Tichys Einblick
Umoperieren von Minderjährigen

Die radikalen Pläne der Ampel-Sondierer zum Transsexuellenrecht

Das Sondierungspapier der Ampel deutet eine radikale und familienfeindliche Geschlechterpolitik an. Die Idee, man könne Pubertätssorgen von Jugendlichen mit dem Skalpell lösen, ist ein verhängnisvoller Irrglaube. Doch genau diesen Weg scheint Rot-Gelb-Grün gehen zu wollen.

IMAGO / Chris Emil Janßen

FDP, Grüne und SPD sehen sich selbst als Zukunftskoalition, die Deutschland und Europa in den nächsten Jahren entscheidend stärken wird. Liest man die aktuellen Sondierungspapiere, wird die Zukunft einiger psychisch schwer angeschlagener junger Menschen im Zuge vermeintlicher Selbstbestimmungs- und Antidiskriminierungs-Politik durch die Ampel aber vor allem eines: erheblich gefährdet.

Die drei Parteien haben es sich zur Aufgabe gemacht „unsere Rechtsordnung der gesellschaftlichen Realität anzupassen“. Dazu wollen sie unter anderem das Familienrecht, das Transsexuellenrecht und die Regelungen zur Reproduktionsmedizin anpassen – und öffnen damit einem ohnehin schon verheerenden Gesellschaftstrend Tür und Tor: Die Zahl der Teenager, die während der Pubertät plötzlich ihr Geschlecht in Frage stellen, ist in den letzten Jahren explosionsartig angestiegen. Ein Trend mit gravierenden und vor allem irreversiblen Folgen.

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Immer häufiger wird versucht, psychische Probleme und Pubertätssorgen einfach wegzuoperieren. Den Mädchen wird dann die Scheide entfernt und die Klitoris und Harnröhre gestreckt. Ihnen wird ein Hautlappen aus dem Unterarm oder dem Oberschenkel entnommen, um einen künstlichen Penis zu formen, und aus den großen Schamlippen ein Hodensack geformt. Den Jungen wiederum werden Hoden und Schwellkörper entfernt, um aus der umgestülpten Penisschafthaut eine „Neovagina“ zu formen. In nur etwa 15 Jahren ist die Zahl der geschlechtsumwandelnden Operationen an 15- bis 20-Jährigen in deutschen Krankenhäusern um das Fünfzehnfache und bei 20- bis 25-Jährigen sogar um das Fünfzigfache gestiegen.

Das Phänomen, nach welchem bereits kleine Kinder plötzlich ihr Geschlecht wechseln wollen, nennen Fachkreise „Rapid Onset Gender Dysphoria“ und wird vor allem bei jungen Mädchen beobachtet. In Großbritannien ist die Anzahl weiblicher Teenager mit Geschlechtsdysphorie innerhalb eines Jahrzehnts um 4.500 Prozent gestiegen. Von 97 auf 2.519 stieg die Anzahl der Fälle von Jungen und Mädchen zwischen 2009 und 2017. In den USA verzehnfachte sich die Zahl junger Mädchen, die keines mehr sein wollen. Dr. Alexander Korte, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Sexualmediziner von der LMU München sprach von einem regelrechten „Hype“ auch in Deutschland.

Abigail Shrier, Journalistin des Wall Street Journals, berichtet in ihrem Buch „Irreversible Damage“, dass pubertierenden Mädchen eingeredet wird, ihr weiblicher Körper sei etwas, was sie loswerden müssen. Die Pubertät sei eine Art „Trauma“, in dem sie einen ganzen Haufen körperlicher und psychischer Unsicherheiten aushalten müssen – Probleme wie etwa, ob der Busen zu klein, die Nase zu schief oder der Bauch zu dick sei. Ich kann mich selbst noch gut daran erinnern, wie schwierig diese Zeit für mich und auch für meine Freundinnen war. Gerade hatten wir noch mit Puppen gespielt und fanden Jungs total blöd, und plötzlich bekamen die ersten von uns Pickel und ihre Menstruation – das war ein Schock. Ich habe mich geschämt und brauchte eine Weile, bis ich mich meiner Mutter oder einer Freundin anvertrauen konnte. Einen Internet-Zugang hatte damals kaum jemand von uns, wir hatten also keine Wahl, als das irgendwie durchzustehen. Genau das ist laut Shrier aber heute anders. Jetzt „hilft“ vor allem Social Media: Schon kleine Kinder können sich auf ihrem Smartphone Youtube oder Instagram anschauen, wo Influencer mit einem Lächeln im Gesicht predigen, dass alle Pubertätsprobleme ganz einfach per Skalpell und Einnahme von Hormonen gelöst werden können.

