Tichys Einblick
Blackouts möglich

Städte- und Gemeindebund warnt vor flächendeckenden Stromausfällen

Sind Blackouts möglich? Vieles erinnert an die Situation im Februar 2020, als Lockdowns „Fake News“ waren, vor denen das Gesundheitsministerium warnte. Nun meldet sich der Verband Städte- und Gemeindebund.

IMAGO / Christian Ohde

Ein kleiner Scherz auf Twitter. Darüber, was aus der ARD im Blackout wird. Die Reaktionen sind spannend: Die Resonanz ist deutlich größer als normal, vier von fünf Reaktionen sind zustimmend. Das andere Fünftel agiert aggressiv: „Aluhutträger“ und „Verschwörungstheoretiker“ lassen sich noch zitieren, der größere Rest aber nicht. Es erinnert ein wenig an den Verlauf von Corona. Wer zu früh über eine mögliche Pandemie, einen möglichen Lockdown oder eine mögliche Impfpflicht sprach, wurde ähnlich beschimpft. Auch da von Accounts mit Nicknames statt echten Namen und weniger als 100 Followern. Als dann aus den Verschwörungstheorien Realität wurde, waren die Accounts längst wieder gelöscht.

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Schwer zu sagen, ob das gezielte Kampagnen waren oder ein Ausdruck der Angst, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Vielleicht auch ganz viel von beidem. Irgendwann wurde es dann jedenfalls offiziell, dass es eine Pandemie gebe, einen Lockdown und auch eine „einrichtungsbezogene“ Impfpflicht. Dem voraus ging aber stets der Auftritt anerkannter Personen. Sie streckten einen Zeh in den Pool und bereiteten so die Öffentlichkeit auf den Wandel in der öffentlichen Darstellung vor.

„Wir haben kein Stromproblem.“ Das ist noch gar nicht so lange her, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) das gesagt hat. Im Juli war es. 2022. Dieses Jahr. Das bloße Erwähnen des Wortes „Lockdown“ mobilisiert die Nickname-Armada auf Twitter, die ihre Nazi- und Aluhutgeschütze abfeuern. Noch ist es medial gefährlich, über mögliche Blackouts zu berichten.

Risiken der Strommangelbewirtschaftung
Ein Blackout wäre ein katastrophales Ereignis von nationaler Tragweite
Jetzt hat aber Gerd Landsberg vor einem Blackout gewarnt. Er ist der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes. Man könnte ihn als anerkannte Person bezeichnen. Im Interview mit der Welt sagte Landsberg, er halte den flächendeckenden Stromausfall für „ein realistisches Szenario“. Er empfiehlt, die Empfehlungen des Bundes zum Katastrophenschutz ernst zu nehmen. Zudem müsse der Katastropenschutz stärker ausgebaut werden.

Den deutschlandweiten Warntag haben Bund und Länder jetzt verschoben: auf den 8. Dezember. Im September 2020 gab es ebenfalls einen solchen Warntag. Eigentlich passiert da nichts Spektakuläres. Es muss nur ein Alarm zu einem Zeitpunkt ausgelöst werden, der Monate vorher feststeht. Viele Warnstellen verpassten diesen Moment seinerzeit aber trotzdem. Andere beteiligten sich erst gar nicht. Zu einem festgelegten Zeitpunkt einen Alarm auszulösen, überfordere sie. Vielleicht hat Landsberg recht. Vielleicht müssen wir noch ein wenig in den Katastrophenschutz investieren. Wie gut der nicht funktioniert, zeigte sich auch beim Ahr-Hochwasser. Wenige Stunden bevor die Flut kam erfuhren die Menschen von ihrer Landesregierung und ihrem Landessender, dass es gar nicht so schlimm werde.

TE-Interview 09-2022
Energieexperte: Hochfahren des Stromnetzes nach Blackout wird problematisch
Es gebe keine Stromkrise, nur eine Gaskrise, sagte Habeck. Im Juli. Ein taktisches Manöver. Er wollte die Laufzeit der Atomkraftwerke nicht verlängern. Bürger haben Habeck geglaubt. 650.000 mindestens. Sie haben Heizlüfter gekauft. Mit Strom heizen, wenn es kein Gas mehr gibt. Wir haben ja kein Stromproblem. Doch diese Heizlüfter könnten nun das Stromnetz überlasten, warnt Landsberg. Die Debatte über Blackouts fühlt sich allmählich anders an.

Eine Vorstellung davon, wie so ein Blackout verläuft, zeichnet die Seite Planet-Wissen. Eines der zahllosen Internet-Angebote der ARD: „Unmittelbar nach dem Eintreten des Blackouts in Deutschland kommt es zum Ausfall aller Kommunikationsnetze. Weder Internet noch Fernsehen funktionieren; und auch wenn Handys noch für einige Stunden Akku haben, besitzen sie dennoch keinen Netzempfang.“ Ein schönes Szenario, oder? Man könnte ein Kinderbuch dazu schreiben. Vielleicht auch einen Beitrag in der Zeit oder dem Spiegel. Kann sich noch wer an die Texte erinnern, dass ein Lockdown die Chance zur Entschleunigung sei?

Versicherungsverband GDV
Auf einen Blackout ist Deutschland schlecht vorbereitet
Doch ganz so romantisch geht es auf Planet-Wissen nicht weiter: „Durch den Ausfall aller Ampeln und Beleuchtungen kommt es auf den Straßen außerdem unmittelbar zu vielen Autounfällen und Verletzten. Der Blackout verursacht schon nach wenigen Minuten die ersten Todesopfer.“ Das ist nur der erste Tag, der dritte wird ungemütlicher: „Aus Verzweiflung schließen sich die ersten kleineren Gruppen zusammen, um auf Beutezug nach Nahrung und Wertsachen zu gehen. Die Anzahl an Überfällen und Einbrüchen steigt, auch begünstigt dadurch, dass viele Kriminelle aus den elektronisch gesicherten Gefängnissen entkommen.“

Ein Atomkraftwerk aus der Reserve hochzufahren, dauert übrigens zwischen zwei und zehn Tagen. Aber noch sagen viele, es sei eine Verschwörungstheorie, wenn jemand das Wort Blackout auch nur erwähnt. Und sei es in einem Scherz.