Tichys Einblick
»Neuberechnung« des Stromverbrauches

Altmaiers neueste Erkenntnis: Wir brauchen mehr Strom

Das Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos hat den Strombedarf der nahen Zukunft neu berechnet. Und siehe da: Wir brauchen doch deutlich mehr Strom, als Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und die Energiewender bisher annahmen.

Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie

IMAGO / Sven Simon

Ach, wer hätte das gedacht? Mehr Stromverbraucher benötigen mehr Strom? Wie bitte? Zehn bis 15 Prozent mehr Strom dürften »wir« im Jahr 2030 benötigen, hat Bundeswirtschaftsminister Altmaier gestern, am Dienstag, eher en passant verkündet. 

Das ist das Ergebnis einer »Neuberechnung« des Stromverbrauches. Altmaier hat das älteste europäische Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos beauftragt, einmal nachzurechnen.

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Ergebnis der Basler Experten: Zwischen 645 und 665 Terawattstunden (TWh) Strom würden 2030 verbraucht werden. Prognos geht dabei von unter anderem 14 Millionen Elektroautos aus und sechs Millionen Wärmepumpen. Denn die werden ebenso gefördert, sind aber letztlich Elektroheizungen, die zusätzlich ein wenig Wärme aus der Umgebung beziehen und ebenfalls viel Strom verbrauchen.

30 TWh Strom sollen für „grünen“ Wasserstoff draufgehen, um damit »grünen« Stahl herzustellen. Wobei die Annahme interessant ist, dass es unter diesen Bedingungen noch eine Stahlindustrie in Deutschland geben könnte.

Vor einem Jahr prognostizierten die Basler noch einen Bedarf von nur 591 TWh.

Einige Verbände gehen sogar von einem noch größeren Strombedarf aus, der durchgegrünte und gegenderte Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) etwa von rund 700 Terawattstunden 2030.

Die Zahlen erstaunen insofern, weil der Stromverbrauch in den vergangenen zwanzig Jahren nicht nennenswert gestiegen, sonder erstaunlicherweise ziemlich gleich geblieben ist. Lediglich beim Einbruch der Wirtschaft in der Krise 2008 brach er um etwa fünf Prozent ein. Dies deutet auf eine schleichende Abwanderung der Industrie hin. Eine Deindustrialisierung findet bereits statt, nur eben löst die keine Schlagzeilen aus.

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Vor kurzem schon hatte Merkel auf die Panikpauke gehauen. Beim »Tag der Deutschen Industrie« des grundsätzlich wohltemperierten Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin trug sie vor den Ohren der leicht erstaunten Industrievertreter vor: »Wir brauchen dringend eine Prognose für den Strombedarf bis 2030!«

Von einem lauten Protest der Industrievertreterinnen und Industrievertreter war jedoch angesichts einer solchen katastrophalen und für eine Noch-Industrienation existenzbedrohenden Hilflosigkeit nichts zu hören.

Die Tonlage hat sich schon seit einiger Zeit hörbar von einem »Wir schaffen das!« hin zu »Blut-Schweiß-Tränen« geändert. Womöglich sind das schon Alarmzeichen kurz vor Toresschluss. Denn das ist mehr als eine Bankrotterklärung von Politik, die in Anspruch nimmt, mal eben ein über mehr als 100 Jahre gewachsenes System der Energieversorgung zu zerschlagen und ein neues aufzubauen, das bisher geltenden Regeln der Physik widerspricht: Sie weiß nicht einmal, wieviel Strom benötigt wird.

Auf welche Zahl auch immer sich die Bundesregierung einigen wird: Das Ganze hat große Auswirkungen. Nach den grünen Vorstellungen von CDU, SPD und Grüne soll nur noch danach gefahren, gearbeitet und gekocht werden, wenn Wind und Sonne geruhen, Energie für Strom zu liefern.

Solche Aussichten und der zunehmende Strommangel sorgen mittlerweile für Panik in der Industrie. So explodieren gerade in Hamburg die Netzkosten, weil das Kohlekraftwerk Moorburg abgeschaltet wurde, und demnächst das Kernkraftwerk Brokdorf.

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Mehr Anlagen der Windindustrie und mehr »Stromautobahnen« fordern Grüne und Regierungsparteien im Gleichklang. Doch die rund 30.000 Windräder liefern jetzt schon desaströse Ergebnisse: Die Schwankungen im Stromangebot werden immer stärker. Immer häufiger ist mal deutlich zu viel, und dann wieder deutlich zu wenig Strom verfügbar. Im vergangenen Jahr gab es 298 Stunden mit negativen Strompreisen. Das bedeutet, es wurde erheblich zu viel Strom erzeugt, sodass er mit kräftigen Zugaben verschenkt werden musste. 

Dann wieder lieferten Wind- und Photovoltaik-Anlagen mit 1,5 GW nahezu nichts. Wir haben das bei TE immer wieder dokumentiert. Ohne konventionelle Kraftwerke und Stromlieferungen aus dem Ausland hätten wir im Dunkeln gesessen und keinen Kaffee kochen können. 

Es helfen alle grünen Beteuerungen nichts: Auch 100.000 Windräder liefern Null an Leistung, wenn kein Wind weht. Speicher in den benötigten Mengen gibt es nicht, sie sind auch nicht in Sicht. 

Der Strombedarf wird nur dann nicht steigen, wenn Deutschland aufhört, eine Industrienation zu sein. Pleite – dafür grün. Die grünen Sandkastenspiele gehen weiter. 

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