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Schwesigs Klimastiftung: Interessenkonflikte, Freundchenwirtschaft und Schuldzuweisungen

Kaum ein Tag vergeht ohne ein weiteres Kapitel im Skandal um Manuela Schwesigs Klimastiftung: ein Geschäftsführer, der eigene Beratungsunternehmen anheuerte, US-Firmen, die von der Umgehung des US-Embargos profitierten, und ein Finanzamt, das „versehentlich“ versuchte, 23 Millionen Euro abzuheben.

Manuela Schwesig, SPD, Ministerpräsidentin von Mecklenburg Vorpommern

IMAGO / BildFunkMV

Wer dachte der Sumpf rund um Manuela Schwesigs Klimastiftung in Mecklenburg-Vorpommern liefere schon genug Stoff für ein Drehbuch voller Ränkespiele, der darf sich nach neuesten Erkenntnissen auf mindestens eine weitere Staffel voller Intrigen, Freundchenwirtschaft und Hinterzimmermanipulationen freuen. Willkommen zur Schwesig Saga!

Game of Thrones in Meck-Pomm
Die verbrannte Steuererklärung von Schwesigs Klimastiftung
Nachdem sich nämlich die Klimastiftung lange Zeit geweigert hatte, Einsicht in die Liste der Geschäftspartner zu gewähren, klagten die Springer-Blätter Bild und Welt die Einsicht ein und bekamen von den Gerichten recht. An dieser Stelle lohnt eine kurze Rückblende und zwar in den Mai des Jahres 2022, als Manuela Schwesig nach einer früheren Klage endlich den Namen des Geschäftsführers der Klimastiftung bekannt gab. Es handelte sich um den Hamburger Unternehmensberater Steffen Petersen.

Zurück in der Gegenwart sticht somit ein Name aus der Liste der Geschäftspartner der Klimastiftung besonders hervor, nämlich die Hamburger Unternehmensberatung Cylad Consulting, an der Petersen beteiligt ist. Solche Gefälligkeiten, oder Abfallprodukte der Freundchenwirtschaft, sind heutzutage – so scheint es – allerdings eher die Regel, denn die Ausnahme. Das macht sie allerdings nicht weniger problematisch. Doch wie so häufig versteckt sich auch hier die Stiftung hinter defensivem Jargon. „Der Vorstand ist dem möglichen Interessenkonflikt durch sehr engmaschige Kontrolle begegnet,“ heißt es von Seiten der Stiftung. Die Leistungsnachweise von Cylad Consulting seien „Gegenstand kritischer und nachprüfender Erörterungen“ in zahlreichen Vorstandssitzungen gewesen. Steffen Petersen reagierte auf Anfragen des Springer-Verlags bislang nicht.

Und kein Ende
Führte ein Gazprom-Mann die Geschäfte der Schwesig-Stiftung?
Unter normalen Umständen würden solche Aussagen vor allem Zeit kaufen, bevor womöglich ein Gericht über die Wahrhaftigkeit dieser Behauptungen ein Urteil fällen könnte. Ob aber bei der Klimastiftung dafür überhaupt Zeit bleibt, darf angesichts der Vielzahl an Anschuldigungen und potenziellen Verflechtungen bezweifelt werden. Denn während Manuela Schwesig lange Zeit die Klimastiftung als eine Einrichtung zum Schutz von Firmen aus Mecklenburg-Vorpommern vor US-Sanktionen beschrieb, scheint auf der Liste der Geschäftspartner neben zahlreichen lokalen und europäischen Betrieben, auch ein norwegisches Tochterunternehmen der US-Pipelinefirma TD Williamson auf. Trotz politischer Unterschiede gesellt sich hier jedoch gleich zu gleich, unschwer zu erkennen am transatlantischen Bekenntnis zu absoluter Verschwiegenheit in diesen Fragen von Seiten der US-Firma, die ebenfalls auf Anfragen nicht antwortete. Damit finanziert die Stiftung zum Bau der Nord Stream 2 Pipeline auf Umwegen eine Firma jenes Landes, das die Sanktionen gegen den Bau der Nord Stream 2 Pipeline veranlasst hat. Ist das etwa die vielgerühmte „Kreislaufwirtschaft“, von der Ulrike Herrmann so schwärmt? Man weiß es nicht.
Das Finanzamt: Mehr als nur ein Aktenvernichter

Doch auch die deutsche Bürokratie zeigt, dass sie im Konzert der Großen mitspielen kann. Denn die Zeichen mehren sich, dass das Finanzamt, dessen Mitarbeiter offensichtlich für ihre Tätigkeit brennen, nicht nur ein Nebenschauplatz der Handlung ist, sondern eine aktive Rolle im Ränkespiel um die Gazprom-Millionen spielt. Die Berliner Zeitung berichtete nämlich, dass das Finanzamt im Sommer 2022 versuchte, 23 Millionen Euro vom Konto der Klimastiftung abzuheben. Der Versuch einer Finanzbeamtin scheiterte an ungenügender Deckung des Kontos und wurde vom Finanzamt als „Versehen“ abgetan. Unklar ist auch, ob dafür dieselbe Beamtin verantwortlich ist, die auch die Steuererklärung der Klimastiftung verbrannte, oder ob das Finanzamt über mehrere fähige Mitarbeiterinnen verfügt, die zu solch millionenschweren „Fehlern“ fähig sind.

