Tichys Einblick
Völlig losgelöst von der Erde

Katrin Göring-Eckardt will zurück in den Sozialismus

Katrin Göring-Eckardt sorgt sich um den Zustand der Demokratie – und will das grundgesetzlich garantierte Eigentums- und Erbrecht angreifen. Es geht hier nicht um Gerechtigkeit. Es geht darum, dass der Ampel-Staat immer mehr Geld benötigt, um nicht aus den woken Träumen aufwachen zu müssen.

IMAGO / Metodi Popow

Je länger die Grünen an der Regierung sind, umso deutlicher wird, dass sie nicht in der Lage zur Selbstkritik sind – was damit zusammenhängt, dass die Wirklichkeit für sie ein Fremdwort ist. Sie halten die Augen vor jedem Korrektiv fest geschlossen. Der Dilettant greift immer nach dem Höchsten, ohne das Geringste zu können, heißt es. Deshalb ist auch ihre Arroganz, die mit jedem Tag in der Regierung wächst, für viele immer schwerer zu ertragen, nur nicht für die AfD, die davon profitiert.

Grüne handeln ausschließlich nach dem Motto: Ich male mir die Welt, wie sie mir gefällt. So wie sie mir gefällt, gebe ich in Gesetzen vor, und dann sollen die anderen doch sehen, wie sie meine Träumereien mit der Wirklichkeit irgendwie in Einklang bringen. Da ist dann echte Kreativität gefragt. Und wenn es dann doch nicht klappt, sind natürlich die Rechten schuld. Irgendwie sind übrigens alle rechts von den Grünen rechts – die FDP, die CDU, die CSU, Bürger, alle sind so ein bisschen AfD.

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In einem Interview voller Selbstgerechtigkeit bringt es Katrin Göring-Eckardt fertig zu sagen: „Auf der einen Seite gibt es eine große Verunsicherung, diese Zeiten überfordern viele Menschen. Das ruft die Vereinfacher auf den Plan.“ Man muss dazu wissen, dass die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages das Theologiestudium abbrach und von ihr nicht bekannt ist, dass sie außer im Apparat der Grünen-Partei eine nennenswerte berufliche Erfahrung gesammelt hätte. Selbst die Mitarbeiter der Kreis- und Bezirksleitungen und des ZKs der SED konnten wenigstens auf einen Berufsabschluss verweisen.

Das hält Katrin Göring-Eckardt nicht davon ab, munter vor sich hin zu schwurbeln, dass die Bürger, die erfolgreich im Beruf stehen, die studiert oder einen Berufsabschluss haben, die ihre Familien ernähren, „überfordert“ seien. So, als ob jetzt ein grünes Training oder eine grüne Politschulung ranmüsste, damit die überforderten Leute endlich verstehen, dass eins plus eins gleich 666 Geschlechter sind. Die Berufsfunktionärin, deren Lebensrealität der Apparat der grünen Partei bildet, blickt auf die Bürger des Landes herab, deren Realitätssinn sie als Überforderung diffamiert, denen sie jedes eigene Urteilsvermögen abspricht, wenn sie insinuiert, dass sie von den „Vereinfachern“ in ihrer Einfalt verführt werden könnten. Warum glaubt Katrin Göring-Eckardt, die übrigens meint, dass die Nationalsozialisten die Frauenkirche in Dresden zerstört hätten, dass sie so viel mehr weiß als die überforderten Bürger?

Gesteht sie ihrem unterkomplexen Satz: „Das Klima wartet auch nicht, bis wir fertig sind mit Diskutieren“ wirklich faustische Tiefe zu? Der Phrase irgendeinen Sinn? Wie erklärt sie eigentlich den Bienen und den Vögeln, um die sie sich kümmern wollte, dass sie immer mehr Windräder in die Landschaft stellen will, die dann Vögel und Fluginsekten en masse töten? Kennt sie den Unterschied zwischen Klima und Wetter, den Unterschied zwischen Boden- und Lufttemperatur? Nicht besser steht es um den Satz: „Ich bin Protestantin und immer bereit, Schuld auf mich zu nehmen.“ Was die Protestantin betrifft, da sind Martin Luther und ich anderer Meinung. Nicht der Anflug von Selbstkritik ist im ganzen Interview zu finden, da muss man nicht einmal so schwere Begriffe wie Schuld auffahren.

