Tichys Einblick
LKA veröffentlicht Feindesliste mit

Die tolerierte Gewalt von Linksextremen

Persönliche Informationen der AfD-Kandidaten im Hessen-Wahlkampf wurden veröffentlicht. Die Polizei verbreitet die Feindesliste weiter. Gewalt von Linksextremen wird toleriert – Anschläge und Angriffe sind Alltag.

Symbolbild

IMAGO / Bildgehege
Kurz vor der anstehenden Landtagswahl in Hessen wurde eine Liste mit Kandidaten der AfD im Wahlkampf veröffentlicht. Auf dieser Liste werden die Adressen, Autokennzeichen und Lebensgewohnheiten der jeweiligen Personen bekannt gegeben. Dazu Treffpunkte, Veranstaltungsräume, die die Partei in der Vergangenheit genutzt hat. Das Hessische Landeskriminalamt macht sich zum Komplizen der Antifa und verbreitete die Liste munter weiter.
Ein ausgewachsener Spionageapparat

Die Politik wiegelt die Bedrohung durch die Antifa oft ab. Es handle sich um einen desperaten Zusammenschluss verschiedenster Gruppen ohne Überbau, lautet das Argument. Doch die auf der Feindesliste veröffentlichten Informationen zeigen: Hinter der Liste steht ein erheblicher Recherche-Aufwand. Adressen werden für fast jeden Betroffenen geführt, für einige darunter auch mit Kennzeichen, Vereinsmitgliedschaften und Arbeitgebern.

Schon in der Vergangenheit legte die Antifa Hessens große Motivation an den Tag, um die persönlichen Daten des politischen Gegners ausfindig zu machen. Erst vorletztes Jahr veröffentlichte die Antifa eine Frankfurter Feindesliste. Dort können auf einer interaktiven Karte die Adressen von AfD-Lokalpolitikern, Personen, die der AfD nahestehen sollen, und anderen Gegnern ausgemacht werden. Bezeichnend für die Antifa ist, dass sich hier auch die (öffentlichen) Adressen von Polizeidienststelle, CDU-Parteibüro und der Deutschordenskirche finden. Für die Universität werden „rechte Umtriebe an der Uni“ ausgewiesen.

Dem WDR gegenüber teilte die Frankfurter Antifa mit, dass sie die Urheber dieser Liste nicht kenne – die Frankfurter Antifa betreibt eine aktive Webseite, auf der die Internetpräsenz und die Gewaltaufrufe der Seite weiterverbreitet wurden. Ursprünglich bekanntgemacht wurde diese über einen Post auf der Seite indymedia.de, eine Schwesterseite der verbotenen linksunten.inymedia.

Hier werden regelmäßig Gewaltaufrufe und Bekennerschreiben veröffentlicht. So zum Beispiel ein Schreiben, in welchem eröffnet wurde, mit einer „Brandbombe“ das Auto des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer (SPD) zerstört zu haben. Und ein zweites Bekennerschreiben, aus dem hervorgeht: Es war wohl nicht Maurers Privatwagen, aber einer, den er fast täglich nutzte, um zwischen Haus und Arbeit zu pendeln. Das habe die Gruppe gewusst, weil sie über Tage hinweg observierte.

Es passiert: nichts

Das Veröffentlichen von Feindeslisten ist seit einger Zeit verboten. Es ist mit bis zu zwei Jahren strafbewehrt – wenn nicht-öffentliche Informationen offengelegt werden, beträgt das Strafmaß sogar bis zu drei Jahre. Ein 2021 eingeführtes Gesetz, das bisher vor allem im Kampf gegen – sowohl imaginierten wie auch tatsächlichen – Rechtsextremismus eingesetzt wurde. Gegen diese Webseiten gibt es kaum eine Handhabe. Die Frankfurter Feindesliste wurde aus Deutschland heraus angemeldet. Mehr kann man nicht herausfinden, denn diese Informationen werden aufgrund der DSGVO ausgeblendet. Der Registrar für die neueste Feindesliste sitzt angeblich im 1.700-Seelendorf Charlestown auf den St. Kitts und Nevis Inseln.

Dass diese Websiten die Impressumspflicht, auf die sonst so viel Wert gelegt wird, nicht einhalten, ist klar. Die Informationen sind jetzt in der Welt: Und sie verlassen das Netz niemals wieder. Die Websites per Verordnung lassen sich kaum abschalten, der Fall müsste wohl an Interpol weitergegeben und von den örtlichen Polizeibehörden verfolgt werden, sagte ein von TE befragter Rechtsexperte.

Einfacher sei es, ein Geoblocking durchzusetzen, dass diese Inhalte aus Deutschland nicht mehr aufgerufen werden können – eine oberflächliche Lösung, denn mittels VPN kann das umgangen werden. VPN Services lassen einen Nutzer so aussehen, als würde er aus einem Land seiner Wahl auf eine Website zugreifen. Ein VPN-Service kostet nur wenige Euro im Monat, legale und vertrauenswürdige Anbieter gibt es viele. Geoblocking ist also keine gute Lösung, aber zumindest eine Teillösung. Aber auch dies strengt die Staatsanwaltschaft wohl nicht an.

