Tichys Einblick
INS EIGENE KNIE GESCHOSSEN

Wohnungsbau in Berlin: Die ersten Genossenschaften springen wegen Mietendeckel ab

30.000 Wohnungen bis 2021 wollte die rot-rot-grüne Regierungskoalition in Berlin bauen. Jetzt zeigt sich: Wegen des Mietendeckels erklären die ersten Baugenossenschaften den Rückzug aus Bauvorhaben.

Was absehbar war, wird Realität. In der Hauptstadt fahren die ersten Wohnungsbaugenossenschaften wegen des Mietendeckels ihr Engagement zurück und stoppen ihre Bauvorhaben. Die Investitionen sind nicht mehr kalkulierbar. In den Bezirken präferiert die Linke Grünflächen statt Wohnungsbau. Und den Handwerkern gehen die Aufträge aus. Die Lust aufs Bauen nimmt jetzt schon ab – und wird sich vermutlich fortsetzen.

Knapp 200 neue Wohnungen wollten zwei Genossenschaften am Neuköllner Stadtrand errichten. Die Bebauung der Buckower Felder gilt als Vorzeigeprojekt der Linken Stadtentwicklungssenatorin Lompscher. Besonders gemeinwohlinteressierte Unternehmen wurden dafür durch ein Interessenbekundungsverfahren gesucht. Nun zeigen die „GBSteglitz” und „bwvKöpenick“ dem Senat die „rote Karte“.

Dabei hat der Senat doch eigens einen Genossenschaftsbeauftragten eingesetzt, welcher bekundete: „Bezahlbares und selbstbestimmtes Wohnen in guter Nachbarschaft bei Wohnungsgenossenschaften ist ein Markenzeichen, das den sozialen Zusammenhalt in Berlin bewahrt und fördert. Damit dies auch künftig im wachsenden Berlin so bleibt, brauchen wir auch mehr genossenschaftlichen Neubau.“

Auf dem Weg in die Planwirtschaft
Mietendeckel: Die Marktwirtschaft im Berliner Wohnungsbau wird ausgebremst
So. Und nun? Die Genossenschaften verzeichnen durch das neue Mietengesetz Verluste von neun Millionen Euro an Mieteinnahmen in den kommenden fünf Jahren. Dadurch fehlen Eigenmittel zum Bauen. Das betrifft erst mal die kommenden fünf Jahre, doch es ist voraussehbar, dass Rot-Rot-Grün nach Auslaufen des Mietendeckels in fünf Jahren selbigen noch einmal verlängern wird. Selbst der Fakt, dass Wohnungen, die nach Baujahr 2014 errichtet wurden, vom Mietendeckel ausgenommen sind, hilft nicht weiter. Denn die Gesamtmieteinnahmen der Genossenschaften dürfen nicht mehr steigen und Rücklagen werden für Sanierungen und Instandsetzungen benötigt. Falls die Rücklagen denn dafür überhaupt reichen.

„Der Mietendeckel als Neubaubremse“, so bezeichnet es Christian Gräff von der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. „Er trifft auch bezahlbare Wohnungen, die wir dringend brauchen“, so Gräff weiter.

Indessen sorgen sich die Handwerksbetriebe um Auftragsrückgänge und Umsatzeinbrüche. Die spüren sie jetzt schon. Nach Bekanntwerden des Eckpunktepapiers am 18. Juni von Stadtentwicklungsenatorin Lompscher habe es Stornierungen, „teilweise im kleinen, aber auch im siebenstelligen Bereich“ gegeben. Niemand wisse, wie es weitergeht. Das größte Problem sei die Verunsicherung. „Wir haben keine Planungs- und Investitionssicherheit mehr“.

Ähnliche Stornierungen seien auch bereits im Neubaubereich festzustellen. „Insgesamt gehen der Baubranche in Berlin damit vorsichtig geschätzt im kommenden Jahr 590 Millionen Euro an Aufträgen verloren, was einem Viertel des Gesamtumsatzes entspricht“.

Schlechte Aussichten für Berliner Mieter
Sozialismus wirkt: Mietendeckel bedeutet weniger Mietwohnungen
Schon 2018 war klar, dass das Ziel bis 2021 insgesamt 30.000 neue kommunale Wohnungen zu bauen, deutlich verfehlt wird. Es würden wohl nur 25.000 fertiggestellt werden, wie Lompscher betrüblich mitteilte: „Es ist nicht sehr schön, dass wir unter 30.000 bleiben“, so Lompscher. Der Fokus des Senats liege nun darauf, sicherzustellen, dass der Wohnungsbau auch über 2021 hinaus weitergehe. Bleibt mit einer gesunden Portion Skepsis abzuwarten. Ansonsten sind 25.000 kommunale Wohneinheiten in vier Jahren bei ständig wachsendem Bedarf und fehlenden tausenden Wohnungen für Normalverdiener für eine Metropole eine Glanzleistung.

Dafür macht sich der Senat stark für Vorkaufsrechte in den Bezirken, Stichwort Milieuschutzgebiete und sozial verträgliche Mieten. Allein für die Ausübung des Vorkaufsrechtes gaben die Bezirke bislang rund 338,5 Millionen Euro aus, Länderfinanzausgleich inklusive.

Unterdessen präferiert die Linke in den Berliner Bezirken Grünflächen statt Wohnstandort. Die SPD stellte unlängst die Idee für eine „Bürgerstadt Buch“ mit vorgesehenen 40.000 Wohnungen vor. Doch nun soll eine große Fläche, gedacht für eben diesen den Wohnungsbau, zu einer reinen Grünfläche umdeklariert werden, wie die „Morgenpost“ berichtet. Als dies der SPD aufgefallen war, wurde der Grünflächen-Plan im Abgeordnetenhaus erst gestoppt, um dann doch abgesegnet zu werden. Es ging wohl um eine „Große Moorlinse“ und „Kleine Moorlinsen“. – War da etwas mit Wohnungsnot?

„Ruinen schaffen ohne Waffen“
Mietendeckel in Berlin – was ein Ex-Richter dazu sagt
Im Bezirk Lichtenberg sollen mehrere tausend Wohnungen entstehen. Doch die Linke blockiert das Bauvorhaben. Zu den bereits geplanten 250 Sozialwohnungen sollen noch 35 hinzukommen. Dem Investor sollen Daumenschrauben angelegt werden. Doch der Investor pocht auf seinen Vertrag. Jetzt tobt ein Streit zwischen Investor und Bezirksamt wegen dem geschlossenen Vertrag und anschließenden Nachverhandlungen. SPD und CDU haben in der Bezirksverordnetenversammlung keine Mehrheit. Also liegt das Projekt auf Eis. – War da etwas mit Wohnungsnot?

Auch in Charlottenburg-Wilmersdorf ging es rund. Am Westkreuz sollte ein Wohnquartier mit etwa 1100 Einheiten entstehen. Im Abgeordnetenhaus beschlossen Rot-Rot-Grün, dass die bestehende Grünfläche erhalten bleiben soll. – War da etwas mit Wohnungsnot?

Anzeige