Tichys Einblick
Die Fälle Thyssen, Siemens Energy, Uniper

Habecks Turbo in die Subventionswirtschaft

Das Paradoxon besteht darin, dass durch die Wirtschafts- und Energiepolitik die Ampel immer mehr Steuereinnahmen benötigt, aber aufgrund ihrer Politik mittelfristig immer weniger Steuern einnehmen kann. Sie braucht Geld, damit sie industriepolitisch ihre Pläne durchsetzen kann. Ihr Mittel besteht in Subventionen.

IMAGO/Chris Emil Janßen

Der Umbau der Sozialen Marktwirtschaft zur sozialistischen Kommandowirtschaft läuft auf vollen Touren und mit maximalem Einsatz von Steuergeldern und Schulden – über alle möglichen Formen von Subventionen, mit Interventionen, Vorschriften und Steuererhöhungen. Zu den explodierenden Staatsschulden, Sonderschulden, die Sondervermögen genannt werden, kommen die rabiaten Steuerbeutezüge der Bundesregierung.

Die ausgesetzte Erhöhung der Atemsteuer (CO2-Steuer) soll nicht auf die vorgesehenen 35 Euro, sondern laut Reuters gleich auf 40 Euro pro Tonne CO2 steigen. Das würde eine dreiste Steuerhöhung von 30 auf 40 Euro bedeuten. Geht man davon aus, dass dieser Preis vom Tanken bis zum Heizen anfällt, für die Unternehmen und für die Bürger, kommt bei den Produkten die Mehrwertsteuer noch oben drauf. Für die Bürger werden in der gleißnerischen Art der Ampel massiv die Steuern über die Hintertüren erhöht, in der Hoffnung, dass die Bürger es nicht merken – und wenn doch, dass dann die Gehirnwäsche des ÖRR durch Klimaapokalyptik paniktreibend für die nötige Einsicht sorgt.

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Die asoziale Politik der Ampel führt dazu, dass die Mittelschicht erodiert, es immer mehr vom Staat alimentierte Arme gibt. Welche Fachkraft soll es bei diesen explodierenden Kosten nach Deutschland ziehen? Die Politik der Ampel vertreibt alle die, die einzahlen in den Staatshaushalt und in die Sozialsysteme, und lockt alle die an, die etwas aus dem Staatshaushalt und aus den Sozialsystemen ausgezahlt haben wollen: Unternehmen, die auf Subventionen schielen, wie in Magdeburg und im brandenburgischen Grünheide, demnächst auch in Dresden – und Migranten.

Das Paradoxon der Ampelpolitik besteht darin, dass durch die Wirtschafts-, Energie- und Steuerpolitik die Ampel immer mehr Steuereinnahmen benötigt, aber aufgrund ihrer Politik mittelfristig immer weniger Steuern einnehmen kann. Diese Regierung wird daher mit allen möglichen Tricks die Steuerlast erhöhen mit dem Erfolg, dass immer weniger Bürger und Unternehmen Steuern entrichten können. Deutschland verschuldet sich nicht nur über beide Ohren, nicht nur bis zum letzten Hemd, sondern bis zum letzten Hemd unserer Kinder, Kindeskinder und Kindeskinderkinder. Wegners Vorstoß für die Aussetzung der Schuldenbremse des Grundgesetzes ist im Prinzip nur ein Blendgranätchen. Die Ampel setzt nicht die Schuldenbremse des Grundgesetzes, sondern das Grundgesetz außer Kraft.

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Sie braucht Geld, damit sie industriepolitisch ihre Pläne durchsetzen kann, ihr Mittel besteht in Subventionen. Der Handel ist so einfach wie zerstörerisch: Die Manager schieben das unternehmerische Risiko dem Staat zu, während der Staat im Gegenzug die Unternehmen mit Subventionen versorgt. Dafür „investieren“ die Unternehmen in vom Staat vorgegebene Projekte.

