Tichys Einblick
Eigenes Versagen ohne Rücksicht reparieren?

Mit Habecks Wasserstoff-Leidenschaft und All-Electric-Träumen in die Sackgasse

Bei Habeck wird alles teuer für die Verbraucher. Aber es ist ja nur Geld – das Geld der Bürger. Was er anpackt, geht schief, richten muss es dann die Propaganda – und wenn alles nicht mehr hilft, helfen immer noch Aufmärsche „gegen Rechts“. Denn rechts von ihm steht die Wirklichkeit.

IMAGO

Wenn zwei Axiome zum Bestand in jüngster Zeit dazugekommen sind, dann diese beiden: 1. Nicht Bundeskanzler Olaf Scholz hat das Sagen in der Ampel-Koalition, sondern Robert Habeck. 2. Wenn die Ampel-Koalition in ihren Entscheidungen die Wahl hat zwischen der schlechten und der noch schlechteren Lösung für Deutschland, wählt sie die noch schlechtere.

Zum ersten Axiom: Alles, was die Grünen wollten, haben sie in der Ampel, mit Verzögerung zwar, aber letztendlich doch durchgesetzt. Unter Instrumentalisierung des Krieges in der Ukraine wird ein „Aussetzen“ der Schuldenbremse angestrebt, was Deutschland in den Staatsbankrott treiben würde. Ob Robert Habeck und Annalena Baerbock Deutschland schließlich auch noch in eine militärische Auseinandersetzung mit Russland rutschen lassen können, wird man sehen. Die feministische Außenministerin Baerbock hatte bereits einmal – natürlich versehentlich – Russland den Krieg erklärt, und Verteidigungsminister Boris Pistorius spekulierte gerade im Interview mit dem Tagesspiegel: „Wir müssen also einkalkulieren, dass Wladimir Putin eines Tages sogar ein Nato-Land angreift.“

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Zwar hält Pistorius einen russischen Angriff jetzt für unwahrscheinlich. „Unsere Experten rechnen mit einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren, in denen das möglich sein könnte.“ Dass im Verteidigungsministerium Bedrohungslagen durchgespielt werden, gehört zum Geschäft, nicht zum Geschäft eines Verteidigungsministers zählt, öffentlich darüber zu spekulieren und dadurch einen Beitrag dafür zu leisten, einen Krieg herbeizureden. Pistorius gibt ganz den Ehrenmann und behauptet, dass er „unsere Gesellschaft damit auch wachrütteln“ wolle. Wenn er wenig später im Interview aber für die Abschaffung und Aussetzung der Schuldenbremse plädiert, dann wird der Zweck des „Wachrüttelns“ deutlich. Man merkt die Absicht und ist verstimmt.

Pistorius behauptet: „Die Schuldenbremse stammt aus einer Zeit, als noch nicht im Ansatz etwas von den schweren Krisen dieser Zeit erkennbar war.“ Wo hat der Mann eigentlich bis Februar 2022 gelebt? Er hätte schon im Jahr 2005 in der Gorbatschow-Biographie des Verfassers über seinen Parteifreund Gerhard Schröder, der Putin einen lupenreinen Demokraten nannte, nachlesen können: „Wir wollen nicht hoffen, dass Deutschland und die deutsche Wirtschaft die Zeche hierfür eines Tages in Russland zu zahlen hat.“

Das Geld, meint Boris Pistorius weiter, reiche nicht aus, um die aktuellen Krisen schadlos zu überstehen. Stimmt, es reicht nicht für die Krisen, die Robert Habeck am Fließband im Wirtschaftsministerium produziert. Darüber, dass die Krisen letztendlich von der Ampel-Regierung selbst verursacht werden durch Habecks Deindustrialisierungskurs, durch Faesers Migrationsturbo, durch Schulzes und Baerbocks Spendiertouren in alle Welt. An denen sich auch gern Olaf Scholz und Robert Habeck beteiligen. Über all das redet Boris Pistorius nicht, wie der beredte Minister auch eisern darüber schweigt, wie ein mehr als anderthalb Jahre bestehendes Sondervermögen Bundeswehr auch dazu dient, selbstverschuldete Haushaltslöcher zu stopfen – trotz der von ihm gerade verkündeten Bedrohungslage.

Selbst der ganz und gar oppositionsunwillige Friedrich Merz spricht davon, dass „das für große Beschaffungen der Bundeswehr vorgesehene Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro … für laufende Ausgaben geplündert“ werde. Es stellt sich bei dieser Bundesregierung die Frage, wie weit sie im Ukraine-Krieg gehen würde, um ihre „Krisen schadlos zu überstehen“, zumal Robert Habeck das Desaster seiner Mazzucato-Politik stets und ständig mit dem Ukraine-Krieg zu begründen sucht.

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Zum zweiten Axiom: TE hat darüber berichtet, dass die Bundesregierung im Herbst 2022 verfügt hat, die Anteile von Rosneft, dem Mehrheitseigentümer des PCK Schwedt, das für die Versorgung von Nordostdeutschland, Berlin, Brandenburg und Westpolen mit Benzin, Flugzeugbenzin, Diesel, auch Agrardiesel und Bitumen existenziell wichtig ist, in Treuhand zu übernehmen. Begründet wird dieser Schritt bis heute damit, dass Finanzdienstleister und Versicherungen sich geweigert hätten, für Rosneft weiter tätig zu sein. Doch dieses Argument täuscht über die wirklichen Gründe hinweg. Wenn diese Weigerung tatsächlich dazu geführt hätte, dass die Raffinerie den Betrieb hätte einstellen müssen und die Versorgungssicherheit in Ostdeutschland in Gefahr geraten wäre, hätte die Bundesregierung, hätte der Wirtschaftsminister Robert Habeck genügend Möglichkeiten gehabt, gegenzusteuern.

