Tichys Einblick
Weckruf oder Panikmache

Hart aber Fair: Braucht das Klima eine Öko-Revolution?

Das Mitglied von Extinction Rebellion grenzt sich gegenüber Fridays for Future ab: Die melden ihre Demonstrationen an. Sie dagegen besetzen Tagebaue und Braunkohlebagger.

Screenprint: ARD/hart aber fair

Immer deutlicher zeigen sich mittlerweile die Folgen jener Panikmache, dass es eigentlich um die Erde geschehen ist. »Der Mensch« heize mit seinem Handeln das »Weltklima« auf, für ihn bestünde keine Überlebenschance mehr.

»Wir« rasen auf drei Grad Erwärmung zu, donnern Klima-Obergurus wie der Generalsekretär der UN António Guterres den armen Seelen zu und rasen selbst in ihren Flugzeugen rund um die Welt – jetzt nach Madrid, wo gerade der nächste »Weltklimagipfel« begonnen hat. Ein Massenereignis, zu dem geschätzt 25.000 Personen aus aller Welt für zwei Wochen einfallen und über Wetter und Klima reden und darüber, wieviel fürs CO2 den Menschen noch abgenommen werden kann. Übrig bleiben verwirrte, verirrte Köpfe, die die Demokratie für unfähig halten und sie abgeschafft sehen wollen. Das hatten auch schon Wissenschaftler vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung gefordert.

Auch bei hart aber fair zeigten sich die totalitären Folgen jener Panikmache und »fünf vor zwölf«-Rufe, wie sie ein Vertreter der Organisation »Extinction Rebellion« erschreckend eindeutig ausgesprochen hat. »Die Regierung versagt und handelt nicht«. Also müssen „wir, die Guten«, handeln, Braunkohletagebaue besetzen und selbst das Abschalten der Kraftwerke in die Hand nehmen.

Pharisäer allewege
Klimanotstand? Ein Offenbarungseid nach dem anderen
Der Klimanotstand wird ausgerufen. Plasberg fragt den pensionierten Klimaforscher Hans von Storch: Wo beginnt die Vernunft, wo die Hysterie? Von Storch war bis Ende 2015 Direktor am Institut für Klimaforschung des Helmholtz Zentrums in Geesthacht und Professor an der Universität Hamburg und gehört zu den eher unaufgeregten Zeitgenossen, die sagen: »Es gibt menschengemachten Klimawandel, da sind wir uns einig – mehr aber auch nicht.« Zuwider sind ihm Lautsprecher wie Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdamer Klimafolgenforschungsinstitut, die unter anderem auch auf grünen Parteitagen »Das Ende ist nahe« rufen.

»Wir schlittern in eine Ökodiktatur«, befürchtet Rainer Hank, Wirtschaftsredakteur der FAZ. Bärbel Höhn, Grüne und langjährige Umweltministerin in NRW, erinnert sich an alte Zeiten, als sie noch jung war und rennen und demonstrieren konnte. Heute reicht es noch zur »Energiebeauftragten des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Afrika«, für viele Langstreckenflüge nach Afrika und zur Auffassung, es müsse wieder der Druck von der Straße kommen. Sie findet es gut, dass es FFF gibt.

Mitgefühl, Meditation und Milliarden Tote
Extinction Rebellion: Eine Bewegung in Selbstzeugnissen
Eine Nummer härter, wie Moderator Plasberg hart aber fair sagt, geht Tino Pfaff ran. Der wurde 1984 in Gotha geboren, studierte nach dem Abitur »soziale Arbeit« in Erfurt bis 2018 und setzt das derzeit an der Universität Jena fort in Gesellschaftstheorie. Der ewige Student weiß: »Es braucht eine gewaltfreie Rebellion.« Denn: »Da demonstrieren wir und demonstrieren, und es tue sich nix, nix passiert.« Das Mitglied von Extinction Rebellion grenzt sich gegenüber Fridays for Future ab: Die melden ihre Demonstrationen an. Sie dagegen besetzen Tagebaue und Braunkohlebagger.

