Tichys Einblick
Corona-Update 15. Februar 2022

Omikron-Höhepunkt überschritten: vergleichbar einer mittelschweren Grippewelle

Scholz will den Freedom Day mit Impfpflicht. Die Regierung trägt weiter einen Denkfehler mit, der tendenziell zu einer Art saisonalem Lockdown führt. Dabei zeigt das Überschreiten der Omikron-Welle: Man müsste alle Maßnahmen aufheben – sofort.

Deutschland macht sich bereit für Lockerungen – als eines der letzten Länder Europas. Immerhin sollen aber auch bei uns nun „2G“ und Kontaktbeschränkungen fallen. Von „Freedom Day“ kann indes keine Rede sein – nicht nur soll die Maskenpflicht bleiben, auch das Vorhaben der allgemeinen Impfpflicht steht weiterhin, wenn es nach der Bundesregierung geht. In einem Monat startet zudem die Pfleger-Impfpflicht – ob diese umgesetzt wird, ist zwar fraglich, die Betroffenen und die Krankenhäuser bleiben jedenfalls unter extremem Druck.

Derweil haben die Corona-Infektionszahlen ihren Höhepunkt überschritten – das sagt nun sogar Karl Lauterbach.

Trotz enormer Ansteckungszahlen ist ein Anstieg der Corona-Todeszahlen kaum zu erkennen. Die Zahl der Krankenhauspatienten stieg zwar an, hier ist ein Großteil der Patienten allerdings nachweislich nicht wegen, sondern nur mit Corona eingeliefert worden. Verlässliche Zahlen existieren demnach aktuell kaum.

Insgesamt gab es in Deutschland auch nach den umstrittenen RKI-Zahlen lediglich rund 8.000 mit oder an Corona Verstorbene. Das sind nicht nur weniger Tote als bei den schweren Grippe-Wellen der letzten Jahre – diese Omikron-Welle wäre unter den Grippe-Saisonen der 2010er Jahre nicht mal in der Hälfte mit den meisten Opfern.
Die Grippesaison 2009/2010 brachte nach RKI-Zahlen 18.800 Tote, 2012/2013 waren es 20.700, in der Saison 2014/2015 21.300 Tote, 2016/2017 22.900 und 2017/2018 insgesamt 25.100 Grippe-Todesfälle. Schon die gemeldeten Todeszahlen der Delta-Welle waren mit rund 20.000 Toten niedriger als viele dieser Werte.

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Einschränkend muss man zu dem Vergleich der Zahlen sagen: Während Corona-Tote vom Robert-Koch-Institut (RKI) ja tatsächlich gezählt werden, sind die Zahlen, die das RKI zu den Grippe-Todeszahlen veröffentlicht, lediglich Schätzungen auf Basis der saisonalen Übersterblichkeit. Allerdings ist die Übersterblichkeit eine sehr harte Größe, die die Zahlen eher nach unten verschiebt: Während der Corona-Pandemie gab es in Deutschland lange Zeit etwa überhaupt keine Übersterblichkeit. Die tatsächlichen Grippe-Todeszahlen dürften also höher sein als die vorliegenden Werte. Das Robert-Koch-Institut nennt seine Grippe-Todeszahlen selbst „konservative Schätzwerte“.

Dass Omikron so verläuft, zeigen Zahlen aus dem europäischen Ausland schon seit Januar – die deutsche Regierung entschied sich dennoch dazu, abzuwarten.
Für den Rest Europas sind solche Zahlen Grund, alle Maßnahmen fallen zu lassen: Schweden, Norwegen, Finnland, Dänemark und Großbritannien lassen die Pandemie hinter sich, Israel und Spanien wollen mit der Sache wie mit einer Grippe umgehen.

Allein in Deutschland wird weiter über die Impfpflicht diskutiert.

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Lauterbach & Co. stricken derweil schon an einem neuen Modell: Dem saisonalen Lockdown. Denn wie im letzten Jahr auch ist es einfach, Lockerungen in die sinkenden Zahlen des Frühlings hinein anzukündigen. Die Frage, die bleibt, ist nur, was passiert, wenn die Zahlen wieder steigen. Die Corona-Pandemie ist politisch erst vorbei, wenn trotz steigender Infektionszahlen keine Maßnahmen verhängt werden.

Und davon ist man aktuell noch weit entfernt: Die Impfpflicht soll ja gerade verhindern, dass im nächsten Winter wieder eine neue Welle an Corona-Infektionen kommt, die möglicherweise härter werden könnte. Sollte die Impfpflicht das nicht verhindern, sollen dann wieder Lockdown-Maßnahmen ins Programm. Angesichts der hohen Inzidenzen bei einer auch jetzt schon hohen Impfquote ist genau das aber zu erwarten.

Das Virus wird nicht aufzuhalten sein, es wird nur immer harmloser. Erst wenn die Bundesregierung diese simple Tatsache anerkennt, wird wohl ein echter Freedom Day möglich sein.

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