Stephans Spitzen:
Wenn vermeintliches Kindeswohl für die politische Agenda herhalten muss
Psychotherapeuten und Ärzte verstärken das Problem häufig nur noch – Therapeuten, indem sie die Mädchen in ihrem Glauben bekräftigen, und Ärzte, indem sie ihnen mitten in der Pubertät männliche Hormone verschreiben. Dabei spielen gerade Therapeuten eine entscheidende Rolle: In Deutschland muss jeder Jugendliche, der geschlechtsanpassende Maßnahmen über seinen kleinen Körper ergehen lassen möchte, in der Regel eine mindestens einjährige psychotherapeutische Behandlung hinter sich bringen und zusätzlich einen sogenannten Alltagstest absolvieren – das bedeutet, dass er oder sie mindestens ein Jahr lang in der angestrebten Geschlechtsrolle leben muss. Das Problem ist, dass sich der Therapeut, selbst wenn er die Anpassung für falsch hält, ganz schnell in Teufels Küche begibt, wenn er den Wunsch seiner kindlichen Patienten problematisiert. Schon die bloße Hinterfragung der Transidentität wird schnell als Transphobie ausgelegt – in der Öffentlichkeit, den kassenärztlichen Vereinigungen, der Psychotherapeutenkammer. Häufig wird sogar unterstellt, es handle sich um eine Konversionstherapie – die Behandlung homosexueller Neigung. Diese Therapien sind seit Mai letzten Jahres verboten. Ein Therapeut, der den Trans-Wunsch seines jungen Patienten hinterfragt, steht also schon mit einem Bein im Gefängnis.
Damit wird aber keine persönliche Freiheit geschaffen

Korte fürchtet, dass sich kritische Ärzte und Therapeuten seither aus dem Behandlungsbereich zurückgezogen haben und das Feld den begeisterten Geschlechts-Operateuren überlassen. Die Folge: Der Wunsch nach einer Geschlechtsumwandlung wird in den meisten Fällen bestätigt. Empfohlen wird der Eingriff zwar erst ab dem 18. Lebensjahr, aber auch bei wesentlich jüngeren Kindern werden solche irreparablen Maßnahmen bewilligt. Die Behandlungskosten trägt in der Regel die Krankenkasse; allein die Operationskosten betragen zwischen 5.000 und 15.000 Euro.

Radikalismus
Warum das ›Gender-Sternchen‹ nicht harmlos ist
Die Konsequenz: Jugendliche, die sich mitten in der Pubertät befinden und körperlich völlig gesund sind, werden nicht nur mit Pubertätsblockern und Hormonen vollgepumpt, sie werden genital unwiderruflich verunstaltet. Mädchen werden chirurgisch Brüste, Gebärmutter und Eierstöcke entfernt – mit wachsender Zahl bereits bei 14-, 15- und 16-Jährigen. Und das bei Jugendlichen, die eigentlich unter pubertätstypischen Altersrollenkonflikten, Depressionen oder Körperbildstörungen leiden – für die der Geschlechtswechsel nur ein Versuch ist, einen Ausweg aus ihren psychischen Problemen zu finden. Kinder- und Jugendliche mit Geschlechtsdysphorie leiden nämlich sehr oft (wenn nicht immer) unter psychischen Problemen. Die Medizinerin Dr. Lisa Littmann stellte 2018 die These auf, dass es sich bei der Geschlechtsdysphorie um eine Coping-Strategie, also einen Bewältigungsversuch, handelt – ähnlich wie Anorexie oder Selbstverletzung. Bei 62,5 Prozent der von ihr untersuchten amerikanischen Jugendlichen konnten damals eine oder mehrere psychiatrische Störungen wie Depressionen und Autismus diagnostiziert werden. 48,4 Prozent hatten eine Stress- oder Traumaerfahrung. 45 Prozent zeigten selbstverletzendes Verhalten und 58 Prozent Schwierigkeiten in der Gefühlsregulation.

