Tichys Einblick
Wenn das Geld regiert

Wie ein reicher Erbe den Grünen den Weg zur Kanzlerschaft ebnen will

Unternehmenserbe, Philanthrop und Aktivist Antonis Schwarz hat den Grünen für den Wahlkampf 500.000 Euro spendiert, die größte Einzelspende in der Parteigeschichte, heißt es.

picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Politik kann ein Spielzeug sein, ein Spielzeug für reiche Erben, die sich nicht über ihr Geld definieren wollen – und es am Ende doch tun, weil sie es nicht anders können. Wenn man genügend Geld besitzt, ist das sogar eine feine Sache. Man muss sich nicht zur Wahl stellen, nicht den mühseligen Weg durch Parteiapparate zurücklegen, keinem Wähler Rede und Antwort stehen, auch keinerlei Verantwortung übernehmen und kann sich dennoch erhabene Gefühle verschaffen. Man jettet mal eben durch die Welt und unterstützt einfach Politiker und die, die es werden wollen, und posiert dabei im Scheinwerferlicht der guten Tat, deren Helligkeit man selbst einstellt. Die Bezeichnung dafür lautet inzwischen Philanthropismus.

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Früher, im achtzehnten Jahrhundert stand der Philanthropismus, der von Johann Bernhard Basedow, Joachim Heinrich Campe (1746–1818), Ernst Christian Trapp(1745–1818) und Christian Gotthilf Salzmann ((1744–1811) entwickelt wurde, dafür, mündige Bürger heranzubilden, heute bezeichnet er hingegen ein Geschäftsfeld reicher Investoren, die durch beträchtliche finanzielle Unterstützung Organisationen, zumeist sogenannte NGOs, ermöglichen, ihre politischen Vorstellungen durchzusetzen. Vorzugsweise betreiben diese Organisationen den Systemwechsel, die große Transformation, den Marsch in die Gemeinwohldemokratie, in die grüne Kommandowirtschaft. Mit Basedows Philanthropismus, mit der Bildung mündiger Bürger hat diese Lobbyarbeit, die Investitionen in eine neue Sozialindustrie und in die Politik nichts mehr zu tun, die übrigens den mündigen Bürger durch Menschen ersetzen will, die hörig den „Interpretationseliten“ vertrauen. Richtig verstanden zahlt sich die philanthropische Großzügigkeit für den Philanthropen sogar finanziell aus, er wird reicher, dumm daran ist nur, die Armen belieben arm. Verdient der Philanthrop oder der reiche Erbe letztlich an der Armut der anderen? Der französische Ökonom Thomas Piketty hat über die Verteilung des Reichtums, über die Herrschaft der großen Vermögen eine beeindruckende Studie verfasst.

Der Erbe Antonis Schwarz ist einer dieser Philanthropen. Kaum achtzehn Jahre alt geworden hatte er ein riesiges Vermögen geerbt. Laut Business Insider wuchs Antonis Schwarz „in einer begüterten Familie in München auf, wo er eine europäische Schule besuchte. Seine Mutter war Griechin, sein Vater gehörte zum Schwarz-Zweig der Familie, die nach dem zweiten Weltkrieg einen Pharmabetrieb im Odenwald gründeten….Er studierte European Studies am Londoner King’s College und Management in Madrid, bevor er 2013 nach Athen zog.“ Nach eigenen Angaben war eine Konzernkarriere nichts für ihn. Studieren, befand der junge Mann, sei gut und schön, aber irgendwann müsse man „auch rausgehen und die Welt ein bisschen umkrempeln“.

So weit, so märchenhaft schön, aber eine Frage entsteht dennoch: Kennt Antonis Schwarz die Welt, die er ein „bisschen umkrempeln“ will? Was weiß der Philanthrop, der im Nobelviertel von Athen lebt, eigentlich vom Leben hartarbeitender Bürger in Deutschland? Von alleinerziehenden Müttern? Von Kindern, die Zuwendung und Hilfe in wichtigen Einrichtungen wie in der Arche erfahren? Von all jenen deutschen Bürgern, die nichts geerbt haben, die täglich hart arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, von denen, die eben nicht durch die Pandemie, sondern durch die Unfähigkeit der Bundesregierung, aber auch grüner Ministerpräsidenten wie Winfried Kretschmann, ihr Lebenswerk vernichtet sehen, von denen, die ihre Geschäfte und Firmen verlieren, weil ihnen verboten wird zu arbeiten, die trotz harter Arbeit ihren Kindern nichts vererben werden können? Kennt Antonis Schwarz überhaupt die Welt, die er so ein „bisschen umkrempeln“ möchte?

