Tichys Einblick
Stört die organisierten Marxisten

Stasi-Spitzel-Skandal: Ex-IM kauft „Berliner Zeitung“ – und desinformiert die Leser

Der Unternehmer Holger Friedrich hat die „Berliner Zeitung“ aufgekauft und hier gleich mehrfach krude Philosophien verbreitet. Pikant: Der Neu-Verleger war früher Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes der DDR.

imago images / Reiner Zensen
Ehemalige Agenten der früheren „Stasi“ der DDR zieht es oftmals in die Welt der Medien. Dafür gibt es einige Beispiele. Das derzeit markanteste Beispiel ist das des Holger Friedrich, der sich sogar jüngst selber zu einem Verleger gemacht hat, um mit der von ihm gekauften Zeitung flugs auch Politik zu machen.
Konfuse politische Philosophien: Die SED-Führung wird gelobt

Erst kürzlich hat der einige Millionen schwere Holger Friedrich – zusammen mit seiner Ehefrau Silke – den „Berliner Verlag“ gekauft. Und damit auch die „Berliner Zeitung“. Das war im September. Dieses Blatt war in der DDR-Zeit ein führendes SED-Medium. Die auch heute links positionierte „Berliner Zeitung“ ist – nach dem „Tagesspiegel“ und vor der „Berliner Morgenpost“ – die zweitgrößte Abonnementzeitung in der Hauptstadt. Diese Tageszeitung wird vor allem im östlichen Teil Berlins gelesen. Sie sollte nicht mit der „BZ“, dem führenden Boulevardblatt Berlins, verwechselt werden, die auch in Berlin erscheint, aber zum Verlag Axel Springer gehört.

Kurz nach ihrem Start als Verleger hat das Ehepaar Friedrich in einem langen Editorial für die „Berliner Zeitung“ mit vielen – allerdings teils konfusen – Sätzen seine politische Philosophie erklären wollen, die aber sicherlich selbst Menschen, die dem Duo eher wohl gesonnen sind, über weite Strecken kaum verstehen werden.

So heißt es an einer Stelle: „Neue geostrategische Talente haben sich auf den Weg gemacht, mit den gleichen alten, imperial orientierten Machtmustern. Wie wollen wir denen in den Arm fallen, wenn nicht durch gelehrte Strenge und mit Angeboten, die interessanter sind als ein Appell an Spielregeln einer verstaubten Diplomatie?“ Eines ist aber durch diesen Beitrag zumindest indirekt deutlich geworden: Die Friedrichs wollen Einfluss nehmen – auch auf politische Prozesse,

Die neuen Eigentümer des Berliner Verlages haben wiederholt erklärt, dass sie den Kauf des Verlags als „zivilgesellschaftliches Engagement“ verstanden wissen wollen. Zum 30. Jahrestag des Mauerfalles in Berlin fand das Ehepaar Friedrich dann auffällig lobende Worte über den ehemaligen SED-Führer Egon Krenz – über den Krenz also, der wegen der vielen Menschen, die an der innerdeutschen Grenze umgekommen sind, im wiedervereinigten Deutschland vor Gericht gestellt und wegen Totschlags in vier Fällen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde.

Zu diesem Gerichtsurteil hat das Tandem Friedrich nichts geschrieben. Das Duo betont freilich, die damals herrschenden SED-Funktionäre hätten im Herbst 1989 glücklicherweise entschieden, keine Gewalt anzuwenden. Damit habe die SED-Führung „Millionen Menschen selbstbestimmte, positive Lebenswege ermöglicht“.

Der Neu-Verleger Friedrich war als NVA-Soldat Spitzel der „Firma Guck und Horch“

Jetzt ist durch die Recherche der „Welt am Sonntag“ bekannt geworden, dass Friedrich in der DDR unter dem Decknamen „Peter Bernstein“ als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) für den Staatsicherheitsdienst tätig gewesen ist.

Während seines dreijährigen Wehrdienstes bei der Nationalen Volksarmee (NVA) berichtete Holger Friedrich als Unteroffizier über Kameraden und belastete diese offenbar zumindest teilweise schwer. Der Redaktion von „Welt am Sonntag“ liegen entsprechende Dokumente aus der Stasi-Unterlagenbehörde vor, die Zeitung berichtet an diesem Wochenende ausführlich über den Fall.

