Tichys Einblick
Ein Vergleich

Panik mit Merkel oder Hoffnung mit Trump? Die Davos-Botschaft

Der Davos-Zirkus läßt sich auf zwei Reden und ein paar Girlanden drumherum reduzieren: Donald Trump markierte eine klare Position - Angela Merkel das genaue Gegenteil. In Davos erhält Merkel Beifall - aber die Welt wird Trump folgen.

AFP/Getty Images
Man schämt sich ja immer häufiger, wenn Angela Merkel redet: Sprüchlein aus der rhetorischen Hausapotheke werden aneinandergereiht; nichtsagend und von gefährlicher Trivialität: Ist sie so simpel? Welches Licht wirft so eine Rede auf die Deutschen – haben sie wirklich ein derart niedriges Niveau der Debatte gewählt? Ein Beispiel:

„Wer sich einmal den „Global Risk Report“ des Weltwirtschaftsforums anschaut, der kann sehr schön sehen, weil das ja auch immer farblich unterlegt ist, wie sich die Art der Probleme verändert hat. Ganz nach vorne gerückt sind in den letzten zehn Jahren im Grunde Umweltprobleme.“

Bunte Bildchen also überzeugen die Kanzlerin. Man sieht schon die Power-Point-Künstler im Potsdamer Klimainstitut, wie sie den Weltuntergang kolorieren, wie er in spätestens acht Jahren über uns hereinbricht. Und diese bunten Bildchen vom klimatischen Höllenfeuer und vom Feuerball, der den Planeten verbrennt, bestimmen ihre Politik, in leuchtenden Farben. Entsprechend düster ist ihre Prognose, droht doch dem Kontinent, ja dem Planeten der Untergang –  das ist der Ausgangspunkt in der Davos-Kontroverse mit Donald Trump.

Merkels gigantische Transformation in Davos

„Das sind natürlich Transformationen von gigantischem, historischem Ausmaß. Diese Transformation bedeutet im Grunde, die gesamte Art des Wirtschaftens und des Lebens, wie wir es uns im Industriezeitalter angewöhnt haben, in den nächsten 30 Jahren zu verlassen – die ersten Schritte sind wir schon gegangen – und zu völlig neuen Wertschöpfungsformen zu kommen, die natürlich auch wieder eine industrielle Produktion enthalten und die vor allem durch die Digitalisierung verändert worden sind. Wir haben ja eine zweite Riesentransformation zu bewältigen. Und wir hoffen, dass sich die Transformation zur CO2-Emissionsfreiheit mit der Digitalisierung verstärken wird und die Digitalisierung das erleichtern kann.“

Man beachte, dass dies kein spontanes Statement ist, da kann ja so eine Sprache auf dem Niveau einer Neunjährigen schon mal vorkommen, einschließlich der logischen Brüche. Nein, an so einer Rede feilt ihr Stab, beraten von PR-Agenturen – und dann diese Desaster. Da wird also eine Transformation zur Null-Emissionswirtschaft so nebenbei mit der Digitalisierung vermischt und vermengt. Ein Satz wie

„Wertschöpfungsformen, die natürlich auch wieder eine industrielle Produktion enthalten“

ist ja schon sensationell. Wir produzieren also auch in Zukunft wertschöpfend nicht nur Bildchen und Daten, sondern auch Nahrung, Kleidung, Wohnung, vielleicht sogar Maschinen? Das ist ja schon fast beruhigend, dass irgendwo in der neuen Merkel-Wirtschaft noch Wirtschaft stattfindet; immerhin ernähren sich die Menschen ja nicht von bunten Bildchen und Sprüche, wenn da nicht noch diese Digitalisierung obendrauf wäre. Warum sagt sie nicht einfach, dass sie die industrielle Produktion wie auch immer modernisieren will, Klima und Digitalisierung hin und her – am Ende purzeln aber wieder Schnitzel und Autos heraus, sie meint: digital natürlich. Oder leben wir zukünftig als körperlose Avatare von Bits und Bytes, die allerdings völlig energiefrei erzeugt werden?

