Tichys Einblick
Politik erhebt sich über Naturgesetze

Die Koalition radikalisiert sich – aber „Wir sind das Volk“ und nicht die Parteien

Die Ampel verabschiedet in diesem Spätsommer reihenweise radikale Gesetze, die erkennbar gegen den Willen der breiten Mehrheit gerichtet sind. Da wird sie noch lauter jammern müssen, dass sich die Bevölkerung radikalisiert – dabei trifft dieser Vorwurf FDP, Grüne und SPD.

IMAGO/photothek

Wer künftig in Deutschland die Wahrheit sagt, macht sich strafbar. Wer eine ihm bekannte Frau als Frau oder mit dem Vornamen anspricht und dabei grinst oder lächelt, muss damit rechnen bis zu 4.000 Euro Strafe zahlen zu müssen. Das Gegenüber kann sich durch eine Erklärung in einen Mann verwandelt haben und dies zur Anzeige bringen. Das gilt natürlich auch für Männer, das sind die häufigeren Fälle, die sich durch die Eigen-Deklaration in eine Frau verwandelt haben, etwa um einen für Frauen reservierten Listenplatz für den Bundestag zu ergattern wie ein/e Tessa Ganserer, oder um sich Zutritt in die Frauensauna oder in eine Frauentoilette zu erringen.

Politik erhebt sich über Naturgesetze

Geschlecht ist laut „Gleichstellungsgesetz“ wählbar. Die Wahrheit über das biologische Geschlecht eines Menschen zu sagen, wird künftig unter Strafe gestellt. Es ist einer der ganz seltenen Fälle in der Geschichte, in dem per Gesetz die Naturwissenschaft außer Kraft gesetzt wurde. Zuletzt war das vermutlich 1632 der Fall; damals wurde Galileo Galilei von der Inquisition zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilt. Die Erde dreht sich trotzdem um die Sonne, auch wenn das der Bundestag und die Gerichte nicht gerne hören.

Die Einzigartigkeit dieses Vorgangs muss man sich vor Augen führen. Wir werden gezwungen, völligen Unsinn nachzuvollziehen. Es hat Orwell’sche Dimensionen; Sprache wird ihrer Aussagekraft beraubt, Naturgesetze werden negiert. Das Gesetz hat viele schreckliche Folgen für Kinder, die jetzt durch die Translobby in Kitas und Kindergärten gefügig gemacht werden sollen für den Nachwuchs in den Reihen der winzigen Minderheit, die mit ihrer Sexualität nicht zurechtkommen. Andere Kinder und Jugendliche werden zu Hormonbehandlungen verleitet oder zur Selbstverstümmelung durch das Messer von Chrirurgen; wobei auch Ärzte gezwungen werden, nicht mehr davon abzuraten.

Hier produziert ein Gesetz absichtlich, wissentlich und willentlich Not, Leid und Elend. Nun mag man uns dazu zwingen, dieses Gesetz zu befolgen. Aber es bleibt die Frage: Was ist dieser Rechtsstaat noch wert, der Unsinn und Verbrechen an der Menschlichkeit zu Recht erklärt? Gerät damit nicht unser gesamtes Rechtsbewusstsein ins Rutschen, weil die Akzeptanz verloren gehen muss angesichts der wirren Willkür? „Die Gedanken sind frei“, werden wir ihnen entgegnen. 

Grüne Phantasie-Physik greift um sich

Es ist dies aber kein Einzelfall, in dem per politischem Akt Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden. Wir erinnern uns, dass die damalige Parteivorsitzende der Grünen und heutige Außenministerin Annalena Baerbock erklärt hat, dass man Strom im Netz „speichern“ könnte, oder dass man Kühlhäuser nur ein wenig wärmer laufen lassen könnte, um Strom zu gewinnen. Ihre Parteifreundin Katrin Göring-Eckardt wiederum erklärte, dass Strom die Netze „verstopfen“ würde, weswegen nach dem Wegfall von Kern- und Kohlestrom, der für solche Blockaden verantwortlich ist, Strom aus erneuerbaren Quellen ungehindert und billig zu den Verbrauchern fließen und die Strompreise senken würde.

