Tichys Einblick
PLEITEWELLE

Die Zahl der Firmenpleiten steigt weiter

Im September 2022 wurden 34 Prozent mehr Insolvenzen im Vergleich zum Vorjahresmonat angemeldet, insgesamt waren es im September 762.

IMAGO / IlluPics

Laut der Wirtschaftsauskunftei Creditreform begleichen immer mehr Firmen ihre Rechnungen verspätet. Die Zahlungsmoral in der Wirtschaft sinke von Woche zu Woche. Nach Darstellung von Creditreform sorgen vor allem steigende Energiekosten dafür, dass Unternehmen ihre Rechnungen verspätet oder gar nicht zahlen. „Das Ausfallrisiko bei Unternehmen steigt derzeit fast wöchentlich“, sagte der Leiter der Wirtschaftsforschung von Creditreform, Patrik-Ludwig Hantzsch, der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Rund 280.000 Unternehmen zahlten deutlich verspätet – egal, ob es Kleinunternehmen seien, Mittelständler oder Großkonzerne. Unternehmen aller Größenklassen ließen ihre Kreditgeber derzeit länger und über das gesetzte Zahlungsziel hinaus auf den Geldeingang warten, so Hantzsch. Er erwartet, „dass wir im ersten Quartal 2023 dann einen starken Anstieg der Insolvenzen in Deutschland sehen werden“. Dass Unternehmen wieder in die Insolvenz gehen, ist Hantzsch zufolge „richtig und wichtig“. Eine auf marktwirtschaftliche Prinzipien aufgebaute Volkswirtschaft vertrage es nicht, „wenn alle Unternehmen auf Teufel komm raus am Leben erhalten werden“.

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Die Daten zeigen: Im September 2022 wurden 34 Prozent mehr Insolvenzen im Vergleich zum Vorjahresmonat angemeldet, insgesamt waren es im September 762 und betreffen Personen- und Kapitalgesellschaften, wie das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) berichtet.

Noch vor einem Monat hatte die Insolvenzprognose des IWH für September einen Anstieg um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr vorhergesagt. Für Oktober lassen die Frühindikatoren des IWH ebenfalls deutlich höhere Insolvenzzahlen erwarten, die etwa ein Drittel über denen von Oktober 2021 liegen werden. Im November könnten die Vorjahreswerte sogar um 40 Prozent übertroffen werden. Für das Gesamtjahr ist trotz der schnell steigenden Zahlen lediglich ein Zuwachs zwischen 12 Prozent und 14 Prozent zu erwarten, da die Insolvenzzahlen in der ersten Jahreshälfte noch leicht unter dem Vorjahresniveau lagen.

Wie die Analyse des IWH zeigt, waren in den größten 10 Prozent der Unternehmen, deren Insolvenz im September gemeldet wurde, 6.600 Arbeitsplätze betroffen. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten liege damit leicht über dem Niveau der letzten zwölf Monate.

„Die Zahl der Insolvenzen wird in den nächsten Monaten weiter spürbar ansteigen“, prognostiziert Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität und der dort angesiedelten Insolvenzforschung. Verantwortlich dafür sind neben der sich stark eintrübenden konjunkturellen Lage in erster Linie stark steigende Preise bei wichtigen Produktionsfaktoren. Neben den Kosten für Energie steigen auch Löhne und Kreditzinsen. „Nach lange Zeit sehr niedrigen Insolvenzzahlen werden diese im November 2022 voraussichtlich wieder den Stand von vor der Corona-Pandemie erreichen“, erklärt Müller.

Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen.

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