Habecks Vordenkerin Marianna Mazzucato drückte dieses Vorgehen so aus: „Entsprechend kann die Rolle des Staates sich nicht darauf beschränken, im Falle ihres Versagens reaktiv Märkte zu reparieren, sondern er muss Märkte explizit mitgestalten, um die Resultate zu erbringen, die die Gesellschaft braucht. Er kann und sollte die Richtung bestimmen, in der die Wirtschaft sich entwickelt; er sollte als ‚Investor erster Instanz‘ fungieren und Risiken übernehmen. Er kann und sollte Märkte so gestalten, dass sie einen Zweck erfüllen.“ Habeck exekutiert, was Mazzucato fordert. Das soll der Staat mittels Subventionen erzwingen, mit denen diejenigen belohnt werden, die der Ideologie der Regierung folgen.

Es geht darum: „den Zugang zu staatlichen Subventionen (…) davon abhängig (zu) machen, dass Unternehmen bestimmte soziale und ökologische Ziele erfüllen …“ Die „sozialen und ökologischen Ziele“ definiert selbstredend der allwissende Staat, der „quer durch die Gesellschaft für katalytische Reaktionen“ sorgen soll, „indem er einen Beitrag dazu leistet, den Wandel auf die gesellschaftlichen Herausforderungen auszurichten, indem er Unternehmen belohnt, die den Willen zur Mitarbeit in diese Richtung an den Tag legen, und indem er die hochriskanten Anfangsinvestitionen aufbringt, welche die Realwirtschaft in der Regel scheut“. Nichtbelohnte Firmen gehen übrigens ins Ausland, man nennt es Deindustrialisierung.

Grüner Stahl: Zwei Milliarden Euro für Thyssen

In der Praxis sieht das so aus. Thyssen soll seine funktionierenden Hochöfen auf grünen Wasserstoff umrüsten. Weil sich das für Thyssen nicht lohnt, denn Investitionen müssen sich aus dem Gewinn refinanzieren, hat Habeck für Thyssen einen Scheck von 2 Milliarden Euro aus Krediten oder Steuergeldern finanziert dabei. Zur Begründung greift Habeck tief in den Populismus der Ahnungslosen und erklärt: „Keine Gelder aufnehmen oder keine Industrie mehr haben?“ Die Wahrheit ist allerdings, dass Deutschland vor Habeck Industrie und Geld hatte, weil Deutschland durch Industrie Geld hatte. Die Pointe der Habeckschen Wirtschaftspolitik lautet, dass wir keine Wirtschaft mehr haben werden, wenn wir kein Geld mehr haben.

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Denn Thyssens grüner Stahl wird auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig sein, weshalb neue Subventionen nötig werden, die für Thyssen die Differenz zwischen Herstellungskosten und Weltmarktkosten ausgleichen müssen, wenn Thyssen nicht pleite gehen soll. Übrigens sind die Verfahren zur Herstellung von grünem Stahl, also Stahl, der statt mit Kohlenstoff mit Wasserstoff hergestellt wird, noch im Entwicklungsstadium. Mit anderen Worten, sie existieren für die Industrieproduktion noch nicht. Es wird zwar gern auf Schweden verwiesen. Doch auch in Schweden werden die Hochhöfen meines Wissens nach nicht mit grünem Wasserstoff betrieben, sondern lediglich ein Vorprodukt wird so produziert.

Habeck will es eben klimaneutral, Thyssen Krupp kostenneutral. Für die Lücke, die sich auftut, wird der Steuerzahler eingeteilt.

Siemens Energy mit Rekordverlust

Was das bedeutet, zeigt der Vergleich zweier Konzerne. Siemens Energy fährt im letzten Quartal im Bereich der „Erneuerbaren Energien“ einen Rekordverlust von knapp 3 Milliarden Euro ein, bis Ende September erwartet der Konzern Verluste von 4,3 Milliarden Euro. Verlustbringer ist die Sparte Siemens Gamesa Renewable Energy, die Windkraftanlagen produziert und ihren Sitz in Zamudio bei Bilbao in der nordspanischen Provinz Vizcaya hat. Bei Siemens Energy hatte man Verluste in der konventionellen Energietechnik erwartet, nicht aber bei den „Erneuerbaren“, wo doch gerade der Bereich von der Ampel massiv mit Steuergeldern subventioniert wird. Nur scheinen auch hier die Chinesen – und nicht die Deutschen – das Geschäft zu machen.