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Sie mag es ja locker behaupten, dass dorthin, „wo die AfD besonders stark“ ist, Investoren und Fachkräfte nicht hinwollen, doch womit belegt sie das? Belegt ist allerdings, dass der grüne Wirtschaftsminister Habeck immer mehr Firmen und immer mehr deutsche Fachkräfte ins Ausland treibt, und bezüglich der Firmen diese Abwanderung auch noch mit steuerlichen Anreizen versehen wird. Wäre es nicht ein Gebot der Redlichkeit, anstatt unhaltbare Behauptungen aufzustellen, weshalb Investoren und Fachkräfte angeblich nicht kommen, die Wirtschaftspolitik so zu konzipieren, dass Firmen nicht die Geschäftstätigkeit aufgeben, oder Firmen und Fachkräfte in Deutschland bleiben? Dass jeder vierte deutsche Mittelständler ans Aufgeben nachdenkt, hat auch nichts mit der AfD zu tun.

Göring-Eckardts Parteifreund, Robert Habeck, derzeitiger Wirtschaftsminister und Vizekanzler, hat unlängst in einem Interview erklärt, dass Investoren an der Grenze zu Deutschland Schlange stünden, um zu investieren. Als Grund dafür, dass sie an der Grenze verharren, hat Habeck in diesem Interview nicht die AfD benannt, sondern die langsamen und bürokratischen Verfahren in Deutschland. Vielleicht sucht Katrin Göring-Eckardt mal um einen Termin beim Wirtschaftsminister, besser noch bei dessen Staatssekretär Philipp Nimmermann nach, um sich das einmal in Ruhe erklären zu lassen.

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Sicher stellte vor kurzem auch eine „Wirtschaftsweise“ diese Behauptung auf, doch wen interessiert noch ein früher ernst zu nehmendes Gremium, das die rechtlich korrekten erworbenen Witwenrenten streichen will und gleichzeitig im Jahr 1,5 Millionen Menschen nach Deutschland holen möchte, die zwar alle eine Anwartschaft auf die Rente erhalten, doch von denen die wenigsten in die Rentenklasse einzahlen werden, wie die wenigsten in die Krankenversicherung einzahlen werden und dennoch sich medizinisch höchster Versorgung erfreuen dürfen. So wie im Rat der Wirtschaftsweisen, so wie die Migrationsbeschleunigungsministerin Nancy Faeser hat auch Katrin Göring-Eckardt das Wunder entdeckt, wie man durch ein Gesetz aus Migranten mit schlechter Schulbildung Facharbeiter macht, allein durch den Satz: So sei’s.

Ob Katrin Göring-Eckardt 1989 wirklich für die Freiheit auf die Straße gegangen ist, kann ich nicht beurteilen, doch klar ist, dass die Vereinigung von Bündnis 90 mit den westdeutschen Grünen der Verrat von Bündnis 90 an der Friedlichen Revolution war. Da sie mit dem irrlichternden CDU-Politiker Wanderwitz wieder sehr weit von oben herab behauptet, dass einige Menschen in Ostdeutschland nicht in der Demokratie angekommen seien, muss sich Göring-Eckardt die Frage gefallen lassen, ob sie denn in der Demokratie angekommen ist? Beim Lesen ihres Interviews entsteht der Eindruck, Demokratie ist, wenn alle linke Parteien wählen, also alle Farben grün. Einerseits sagt die Bundestagsvizepräsidentin zwar: „Natürlich müssen die Unterschiede zwischen den Parteien erkennbar sein.“ Doch kassiert sie den Satz gleich darauf durch den Ukas: „Das bedeutet aber auch, dass man der AfD weder rhetorisch noch in den Forderungen hinterherlaufen darf. Ich finde, das ist eine zentrale Aufgabe für alle Demokratinnen und Demokraten in unserem Land.“

Worin sollen sich denn Parteien noch unterscheiden, wenn die Grünen aus vollen Rohren via Twitter, via ihnen gewogener Medien, besonders der öffentlich zwangsfinanzierten, grünen Medien schießen, sobald Friedrich Merz eine andere Position zu Fragen des Genderns oder der Migration vertritt? Wie viel Unterschied darf es denn sein? Müssen sich die anderen Parteien den konkreten Unterschied von den Grünen genehmigen lassen? Göring-Eckardt dokumentiert in dem Interview, was durch andere Tweets ihrer Parteifreunde jeden Tag bestätigt wird, dass jede Abweichung vom grünen Dogma sofort den Sturm der Grünen entfacht. Ganz davon abgesehen: Weshalb kann die AfD, nur weil sie AfD ist, nicht auch richtige Positionen vertreten?