Merkels Bankrotterklärung ihrer Energiewende

Und so geht es weiter, insbesondere mit ihrer Energiepolitik, über die die Welt nur noch den Kopf schüttelt: Deutschland steigt aus Atom- und Kohlestrom aus, aber wie, hätte man ja schon gern gewußt. So ein Umstieg ist

„für ein Land, in dem die Sonne nicht so häufig scheint und der Wind auch recht unregelmäßig weht, recht viel. Das bedeutet, völlig neue Leitungsstrukturen aufzubauen, weil die Energieerzeugungsquellen natürlich zumeist woanders liegen und nicht am Ort des Energieverbrauchs.“

Man kann es lesen als Eingeständnis des Scheiterns. Dass auch der Bundeskanzlerin dämmert, dass nachts die Sonne nicht scheint und Deutschland mit seiner Binnenlage kaum über noch ausbeutbare Winde verfügt.

Aber dieses Eingeständnis verwuschelt sie natürlich gleich wieder, mit diesen

neuen Leitungsstrukturen, weil die Energieerzeugungsquellen natürlich zumeist woanders liegen und nicht am Ort des Energieverbrauchs.“

Mit Leitungsstrukturen allein wird es nicht zu schaffen sein, wenn nichts in die Leitungen eingespeist werden kann. Leitungen ohne Strom sind, ja was? Unsinn. Und dahin der Traum von der dezentralen Energieversorgung, die von ihr bislang versprochen wurde: Die klassische Energieversorgung Deutschlands versuchte ja, die Erzeugung nahe bei den Verbrauchern zu erbringen – grob gesagt mit Kohle entlang des Rheins, und mit Atom dort, wo der Transport mangels Transportwegen zu teuer war. Zukünftig hängt Deutschlands Versorgung an einigen wenigen und damit störanfälligen Stromtransporttrassen, auf denen unterwegs noch ein Teil des ohnehin kaum vorhandenen Stroms im Leitungssystem verschwindet. Und so geht die Erklärung ihrer Bankrotterklärung vergleichsweise ehrlich weiter:

„Wahrscheinlich wird man es auch gar nicht schaffen, bei der Stromerzeugung auf einen Anteil von 100 Prozent erneuerbarer Energien zu kommen – wir liegen jetzt bei 42 Prozent durch Ressourcen im eigenen Land –, weil bei uns die Energiekapazität, also die Effizienz, mit der man Strom aus Wind und Sonne erzeugen kann, nicht sehr hoch ist. Es gibt Regionen in der Welt, in denen das viel besser geht.“

Pufff! Der Ballon ist geplatzt – nichts ist los mit 100-prozentig CO2-freier Stromerzeugung. Die Rettung der Zerstörung der bestehenden Infrastruktur wird durch Gasimporte aus Russland, den Aufbau neuer fossiler Kraftwerke geschehen – und durch Stromimporte. Die kommen dann bekanntlich aus den Kohle- und Atomkraftwerken der Nachbarländer. Oben schwärmt sie von der großen Transformation – kurze Zeit später das Eingeständnis der Unmöglichkeit. Allerdings so nebulös, dass die berichtenden Journalisten davon nichts berichten. Eingelullt und in den Schlaf geschwafelt findet man keinen Verweis auf das Eingeständnis des Scheiterns, nur Jubelphrasen der Hofberichterstatter.

Trumps Gegenentwurf – es geht um die Bürger

Anders Trump. Sicher, seine Rede hört sich nicht nur so an wie für ein Riesen-Stadion geschrieben, das ist sie ja auch. Das verärgert viele seiner Kritiker, die ohnehin über ihn verärgert sind. Aber Davos und sein Medienspektakel IST eine der neuen Riesenarenen der vernetzten Welt. Trumps Rede ist klar strukturiert und formuliert – formal, aber mehr noch inhaltlich ein Gegenentwurf. Er spricht über die wirtschaftlichen Erfolge, die teils tatsächlich schon eingetreten sind oder die er sich zumindest erhofft – und die nicht durch ihn, sondern durch die von ihm ausgelöste Aktivierung der Amerikaner geschaffen würden:

„Ich wusste, dass, wenn wir das Potenzial unseres Volkes freisetzen, wenn wir die Steuern senken und die Vorschriften drastisch reduzieren (und das haben wir in einem Ausmaß getan, das es in der Geschichte unseres Landes noch nie gegeben hat), wenn wir fehlerhafte Handelsabkommen reparieren und die amerikanische Energievorräte voll ausschöpfen, dann wird  der Wohlstand in Rekordgeschwindigkeit wieder steigen. Und genau das haben wir getan, und genau das ist auch geschehen.“

