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Ausschluss aus Restaurants

Rot-Rot-Grün in Berlin beschließt harte 2G-Regel – und vergisst die Kinder

Sachsen hat seine Schulkinder durchgetestet und eine Positivenquote von ganzen 0,02 Prozent gefunden. Dennoch werden die Regeln jetzt bundesweit angezogen. Dem Berliner Senat unterläuft dabei ein mindestens peinlicher Fehler.

IMAGO / Photopress Müller

Berlin steht immer an der Spitze des Fortschritts – meistens an der Spitze des Fortschreitens in Absurditäten. Und so ist der Hauptstadtstaat das erste Bundesland, welches eine harte 2G-Regelung einführt. Während andere Länder wie Hamburg, Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz 2G-Regelungen eingeführt haben oder planen, enthalten diese eine Reihe von Ausnahmen. Nicht so in Berlin. Dort soll für mehr als drei Millionen Menschen gelten können: geimpft, genesen – oder geächtet. Veranstalter sollen vor allem Ungeimpfte gezielt ausschließen dürfen. Was man damit anrichtet, merkt man in Berlin natürlich erst, wenn es zu spät ist. Kurz nachdem der Senat die 2G-Regelung einführt, kommt bereits Kritik aus den dortigen Regierungsparteien auf. Rot-Rot-Grün bemerkt: Sie haben die Kinder vergessen.

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Denn Kinder unter 12 können zur Zeit noch nicht geimpft werden. Damit werden sie von vielen Veranstaltungen ausgeschlossen – und mit ihnen ihre Eltern und Familien. Das merken jetzt auch die verantwortlichen Parteien. Die Berliner SPD-Spitzenpolitiker Saleh und Giffey fordern jetzt vom Senat, seine Entscheidung anzupassen. Auch die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus fordert ähnliches. Der Senat will schnell zusammentreten, um über Ausnahmen zu debattieren, also darüber, dass Kinder weiterhin Zugang zur Gesellschaft haben sollen: mit einem Coronatest. Die Schnellschuss-Entscheidung des Berliner Senats übersieht nicht nur Kinder, sondern auch Menschen, die sich nicht Impfen lassen können – ganz zu schweigen davon, dass das grundsätzliche Ausschließen nicht immunisierter Personen keiner ernsthaften Logik folgt. Außer natürlich der Logik des Impfzwangs.

Mal wieder tragen die Kinder also eine besonders schwere Last in der Pandemiepolitik – und müssen unter harten Maßnahmen gegen ein Virus leiden, welches sie kaum selbst betrifft, geschweige denn gefährdet. Wie wenig Kinder überhaupt von Corona betroffen sind, zeigt dieser Tage der Freistaat Sachsen. Um das Covid-Risiko für Schüler zu verringern, hat Sachsen zu Schulbeginn eine Million Tests durchgeführt.

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Das Ergebnis: Laut Kultusministerium waren davon nur 219 positiv, wie der MDR berichtet. Das entspricht einer Positivrate von 0,02%. In Sachsen, dem Bundesland mit der niedrigsten Impfquote, gab es in den letzten Wochen keinen einzigen Coronatoten. Dennoch will jetzt auch die Landesregierung in Dresden die 2G-Regelung möglich machen – ein Test, der keine „Infektionen“ findet, lohnt sich nicht mehr, könnten Zyniker formulieren. Ob nicht nur aus freien Stücken Ungeimpfte, sondern wie in Berlin auch Kinder, Familien und Menschen mit gesundheitlichen Impfhemmnissen aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden können – darauf hat man im Freistaat noch keine Antwort.
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