Da werden Naturgesetze gleich im Dutzend ad absurdum geführt. Über die Motive mag man streiten – schiere Unkenntnis, Ideologie, religiöser Wahn? Nach Ockhams Gesetz (1288–1347) sollte man bei mehreren möglichen hinreichenden Erklärungen für ein und denselben Sachverhalt  die einfachste Theorie allen anderen vorziehen. Wie auch immer, die Folge sind katastrophale Fehlentscheidungen zu Lasten von Wohlstand, Umwelt, Menschen. Und dabei geht es nicht um Themen, über die man streiten kann; physikalische Konstanten, biologische Tatsachen lassen sich so wenig negieren, wie Strom Leitungen verstopft. 

Die Bevölkerung ist klüger; sie will das nicht; Mann bleibt Mann und Frau bleibt Frau. Aber den Vorhaben der Regierung sind keine Grenzen mehr gesetzt, seit sie entdeckt hat, dass man mit parlamentarischer Mehrheit eben zumindest kurzfristig eine soziale Wirklichkeit konstruieren kann, die sich von den Naturkonstanten löst. Es soll also die Wärmepumpe kommen; sie wird teuer, wird Menschen Not und Armut bringen, die eigentlich für ihr Alter selbst vorsorgen wollten. Wie teuer das wird, weiß die Bundesregierung noch nicht, sie weiß auch nicht, ob das ganze heiße Bemühen überhaupt ihrer Klimapolitik nutzt, so umstritten auch diese längst ist. Und das die etwaigen Klimaziele um ein Vielfaches übertroffen werden könnten, wenn man Kernkraftwerke länger in Betrieb gehalten hätte: auch klar. Auch dies ein unsinniges, ein zerstörerisches Gesetz, da braucht man kein Fachmann für Wärmetechnik sein. Die Ampel radikalisiert sich beim Versuch, schadenbringenden Unsinn zu verordnen.

Dazu passt, dass gegen den Rat von Experten und Medizinern die teilweise Freigabe von Cannabis zum privaten Gebrauch im Bundeskabinett verabschiedet wurde. Auch hier ist zur Einschränkung zu sagen: Ein Kabinettsbeschluss macht noch kein Gesetz, das müsste der Bundestag beschließen. Aber der Bundestag ist längst seiner Würde beraubt. Er ist nur noch eine Abstimmungsmaschine, die den Unsinn der Bundesregierung bestätigt, ehe ein Unterschriftsautomat namens Bundespräsident dies ausfertigt.

Politik, Medien und Wissenschaft

Natürlich ist der Jubel in den Medien gewaltig. Journalisten fühlen sich endlich nicht mehr als bestenfalls am Straßenrand stehende Beobachter, sondern als aktiv Handelnde. Sie sonnen sich im Glanz des gemeinsamen Bewusstseins, wollen in einer Allianz mit Politik und Wissenschaft stehen und glauben, über Erkenntnisse zu verfügen, die es geradezu notwendig machen, sie den Menschen überzustülpen. Ausgestattet mit überlegen Wissen und Einsicht stört Mitreden-Wollen nur und mittlerweile auch Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Die Corona-Regeln haben gezeigt, dass man Grundgesetz, Freiheit und Demokratie beiseite schieben kann und wie Widerspruch zu dämonisieren und auszuschalten ist. Die Parteien haben sich mit den alten Medien verbündet, um jeden Widerspruch auszuschalten.

Die Wissenschaft ist über die Finanzierungs- und Einflusskanäle der Wissenschaftspolitik weitgehend in Staatshand, viele Professoren käuflich. Jüngste Urteile zeigen, dass auch die Justiz sich zu häufig bereit erklärt, Abweichler zu verfolgen: Während die grotesken Fehlentscheidungen der Politik in den Medien mit Impfzwang, Berufsverboten und Zerstörung von Schule und Bildung achselzuckend vergessen werden, stampft die Strafjustiz Kritiker, die zumindest teilweise Recht behalten haben mit ihren Einwänden gnadenlos nieder: Nichts blieb an den Vorwürfen gegen den Querdenker-Vordenker Michael Ballweg über, obwohl er neun Monate in Untersuchungshaft einsitzen musste; Ärzte die sich weigerten, die fragwürdigen Stoffe zu spritzen, oder der Richter in Weimar, der für Kinder den Maskenzwang ablehnte, werden mit brutaler Härte verfolgt – mehrjährige Strafen und berufliche Vernichtung sind die Folgen.

