Tichys Einblick
E-Auto und kein Ende

Tesla und der Hurrikan

In amerikanischen Tesla-Foren hauen sich Elektro-Fans und Gegner derzeit Vor- und Nachteile der Elektroautos, wie sie jetzt auch bei der Naturkatastrophe zutage treten, heftig um die Ohren. Und der BMW i3 von Berlin nach MeckPomm auweih.

© Getty Images

Stell Dir vor, es ist Hurrikan und Dein Tesla hängt noch am Supercharger. Dann fällt der Strom aus, Millionen sind ohne Elektrizität. Auch Dein Supercharger. Du musst weg, sehr schnell sogar. Hinter Dir jagt der wütende Sturm heran. Fast&Furios-Vin Diesel würde sich in einen seiner Superrenner werfen und laut aufheulend mit quietschenden Reifen davonbrausen. Dein Tesla hingegen hängt noch am Supercharger. Der braucht noch Zeit, Zeit, die Du nicht hast. Und Strom, der nicht da ist. Die Stromversorgung ist abgeschaltet. Kurzschluss. Die Meldung »Charging Complete« wirst Du nicht mehr sehen.

Dann spielt Tesla »Vin Diesel« und schaltet Deinen Tesla scharf. Du gibst »Gas« und kannst dem Orkan entkommen. OK, zugegeben, Tesla spielt nur ein wenig Vin Diesel, ein Diesele sozusagen. Tesla sorgte noch einmal auf die Schnelle für 40 bis 50 Kilometer mehr in der Batterie.

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So geschehen bei den jüngsten Hurrikanen in Florida. Dort wohnen eine Menge Leute, die einen Tesla fahren. Auch sie mussten nach Norden fliehen. Tesla hat diesen Fahrern die volle Kapazität ihrer Modelle, die 75 kWh Akkus an Bord haben, freigeschaltet. Remote – also funkferngesteuert, so wie Tesla Software-Updates in die Computer seiner Autos zu spielen pflegt. Denn ein Tesla-Fahrer muss nicht mehr wie ein VW-Fahrer in die Werkstatt, um sich das neueste Software-Update zu holen.

Tesla bot sein Model S und X mit einer Batteriekapazität von 75 kWh an. Für sparsam Gestrickte oder diejenigen, die gerade nicht so viele Dollars flüssig hatten, gab es eine reduzierte Kapazität von 60 kWh mit dementsprechend geringerer Reichweite. Deren Besitzer konnten sich später gegen Aufpreis freischalten lassen. Mehr Kilometer also für eine Handvoll Dollars (4.500 bis 9.000 Dollar).

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Ein Tesla Model 60-Besitzer auf der Flucht in Florida stellte jetzt fest, dass er plötzlich 40 Meilen mehr zur Verfügung hatte. Tesla bestätigte, dass das Unternehmen kurzzeitig das Energie-Verwaltungssystem entsprechend geändert und den Akku auf volle Leistung freigeschaltet habe, um die Evakuierung zu unterstützen.Tesla half auch anderen Flüchtlingen vor Hurrikan Irma mit einer ferngesteuerten Stromspritze. Gut zu wissen, dass Elon Musk seine Kunden nicht absaufen lässt.

Eine schöne neue Autowelt offenbart sich hier, wenn Tesla mit seinen Autos Modelleisenbahn spielen kann. Saft auf oder zu – mit Mausklick. Alles steht still, wenn sein starker Arm es will. Doch was, wenn der Russe dahinter steht? Andere Hersteller können das übrigens auch, wenn zum Beispiel die Rate für das Batterie-Leasing nicht bezahlt wurde – abdrehen. Hoffentlich nicht gerade auf einem Bahnübergang, einer Autobahn oder belebten Straßenkreuzung. Die Hersteller überwachen Ort und Wege ihrer Autos, mit welcher Geschwindigkeit sie fahren. Die Frage ist, wem diese Daten gehören, und wer was mit diesen Daten tun darf und was nicht.

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In amerikanischen Tesla-Foren hauen sich Elektro-Fans und Gegner derzeit Vor- und Nachteile der Elektroautos, wie sie jetzt auch bei der Naturkatastrophe zutage treten, heftig um die Ohren. Anhänger der Kirche von Tesla-Chef Elon Musk weisen auf die langen Autoschlangen vor den Tankstellen hin, die ihre Tanks noch schnell auffüllen müssen, während Tesla-Fahrer fröhlich vorbeibrausen können. Wenn sie denn ihre Batterie geladen haben oder einen geladenen Zweit-Tesla in ihrer Garage hätten – entgegnen der anderen.

Zu solchen katastrophalen Wirbelstürmen kommt es in Europa glücklicherweise eher nicht. Hier reicht es höchstens zu einem Windhösle. Drin sind jedoch immer wieder weiträumige Überschwemmungen, bei denen Flüsse nach tagelangen Regenfällen über die Ufer treten. Offen ist, was dann mit der Stromversorgung für die Ladestationen der Elektroautos geschieht. Aus Florida wird berichtet, dass ein Großteil der Ladestationen abgeschaltet wurde. Aber bisher gibt es hierzulande noch nicht einmal eine hineichende Stromversorgung für Elektromobilität, von zusätzlich notwendigen Kohle- oder Kernkraftwerken ganz zu schweigen.

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Welche »Demütigung« die Elektromobilität mit sich bringen kann, erzählt jetzt die Welt in einem Erfahrungsbericht mit dem elektrischen BMW i3. Der Autor startet eine Testfahrt mit seinen Kindern über 175 Kilometer von Berlin in die mecklenburgische Provinz. Nach ein paar spaßbringenden Sprints an Ampeln, die das große Drehmoment und damit den großen Vorteil eines Elektroantriebes eindrucksvoll zeigen, tritt sehr rasch der große Nachteil zutage: Batterie leer.

Er berichtet über die »schlimmsten Stunden« seines automobilen Daseins, auf der Autobahn mit 90 Kilometer pro Stunde immer auf der Suche nach Lademöglichkeiten für Strom. Hinten beginnen langsam die Kinder den Spaß nicht mehr lustig zu  finden. 30 Minuten benötigt er, um Strom für sechs Kilometer zu laden. Schließlich kommt er nach einer Odyssee knapp an und dankt Rudolf Diesel für seine Erfindung. Wieder einer, der sicherlich nicht zu Merkels Vorgaben beiträgt, im Jahre 2020 eine Millionen Elektroautos auf die Straßen zu stellen.