleicht noch mal von dieser Straßenseite aus, fällt die Sonne besser.“ Die Straße ist wichtig. Denn auf eben dieser in Plauen begann 1989, was dann am Ende zu Frank-Walter als Bundespräsident der Neuen Deutschen Demokratischen Republik führen sollte.

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Die Straße war übrigens menschenleer an diesem warmen Sonntagmorgen zum Sommerinterview, nur Frank-Walter und Theo, dazu versteckten sich einige Herren in dunklen Anzügen dezent vor der Kamera. Wahrscheinlich wurde alles weiträumig abgesperrt, das Volk ist ein wenig aufmüpfig in letzter Zeit, da will weder das ZDF noch das Präsidialamt unschöne Bilder senden müssen. So wurde nichts dem Zufall überlassen, außer dem Anzug von Koll, der ein wenig unglücklich zugeknöpft wirkte und im Vergleich mit dem Maßanzug des Sozialdemokraten Steinmeier etwas billig ‘rüberkam, obwohl doch beim ZDF auch ordentlich verdient wird.

Auf der Straße war es Frank-Walter zunächst „ein Anliegen, der Öffentlichkeit zu zeigen“, was er vom Aufstand in der DDR so wusste, und er lobte den „Mut der Menschen von Plauen“. Schließlich ist er ja auch der Bundespräsident der Sachsen, der Mecklenburger und Thüringer und all der anderen. Beim Sommerinterview.

Schnitt. Frank-Walter und Theo auf einer Restaurantterrasse mit schönem Panorama. Frank-Walter tiefenentspannt, er kennt doch seine Theos vom ZDF. Was sagen Sie zum rechtsradikalen Mörder von Lübcke? Was sagen Sie dazu, dass der Genosse Dulig eine Spielzeug-Maschinenpistole zugeschickt bekam?

„Schützend vor diejenigen zu stellen“, „die Verantwortung übernehmen“, „Detailarbeit muss Regierung klären“. „Das Personal bei Verfassungsschutz und Polizei“, so haben wir es sinngemäß verstanden, sei wohl „nicht genügend aufmerksam am rechten Rand“ gewesen. Gut, dass Theo nochmal zusammenfasst: „Also mehr Personal und mehr Aufmerksamkeit.“

Warum macht er das, der Präsident?

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Sein Amt steht für das grundsätzliche Misstrauen in die deutsche Demokratie. Für die Angst, das Volk könne noch einmal einen Mann wie Hindenburg wählen, der dann womöglich Parteien überredet, eine von denen eher ungewollte Koalition mit einem Hitler einzugehen. Deshalb wird unser Präsident von Politikern, Gauklern, Transvestiten, Schlagersängern, fahrendem Volk und Schauspielern gewählt. Zur Sicherheit. Mit dem ihr eigenen Humor verschaffte uns die Geschichte dann mit Frank-Walter ein Aha-Erlebnis, indem der die SPD überredete, eine eigentlich ungewollte Koalition mit Merkel eingehen.

„Lassen Sie mich noch einen Satz sagen…“ Aber selbstverständlich, Herr Bundespräsident. „Die Kultur wandelt sich.“ … „Vom Sagbaren zum Unsäglichen“ „Wir brauchen ein Mindestmaß an Empathie“. „Das ist ein Mensch, der uns gegenübersitzt. Sie und ich, aber auch bei Facebook.“ Potzdonner! Theo weiß gar nicht, wo er sich lassen soll. Aber nun kommt der knallharte Teil, und Theo nimmt seinen ganzen Mut zusammen (außerdem hat er die Fragen extra vorher abgestimmt). Der Verfall der Volksparteien. Sogar der SPD. Das muss angesprochen werden. Im Sommerinterview.

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Das ist überall so, erklärt ihm der Präsident. In Frankreich, den Niederlanden. Hat nix mit der SPD zu tun. „Das sind gewaltige Verschiebungen“. Quasi Naturereignisse statt Politikversagen. Vielleicht auch die Agenda 2010? Und ob er, Frank-Walter, nicht Mitschuld trage an der Agenda 2010? Gut, dass es nicht spontan war, sonst hätte Frank-Walter vielleicht gesagt: Was erlauben Sie sich, Kerl? So hatte er sich einen Bandwurmsatz zurechtgelegt, den wir hoffen so korrekt wiederzugeben: „Wer Politik macht, verursacht Positives, das kann aber auch auf andere Teile der Welt negative Auswirkungen haben.“

Viertelstunde Sommerinterview rum und noch nix mit Klima? Da fragt der unverschämte Koll: „Waren uns die Konsequenzen für echten Klimaschutz zu anstrengend?“ Wir zahlen den höchsten Strompreis, die Energiewende wird einen maßgeblichen Anteil am Ende der BRD haben und der Koll formuliert solch einen Satz! Wird der erpresst von den Klima-Amazonen beim ZDF?

Hier hat man sich geeinigt, dass Frank-Walter im Sommerinterview zum Klima nicht allzu viel sagt, außer, dass wir da mal weltweit führend waren. Aber den „Kindern müssen wir dankbar sein.“ „die haben uns nachdrücklich ermahnt.“ Ja, ja, „wer mit Ungeduld in die Zukunft schaut – ich habe Verständnis dafür.“

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Dann traut sich Theo tatsächlich Merkel IV als „schwächste Regierung seit Gründung der“ zu bezeichnen, die Frank-Walter ja gezimmert hat (siehe oben). „Können Sie die Kritik verstehen?“, fragt er dann, und damit meint er die Zimmermannsarbeit. „Ich könnte sie verstehen, wenn ich verstehen würde“, sagt der Präsident und erzählt noch einmal, was alle wissen, von Jamaika bis Groko.

Die „Kapitänin” vom Schlepperschiff, die in Italien verhaftet wurde? Da hält es der Präsident mit TV-Komikern, die gesagt haben: „Wer Menschenleben rettet, kann nicht Verbrecher sein.“ Außerdem liege Italien mit oder ohne Gesetze „doch mitten in Europa“, da ist er ganz zuversichtlich. Im Sommerinterview.

Deutschland im Sommer, zunehmende Randale in Freibädern, die Schiedsrichter werden knapp, Messerstechereien, Jugendbanden, Clans, die hilflose Polizei, Justiz und Verwaltung – davon haben sie beim ZDF tatsächlich überhaupt nichts mitbekommen. Trotzdem sagt Frank-Walter, der Weiße, es wird alles noch viel schlimmer. Denn „der Migrantenstrom wird weitergehen, wenn Europa nicht die schwierige Situation im Maghreb und in Libyen löst.“ Europa, klar (er verwechselt das mit der EU).

Die USA haben einen starken Präsidenten, zerstrittene Parlamente. Ein anderes Mal sind die Parlamente stark, der Präsident schwach. Jeweils austariert durch die Balance of Power. Wir haben den Bundestag und Frank-Walter. Eins wie das andere.


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