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Wahrscheinlich ist das auch nicht nötig und sogar ein bisschen schädlich für das eigene moralisch-makellose Weltbild. Es genügt, wenn man den Umweltaktivisten Rob Greenfield trifft und finanziell unterstützt, der dann so wichtige Aktionen startet, wie ein „Jahr ohne Duschen“ oder das „Ich-bin-Müll–Projekt“. Sicher, man könnte auch Obdachlosenprojekten helfen, Menschen, die tatsächlich und nicht nur für die Kamera auf der Straße leben, aber da fehlt vermutlich Greenfields Glamourfactor.

Zumindest hat die Finanzindustrie diese reichen Erben mit ihrem Faible für politischen Aktivismus im Blick, deshalb entwickelte sie Anlageprojekte unter dem Lable Impact Investing. Durch diese Anlagen will man Gutes anstoßen und dabei verdienen, wie beispielsweise Projekte für Solaranlagen oder zur Gewinnung von Energie aus Biomasseanlagen in Afrika. Mit den Investments will man politische Wirkungen erzielen. Wirft man einen Blick auf die Summen, die investiert werden und in welchen Projekten, hat das etwas Oligarchisches.

Zu denen, die diese Anlageobjekte entwickeln, gehören große Finanzdienstleister wie u.a. Goldman Sachs, Credit Suisse, Citi. Junge Erben, so der Initiator und Managing Director des Center for Sustanaible Finance an Private Wealth an der Universität Zürich, Falko Paetzold, wollen Themen „wie Klimawandel und Wasserverknappung von vornherein“ in ihren Investments „integrieren“.
Diese Finanzanlagen im Rahmen des Impact Investing sind das ganz große Geschäft. Die UBS schätzt, dass in den nächsten 20 Jahren 460 Milliardäre rund 2,1 Billionen Dollar vererben werden. Für Harvard haben Falko Paetzold und der früherer UN-Mitarbeiter James Gifford ein Programm für die Millenials aus Milliardärsfamilien entwickelt.

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Antonis Schwarz gehörte zum ersten Durchgang des Programms. Für Paetzold war das Treffen mit Schwarz ein Glücksfall, denn bei einem Spaziergang in Boston erklärte der Finanzwissenschaftler dem jungen Erben Schwarz, dass es eigentlich nicht nur eines Kurs für Impact Investing benötigen würde, sondern eine ganze Uni-Einheit. Laut WirtschaftsWoche erinnerte sich Paetzold, dass „Toni“ sagte: „Okay, ich gebe Dir eine Million Franken.“ In Harvard und Zürich wird nicht nur Wissen vermittelt, sondern werden die jungen Superreichen, die Impact Investoren, auch vernetzt. Inzwischen existiert ein ganzes Myzel dieser Impact-Netzwerke. Schwarz schätzt an den Gesprächen im erlesenen Kreis der reichen Erben, dass man „auf Augenhöhe“ miteinander spricht. Offensichtlich bedeutet „Augenhöhe“, ein gewisses Vermögen zu besitzen, das man nicht selbst erarbeitet hat. Die Treffen unter reichen Erben besitzen überdies für Schwarz den Vorteil, dass „die anderen nicht fürchten müssen, dass ich ihnen etwas verkaufen möchte.“ Drollig, wo es doch um Investments geht.

Schaut man auf die Spendenfirma „Guerilla Foundation“, die Antonis Schwarz 2016 gründete, um Aktivisten und soziale Bewegungen zu unterstützen, erfährt man, dass Schwarz so wichtige Projekte wie „Kick Out Zwarte Piet“ in den Niederlanden, oder den Kampf gegen Rassismus in Griechenland oder ein Podcast unterstützt, der den radikalen Wandel der Welt bewirken will. Es geht eben nicht nur um Investments in soziale Projekte, sondern um Weltveränderung mittels Geld. Die übliche Mischung aus Identitätspolitik, Weltverbesserung und Panik soll zur großen Transformation führen. Allerdings kann man angesichts der hehren Worten die alte Wahrheit nur immer wieder formulieren: der Kampf für die Hungernden wird von den Satten geführt, nicht damit die Hungernden satt werden, sondern damit die Satten satt bleiben.

