Tichys Einblick
Vorsicht - GroKo agiert

Jetzt der Gipfel: die Rente wird kaputt reformiert, Teil 1

Man ahnt es ja: Es kann nichts Gutes herauskommen, wenn die GroKo an der Rente fummelt. Warum die Rentner zu wenig erhalten und die Beitragszahler zu viel zahlen. Ein Schwerpunkt zum Thema in 3 Teilen.

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Der Sommer ist vorbei, die langen Nächte der vorfahrenden Limousinen beginnen wieder. Berlin täuscht wieder Regieren vor. Aus Erfahrung weiß man: Da ruht kein Segen drauf.

Jetzt sind Rentner und Steuerzahler dran

Jetzt sind es die Rentner – und die Steuer- wie Beitragszahler. Zunächst: Die Renten sind zu niedrig. Zwar wird von den Politikern ständig von einer „Eckrente“ geredet, und die meisten Bürger glauben noch daran. Im Westen liegt diese Rente bei 1242,—€; im Osten 1.188,- (Basis 2016).

Aber der Eckrentner ist eine statistische Fiktion:

Er zahlt 45 Jahre Beiträge in die Rentenversicherung ein.
Er verdient jedes Jahr das Durchschnittsgehalt aller Versicherten.
Beim Rentenbeginn erreicht der Eckrentner die Regelaltersgrenze.
Beim Rentenbeginn besitzt der Eckrentner 45 Entgeltpunkte.

Rente Teil 2, Interview
Bernd Raffelhüschen: Rentenpolitik schert sich nicht um Mathematik
Klar, das schafft kaum jemand. Er ist eine Fiktion mit sinkendem Wirklichkeitsbezug. Und deshalb sind die tatsächlich bezahlen Durchschnittsrenten eher lächerlich gering: Männer kriegen gerade 953 €, Frauen 681 €; und hier gewinnen die Ost-Frauen, weil sie längere Arbeitsjahre vorweisen können.

Wehe dem, der auf die Sprüche der Politik wie „die Renten sind sicher“ vertraut hat – er wird zu wenig zum Leben haben. Das ist keine News. Über die tatsächliche Lage im Alter sagen jedenfalls die Zahlen der Rentenversicherung wenig aus. Tatsache ist nur: Die wenigsten Bürger wissen, was sie wirklich an Einkommen im Alter beziehen – und zur Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards benötigen; der wird nur Staats-Pensionären garantiert.

Vielleicht kann dabei ein „Rentencockpit“ helfen, das derzeit entsteht und worüber wird heute berichten werden: Damit soll man sein Einkommen im Alter selbst berechnen können; also etwa Rentenansprüche, Mieteinkünfte, Riester-Erlöse, Lebensversicherungen, andere Vermögenserträge, und was es sonst noch alles gibt.

Kaum Leben von der Rente

Denn klar ist längst: Von der Rente allein kann kein Mensch mehr angemessen leben. Allerdings: Der arme Rentner ist auch eine Fiktion; zumindest im Westen: Viele haben eben vorgesorgt: auf unterschiedlichste Arten und Weisen. Aber reicht es? In vielen Fällen sicher – außerhalb der Hauptreisezeit sind deutsche Flughäfen längst Abflug-Treffpunkte von Rentnern auf ihrem Weg in den Süden.

Rentenpolitik ist damit immer auch eine Politik der Angstmache. Die wird derzeit von Olaf Scholz und Andrea Nahles bedient.

Klar ist aber auch: Es wird nicht besser. Die Renten sinken tendenziell; das ist die Folge der Sparbeschlüsse der Rentenpolitik, die seit der sozialliberalen Koalition, man glaubt es kaum, betrieben werden. Und es wird nicht besser: Weniger Kinder und mehr Berufstätige machen Lösungen zukünftig noch schwerer. Man kann Geld eben nur einmal ausgeben, und irgendwo muss es herkommen. Fragt sich bloß: Wo und wie? Wie wollen Nahles & Scholz das Rentenniveau aufrecht erhalten, wenn die Beitragszahler immer weniger, die Zahl der Rentner immer mehr und nebenbei noch Rentenerhöhung für SPD-Wähler und CDU-Mütter finanziert werden müssen – vorzeitiger Renteneintritt für SPD-nahestehende Wähler und die Mütterrente der CDU waren ja Teil kostentreibender Reformen angesichts bereits absehbarer Finanzierungsprobleme.

