Tichys Einblick

Wahlwette: Der Sieger steht fest – mutige AfD-Prognose

Wahlwette: Der Gewinner steht fest...

Der Sieger der Wahlwette für die Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg  steht fest:

                                                R a i n e r    F r a n z o l e t 

Er tippte die AfD hoch und die SPD niedrig. Es zeigte sich: Der Wähler im Osten ist undankbar. Keine zusätzlichen Stimmen als Dank für für den Mindestlohn. Sind die Ossis so undankbar wie früher die Frauen?

Er tippte die Prozente wie folgt
  • Brandenburg: SPD 29,5; CDU 23,1; Linke 18,9; AfD 10,7; Grüne 5,1

und

  • Thüringen: SPD 14,1; CDU 33,2;  Linke 24,9; AfD 10,1; Grüne 4,9

Sein Erfolgsrezept: Er hat das hohe Ergebnis der AfD ziemlich gut vorweggenommen. Kaum einer der Teilnehmer hatte den Mut, den politischen Newcomern ein zweistelliges Ergebnis zuzuschreiben – und die SPD auf 14,1 Prozent zu tippen.

Auf Platz 2 folgt Tim Rahmann, mein geschätzter Ex-Kollege. Auch er dachte das Unglaubliche und erwartete für die AfD zweistellige Ergebnisse; war aber auch bei der Union gut dabei.

Sind die Ossis undankbar wie Frauen?

Rahmann lag aber auch mit seinem Tipp für die SPD besonders nah am Ergebnis. Insbesondere das Ergebnis für die SPD ist ja verheerend – in Thüringen, aber auch in Brandenburg. Offensichtlich haben die Wähler die Geschenke nicht honoriert:

Die SPD hat sich so um die Wähler im Osten bemüht; jeder 5. verdient dort ja weniger als den von der SPD auf den Wahltag hindefinierten Mindestlohn. Nach einer Analyse des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle verdiente 2011 jeder vierte Beschäftigte in den neuen Ländern und Ost-Berlin weniger als 8,50 Euro die Stunde. In Westdeutschland war es dagegen nur jeder achte. Aus Sicht der SPD wurde ihr das aber nicht gedankt.

Sind die Wähler vergesslich – oder lehnen sie so plumpe Wahlgeschenke ab, weil sie um ihre Arbeitsplätze fürchten? Die SPD hat mit diesem Undank jedenfalls nicht gerechnet. Dabei gibt es ein historisches Beispiel: Die SPD war immer ein Vorkämpfer für das Frauenwahlrecht. Nachdem es 1919 endlich auch Frauen erlaubt war zu wählen, machten die aber mehrheitlich beim konservativ-christlichen Zentrum ihr Kreuzchen. Das Bewusstsein der Wähler ist eben nicht so einfach käuflich; und Dankbarkeit keine Kategorie. Das ist eine bittere Erfahrung. Oder sind die Wähler nur klüger als die Politik? Denn klar ist: Die Gefahr ist gewaltig, dass die Mindestlöhne viele Arbeitsplätze vernichten.

Wahlwette schlägt Exit Polls

Bei den beiden Siegern ist Bemerkenswert: Beide übertrafen jene Umfrage, die gegen 16.00 Uhr durch Befragung von Wählern ermittelt wird, die gerade ihr Wahllokal verlassen – die sogenannten Exit Polls. Sie werden ermittelt, aber dürfen nicht veröffentlich werden, um nicht das Wahlergebnis zu beeinflussen. Bei den Exit Polls wurden die jeweiligen Ministerpräsidenten-Parteien überbewertet, die AfD klein geratet.

Vermutlich ist das der Opportunisteneffekt, der bei jeder Umfrage eine Rolle spielt: Man verschweigt die Wahrheit über den Standort des eigenen Kreuzes, wenn es bei einer im Mainstream umstrittenen Partei angebracht wird. Und das Veröffentlichungs-Verbot soll ja bewirken, dass die 5-Prozent-Hürde greift: Viele Wähler wollen ihre Stimme nicht verschenken. Deshalb machen sie kein Kreuz bei Parteien, deren Einzug ins Parlament scheitern könnte. Die Exit Polls könnten ihnen diese Furcht nehmen. Das Veröffentlichungsverbot schadet also insbesondere den kleineren Parteien.

Die Sieger der Wahlwette jedenfalls ließen sich nicht davon beirren. Sie spürten, was da läuft bei den Wählern. Damit zeigt sich auch: Wahlwetten nehmen das Ergebnis gut vorweg und können mit professionellen Umfragen gut konkurrieren – die immer unter dem Druck der Political Correctness stehen.

Ich gratuliere Rainer Franzolet und Tim Rahmann – her mit der Adresse, der Schampus will im Glas perlen.

Fünf-Sterne Champagner von Jurier-Jouette für einen Sieger