Tichys Einblick
Flossbach von Storch Vermögenspreisindex

Die Vermögensinflation ist da: Die Reichen profitieren

Seit 2005 haben sich die Preise für privates Vermögen nie so stark verteuert wie im ersten Quartal 2021. Vor allem die Politik der Regierungen und der Europäischen Zentralbank ist dafür verantwortlich. Im Effekt profitieren die bereits Vermögenden, während Vermögen aufzubauen immer schwieriger wird.

IMAGO / Steinach

Wohl dem, der schon ein Vermögen hat! Wehe dem, der aufsteigen will. „Wer nun Vermögen aufbauen will, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen“, schreibt Thomas Mayer, Leiter des Flossbach von Storch Research Institutes zur Vorstellung des aktuellen FvS Vermögenspreisindexes. „Viele Haushalte können sich auf Grund der gestiegenen Preise kein Eigenheim mehr leisten. Die nächste Stufe der Vermögensleiter ist für viele Haushalte unerreichbar geworden.“

Die Zahlen die die Ökonomen des Instituts erheben, belegen, dass die Entwertung des Euro deutlich schneller vonstatten geht, als es die offizielle Inflationsstatistik der Preisentwicklung für Konsumgüter nahelegt – obwohl die jüngst auch deutlich zugelegt hat. Wer nicht nur konsumieren, sondern auch bleibende Werte, also Vermögen erwerben will, spürt den Kaufkraftverlust des Euro besonders deutlich: Zum Ende des ersten Quartals 2021 sind die Preise für das Vermögen, das sich in Besitz privater deutscher Haushalte befindet, um +11,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal angestiegen. Es handelt sich um den höchsten Preisanstieg seit Beginn der Zeitreihe  des Flossbach von Storch Research Instituts im Jahr 2005.

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Wie unsozial diese Entwicklung ist, indem sie die großen Vermögen vor den kleinen begünstigt und den Aufbau von Vermögen erschwert, zeigt der Blick auf den Vermögensquerschnitt privater deutscher Haushalte. Die Vermögenspreisinflation ist zwar auch bei Haushalten der unteren Mittelschicht mit +4,7 % beträchtlich, aber die Preise der Vermögen der wohlhabendsten Haushalte sind viel stärker, nämlich um fast 15 Prozent gestiegen. Das ist durch die unterschiedliche Zusammensetzung des Vermögens zu erklären. In der unteren Mittelschicht ist es vor allem Sparvermögen, während die wohlhabendsten Haushalte häufiger und im größeren Umfang über Immobilien und Betriebsvermögen verfügen, die beide deutlich im Preis zugelegt haben (siehe unten).
Politische Ursachen der Inflation

Mehrere Entwicklungen begünstigen die hohe Vermögensinflation, schreiben die Ökonomen um Studienautor Philipp Immenkötter. Zum einen haben über fast alle Vermögenskategorien hinweg fiskalpolitische Maßnahmen wie Überbrückungshilfen und Konjunkturpakete die Vermögenspreise gestützt: „Dadurch sind weniger haushalte unter Druck gekommen, ihre Vermögenswerte zu verkaufen“, sagt Immenkötter. Zum anderen ließen geldpolitische Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) die Nachfrage nach Vermögensgütern ansteigen. Als letztes begünstigt eine anbahnende und in den Preisen bereits vorweggenommene wirtschaftliche Erholung die Vermögenspreisinflation.

Der Rekordpreisanstieg ist auch auf einen Basiseffekt zurückzuführen, so die Ökonomen. Im ersten Quartal 2020 fielen die Vermögenspreise um -2,7 % gegenüber dem Vorquartal und stiegen danach wieder an. Aber auch wenn man den Basiseffekt bereinigt, indem man als Bezugsgröße den Durchschnitt der Quartale Q4-2019 bis Q2-2020 nutzt, beträgt der Anstieg der Vermögenspreise +9,7 %, welches ebenfalls der größte Wert der Zeitreihe wäre.

Nach einzelnen Vermögensarten aufgeschlüsselt, stellt Immenkötter fest:

Die Preisentwicklung von Sachwerten (Immobilien, Betriebsvermögen, langlebige Verbrauchsgüter, Sammel- & Spekulationsgüter), die sich in Besitz privater deutscher Haushalte befinden, dominiert die Entwicklung des Gesamtindex. Sachwerte sind in den letzten vier Quartalen um +12,8 % teurer geworden.

Die Preise für das Finanzvermögen deutscher Haushalte (Spar- und Sichteinlagen, Aktien, Rentenwerte, sonstiges Finanzvermögen) liegen im Vergleich zum Jahresende mit +7,8 % deutlich im Plus. Neben den fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie ist auch das Preisniveau im Vergleichsquartal sowie eine erwartete wirtschaftliche Erholung ausschlaggebend.

