Tichys Einblick
Folgen der Flutkatastrophe

Anne Spiegel belegt das Versagen grün-linker Strukturen

Anne Spiegel trägt die politische Schuld am Tod von 134 Menschen. Doch während in Nordrhein-Westfalen jetzt Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) zurücktreten musste, sitzt die Bundesfamilienministerin fest im Stuhl. Warum?

IMAGO / Political-Moments
Die Antwort auf die Frage scheint leicht: Weil in Nordrhein-Westfalen eine Wahl bevorsteht. Weil Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ohnehin mit der Abwahl rechnen muss. Und weil man in einer solchen Situation etwas machen muss. Irgendwas. Im Fußball werden dann Trainer entlassen, in der Politik umstrittene Ministerinnen. Soweit der Rücktritt von Heinen-Esser.

Aber warum sitzt Anne Spiegel fest im Amt? Obwohl ihr Versagen während der Flutkatastrophe an der Ahr viel größer war. Ihre Fehler unmittelbar den Tod von Menschen verursacht haben: Falsch über die drohende Gefahr der Flut berichtet; wider besseren Wissens diesen Fehler nicht korrigiert und trotz dieser Gefahrenlage abgetaucht, um ein Abendessen ruhiger genießen zu können.

Flutkatastrophe verschlafen
Ministerin Anne Spiegel war während der Flut vor allem um ihr Image besorgt
Linke, Grüne und Sozialdemokraten müssen nicht zurücktreten. Egal, was sie verbockt haben. Die Schuld für diese politische Unwucht tragen alle drei Teilnehmer des politischen Kommunikations-Apparates. Der besteht aus Sender, Medium und Empfänger. Während die Athener Demokratie noch über den Austausch auf dem Marktplatz funktionierte und selbst vor 100 Jahren noch die Information auf der Wahlkundgebung eine entscheidende Rolle spielte, beziehen die Empfänger heute zu faktisch 100 Prozent ihre Informationen über Medien. Diesen kommt im politischen Kommunikations-Apparat daher eine zentrale Rolle zu.

Die Medien in Deutschland sind in einer großen Mehrheit links-grün. Da ist vor allem der mit über 8 Milliarden Euro staatlichen Zwangsgeldern finanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk, der aus seiner fehlenden Neutralität kein Geheimnis macht. Dessen Vertreter lediglich versuchen, sich mit Schlagwörtern wie „Haltungsjournalismus“ oder „False Balance“ die fehlende Objektivität schönzureden. Hinzu kommen alteingesessene Zeitungen wie die Süddeutsche Zeitung, die aus ihrer linken Schlagseite ebenfalls kein Geheimnis macht. Zu Heinen-Esser titelte die SZ: „Umweltministerin Heinen-Esser hat sich unmöglich gemacht.“ Mit Spiegel ging die SZ deutlich gnädiger um: „Glück gehabt“, schrieb die SZ und meinte die Ministerin der Farbe ihrer Wahl – und nicht die 134 Toten, die Anne Spiegel auf dem politischen Gewissen hat.

keine Entschuldigung bei Opfern
Familienministerin Spiegel versucht, die Flut-Affäre auszusitzen
Mit „Glück“ hat das indes wenig zu tun. Viel mehr mit dem Versagen der Beteiligten am politischen Kommunikationssystem. Die Medienseite ist dabei offensichtlich: Sebastian Kurz statt Olaf Scholz, Andy Scheuer statt Karl Lauterbach oder eben jetzt Heinen-Esser statt Spiegel. Ist ein konservativer Politiker angeschlagen, feuern die grün-linken Medien aus allen Rohren – bei den Vertretern ihrer eigenen Farben gehen sie über Fehler hinweg. Doch es ist eben nicht nur die Medienseite beteiligt. Es gehört auch ein Sender im Kommunikations-System dazu, der das Spiel mitspielt. Das sind die Parteien. Und die konservativen Parteien knicken oft zu schnell ein, wenn grün-linke Medien einen Shitstorm organisieren.

Nun kann man das positiv sehen: Ein Sebastian Kurz hält es nicht für vereinbar mit der Würde des Amtes, wenn der Inhaber einem Korruptionsvorwurf ausgesetzt ist. Ein Olaf Scholz bewirbt sich mit solchen Vorwürfen im Rücken überhaupt erst um das Amt. In der SPD kein Problem. Die Sozialdemokraten haben ohnehin keine Probleme mit der moralischen Deformation eigener Kandidaten – oder Kandidatinnen. Nachdem bekannt wird, dass Franziska Giffey bei ihrer Doktorarbeit betrogen hat, macht die SPD sie zur Frontfrau in Berlin.