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Göring-Eckardt ist vollkommen zuzustimmen, wenn sie sagt: „Die demokratische Mitte ist weiterhin die Mehrheit.“ Nur, sind die Grünen nicht die Mitte, sondern eine linke Partei, was Göring-Eckardt im Interview selbst belegt, wenn sie über das Eigentum schimpft und in Enteignungs- und Umverteilungsdelirien entschwindet. Die Vizepräsidentin des Bundestages fordert in der Tradition von Rousseau, Robespierre und de Saint-Just, auch wenn sie deren Werke und Reden nicht kennen mag, einen neuen Gesellschaftsvertrag. Das heißt im Klartext, ein neues Grundgesetz. Denn Göring-Eckardts Forderung eines neuen Gesellschaftsvertrags ist im Grunde die Forderung, ein neues Grundgesetz zu erarbeiten oder das Grundgesetz soweit zu entstellen, dass es das Gegenteil von dem aussagt, was es beinhaltet.

In Artikel 14 heißt es „Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet.“ Doch Göring-Eckardt fordert: „Wir müssen perspektivisch unseren Reichtum besser teilen. Menschen mit sehr hohen Vermögen können und sollen sich stärker an unserer solidarischen Gesellschaft beteiligen.“ Dieser Satz ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Wer ist wir? Frau Göring-Eckardt? Die Amadeu Antonio Stiftung? Der Queer-Beauftragte Lehmann? Die Antidiskriminierungsbeauftragte Ataman? Was versteht Göring-Eckardt unter Reichtum? Wie sich zeigt, im platten Sinne Geld. Warum sagt sie nicht wahrheitsgemäß: Wir Grüne wollen an die Konten der Bürger ran, um das, was uns zu viel erscheint, einzukassieren. Denn, so sagt sie wörtlich: „Natürlich gibt es auch Menschen, die mit sehr hohen Gewinnen nach Hause gehen, sie erben Vermögen, ohne dass sie etwas dafür tun müssen. Dass man solche Summen auf der hohen Kante hat, ohne, dass sie für die Gesellschaft wirken, ist falsch.“

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Woher weiß ausgerechnet sie, die doch nun wirklich außerhalb der Politik und der EKD über keine nennenswerten beruflichen Erfahrungen verfügt, dass diejenigen, die viel Geld auf der „hohen Kante“ haben, nichts dafür tun mussten? Ihr dürfte auch nicht bewusst sein, dass sowohl für die vererbten Vermögen als auch für die Sparguthaben bereits beträchtliche Steuern bezahlt worden sind. Was sie vorhat, ist schlicht Raub. Besitzt sie überhaupt die geringste Vorstellung, was es mit einer Gesellschaft macht, wenn Eltern sicher sein dürfen, dass das, was sie für ihre Kinder erwirtschaften, vom Staat abkassiert wird? Wer wird dann noch mehr erwirtschaften wollen, als es für sein Leben reicht? Was macht es mit den Bürgern, die ständig befürchten müssten, dass der Staat Geld von ihrem Konto abbucht? Der digitale Euro macht es leichter. Deshalb will man auch das Bargeld abschaffen. Göring-Eckardts Vorstellungen haben das Zeug zu einem Kapitalfluchtturbo.

Ganz davon abgesehen, dass sich die Frage stellt, was dem Staat jeweils auf den Konten seiner Bürger als zu viel erscheint. Alles über 150.000 Euro bei einem Ehepaar wie jetzt bei der famosen Idee der Kindergeldkappung?

Es geht doch nicht um Gerechtigkeit, es geht schlicht darum, dass der Ampel durch die Migrationspolitik die Sozialsysteme um die Ohren fliegen, die Wirtschafts- und Energiepolitik die Privathaushalte erdrückend belastet und die Wirtschaft auf Talfahrt schickt oder ins Ausland treibt, wenn nicht Subventionen fließen, um das wirtschaftliche Desaster zu verschleiern. Der Ampel-Staat benötigt daher immer mehr Geld, auch für die woken NGOs und Kommissare, die beispielsweise als Diversitäts- oder Queerbeauftragte eingesetzt werden, für diejenigen, die märchenhaft an alle möglichen unnützen Workshops verdienen, es geht darum, dass der Ampel-Staat immer mehr Geld benötigt, um nicht aus den woken Träumen aufwachen zu müssen. Göring-Eckardt will einen Gerechtigkeitskongress, auf dem all diese woken NGOs über das Geld fremder Leute befinden.

Derweil zerbricht Deutschland. Auch, wenn der Bundeskanzler auf seiner letzten Pressekonferenz vor der Sommerpause auf Optimismus und gute Stimmung machte, dürfte das wohl eher daran liegen, dass er die Probleme des Landes da schon vergessen hatte.

Katrin Göring-Eckardt sorgt sich um den Zustand der Demokratie – ich auch.

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