Der Marktausblick
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Die Preise für das Immobilienvermögen privater deutscher Haushalte sind um +7,7 % im Vergleich zum Vorjahresquartal angestiegen. Die Preisrallye am Immobilienmarkt hält auch ein Jahr nach Ausbruch der Coronapandemie in Deutschland weiter an. Gleichzeitig sind die Finanzierungskonditionen für Immobilien historisch niedrig und die geringe Neubautätigkeit verschärft die Knappheit zusätzlich. Besonders für Wohnimmobilien ist die Nachfrage von Seiten privater als auch institutioneller Käufer hoch. Preise für Gewerbeimmobilien, die sich jedoch seltener im direkten Besitz privater Haushalte befinden, fielen hingegen auf Grund der Eindämmungsmaßnahmen gegen die Coronapandemie. Hierunter litten besonders die Preise für Einzelhandelsimmobilien.

Im Vergleich zum Ende des ersten Quartals 2020 sind die Preise für Betriebsvermögen um +58,4 % angestiegen. Dies liegt vor allem daran, dass am Ende des Vorjahresquartals die Preise auf Grund des ersten Lockdowns in Europa und den USA am Boden lagen. Über das Jahr 2020 haben sich die Preise für Betriebsvermögen gestützt von Überbrückungshilfen, Konjunkturpaketen und der expansiven Geldpolitik schnell erholt und auch die befürchtete Insolvenzwelle ist bislang ausgeblieben. Innerhalb des ersten Quartals 2021 sind die Preise um +6,7 % angestiegen. Die Preise für Betriebsvermögen werden mit Hilfe der Preise kleiner und mittelständischer öffentlich gehandelter Unternehmen gemessen.

Die Preise für langlebige Verbrauchsgüter sind im Vergleich zum Vorjahresquartal um +1,3 % angestiegen. Dies ist der höchste Preisanstieg der Kategorie seit Auflegung des Index. Den deutlichsten Preissprung legten die Preise für Gebrauchsfahrzeuge und andere Gebrauchsgüter für Freizeit und Kultur hin. Getrieben werden die Preisanstiege durch gestiegene Produktionskosten, knappe Ressourcen und die Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung.

Die Inflation wird bleiben
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Sammel- und Spekulationsgüter verteuerten sich im Vergleich zum Vorjahresquartal um +1,0 %. Innerhalb der Kategorie ist die Preisentwicklung unterschiedlich. Besonders deutlich sind die Preise für kostbare Weine angestiegen. Durch die Aufhebung der US-Strafzölle auf europäische Weine stieg die Nachfrage im ersten Quartal unmittelbar an, so dass zum Ende des ersten Quartals ein Preisanstieg um +11,1 % im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt zu verzeichnen war. Historische Automobile und Schmuck aus Edelmetall verzeichneten jeweils einen Preisanstieg von rund zwei Prozent innerhalb der vergangenen zwölf Monate. Auf dem Markt für Kunstobjekte kam es zu einem leichten Preisanstieg im ersten Quartal, der durch den Wechselkurs des Euro zum britischen Pfund begünstig wurde. Da jedoch die Preise für Kunstobjekte im letzten Jahr deutlich gefallen war, lag der Preisrückgang im Vergleich zum Vorjahresquartal bei -9,5 %.

Aktien sind +35,8 % teurer als noch vor einem Jahr. Zum einen liegt dies daran, dass zum Ende des ersten Quartals des vergangenen Jahres die Preise auf Grund der Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung der Pandemie abgestürzt waren. Zum anderen haben im vergangenen Jahr die fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen zu einer schnellen Erholung der Preise auf den Aktienmärkten beigetragen. Jüngst begünstigte eine erwartete wirtschaftliche Erholung die Aktienpreise, so dass sie allein im ersten Quartal 2021 um +7,1 % angestiegen sind.

Zum Jahresbeginn sind die Preise für das Rentenvermögen privater deutscher Haushalte deutlich gefallen, so dass im Jahresvergleich die Preisanstiege des letzten Jahres bereits egalisiert wurden (‑0,9 %). Die Preise für Rentenwerte in Besitz deutscher Haushalte fielen auf Grund der gestiegenen Inflationserwartungen. Ein Teil der Gelder wurde dabei vom Bond zum Aktienmarkt verschoben.

Der Preis des sonstigen Finanzvermögens wird über die Preise von Gold- und Rohstoffen gemessen und hat sich im Vergleich zum Vorjahresquartal um +7,9 % verteuert. Der Goldpreis fiel im ersten Quartal 2021, war aber bereits zum Beginn der Pandemie hoch, so dass der Preisverfall zum Vorjahresquartal ‑1,3 % beträgt. Rohstoffe waren in den letzten vier Quartalen deutlichen Preisschwankungen ausgesetzt. Während zu Beginn der Pandemie die Preise auf Grund einer nachlassenden Nachfrage fielen, zogen sie ab dem vierten Quartal 2020 deutlich an und liegen nun um +29,3 % höher als zum Beginn der Coronapandemie.

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