Auch Stephan Kohn ist ein Fall, der zeigt, wie mit Widerspruch umgegangen wird: Er hatte, wie TE exklusiv berichtete, frühzeitig vor den Folgen der Corona-Politik gewarnt. Auch seine bürgerliche Existenz wurde durch Entlassung und Gerichtsverfahren zerstört – auch und vermutlich gerade, weil er weitgehend Recht behalten hat. Gerade zynisch zeigt sich das Gesicht von Angela Merkel mit ihrer Bemerkung, man dürfe schon anderer Meinung sein, müsse aber dann auch die Folgen aushalten.

„Wir sind das Volk“

Die Folgen sind schwer aushaltbar, weswegen Widerspruch leiser wird, und wenn es ihn doch noch gibt, wird eben die Repression hochgefahren. So sollen die neuen Vorschriften der EU, getarnt als „Digital Service Act“,  die freien, konzernunabhängigen Medien zum Schweigen bringen, weil es dort ja noch Widerspruch gibt, der als Hass und Hetze diffamiert wird. 

Bezeichnend, dass TV-Sendungen, die noch vor wenigen Jahren das Lagerfeuer der Nation, der Gesprächsstoff am Arbeitsplatz waren, plötzlich mit „Warnhinweisen“ wegen angeblicher Rohheit versehen werden. Als letzte Dimension der Gleichrichtung soll jetzt Denken, Fühlen und Lachen gesteuert und manipuliert werden. 

Die Ampel radikalisiert sich und beklagt, dass sich der Widerspruch trotz aller Repression teilweise radikalisiert. Aber „Wir sind das Volk“, die Gegensätze zur Regierungsphantasie sind nur noch schwer zu ertragen.

Allerdings wird TE, und jetzt reden wir über uns, von einer immer breiteren Leser- und Zuschauerschaft getragen. Die Gleichausrichtung von Medien, Politik, Parteien, Wissenschaft und Justiz ändert ja nichts daran, dass Strom keine Leitungen verstopft und die Sonne nachts nicht scheint und die Sonne sich um die Erde dreht. Das Scheitern der Energiewende, die alle ihre Ziele wie Umweltgerechtigkeit, Preiswürdigkeit und Verfügbarkeit verfehlt hat, steht ja als Menetekel an der Brandmauer, die gegen die Kritiker errichtet wurde. Immer mehr Brandmauern müssen errichtet werden, um ideologische Fehlentscheidungen zu kaschieren: Um jede Kirmes und um jeden Weihnachtsmarkt stehen ja die Bollwerke, mit denen Sicherheit wenigstens in umgrenzten Räumen halbwegs hergestellt werden soll, nachdem man Grenzen insgesamt als Konzepte von Gestern abgetan hat. 

Widerspruch, Protest und Loyalität

„Exit, Voice and Loyalty“ titelte Albert O. Hirschman sein bahnbrechendes Werk, das für Unternehmen, Organisationen, Vereine und den Staat gleichermaßen die Wirkungszusammenhänge beschrieben hat: Mitarbeiter kündigen, wenn die Arbeit im Unternehmen unerträglich wird. Vereine verlieren Mitglieder, wenn der Vorstand zu selbstherrlich regiert. Staaten verlieren Bürger und Unternehmen, wenn die Leistungen des Staates aus Verblendung seiner Herrschaftsklasse absacken. Der Fachkräftemangel in Deutschland ist die Folge nicht nur der Alterung der Gesellschaft, sondern auch des Rückzugs in Freizeit, Bürgergeld und versteckte Obstruktion oder zumindest Demotivation. Unternehmen verlassen einen Standort, der unattraktiv geworden ist. Der deutsche Staat ist teuer, ineffizient und auf perverse Art bevormundend, bis hin zur Leugnung von grundsätzlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Es wird nicht gelingen, den Abschied von Bürgern und Wirtschaft zu stoppen.

Bekanntlich hat niemand die Absicht, eine Brandmauer zu bauen. Sie wird bloß unvermeidlich – und wenn die Mauerbauer nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

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