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Auf dem Markt herrscht ein Wettlauf nach immer größeren Windkraftanlagen, so dass Gamesa wohl technisch unausgereifte Produkte auf den Markt gebracht hatte. Die Ausfallrate für Windturbinenkomponenten ist sehr hoch, was zu hohen Garantieleistungen führt. Betroffen sind, wie Windkraftsanierer Jochen Eickholt einschätzt, Lager und damit Kernkomponenten von Windkraftanlagen an Land. Zudem habe man ein anormales Schwingungsverhalten festgestellt. Eickholt will nicht ausschließen, dass Designprobleme dahinterstecken. Im Klartext: Konstruktionsfehler.

Siemens-Energy-Boss Christian Bruch rettet sich auf die Hoffnung, dass die „starke Leistung der übrigen Geschäftsbereiche“ ihm das Vertrauen in die Fähigkeit des Unternehmens gibt, „Geschäfte wieder wirtschaftlich erfolgreich aufzustellen“. Noch fängt der Konzern den notorischen Verlustbringer Gamesa durch Quersubventionierung auf. Doch wie lange das funktioniert und für Siemens Energy tragbar ist, wird man sehen. Gamesa schreibt Rekordverluste, obwohl Deutschland den Bau von Windparks in abenteuerlicher Weise vorantreibt. Aufgefangen könnte das Ganze durch das Engagement von Siemens Energy bezüglich wasserstofffähiger Gasturbinen und von Elektrolyseuren werden. Letztere will Siemens Energy für Habecks Schwedt-Projekt produzieren.

Auf die Presseanfrage von TE: „Wann bringt Siemens Energy die erste voll wasserstofffähige Gasturbine auf den Markt? … Lassen sich heute oder bis 2030 Turbinen Tag für Tag umstellen, das heißt heute 100 Prozent Wasserstoff, morgen 70 Prozent Wasserstoff, übermorgen wieder 100 Prozent Wasserstoff?“, hat Siemens Energy trotz wiederholter Nachfrage nicht geantwortet. Man wird wohl wissen, warum.

Denn im Gegensatz zu Robert Habeck hat TE nicht nach Träumen, sondern nach der Realität gefragt. Realität ist aber, dass Habeck für seine Utopien 2024 aus dem „Klima- und Transformationsfonds“ genannten Sondervermögen 58 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Gelder, die dreist an der Schuldenbremse des Grundgesetzes vorbeigelotst werden.

"Klima- und Transformationsfonds"
211,8 Milliarden Euro für Robert Habecks Schattenhaushalt
Habecks Spezialität scheint darin zu bestehen, mit Steuergeldern Produktionen und den Bau von Produktionskapazitäten mit Milliarden zu fördern, die technisch noch nicht im Einsatz, auch nicht in den beabsichtigten Dimensionen für den Regelbetrieb erprobt sind, wo man, wie die Firma Enertrag in einem vertraulichen Papier schreibt, eine „steile Lernkurve“ erwartet. Enertrag will wie Siemens Energy groß ins Wasserstoff-Geschäft einsteigen. Wie gesagt, 58 Milliarden Euro darf Habeck 2024 verpulvern.

Wie Staatswirtschaft funktioniert, zeigt das mediale Vorzeigeunternehmen Uniper. Vor fast einem Jahr wurde Uniper verstaatlicht. Insgesamt dürfte Uniper den deutschen Steuerzahler circa 33 Milliarden Euro gekostet haben.

Uniper zeigt, wie Staatswirtschaft geht

Nach Abschreibung aller Verluste kehrte nun Uniper in die Gewinnzone zurück. Würde man nicht hinter die Kulissen des neuen, grünen Habeck-Konzerns schauen, der sich dank des deutschen Steuerzahlers seiner Verluste entledigen konnte, würde man zum Staunen neigen. Der Staatskonzern machte im ersten Halbjahr einen Vorsteuergewinn (Ebit) von 3,7 Milliarden Euro. Schaut man genauer hin, resultiert der Gewinn dank hoher Strompreise aus dem Betrieb der Kraftwerke in Großbritannien, in den Niederlanden und in Deutschland. Und nicht zu vergessen, der schwedischen Atomkraftwerke, die nun in Besitz des Bundes sind. Es ist typisch für die Doppelmoral der Ampel: In Schweden darf der neue grüne Konzern AKWs betreiben, während sie in Deutschland abgeschaltet werden. Aber für die Grünen geht es Deutschland ohnehin zu gut.