Im Zentrum: Der Normal-Amerikaner, nicht der Planet

Das ist nur eine verkürzte Wiedergabe – aber es reicht: Steuersenkungen? Deregulierung? Abbau von Vorschriften? Rückverlagerung von Arbeitsplätzen aus China? Und gar: Ausschöpfen der Energievorräte, statt die Energieerzeugung zu zerstören? Nichts davon bei Merkel. Ein direkteres Gegenprogramm kann man sich nicht vorstellen. Und immer wieder zielt Trump auf die „amerikanischen Arbeiter“ ab; beschreibt den Rückgang der notwendigen Sozialleistungen, steigende Löhne und Gehälter, wachsende Netto-Einkommen, vor allem: Die Wohlstandsgewinne bei Jack Normalverbraucher im amerikanischen Alltag:

Das sei ein „ganz neuen Ansatz, der sich ganz auf das Wohl der amerikanischen Arbeiter konzentriert. Jede Entscheidung, die wir in den Bereichen Steuern, Handelsregulierung, Energie, Einwanderung, Bildung und vieles mehr treffen, ist darauf ausgerichtet, das Leben der Amerikaner im Alltag zu verbessern. Wir sind entschlossen, den höchsten Lebensstandard zu schaffen, den man sich vorstellen kann, und genau das tun wir jetzt für unsere Arbeiter: den höchsten der Welt. Und wir  werden dafür  sorgen, dass die Arbeiter- und Mittelschicht die größten Gewinne einfährt. Die höchste Verantwortung einer Nation besteht den eigenen Bürgern gegenüber.“

Von der Verpflichtung den eigenen Bürgern gegenüber ist bei Merkel auch nicht ansatzweise die Rede. Ihre Bürger und Wähler hat sie aus den Augen verloren. Arbeitslosigkeit und soziale Bedrohung infolge ihrer Art der großen Transformation? Das kommt bei Merkel nur an einer Stelle vor. Der (Energie)Ausstieg

ist daher ein gewaltiger Schritt, insbesondere für die Menschen, die Braunkohle abbauen und die strukturell in eine völlig neue Lage kommen.“

Das sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen: Arbeitslosigkeit durch Verlagerung der Energieerzeugung ins Ausland bringt die Betroffenen

strukturell in eine völlig neue Lage“.

Stimmt ja. Aber Arbeitslosigkeit trifft die Leute direkt, nicht bloß strukturell.

Umgang mit „Klimaleugnern”

Aber wenn die Betroffenen da nicht so gern mitmachen bei ihrem Großumbau in die Arbeitslosigkeit? Dann sind sie natürlich „Klimaleugner“. Schon die Benutzung dieses Wortes ist eine Unverschämtheit. Wer einen anderen Umgang mit dem Klimawandel für richtig hält, ist kein „Klimaleugner“. Das aber so hinzustellen, wertet jede Kritik an ihrer Politik ab, stellt Kritiker als notorische Dummköpfe dar, das ist der Zweck. Denn jeder, der sich ihren Plänen in den Weg stellt, wollte „an den Klimawandel einfach nicht glauben“ und tät so, „als wäre das eine Glaubensfrage“ angesichts einer wissenschaftlich „völlig klaren Evidenz“. Die Wahrheit ist mit ihr und Kritik ist „leugnen“ durch Uneinsichtige. Ihr Weg ist wieder alternativlos. Oder ist er nicht schon totalitär, wenn jede Diskussion ausgeschaltet werden soll? Es geht noch weiter:

Die Unversöhnlichkeit und die Sprachlosigkeit, die zum Teil zwischen denen herrschen, die den Klimawandel leugnen, und denen, die ihn sehen und dafür kämpfen, dass wir ihn bewältigen, müssen überwunden werden.

Da aber die einen im Besitz der einzigen und reinen Wahrheit sind, ihre „Fakten mit Emotionen konkurrieren“, kann es nur schlecht für diejenigen ausgehen, die mit falschen „Emotionen eine Antifaktizität“ schaffen. Immerhin muss man mit ihnen reden – wirklich? Denn die „Unversöhnlichkeit“ muss „bekämpft werden“. Wenn aber die Einen alles Wissen und die anderen Nichts, wie sieht dann diese „Überzeugung und Bekämpfung“ aus? Es klingt wie eine Drohung, und da nicht weniger „das Überleben des Kontinents“ davon abhängt, ist es auch als solche zu verstehen.