Ich selbst habe mal mit einer jungen Frau gesprochen, die sich aus lauter Not in die männliche Geschlechtsidentität geflüchtet hatte. Es war offensichtlich, dass ihre Transidentität nicht mehr als ein Hilfeschrei und ein Ausdruck ihrer tiefen Verzweiflung ist. Weder Psychopharmaka noch die Änderung ihres Personenstandes hatten ihr geholfen, ihren Selbsthass, das selbstverletzende Verhalten und den Zustand einer vollständigen Freudlosigkeit zu überwinden.

Die junge Frau brauchte genauso dringend psychologische Hilfe, wie die meisten Kinder und Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie sie benötigen würden – eine psychotherapeutische Behandlung, die nicht nur auf die Bestätigung ihres Transwunsches abzielt. Die Operation und damit auch die vollendete Abkehr von der eigenen Identität, erweist sich wie erwartet leider nicht als Lösung für alle Probleme – bei Erwachsenen genau wie bei Jugendlichen. Ebba Lindquist konnte 2016 nach Geschlechtsumwandlungen einen sogenannten „Honeymoon Effect“ nachweisen. Das heißt, dass es den Betroffenen kurz nach der OP erstmal physisch und psychisch besser ging als zuvor. Nach etwa drei Jahren begann die Zufriedenheit dann aber in allen Bereichen nachhaltig abzusinken. Noah Adams zeigte 2017, dass die Zahl der Suizidphantasien und Suizidversuche bei Menschen mit Geschlechtsidentitätsstörungen nach der Operation mit 50,6 Prozent deutlich höher lag als vor der OP – da waren es „nur“ 36,1 Prozent.

No future
Die Ampel liefert wie versprochen – eine fragwürdige, illiberale Zukunft
Trotz dieser Fakten wollen FDP, Grüne und SPD die Gender-Ideologie in Deutschland durch die Reform des Transsexuellengesetzes und den Regelungen zur Reproduktionsmedizin weiter voranpeitschen. Es reicht ihnen anscheinend nicht, dass Kindern schon in der Grundschule beigebracht wird, dass die „normale Familie“ ein Ausnahmefall ist. Die Kinder- und Schulbücher sind voll von alternativen Vater-Vater-Kind-, Mutter-Mutter-Kind- und Trans-Familien. Oder vom kleinen Leon, der gerne mit Puppen spielt und merkt, dass er doch lieber eine Leonie sein möchte. Die Kleinen lernen im Unterricht sogar bereits, wie Analsex funktioniert – Frühsexualisierung zur Auflösung der Geschlechtsidentität. Statt dagegen anzugehen und Kinder oder Jugendliche vor unüberlegten, lebensverändernden Eingriffen zu schützen, soll der Schritt zur Geschlechtsumwandlung noch einfacher gemacht werden.

Die drei Parteien haben sich zwar noch nicht geäußert, wie die Gesetze genau geändert werden sollen, es ist aber davon auszugehen, dass ein Selbstbestimmungsgesetz umgesetzt werden soll, „dessen Leitbild die persönliche Freiheit ist“. FDP und Grüne brachten schon in der Vergangenheit immer wieder Gesetzesentwürfe auf den Weg, die Kindern spätestens ab dem 14. Lebensjahr ermöglichen sollen, ihr Geschlecht auch gegen den ausdrücklichen Willen ihrer Eltern zu wechseln. Damit wird aber keine persönliche Freiheit geschaffen. Der Kinderschutz wird zum Wohl einer vermeintlichen Selbstbestimmung und zum Leidwesen vieler psychisch angeschlagener Kinder und Jugendlicher geopfert.


Sollten Sie das Gefühl haben, dass Sie Hilfe benötigen, kontaktieren Sie unbedingt die Telefonseelsorge. Unter der kostenfreien Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 bekommen Sie Hilfe von Beratern, die Ihnen Hilfe bei den nächsten Schritten anbieten können. Hilfsangebote gibt es außerdem bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention. Im Netz gibt es – Beispielsweise bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe – auch ein Forum, in dem sich Betroffene austauschen können.