Tichys Einblick
Oskar ante portas?

SPD und Die Linke: Kuschelkurs?

Lafontaine träumt von einer linken Superpartei. Sollen doch die Seeheimer und Netzwerker austreten, ihrerseits eine neue Partei ausgründen.

Thomas Lohnes/Getty Images

Was ist nur los? Das grüne Gespenst geht um. Selbst die Partei Die Linke, Nachfolgerpartei der SED und PDS, bekommt es mit der Angst zu tun. Mit der Angst vor der eigenen Bedeutungslosigkeit.

Die Bewegung #aufstehen von Sarah Wagenknecht ist gescheitert, bevor sie überhaupt auf die Beine kam. Es sollte eine bundesweite linksliberale Bewegung der Unzufriedenen (Sozialdemokraten, Linken und auch Grünen) werden. Fast schon liberalkonservativ. Die Linke um Bernd Riexinger und Katja Kipping ließen keine Gelegenheit aus, um gegen „Aufstehen“ zu wettern und Wagenknecht zu diffamieren. Kurz, #aufstehen blieb liegen, und Sarah Wagenknecht mit einer Art politischem Burnout gleich mit. Die Situation in der Linkspartei zehrte an ihr. Aber: ohne eine Sarah Wagenknecht im Vorstand, blättert auch der Nostalgieglanz der Linken.

Damit hatte selbst der Spindoctor im Hintergrund, Oskar Lafontaine, nicht gerechnet, wie schwer es doch sein würde, eine flächendeckende Realo-Linke in einer einzigen Bewegung zu vereinen.

Ja, sogar in der Flüchtlings- und Zuwanderungsdebatte gab es unter den Unzufriedenen mehr Schnittmengen mit der AfD, denn innerhalb der Linken, SPD und Grünen.

Auch Lafontaine und Wagenknecht samt ihrer Mitstreiter wollten um die Bürger rechts der Mitte buhlen. Um eine AfD zu schwächen, die zuvor viele Wähler der Linkspartei aufgesaugt hatte. Stattdessen legt die blaue Alternative im Osten weiter zu, siehe die aktuellen Prognosen von Brandenburg, exorbitant – so wie derzeit die Grünen im Westen. Nur, so denken mit Oskar Lafontaine nicht wenige, diese Grünen können nur Umwelt, aber weder Wirtschaft noch Asyl- und Migrationspolitik. Die wahren Linken und Sozialisten, so der ehemalige Oberbürgermeister von Saarbrücken, Lafontaine, seien nur sie. Die ehemaligen Sozialdemokraten und die, die sich links verankert sehen. Ganz links von der Agenda-2010 von Gerhard Schröder, Müntefering und Steinmeier.

Auch deshalb verließ Oskar Lafontaine damals die Regierung und die SPD. Wollte mit dem Neoliberalismus der neuen Sozialdemokratie nie warm werden. Konsequent war Lafontaine, auch Napoleon von der Saar genannt, immer.

Der Aderlass war groß innerhalb der SPD. Auch wegen Lafontaine, den man einen „Verräter“ und „Judas“ nannte, halbierte sich etwa die Mitgliederzahl der Partei.

Aus einer vorgeschaltenen WASG (Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit) anno 2005/06 im Westen, erwuchs schnell die Partei Die Linke, nach einer Fusion der westlichen WASG mit der PDS im Osten. Denn bis auf wenige provinzielle Ausnahmen, bekam die PDS wie dann auch Die Linke, im Westen und im süddeutschen Raum, keinen Fuß in die Parlamente.

Die Linkspartei war da, und die SPD geschwächt von da an, in jeder Regierung.

Nun möchte Oskar Lafontaine den großen Versöhner der Politik spielen. Er liebt die politische Bühne. Aber Oskar möchte die Hauptrolle. Nach dem gescholtenen „Verräter“ möchte er nun den Versöhner und Eroberer geben – zu keinem allzu schlechten Zeitpunkt.

Innerhalb der SPD, im dunkelroten Bereich, mit Kevin Kühnert (für die verbrämte linke Jugend), sowie mit Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Franziska Giffey, aber auch Stegner, Lauterbach und vor allem Maas und Barley gäbe es noch etliche weitere Nostalgiker, die gerne an die Hand genommen werden möchten und mal weniger offen, mal mehr (siehe Stegner und Lauterbach) Rot-Rot-Grün-Bündnisse wie in Bremen auch für den Bund befürworten.

Lafontaine träumt von einer linken Superpartei. Sollen doch die Seeheimer und Netzwerker austreten und ihrerseits eine neue Partei ausgründen (und in ein paar Jahren dann mit den letzten Reste der „SEPD“ fusionieren). Innerhalb der SPD, das steht fest, würde es zum Gau kommen. Vielleicht bliebe tatsächlich nur noch eine alte SPD-Splittergruppe übrig. Die linksgerichteten Mitglieder und Funktionäre würden sofort mit den Ultra-Grünen eine Kooperation und Koalition eingehen.

Die Frage wäre dann, wie stark würde eine Bündelung in der gesunden konservativen Mitte werden und rechts von ihr?

Meine Prognose: Der interessierte und demokratische Bürger würde nie eine Politik von Ewiggestrigen aus dem linken Spektrum tolerieren. Einer Gruppierung von Träumern und Theoretikern, die selten mit ihrer Hände Arbeit Geld verdienten und ideologisch für die Bundesrepublik gefährlich werden könnten? Die Bürger durchschauen dieses Spiel der linken Phantasten als neue Kommunisten, Sozialisten und Marxisten-Leninisten. Allein die Vorstellung, Hammer und Sichel oder Maus und Tastatur, fällt man darauf herein, dass die Digitalisierung das drängendste Problem sei. Von wegen. Digitalisierung und der Klimaschutz sind nur ein Problem der oberen Zehntausend.

Insofern bleibt es vorerst wohl bei Oskars Träumereien.


Giovanni Deriu, Dipl. Sozialpädagoge, Freier Journalist, ist seit 20 Jahren in der (interkulturellen) Erwachsenenbildung tätig.

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