Hochwasser im Ahrtal
Anne Spiegel und das Versagen der politischen Klasse
Doch es ist eben nicht nur eine Ehrenmann-Attitüde der Konservativen, viel schneller zurückzutreten. Es ist vor allem politische Schwäche. Immer weniger Konservative sind bereit, sich einem grün-roten Shitstorm entgegenzustellen. Zumindest was die Konservativen betrifft, die eine bezahlte Arbeit in der Politik anstreben oder innehaben. In den Debatten um Gendersternchen, Mohren-Apotheken oder Hindenburgstraßen sind es immer die konservativen Mandatsträger, die einknicken, statt einmal dagegenzuhalten. Selbst den angekündigten Terror der „Letzten Generation“ lassen sie sich gefallen, als ob der unvermeidbar wäre wie ein Regentag.

Wobei auch die Grünen ein Grund dafür sind, dass Anne Spiegel selbst mit 134 Toten im moralischen Gepäck bleiben darf. Die Pfälzerin ist wichtig für die Statik der Partei. Die vergibt ihre Ämter nicht nach Eignung der Kandidaten, sondern nach der Frage, ob die Kandidaten vorgegebene Quoten erfüllen. Anne Spiegel ist links und Frau, damit gehört sie zu zwei Gruppen, denen die Grünen mehr Positionen zugestehen wollen, als dass qualifiziertes Personal aus diesen grünen Reihen kommt. Deswegen leisten sich die Grünen weiterhin Anne Spiegel, trotz der 134 Tote, für die sie verantwortlich ist.

Doch es ist nicht nur Pragmatismus, der Anne Spiegel von Seiten der Grünen im Amt hält. Es ist auch die Folge einer grundsätzlichen Einstellung. Das betrifft im politischen Kommunikations-Apparat den Sender, in dem Fall grün-linke Funktionäre – aber auch den Empfänger, grün-linke Wähler. Grün-Rote machen keine Fehler: Wenn sie besoffen gegen eine Wand fahren, ist das Haus an der falschen Stelle gebaut worden. Dann braucht es als Konsequenz vielleicht eine Änderung der Bauordnung, eine Kampagne gegen Alkoholismus oder ein allgemeines Fahrverbot. Aber niemals würde der Rot-Grüne seinen Fehler eingestehen oder freiwillig den Führerschein zurückgeben.

Vorwürfe gegen Ministerin
Grüne nennen Forderung nach Spiegel-Rücktritt „sexistisch“
Die fehlende Einsicht in eigene Fehler beruht bei Grün-Roten auf einer Lebenslüge kombiniert mit einem Trugschluss: auf dem Glauben, zu den „Guten“ zu gehören. Und auf dem Trugschluss, da man selbst ein Guter sei, sei alles, was man tut, per se gut. Denn auch wenn es schlecht ist, dient es ja dem Guten. So hielten die grünen Verteidiger Anne Spiegel zugute, dass sie so engagiert sei. Für rationale Menschen heißt das: stets bemüht. Rationale Menschen orientieren sich an der Tat, in dem Fall das In-den-Tod-schicken durch bewusste Fehlinformationen. Ideologische Menschen orientieren sich an dem Wort. Es genügt ihnen, wenn jemand laut genung bekundet, Leben retten zu wollen. Dann stört es sie auch nicht, wenn die Person das Gegenteil tut. Und deswegen kann Anne Spiegel im Amt bleiben.

Der politische Kommunikations-Apparat krankt, wenn eine Versagerin wie Anne Spiegel im Amt bleiben kann. Die entscheidende Stelle sind die Medien. Sie haben zu großen Teilen das Neutralitätsgebot aufgegeben, das ihnen eine Sonderstelle als Vierte Gewalt in der Demokratie einräumt. Ihr Versagen wirkt sich verheerend auf die politische Statik aus. So lange das aber so ist, liegt es auch an konservativen Politikern dagegenzuhalten und eben nicht bei jedem Shitstorm einzuknicken. Die Manipulationsmacht grün-linker Medien ist stark – aber sie hat Grenzen, wie diese Woche gezeigt hat.