Tichys Einblick
Bei Maybrit Illner

Kinderimpfung? Wieder sollen die Jüngsten für die Panik-Gesellschaft herhalten

Bei Maybrit Illner wird der Gedanke hinter der Corona-Kinderimpfung sehr deutlich: Es geht nicht darum, Kinder zu schützen, sondern die Gesellschaft. Wieder fordert man Solidarität von denen, die im letzten Jahr mehr als genug davon aufbringen mussten.

Screenshot ZDF: Maybrit Illner

Die Ständige Impfkommission wird keine allgemeine Impf-Empfehlung für alle Kinder abgeben. STIKO-Chef Prof. Mertens begründete das im Deutschlandfunk damit, dass das Wichtigste das „Wohl der Kinder“ sei, und man zunächst die medizinische Begründung der Impfung klären müsse. Die Politik sieht das anders und ruft nach der flächendeckenden Kinderimpfung. „Die Position der Ständigen Impfkommission ist problematisch. Wenn sie sich nicht festlegt, schiebt sie die Verantwortung den Eltern, Kindern und Ärzten allein zu“, meint Karl Lauterbach. Ministerpräsident Stephan Weil drückt sein „Unverständnis“ aus. Politischer Wille und fachliche Einschätzung liegen – mal wieder – weit auseinender, wie es scheint. Jetzt hat man sich beim „Impfgipfel“ geeinigt: Sobald die Impfstoffe entsprechend zugelassen sind, sollen auch unter 18jährige ein „Impfangebot“ bekommen.

Heft 06-2021
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Bei Maybrit Illner wurde gestern in die gleiche Kerbe geschlagen: Nur bringt man den Gedanken hinter der Kinderimpfung hier noch deutlicher auf den Punkt. Es geht nicht um die Gesundheit der Kinder selbst, es geht mal wieder darum „solidarisch“ die „Allgemeinheit“ zu schützen. Die wäre bei einer gegenwärtigen Inzidenz unter 40 in Deutschland zwar nicht wirklich erheblich bedroht – daher wird zunächst erläutert, dass Corona ja noch lange nicht vorbei ist.

Der öffentlich-rechtliche YouTuber Mirko Drotschmann – dessen einzige Qualifikation es ist, mit 35 „die Stimme der Jugend“ zu mimen, nur weil sein Bart noch nicht ganz voll ist – sagt, dass die Pandemie für ihn erst vorbei sei, wenn die WHO sagt, dass es kein Risiko mehr gibt. Die Antwort von Michael Müller (SPD) ist ähnlich niederschmetternd: „wenn sie international bekämpft ist“. Na super. Angesichts der Tatsache, dass es in Russland noch Pest-Fälle gibt, wird wohl vorerst an der Maske als Accessoire festhalten. Frei atmen ist dann wohl ein Sache der Vergangenheit. Lebe wohl Bewegungsfreiheit, war schön mit dir. Aber es gibt Hoffnung – allerdings nur für Geimpfte. Die haben nämlich, so Müller „selbstverständliche Rechte“ die sie einfordern können. Bemerkenswert: Gab es nicht mal Zeiten, in denen alle Bundesbürger die gleichen selbstverständlichen Rechte hatten?

Doch zur Kinderimpfung: Die Virologin Helga Rübsamen-Schaeff fragt in der Runde: „Wollen wir Menschen, die gefährdeter sind als Kinder und Jugendliche, so schnell wie möglich impfen? Oder wollen wir in Deutschland die Pandemie so schnell wie möglich in den Griff bekommen?“ Und: „Nachdem Kinder und Jugendliche eine sehr mobile Gruppe sind, die mit vielen Menschen zusammenkommt, glaube ich, dass das eine durchaus interessante Strategie wäre.“

Es wird deutlich: Erneut sollen Kinder und Jugendliche den Kopf hinhalten, so als hätten sie im letzten Jahr nicht genug für die Gesellschaft geopfert. Nachdem sie unter dem Lockdown wie kaum eine andere Gruppe gelitten haben, sollen sie jetzt auch noch eine Impfung bekommen, die aus medizinischer Sicht nicht unbedingt sinnvoll für sie ist.

Der YouTuber Mirko Drotschmann will sich dann als Vertreter dieser Jugend zelebrieren – allerdings ganz im Sinne des ÖRRs: „Ich finde, dass man damit von politischer Seite auch einen Generationenkonflikt schürt. Dass die 80-jährige sich mit dem 18-jährigen um einen Impftermin bekriegen muss. Ein weiterer Nackenschlag für junge Menschen“ sagt er. Ich glaube Kinder und Jugendliche haben nach einem Jahr Lockdown andere Sorgen.

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 Drotschmann sagt außerdem: Wenn Kinder nicht geimpft werden, nur weil sie kein so großes Risiko haben, dann müsse man von einer Durchseuchung sprechen. Na Mensch, da fragt man sich doch, warum es noch keine Impfung gegen Schnupfen gibt, oder wollt ihr uns etwa alle durchseuchen, nur weil es bei uns kein so großes Risiko gibt? Mein Kinderarzt hat meiner Mutter zum Thema Impfungen bei Kindern immer gesagt: Kinder sind kein Nadelkissen. Man sollte sie gegen die wichtigen Sachen impfen, aber nicht jede Spritze ausprobieren, die auf den Markt kommt. Und das sagt ja sogar – wie gesagt – die STIKO – was Herrn Spahn wiederum völlig egal ist, soviel übrigens zum Thema „Hört auf die Wissenschaft“.

Michael Müller verspricht dann, dass die Schulen auch unabhängig von der Impfung öffnen könnten – und dementiert damit wieder mal ein Gerücht, dass es vorher gar nicht gab und er so in die Welt gebracht hat. Immerhin bohrt Illner später nochmal bei Michael Müller nach, dass die Inzidenz bei den Schülern ja deswegen so hoch sei, weil nirgendwo sonst so systematisch getestet wird wie in den Schulen.

Obwohl die gesundheitliche Gefahr durch Corona zumal für unter 18Jährige aktuell sehr gering ist, will die Politik Kinder und Jugendliche im Schnelltempo durchimpfen – gegen den Rat der Wissenschaft und gegen alle medizinischen Bedenken. Für eine Gesellschaft im Gesundheitsrausch scheinen alle Mittel recht. Dass es am Ende auf absehbare Zeit gar nicht genug Impfstoff gibt, um zusätzlich alle Kinder- und Jugendlichen zu impfen, unterstreicht eigentlich nur abermals die Absurdität der jetzt getroffenen Entscheidung.

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