Das LKA macht mit

Doch wozu diese Anstrengungen unternehmen, wenn das Landeskriminalamt die Feindeslisten fröhlich weiter verbreitet? Am Mittwoch gab das LKA eine Pressemitteilung zu dem Fall heraus, in dem die Feindesliste verlinkt wurde. Sie verbreiteten die Information also weiter. Dieser Fehler fiel erst im späten Nachmittag am Donnerstag auf. Die Links wurden entfernt. Genauso veröffentlichte die Hessenschau den Link zur Website in Form eines Copyright-Hinweises auf seiner Website. Dieser war unter einer Karte Hessens, auf der die Wohnhäuser der AfD-Kandidaten eingetragen sind, veröffentlicht und wurde zwischenzeitlich durch diesen Copyright-Hinweis ersetzt: „Screenshot der umstrittenen Internetseite der Antifa Frankfurt“. Die Karte ist nach wie vor öffentlich.

Vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist man linksextreme Sympathien gewohnt. Die Feindesliste wurde auch als „Online-Pranger“ verharmlost, als wäre die Liste nicht ein klarer Aufruf zur Gewalt. Alles, was dort fehlt, ist, dass eine Anleitung zum Bombenbau mitgeliefert wird. Vom LKA hätte man aber erwartet, sich nicht mit den Extremisten gemeinzumachen. Den Betroffenen habe man eine „Sicherheitsberatung“ angeboten, so die Pressemitteilung. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hat Ermittlungen wegen öffentlicher Aufforderung von Straftaten, gefährdendem Verbreiten personenbezogener Daten und Volksverhetzung aufgenommen. Weitere Informationen zur Ermittlung wollte die Staatsanwaltschaft mit Hinweis auf die laufenden Verfahren Tichys Einblick nicht mitteilen.

„Die Radikalisierung der politischen Ränder ist besorgniserregend. Die Auseinandersetzung mit der AfD und ihren Repräsentanten muss mit politischen und friedlichen Mitteln geführt werden“, teilten Hessens Innenminister Peter Beuth und Justizminister Roman Poseck mit. Eine Verurteilung der Aktion kann wohl nicht ohne einen Seitenhieb auf die AfD auskommen. „Persönliche Bedrohungen sind der völlig falsche Weg. Eskalationen zwischen radikalen Kräften dürfen wir nicht zulassen.“ Auch die AfD-Mitglieder müssten geschützt werden.

Auch Einzelpersonen werden bedroht. Auf Indymedia wurde ein Schreiben veröffentlicht, das zwei Personen aus dem Umfeld der rechtsextremen Partei „Dritter Weg“ identifiziert. „They feel way safer than any fascist should ever do. We will take the safety from them, step by step.“ – „Sie fühlen sich sicherer als ein Faschist sich jemals fühlen sollte. Wir werden ihnen diese Sicherheit Stück für Stück nehmen.“ Die erste Aktion war es, an ihre Häuser Regenbogenfahnen zu schmieren – die Adressen wurden mit veröffentlicht. Und weiter heißt es: „We wont stop haunting you until every single one of you got what he deserves!“ – „Wir werden nicht aufhören euch heimzusuchen, bis jeder Einzelne von euch kriegt, was er verdient!“

Ein angeblicher Sexualstraftäter an der Humboldt Universität in Berlin soll unter Druck gesetzt werden, fordert ein anderes Schreiben, bis ihn die Universität entlasse.

Der YouTuber „Ketzer der Neuzeit“ wird durch ein anderes Schreiben unter Druck gesetzt, seine Social-Media-Aktivitäten einzustellen, sonst würde man ihn weiter unter Druck setzen. Er wurde schon mehrfach „von Antifa zuhause besucht“, so das Schreiben. Seine Adresse und sein Klarname wurden veröffentlicht und in seinem Wohnumfeld Plakate aufgehängt, die ihn unter Druck setzen sollen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz zitiert seinen Präsidenten Thomas Haldenwang zum Thema Linksextremismus so: „Wir sehen aktuell, dass die Gewalt sich hemmungslos gegen die Staatsmacht, aber auch gegen politische Gegner richtet. Wir müssen im Blick behalten, ob diese Radikalisierung sich zu terroristischen Strukturen hin entwickelt.“

Mit Blick auf immer neue Berichte über organisierte und gewaltbereite Gruppen muss man sich fragen, ab wann man denn von terroristischen Strukturen sprechen kann. Die in der Presse als „Hammerbande“ bekannte Gruppe um Lina Engel lauerte ihren Zielen auf, griff sie mit Hämmern und Buttersäure an und zerschlug ihnen gezielt die Gelenke. Immer wieder bekennen sich Extremisten auf Indymedia zu Angriffen: auf Politiker, auf die Bahninfrastruktur, auf das Kasseler Gericht. Was ist das, wenn nicht Terrorismus?

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