Einige eingespielte Szenen aus London zeigen, wie dort wütende Pendler sehr rasch die Proteste der britischen Extinction Rebellion-Kollegen beenden. Sie ziehen Blockierer, die auf dem Dach von U-Bahnen Wagen stehen und deren Weiterfahrt verhindern, kurzerhand herunter und zeigen ihnen deutlich, was sie von dieser Art von Protest halten. Kühn sagt Tino Pfaff frisch hinaus: »Wir überschreiten Grenzen noch gewaltfrei.« Das »noch« ist nicht zu überhören.

Die jungen Leute bringen sich einfach anders in die Demokratie ein, interpretiert Nina Kronjäger. Die ist Schauspielerin, bemüht sich um eine »klimabewusste Lebensweise«, und leider hat ihr niemand ein Drehbuch für hart aber fair geschrieben. So sagt sie einfach, dass ihr die Institutionen zu schwerfällig sind. Das mit den Protesten, das tun die jungen Leute nicht für sich, sondern für eine Gemeinschaft, für uns alle, verkündet sie ins Studio hinein.

Für Plasberg klingt das alles sehr nach Notstand und er fragt Rainer Hank. Dem bereiten Radikalisierung und zunehmende Demokratieentfremdung Sorgen. »Diesen Empörungsradikalismus sehe ich kritisch.«

Läuse und Flöhe zugleich
Grüne Doppelmoral: Klimanotstand und Überflieger
Ob er auch Notstandsgefühle habe, fragt Plasberg – hart aber fair – Hans von Storch: »Nein. Doch die Dimension des Problems wird nicht anerkannt.« Er meint damit den geringen Anteil Deutschlands. Weltweit würden 30 Gigatonnen CO2 pro Jahr in die Atmosphäre geblasen. Doch dem CO2 sei es egal, woher es kommt. Die Wissenschaft sage nur, dass diese Menge im Jahre 2050 auf null reduziert werden solle. Mehr sage sie nicht. Deutschland trage dazu nur eine Gigatonne CO2 bei. Über die 30 Gigatonnen der anderen rede keiner, konstatiert von Storch. Aber es ändere sich, darauf weist von Storch mehrfach hin, nicht wirklich etwas, wenn Deutschland mit hohem Aufwand seine Gigatonne Anteil reduziere. Der Klimawandel kümmere die Leute in anderen Ländern kaum.

Bärbel Höhn klopft sich auf die Schulter, bereits 1995 gesagt zu haben, »wir« dürften keinen neuen Braunkohletagebau mehr eröffnen. Was sie nicht dazu sagt, ist, dass ihre Grünen seinerzeit mit der SPD im Kabinett Kraft für den Braunkohletagebau Garzweiler II in Nordrhein-Westfalen gestimmt haben.

Dafür predigt sie: »Wir müssen den Leuten klarmachen, es geht auch mit erneuerbaren Energien!« Niemand bei hart aber fair widerspricht, wie das denn gehen solle zum Beispiel in den vergangenen Wochen, als die üblichen herbstlichen Hochnebelwetterlagen mit wenig oder keinem Wind herrschten und weder Fotozellen noch Windräder Strom lieferten. Bärbel Höhn hätte sich bei den französischen Atomkraftwerken oder den polnischen Braunkohlekraftwerken bedanken können, die noch Strom liefern, wenn im kraftwerkfreien Deutschland wieder Mangel herrscht.

Konstanz schneller als Kiel
Hilfe! Klimanotstand!
In einer ordentlichen Sendung wäre jemand wie Pfaff damit konfrontiert worden, dass preiswerte und allgemein verfügbare Energie Voraussetzung für die Weiterentwicklung von Gesellschaften ist. Stattdessen wird bei hart aber fair das Hohelied auf die Windräder gesungen und sich am Ende der Sendung über jene lustig gemacht, die etwas gegen einen Windradpark vor ihrem Schlafzimmer haben und sich nun zu wehren beginnen. Höhn meinte sogar am Schluss, ein Windrad mehr oder weniger falle doch kaum mehr ins Gewicht, wenn man schon eine Autobahn vor der Haustür habe. Im Ruhrgebiet sei es eben nun mal lauter.