Anders Trump. Er ist pathetisch, statt mit erhobenem Zeigefinger zu drohen.

Glaube an die Kreativität statt Apokalypse

Nur wenn die Regierungen ihre eigenen Bürger an die erste Stelle setzen, werden die Menschen in ihre nationale Zukunft investieren. In den Vereinigten Staaten bauen wir eine Wirtschaft auf, die für alle funktioniert, und stellen die Bande der Liebe und Loyalität wieder her, die die Bürger vereinen und die Nationen mit Macht ausstatten.“

Trump will mit Wohlstand und Verbesserung der Lebens- und Umweltbedingungen um die Anerkennung der Bürger kämpfen – Merkel bedroht Uneinsichtige. Es ist der elementare Unterschied zwischen Freiheit und Zwang.

Während Merkel den Untergang der Welt und unserer Lebensweise verkündet und daraus ihr autoritäres Mandat ableitet, während Merkel bittersten Pessimismus verströmt, beschwört Trump lebendigen Optimismus:

„Dies ist nicht die Zeit für Pessimismus. Dies ist eine Zeit des Optimismus. Angst und Zweifel sind kein guter Ratgeber – denn dies ist eine Zeit der großen Hoffnung und Freude und des Optimismus und des Handelns. Aber um die Möglichkeiten von morgen anzunehmen, müssen wir die immerwährenden Untergangspropheten und ihre Vorhersagen über die Apokalypse ablehnen. Sie sind die Erben der törichten Wahrsager von gestern. … Sie sagten eine Überbevölkerungskrise in den 1960er Jahren voraus, einen Massenhunger in den 70er Jahren und ein „Ende des Öls“ in den 1990er Jahren. Diese Panikmacher fordern immer das Gleiche: Absolute Macht, um jeden Aspekt unseres Lebens zu beherrschen, zu verändern und zu kontrollieren. Wir werden niemals zulassen, dass radikale Sozialisten unsere Wirtschaft zerstören, unser Land vernichten oder unsere Freiheit ausmerzen.  Amerika wird immer die stolze, starke und unnachgiebige Bastion der Freiheit sein. In Amerika verstehen wir, was die Pessimisten nicht sehen wollten: dass eine wachsende und lebendige Marktwirtschaft, die sich auf die Zukunft konzentriert, den menschlichen Erfindungsgeist inspiriert und eine Kreativität anregt, die stark genug ist, um jede Herausforderung zu bewältigen – und zwar wirklich jede Herausforderung.“

Trump mußte keinen Namen nennen, doch wer lesen kann versteht es sofort. Es ist ein radikaler Gegenentwurf zur Predigt der Apokalyptiker und ihres umfassenden Machtanspruchs.

Man versteht daher den Zorn und die Wut, von der sich Robert Habeck unmittelbar nach Trumps Rede hinreißen ließ: Optimismus, Glaube an Fortschritt, menschlichen Erfindergeist, an ein besseres Morgen, Kreativität und Marktwirtschaft – davon ist in Berlin längst nicht mehr die Rede. Angst und Panik verbreiten lautet ihr Rezept – aber Angst und Panik lähmen. Und das erklärt die Lähmung des Landes, wie die Davos-Kontroverse zeigt. Trump hat den Gegenentwurf zur Welt der Verbote, der Verzichts und Versagens präsentiert –  den Glauben daran, dass die Welt besser werden kann.

Merkels Weg ist eine Sackgasse; kaum jemand wird ihrem Anspruch an absolute Macht akzeptieren, nur damit  jeder Aspekt seines Lebens nach ihren Vorstellungen beherrscht und kontrolliert wird. Noch immer haben Freiheit und Kreativität Lösungen gefunden, noch nie die Besserwisser in staatlichen Planbüros und Zentralkomitees von Parteien. Optimismus und Kreativität schlagen Merkels Pessimismus und kaum noch verbrämten Allmachtsanspruch.


Hier Blicke auf Davos in früheren Jahren:

Anzeige