Rentenpolitiker duschen kunstvoll

„Tatsache ist: Angesichts des demographischen Wandels kann man das Rentenviveau nicht konstant halten bei konstanten Beiträgen, die Steuerzuschüsse unverändert und das Renteneintrittsniveau da lassen, wo es heute ist,“, sagt beispielsweise der Rentenexperte Bernd Raffelhüschen: „Man muss sich beim Duschen eben nass machen.“

Nass machen – so viel Ehrlichkeit fehlt bei Nahles & Scholz. Klar ist: Die versprochene Verbesserung der Renten kostet ungeheure Beträge. Sie müssen irgendwo herkommen. In einem umlagefinanzierten Rentensystem wie dem deutschen kommt es immer von denen, die Beiträge oder Steuern zahlen. Das Rentensystem funktioniert ja nach dem Prinzip „linke Tasche-rechte Tasche“: Nur was den Beitrags- und Steuerzahlern aus der (linken) Tasche gezogen wird, landet in der (rechten) der Rentner – und der Pensionäre, die gerne vergessen werden, als ob sie außerhalb jeder wirtschaftlichen Realität stünden.

Aber wie machen sie uns jetzt nass? Steuer- und Beitragserhöhungen sind kaum mehr durchsetzbar. Nach jeder verfügbaren Statistik liegt Deutschland bereits an der Spitze der Abgabenbelastung. Nimmt man die immer höheren verdeckten Abgaben, von der Rundfunktsteuer bis hin zur Umlage für Erneuerbare Energien hinzu, landet man irgendwo zwischen 55 und möglicherweise sogar 60 Prozent. Wer da noch was draufsatteln will, soll sagen bei wem und wieviel. Wer hier weiter anzieht, bewirkt nur eines: Steuerflucht. Und da braucht man kein Panama und keine komplizierten Tricks: Europas Grenzen sind ja offen – nicht nur nach Deutschland. In Ungarn, Portugal oder Slowenien sind die Steuersätze irgendwo zwischen 10 und 30 Prozent, schon das stabile Österreich lockt mit niedrigeren Steuern – und übrigens deutlich höheren Rentenleistungen und weitaus besserer medizinischer Versorgung. Da wird formale Verlagerung jeden Tag rentabler; wo man tatsächlich lebt, lässt sich dank fehlender Grenzkontrollen ja nicht mehr prüfen. Und damit das klar ist: Das müssen keineswegs alle Aktiven machen – aber eine kontinuierliche Flucht reicht aus, um den monströsen Abgabenstaat Deutschland in die Pleite zu treiben.

Die Rententricks sind altbekannt

Woher also kommen die Mittel für höhere Renten? Linke wie die LINKE und SPD oder Grünen reden dann gerne von den „Besserverdienenden“, die in die Kasse einzahlen sollen. Schön – aber genau die haben jene Fluchtmöglichkeiten, die dem normalen Arbeitnehmer nicht zur Verfügung stellt. Schlimmer noch: Sie erwerben auch Ansprüche. Klar; man kann Beamte, Ärzte, Freiberufler und Unternehmer in die Kassen zwingen – das bringt kurzfristig Geld. Aber auch langfristig Ansprüche. Die dann bedient werden müssen, wenn keine Mittel mehr da sind. Auf diese Art und Weise hat übrigens Gottkanzler Helmut Schmidt seinerzeit das Rentenloch der 70er gestopft: „Freiwillig“ Versicherte konnten sich für ein paar Zehntausend D-Mark in die gesetzliche Rentenversicherung „einkaufen“. Schmidts Rechentrick reichte über die Bundestagswahl von 1976 hinweg und belastet immer noch die Rentenversicherung durch Leistungen, die seinerzeit billigst versprochen wurden.

Rente Teil 3, Rentencockpit
Rente: Durchblick statt Versprechungen!
An eine zeitgemäße Neuauflage diesen Tricks denken wohl Scholz & Nahles im Großen – und verschärfen damit die Lage für die Rentenversichrung, wenn es demographisch richtig ernst wird. Denn das tückische an Rentenpolitik: Die Versprechungen halten immer nur bis zum Wahltag – die Belastungen haben später Rentner und Beitragszahler auszulöffeln. Das macht Rentengetue in der Politik so beliebt: Jetzt den Mund voll nehmen – später zahlen lassen, wenn man selbst längst die fette Pension verzehrt: Die Anreize sind falsch gesetzt. Rentenpolitiker kennen die Tricks, wie man duscht, ohne nass zu werden. Lange hatte man daher versucht, eine „Rentenformel“ wie einen mathematischen Prozess ablaufen zu lassen, um zu verhindern, dass die Politiker auf der Jagd nach Wählerstimmen am System herumfummeln und es so zerstören. Diese Hoffnung ist – wie gesagt- spätestens seit dem „Rentenwahlkampf“ von 1976 obsolet, seither jagt eine „Reform“ die Nächste. Besser wurde es nicht.
Mit Rürup und Riester wird die Rente nicht fetter

Unter Gerhard Schröder wurde wenigstens mit der Illusion aufgeräumt, der Staat könne überhaupt noch mehr als ein Zubrot leisten und den Lebensstandard im Alter garantieren. Es war die Geburtsstunde der im Prinzip richtigen, dann aber durch allerlei Mischmasch verkorksten Riester- und Rürup-Rente.