Von der Werft direkt zum schrottplatz
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Interessant ist dabei die Frage, wie sich der Betrag von 23 Millionen Euro ergab, denn selbst wenn die Schenkungssteuer gegriffen hätte, wären „nur“ rund 50 Prozent der gesamten Schenkung von knapp 20 Millionen Euro fällig gewesen, also ungefähr 10 Millionen Euro. Doch diesen Betrag von rund 9,8 Millionen Euro bezahlte die Klimastiftung selbst, wenngleich sie gegen den Bescheid klagte und dazu erst im Januar vor Gericht eine Anhörung stattfand. So verleitet der Versuch des Finanzamts, 23 Millionen Euro abzuheben, zu Spekulationen, dass es sich dabei weniger um ein „Versehen“, als um einen ungelenken Versuch, die Klimastiftung durch die Hintertür aufzulösen, handeln könnte.

Denn der Skandal um die Stiftung ist der Landesregierung mittlerweile mehr als nur ein Dorn im Auge. Eine Auflösung ist aber rechtlich nur dann möglich, wenn der ursprüngliche Stiftungszweck entfällt. Das ist im Falle des nominell verankerten Klimaschutzes der Stiftung im heutigen politischen Klima aber nur schwer zu rechtfertigen, sodass die Berliner Zeitung darüber spekuliert ob das Finanzministerium mit Hilfe der Mitarbeiterinnen des Finanzamts versucht hatte „Tatsachen zu schaffen“ und sich auf diesem Wege der Klimastiftung zu entledigen.

Gegenseitige Schuldzuweisungen und “unvorstellbare Zustände”

Der SPD-Finanzminister Heiko Geue behauptet nun übrigens, Manuela Schwesig hätte nichts von den verbrannten Steuerunterlagen gewusst, obwohl er selbst bereits seit Ende April 2022 über diesen Vorfall informiert war. Dabei berief er sich auf das Steuergeheimnis als Grund dafür, dass er weder der Öffentlichkeit, noch dem Finanzausschuss des Landtags von der Verbrennungsaktion berichtet hatte. Laut Geue hätte die Stiftung ihn daran gehindert, Abgeordnete des Landtags über das Verschwinden der Steuerakten zu informieren. Dem widersprach tags darauf allerdings der Vorstand der Klimastiftung in einer Mitteilung: „Die Hauptargumentationslinie des Finanzministers beruht leider nicht auf Tatsachen. Nicht wir haben eine Offenlegung aller Umstände verhindert, sondern das Ministerium“.

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Auch der Fraktionsvorsitzende der CDU im Bundestag, Thorsten Frei, meldete berechtigte Zweifel an der Unwissenheit Schwesigs über diese Vorgänge an, das Thema wurde am Mittwoch im Bundestag thematisiert. Er kritisierte auch, dass die Staatsanwaltschaft in dieser Frage bisher keine Ermittlungen aufgenommen habe, obwohl „sowohl steuerrechtliche, als auch strafrechtliche Konsequenzen“ nicht auszuschließen seien. Das Gesamtgeschehen in der Affäre um die Klimastiftung bezeichnete Frei als „unvorstellbare Zustände“, die „sehr schnell, sehr transparent und nachhaltig“ aufgeklärt werden müssten.

Wenn man sich im besten Deutschland aller Zeiten doch bloß auf solche Forderungen verlassen könnte! Stattdessen dürfen Kenner der Schwerin Saga sich eher darauf verlassen, dass angesichts der vielen Verstrickungen wohl noch mindestens eine weitere Staffel der politischen Schlammschlacht in Arbeit ist. Wird Manuela Schwesig einen Sündenbock finden? Wird Stiftungsvorsitzender Petersen wegen Interessenkonflikten zur Rechenschaft gezogen? Und entsprach der Kamin, in dem die Beamtin des Finanzamts die Steuererklärung verbrannte, überhaupt den EU-Umweltnormen? All das und noch mehr wird wohl auch in der nächsten Folge der Schwesig Saga nicht beantwortet werden, dafür werden die gegenseitigen Schuldzuweisungen garantiert in die nächste Runde gehen. Ein Trauerspiel, aber zumindest mit Unterhaltungswert.

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