Mit der Initiative BRAND NEW BUNDESTAG will Schwarz „neue Politiker:innenInnen ins Parlament“ bringen, und zwar Mitglieder der SPD und der Grünen Jugend und Parteilose, die aber auch grüne Positionen vertreten. Das erstaunt nicht, denn die Auswahl-Jury setzt sich neben Kübra Gümüşay, aus einem „Social Entrepreneur, Aktivist, Speaker und Moderator“, einer taz-Kolumnistin, dem Geschäftsführenden Bundesvorstand von „Mehr Demokratie e. V.“, einer „Journalistin, Moderatorin, Produzentin und Dipl.-Psychologin“, die vornehmlich für ARD und ZDF arbeitet, und einem Inklusions-Aktivisten zusammen.

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Die „Guerilla Foundation“ hat sich zum Ziel gesetzt, „Aktivisten und soziale Graswurzelbewegungen“ zu fördern, um einen Systemwandel in Europa zu bewirken. Und wenn es mit dem radikalen Wandel schief geht, wenn die Welt der Familien, all derjenigen, die nicht „auf Augenhöhe“ mit dem jungen Erben sind, weil sie nicht nennenswert geerbt haben, umgekrempelt oder zerstört und Deutschland deindustrialisiert ist, erwirbt Antonis Schwarz dann eine Insel, auf die er sich mit Freunden, mit denen, die auf seiner „Augenhöhe“ sind, mit dem coolen Spruch auf den Lippen: Sorry, war nur so eine Idee von mir, zurückzieht?

In schönster Selbstsicherheit verkündet Antonis Schwarz unbeeindruckt von der Tatsache, dass wir mit Wunderwaffen in Deutschland schlechte Erfahrungen gemacht haben: „Als vermögender Mensch hat man die Möglichkeit, bestimmte Dinge in Bewegung zu setzen. Man hat so eine Art Wunderwaffe, die es einem ermöglicht, die Gesellschaft positiv zu gestalten.“ Diejenigen, die diese „Wunderwaffe“ nicht besitzen, müssen die sich fügen, besitzen sie deshalb im demokratischen Prozess weniger Rechte, weil ihnen weniger Möglichkeiten gegeben sind? Bestimmt das Geld von Antonis Schwarz, wohin sich Deutschland politisch entwickelt?

Zumindest scheint sich das Antonis Schwarz zu wünschen, denn der Philanthrop hat den Grünen für den Wahlkampf 500.000 Euro spendiert, die größte Einzelspende in der Parteigeschichte, heißt es. Ermutigt hat ihn der Erfolg der grünen Politikerin Katrin Habenschaden, für deren Wahlkampf er im September 2020 „beim Großspenden sammeln“ geholfen hat, und zwar so gut, dass Habenschaden inzwischen Vize-Bürgermeisterin der Stadt München ist.

Ich habe übrigens keinen Hinweis darauf gefunden, dass Antonis Schwarz für die SOS-Kinderdörfer oder für das Kinder- und Jugendprojekt „Die Arche“ spendet. Dafür wird von ihm Extinction Rebellion gefördert.

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Für das Engagement des reichen Erben hatte der Philosoph Hans Blumenberg den Begriff „rhetorisches Mitleid“ geprägt. Natürlich kann jeder mit seinem Geld, auch wenn er es nur ererbt hat, anfangen, was er möchte, aber mir scheint, Antonis Schwarz hätte seinem Land, wenn er Deutschland überhaupt für sein Land hält, eher gedient, wenn er sein Erbe verprasst hätte.

Als die Gründerfamilie der Schwarz Pharma AG die Firma für rund 4,4 Milliarden 2006 verkaufte, schenkte der Firmenchef Patrick Schwarz-Schütte zum Abschied jedem Mitarbeiter 10.000 Euro. Es war ein Zeichen der Dankbarkeit an diejenigen, die den Erfolg der deutschen Firma miterwirtschaftet hatten.

Der Erbe Antonis Schwarz hingegen unterstützt lieber politische Kräfte, deren wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorstellungen dahin gehen, dass auch diesen Mitarbeitern Wohlstand genommen wird und ihre Kinder und Kindeskinder, wenn sie keinen Migrationshintergrund besitzen, „positiv“ diskriminiert werden.

Man darf sicher sein, dass Antonis Schwarz die politische Rendite bei einem Wahlsieg der Grünen einfahren wird.

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