Deren Ende hat faktisch die Regierung Angela Merkel eingeläutet. Denn mit der unter ihr begonnen Null-Zinspolitik zur Euro-Rettung wurde Eigenvorsorge massiv erschwert. Riesterverträge, Lebensversicherungen, berufsständische Versorgungswerke und viele andere Vorsorgeformen basieren zu größten Teilen auf Zinspapieren – die nun keinen Ertrag mehr abwerfen. Nur durch Null-Zinsen lassen sich die bankrotten Staatshaushalte von Italien und anderen Südländern finanzieren; nur weil auch Berlin keine Zinsen mehr zahlt, ist die hochgelobte „Schwarze Null“ möglich. Die Quittung zahlen die, die vorsorgen. Jetzt hat ein Bericht der Bundesbank für berechtigte Aufregung gesorgt: Bedingt durch die Null-Zinsen wird das Privatvermögen der Deutschen in Form von Bargeld, Bankguthaben, Versicherungsansprüchen, Riesterrenten, Anleihen, aber auch in Form von Aktien und Fondsanteilen aufgefressen – um 0,8 Prozent in diesem Jahr. Wer spart, wird also bestraft. Hinter der Globalzahl verbergen sich unterschiedliche Entwicklungen: Erträge von Lebensversicherungen, Versorgungswerken und Sparbücher sinken stärker als diese 0,8 Prozent. Angesichts einer künstlich angeheizten Inflation durch die EZB, um eine wirtschaftliche Scheinblüte zu erzeugen, geht es noch schneller bergab: 2 Prozent Inflation fressen die Kaufkraft des Ersparten auf. Aktionäre können bei guter Wahl ihrer Anlage noch im Plus liegen – aber auch ihre Kurse sinken.

Das zeigt den Irrweg der Politik: Statt den Bürgern zu ermöglichen, was bei Schröder noch gefordert worden war, nämlich selbst vorzusorgen, wird dies heute bestraft – unterschiedlich hart, je nach Anlageform. Aber im Durchschnitt ist der Sparer der Dumme und wird zum Vollversorgungstrottel der Politik – die aber genau das nicht leisten kann. Der Bürger wird in die Abhängigkeit vom Staat getrieben, der sich dann gelegentlich als Retter aufspielt – als Retter vor Problemen, die er selbst geschaffen oder zumindest verschärft hat.

Geld wäre da. Eigentlich

Vernünftige Rentenpolitik würde also Eigenvorsorge stärken und die Steuern und Beiträge senken – statt sie weiter zu steigern. Geld dafür wäre da: Das Steueraufkommen hat sich in den vergangenen 10 Jahren ziemlich genau um 50 Prozent erhöht. Von 530 Milliarden 2007 auf 734 im vergangenen Jahr und voraussichtlich nahe an die 780 Milliarden in diesem Jahr. Für den Bürger ist davon nichts übrig geblieben. Allein die Zuwächse des Steueraufkommens könnten Rentenerhöhungen finanzieren. Aber irgendwie wurden diese Mittel anderswo verschusselt. Denn Steuersenkungen gibt es nicht. Allein in diesem Jahr wird der Haushaltsüberschuss wegen guter Konjunkturlage, heimlicher Steuererhöhung und Null-Zinsen auf 48 Milliarden steigen. Statt dem Bürger davon etwas zurück zu geben, debattiert Berlin über: Steuererhöhungen. Angela Merkel ist die Kanzlerin, unter deren Regierung die Steuern absolut und relativ so schnell und so hoch gestiegen sind wie nie zu vor.

Und es reicht den koalitionären Geizhälsen immer noch nicht. Jetzt wird die Rente als Begründung für die nächst Steuererhöhung herangezogen.

Einwanderung als Lösung?

Und eine weitere Pleite wird sorgsam verschwiegen: Die Einwanderungspolitik. Selbstverständlich wäre eine kluge Einwanderungspolitik für dringend benötigte Fachkräfte Teil, und zwar nur Teil einer langfristigen Rentensicherung. Aber unter Merkel wurden unqualifizierte, kaum integrierbare Zuwanderer durch großzügige Sozialversprechen faktisch angeworben Die Kosten sind enorm. Raffelhüschen rechnet mit Kosten von 350 Milliarden als Gegenwartswert für Sozialleistungen und Unterhalt der Zuwanderung seit 2015 – nach oben offen. Nach unten kaum.
Auch das ist eine Ironie der Geschichte: Dieser Betrag entspricht in der Dimension der Rentenplänen von Nahles & Scholz.

Besserung ist nicht in Sicht: Das geplante Einwanderungsgesetz soll den Zuzug von wenige Qualifizierten erleichtern – deren Einkommen kaum für den eigenen Lebensunterhalt reicht. So wird Einwanderungspolitik zur Verschärfung des Problems – statt zum Lösungsbeitrag.

Wir lernen jetzt wieder einmal: Geld kann man eben nur einmal ausgeben. Und was den Rentnern durch die Sparreformen der vergangenen Jahre weggenommen wurde, ist eben weg. Jetzt werden wieder Dumme gesucht.