Wenn man seine Altschulden auf Kosten des Steuerzahlers verliert, kann man gern die Backen wie der neue Konzernchef Michael Lewis aufblasen und in seiner Muttersprache verkünden: „Uniper is back“. Lewis will aus Uniper einen grünen Konzern machen und bis 2030 acht Milliarden Euro in die grüne Transformation stecken. Wer zahlt, schafft an – und da Habeck überweist, bekommt Habeck, was Habeck will: ein grünes oder – wie Michael Lewis im Sound der Zeit säuselt – ein in „wirtschaftlicher und ökologischer Hinsicht nachhaltiges Unternehmen“.

Büste im Foyer des Wirtschaftsministeriums
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Natürlich will und muss Uniper in die Elektrolyse und in die Wasserstoff-Produktion gehen. Wer will das nicht bei Habecks überquellendem Fördertopf? Und dann gibt es ja noch diverse andere Förderungen – also Subventionen. So heißt es in der Nationalen Wasserstoffstrategie: „Insgesamt sollen für die Förderung der Erzeugung, für den Aufbau der notwendigen Infrastruktur und die Nutzung von Wasserstoff mehrere Milliarden Euro aus Mitteln der Bundesregierung und der Länder zur Verfügung gestellt werden.“ Stärker noch als Wasserstoff sich verflüchtigen kann, verflüchtigen sich deutsche Steuergelder. Die Ampel ist in Spendierlaune.

Doch Druck ist dennoch bei Uniper. Noch in diesem Jahr soll die Bundesregierung der EU einen Plan vorlegen, wie sie aus Uniper aussteigen und Uniper wieder privatisieren will. Ziel ist es, dass die Privatisierung, die spätestens 2028 erfolgen soll, einen vollkommen grünen Konzern hinterlässt. Aufhorchen lässt jedoch ein Detail. Uniper will sich nicht nur an der Wasserstoff-Herstellung und an den Wind- und Solarparks beteiligen, sondern Gaskraftwerke bauen.

Obwohl die Energie-Konzerne, wie beispielsweise RWE, den Bau von Gaskraftwerken in Aussicht stellen, bleibt es vorerst dabei, denn der Bau der Gaskraftwerke für die Kapazitätsreserve wird sich nicht amortisieren und auch der Betrieb sich nicht rentieren, denn die Betriebszeit als Back-up-Kraftwerke für die erneuerbaren Energien ist zu kurz, als dass sich der Betrieb lohnen würde. Investoren und private Betreiber halten sich deshalb mit ihrem Engagement zurück. Also muss Uniper in die Lücke springen, schließlich ist Uniper ein Staatsbetrieb. Lewis versucht das natürlich als Marketing-Profi als innovativ zu verkaufen: „Strom kommt bei uns aus grüner, aber auch flexibler, das heißt planbarer Erzeugung: Das Eine geht nicht ohne das Andere, wenn wir eine sichere Versorgung wollen.“ Doch das eine finanziert nicht das andere. Deshalb schränkt Lewis ein, dass die Entscheidung, wie viele Gaskraftwerke Uniper bauen will, „noch nicht getroffen“ ist.

Die Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik folgt nicht der Ökonomie der sozialen oder freien Marktwirtschaft, ihr geht es auch nicht um rationale Politik, sondern, wie Mazzucato es ausdrückte, um die Mission: „Missionsorientiertes Denken auf unsere Zeit anzuwenden, bedarf nicht nur der Anpassung, sondern einer institutionellen Innovation, die neue Märkte zu schaffen und bestehende neu zu gestalten vermag.“ Die Bundesregierung will neue Märkte, neue Spielregeln für gelenkte Märkte, im Grunde eine Kommandowirtschaft schaffen nach den Regeln der politischen Ökonomie des Sozialismus, denn das steckt hinter dem Konzept der Vulgärmarxistin Mazzucato, deren Schüler Robert Habeck ist.

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