Auf der Grundlage eines Antrages „hat die Behörde aus Friedrichs IM-Akte, die im Original rund 125 Seiten umfasst, 80 Seiten zur Verfügung gestellt“ („Die Welt“). Die Zeitung schreibt: „Aus dem Konvolut ergibt sich, dass der Ost-Berliner, Jahrgang 1966, von Dezember 1987 bis Februar 1989 mit Stasi-Offizieren zu konspirativen Treffen zusammenkam.“

Mit diesen Unterlagen konfrontiert, bestätigte Friedrich bereits am Freitag die Vorwürfe in einem Beitrag der „Berliner Zeitung“ weitgehend und veröffentlichte die von „Welt am Sonntag“ an ihn gerichteten Fragen noch vor dieser. In dem Artikel behauptet Friedrich aber, er sei „nicht aktiv für das MfS tätig“ gewesen. Dieser Behauptung scheinen die Aktenunterlagen aus der Stasi-Behörde klar zu widersprechen. Gegen Friedrich spricht auch, dass die Stasi-Unterlagenbehörde die Dokumente ebenfalls deshalb herausgegeben hat, „weil sie Friedrich als ‚Mitarbeiter’ der Stasi einstuft“ („Die Welt“).

Offenbar gibt es zwölf – größtenteils handschriftlich verfasste – Spitzelberichte Friedrichs. „Die Welt“ schreibt dazu: „In den Berichten werden mehr als 20 Personen in identifizierbarer Weise genannt.“ Die namentliche Erwähnung von „Verdächtigen“ führte den Unterlagen zufolge dazu, „dass das Ministerium für Staatssicherheit gegen einige der Betroffenen ‚Maßnahmen’ verfügte“.

Interessenkonflikte: Der linke Verleger lässt Artikel über eine Firma schreiben, die ihm teils gehört

Ein eher ungewöhnliches Verständnis journalistischer Arbeit stellte Friedrich schon mehrfach unter Beweis. So hat der neue Verlags-Eigentümer am 8. November einen „Jubelbericht“ („Der Spiegel“) über eine größere Biotech Firma groß ins Blatt gehoben – und dabei „vergessen“ zu erwähnen, dass Friedrich selbst Miteigentümer dieses Unternehmens ist.

Gleich auf der Titelseite war in der „Berliner Zeitung“ unter der Schlagzeile „Ostdeutsche Erfolgsstory in der Medizin“ ein schnell heftig umstrittener Beitrag erschienen. Darin erfuhren die Leser der Zeitung vom Börsengang der Firma Centogene aus Rostock, die nach Angaben des Blattes „Weltmarktführer in der gentechnischen Analyse seltener Krankheiten“ ist. Jetzt, tönte die „Berliner Zeitung“, habe das Unternehmen erneut einen „großen Schritt“ getan: Mit dem Gang an die US-Börse Nasdaq sollten immerhin rund 60 Millionen US-Dollar in die Unternehmenskassen fließen.

Was die Leser der „Berliner Zeitung“ jedoch nicht erfuhren:

  • Verleger Friedrich ist selbst Aktionär von Centogene. Offenbar hielt er im Juni über eine in Berlin ansässige Firma 3,27 Prozent an dem Unternehmen.
  • Friedrich ist auch Mitglied des Centogene-Aufsichtsrates. Allein dafür erhielt er laut „Spiegel“ im Jahr 2018 eine Vergütung von 23.000 Euro.

Damit muss sich Holger Friedrich heute vorhalten lassen, „seine geschäftlichen Interessen als Zeitungsverleger und als Aktionär einer Diagnostikfirma nicht transparent gemacht zu haben“ („Der Spiegel“).

Auch bei dem IT-Unternehmen Core ist Verleger Friedrich aktiv, und zwar als „Managing Director“. Auf der Core-Homepage finden sich leicht verquaste Aussagen, die den Leser irritieren, aber die Absicht unterstreichen, politische Prozesse zu beeinflussen: „Durch eine eingeschränkte Teilnahme der Vermarktungs- und Medienindustrie am politischen Diskurs“, heißt es im Firmen-Internet, „werden kurzfristige Kursänderungen der politischen Meinung nicht frühzeitig wahrgenommen und eine Beeinträchtigung von Wirtschaftlichkeit riskiert“.

Was wird nun?

Jetzt ist dieser Skandal also publik geworden. Es bleibt abzuwarten, ob der Zeitungsverleger Holger Friedrich Konsequenzen ziehen wird. Spannend auch die Frage: Wie wird die Politik auf diese Affäre reagieren – in der Hauptstadt Berlin und darüber hinaus im ganzen Land? Wie werden die Medien des linken Mainstreams reagieren? Ist heute ein ehemaliger Stasi-Spitzel schon längst wieder hoffähig in der „Politik“ und in den Reihen „fortschrittlicher“ Medienmacher?

Anzeige