Jemand hätte hart aber fair erwähnen können, dass Windräder eine mittelalterliche Form der Energieerzeugung seien, die zu wenig und zu unsichere Energie liefere. Nicht umsonst hat sich die Menschheit davon gelöst und weiterentwickelt, als mit der Kohlekraft die nächste Stufe erreicht wurde und gleichmäßig preiswerte elektrische Energie erzeugt werden konnte.

Aber dann funktionierte ja die Geschichte vom ach so bösen CO2 nicht mehr, Menschen in Angst und Panik zu versetzen. Pfaff: Der Generalsekretär der UN habe gesagt, wir steuern auf eine drei-Grad-Welt zu. Statt einer Begründung verkündet er gläubig: „Der Herr Schellnhuber habe dies gesagt.«

Von Storch kommentiert ironisch: »Ach ja?« Wieder kam heraus, dass er den Populisten unter den Klimaaktivisten nicht mag. Für ihn begann der Sündenfall der Klimawissenschaftler, als sie glaubten, politisch aktiv werden zu müssen und politische Interessen zu verfolgen: »Als Wissenschaftler werden wir nicht beschäftigt, die Welt zu verbessern, sondern sie zu beschreiben.« Und: »Sehr viele meiner Kollegen haben die Schnauze voll von den Übertreibungen.«

Linksradikales Leipzig
Brennender Terror zum Nationalfeiertag
Hank pflichtet bei: »Empörung hilft nicht weiter.« Man solle lieber darüber nachdenken, welchen Preis CO2 haben solle. Man müsse weg von der fünf-vor-zwölf-Uhr Panik kommen. »Das sind falsche Bilder. Apokalypse sind religiöse Bewegungen.« Wohin die Panik und Apokalypse führen, zeigt sich bei dem gläubig verwirrten Pfaff. Handeln müsse man jetzt, fordert er und die Regierung müsse befolgen, was Extinction Rebellion sagt.

Plasberg angesichts solchen Tobaks etwas verdutzt: »Bisher haben wir dafür den Bundestag. Wollen Sie wirklich Ökoräte?« »Durchaus«, beharrt Pfaff, die Bundesregierung sei nicht mehr handlungsfähig. »Wenn die Regierung nicht handelt, ist die Demokratie in Gefahr!«

Verblüffend immer wieder, wie plötzlich Demokratiefeindlichkeit und Hang zu autoritärem Handeln ausbrechen. Kräftig genährt werden solche Tendenzen durch Panikattacken aus der Ecke der „Klimaforscher“ und derjenigen, die prächtig über NGOs und die angehängte Klimapanikindustrie verdienen. Außerdem feuern flankierend auch zunehmend »Philosophen« ihre »Nieder mit der Demokratie«-Salven in die Menge und tun damit ein Übriges.

„Wie radikal werden die Klimaaktivisten?“
Mail von Extinction Rebellion
Der Extinction Rebellion-Jünger Pfaff gerät in Panik und niemand beruhigt ihn: Es gehe um eine drohende Klimakatastrophe. »Wir befinden uns im größten Massensterben seit den Dinosauriern.« Kann man ja so mal hineinwerfen – weit davon entfernt, irgendwelche Belege oder Begründungen hervorzubringen. Hans von Storch fragt mehrfach nach, Pfaff kann aber nicht antworten. Wie verwirrt erst wäre er gewesen, hätte man ihn nach solchen grundlegenden Prozessen wie der Photosynthese gefragt, und wie wichtig das CO2 als Rohstoff für das Wachstum der grünen Pflanzen ist und wie die Ozeane ganz, ganz viel CO2 speichern können – abhängig von der Temperatur.

Dass es jedoch einen beachtlichen Teil von Mitmenschen geben muss, der jener Klimapanik nicht folgt, zeigte sich vor kurzem angesichts des orkanartigen Erfolges einer Gruppe mit Namen »Fridays for Hubraum«. Binnen weniger Tage schlossen sich dieser neuen Facebook-Gruppe mehr als eine halbe Million an. Die Gruppe hatte offenbar einen Nerv getroffen. Einer der Gründer, Auto-Tuner Christopher Grau folgerte als Gast bei hart aber fair im Einzelgespräch: »Die Bevölkerung geht mit der Panik nicht mit.«

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