Tichys Einblick
UBA-Präsident will Reform der Kfz-Steuer

Autogipfel beim Bundeskanzler: Bei leeren Kassen sinnlos

Beim Autogipfel im Kanzleramt soll es unter anderem um den weiteren Ausbau des Marktes für E-Autos gehen. Da solche Spitzentreffen zwischen Politik und Wirtschaft in der Regel so ablaufen, dass die Wirtschaft Geld will und die Politik Geld gibt, ist dieser Gipfel angesichts der aktuellen Finanznot der Politik sinnlos.

Olaf Scholz, damals Bundesminister der Finanzen, VW-Werk, Hannover, 05.07.2021

IMAGO / photothek

„Und wenn man nicht mehr weiterweiß, bildet man ’nen Arbeitskreis“! Was Insider von großen deutschen Automobilkonzernen an Aller, Isar und Neckar zu berichten wissen, gilt auch für die große Politik. Nur dass hier die Arbeitskreise „Autogipfel“ oder offiziell „Strategieplattform Transformation der Automobil- und Mobilitätswirtschaft“ heißen.

Eine solche Runde trifft sich am Montag 27. November 2023 zum zweiten Mal bei Bundeskanzler Olaf Scholz, nach einer ersten Zusammenkunft im Januar dieses Jahres. An diesem illustren Arbeitskreis nehmen, außer dem Bundeskanzler nebst mehreren Ministern (vermutlich aus den Ressorts Verkehr, Umwelt, Wirtschaft und evtl. Finanzen), nach Aussagen von Regierungssprecher Steffen Hebestreit Vertreter von Autoherstellern und Zulieferern, Gewerkschaften und Betriebsräten teil. Des Weiteren unter anderem auch Vertreter von Energiebranche, Wissenschaft und Umweltverbänden.

Verweis auf Nachfolgegipfel
Mobilitätsgipfel im Kanzleramt: Meinungsaustausch mit kläglichem Ergebnis
Thema des Spitzentreffens sollte dem Vernehmen nach der weitere Ausbau des Marktes für Elektroautos auf deutschen Straßen sowie vermutlich auch der aufkommende chinesische Wettbewerb sein. Da solche Treffen zwischen Politik und Wirtschaft in der Regel so ablaufen, dass die Wirtschaft Geld will und die Politik Geld gibt, ist dieses Treffen angesichts der Finanznot der Politik vom Grundsatz her völlig sinnlos. Ein unverbindlicher Meinungsaustausch in schwierigen Zeiten ist indessen immer hilfreich.

Angesichts der unübersehbaren Schwächezeichen am vordem hochgelobten Marktwachstum bei Elektroautos werden Autohersteller, Zulieferer und der Autoverband vehement für eine Fortführung der finanziellen Fördermaßnahmen eintreten. Memo: Für Elektroautos auf Plug-In-Basis (PHEV) wurden sie bereits zu Jahresbeginn 2023 abgeschafft, für Batterie-Elektroautos (BEV) wurden sie im September 2023 für gewerbliche Kunden eingestellt, für private Käufer gekürzt. 2024 sollen dann die Kaufsubventionen für alle wegfallen.

Aber nach Stand der Dinge kommt von der Politik diesmal kein Geld, eher will sie von der Wirtschaft Geld eintreiben, indem Privilegien abgebaut werden. Dafür spricht sich der Präsident des Umweltbundesamts (UBA), Dirk Messner, aus. Dieser hat sich im Vorfeld des anstehenden Autogipfels zu Wort gemeldet und eine Reform der Kfz-Steuer gefordert. „Klimaschädliche Pkw sollten künftig bei der Neuzulassung mit einem Klimazuschlag belegt werden. Dadurch werden klimaschonende Pkw attraktiver“, sagte Messner der Deutschen Presse-Agentur. „Das eingenommene Geld kann beispielsweise für Kaufprämien für E-Pkw eingesetzt werden und muss dann nicht aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen.“

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Doch Präsident Messner hat noch eine zweite „Kröte“ für die Autohersteller in petto. Hilfreich wäre dem UBA-Chef zufolge auch, das Dienstwagenprivileg abzuschaffen. „Es ist nicht nur schlecht für das Klima, sondern auch ungerecht, da es vor allem Menschen entlastet, die ohnehin ein höheres Einkommen haben“, sagte er. Und noch eine dritte: „Auch das Dieselprivileg, also die steuerliche Bevorzugung von Diesel, sollte fallen.“ Dann würden sich auch mehr Menschen gegen Verbrenner und für klimafreundlichere Elektroautos entscheiden.

Was wiederum belegt, dass Präsident Messner nur bedingt Einblick in die Konsumentenwünsche hat. So ist der Dieselanteil an den Neuzulassungen inzwischen auf unter 20 vH gefallen von ehedem über 50 vH, dafür stagniert der Elektroanteil, und der Anteil an Benzinfahrzeugen nimmt wieder zu. Was nicht verwundern kann, denn nach allen vorliegenden Konsumentenbefragungen wollen sich gegenwärtig über zwei Drittel der Käufer kein E-Auto anschaffen.

Als Folge der Größe der Tafelrunde ist nahezu sichergestellt, dass, nachdem jeder Teilnehmer seine Anliegen vorgetragen hat und alle zu Wort gekommen sind, die Zeit für Beratungen oder Beschlüsse vorbei ist. Allenfalls wird man die Privilegien abschaffen, weil das den klammen öffentlichen Kassen hilft. Im Gegenzug wird die Politik auf die Einführung eines Tempolimits verzichten und die Subventionen für den Ausbau der Elektromobilität auf die zugesagten milliardenschweren Förderungen der Chip-Fabriken in den Ost-Bundesländern konzentrieren.

Auch eine kurzfristige Absage des Autogipfels angesichts der drängenden Haushaltsberatungen ist denkbar.

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