Wenn denn die „Weigerungen“ aus dem „Finanz- und Versicherungssektor“ wirklich originäre Ideen aus dem „Finanz- und Versicherungssektor“ waren – und nicht auch der Druck aus Polen und die Wasserstoffpläne des Ministers. Zu gut passten diese „Weigerungen“ in Habecks Konzept im Bunde mit der Firma Enertrag, die ihren Sitz im Wahlkreis des zuständigen Staatssekretärs Michael Kellner hat, aus Schwedt einen Standort für grünen Wasserstoff und zur Produktion von E-Fuels zu machen.

Die Firma Enertrag, die nicht nur eine unter Verschluss gehaltene Machbarkeitsstudie (TE berichtete) dazu angestellt hat, ist auch sehr prominent in Habecks Namibia-Projekt eingebunden. Der in Namibia produzierte Wasserstoff soll nach den Plänen des Weltwirtschaftslenkers Robert Habeck und seines Adlatus‘ Michael Kellner dann durch die beiden Pipelines, die vom Ostseehafen Mukran an Schwedt vorbei in den Süden führen und bisher russisches Erdgas befördert hatten, vom Tanker über Mukran nach Schwedt transportiert, um dann auch in Schwedt verarbeitet zu werden. Wie der knallgrüne Zufall so spielt, die Zerstörung von Nord Stream erweist sich als hilfreich für die Umsetzung der Wasserstoff-Strategie der Bundesregierung.

Obwohl bis heute weiter Erdöl aus Russland nach Schwedt durch die Erdölpipeline Drushba fließen könnte, weil das Pipeline-Öl vom Embargo ausgenommen ist, hat die deutsche Regierung ab Januar 2023 die Einfuhr von russischem Erdöl einseitig und freiwillig untersagt und damit die Versorgung verteuert und gefährdet. Die Polen haben übrigens fröhlich weiter importiert. Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke, der durch seinen hemmungslosen Windkraftanlagenausbau für sein Bundesland die höchsten Energiepreise zu verantworten hat, hat dem PCK aufgrund Habecks blumiger Versprechungen die Zukunft genommen und die Uckermark der Utopie geopfert. Die Anteile von Rosneft am PCK wurden mit dem Ziel der Enteignung des russischen Rosneft-Konzerns unter Treuhandverwaltung gestellt. Am 20. April 2023 wurden mit der Novellierung des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) die Möglichkeiten des Staates, Einfluss auf Unternehmen zu nehmen, erweitert.

Redaktionsschluss mit David Boos
Ablenken vom Ampelversagen
Was bis jetzt jedoch Staunen auslöst, ist die simple Tatsache, dass die Enteignung bisher nicht stattgefunden hat, sondern die Treuhand immer wieder um ein halbes Jahr verlängert wurde. Die nächste Verlängerung müsste nun am 10. März beschlossen werden. Das ist natürlich ein unhaltbarer Zustand, weil keine Rechtssicherheit besteht. Nun will die Bundesregierung die Enteignung von Rosneft ernsthaft angehen. Deshalb hat das Bundeswirtschaftsministerium das dafür vorgeschriebene Anhörungsverfahren eingeleitet. Das man jetzt endlich zur Tat schreiten möchte, hängt dem Vernehmen nach, wie die WELT schreibt, daran, dass es „immer schwieriger“ wird, „Gelder für die Wartung und Investitionsmittel in die ökologische Transformation der Raffinerie zu mobilisieren, solange der Eigner in Moskau sitzt“. Das allerdings dürfte nur den geframten Teil der Wahrheit darstellen, denn das Problem besteht weniger darin, dass der Eigner in Moskau sitzt, sondern vielmehr darin, dass der Umbau des PCK zur Wasserstoff-Fata-Morgana einer klaren Eigentümerstruktur bedarf.

Der Shell Konzern, der zweitgrößte Anteilseigner, hat seine Anteile an die britische Prax-Gruppe verkauft, die im Öl-Geschäft tätig ist, aber auch 2021 den Initiativen eFuel Today und eFuelAlliance beitrat. Prax über sich: „Unsere Nachhaltigkeits-Reise beinhaltet diverse Stationen – von der Einführung des Kraftstoffes E85 an OIL! Stationen und der Gründung der Initiative Pro Klima über verschiedene Pflanzaktionen bis hin zur Partnerschaft mit dem KlimaMoor ‚Am Löh‘, weiteren Initiativen zum CO2-Ausgleich, der Einführung von AdBlue-Zapfsäulen, E-Ladesäulen und neuen Kraftstoffen wie E-Fuels.“ Prax, aber auch Enertrag dürften nach Auskunft verlangen, wann sie wie und vor allem wie abgesichert sie investieren können.

Dass die Enteignung nicht längst durchgeführt worden ist, liegt nicht an der Zimperlichkeit, sondern am Pfusch im Hause Habeck. Denn die Bundesregierung befürchtet zu recht, dass sie im Falle einer Enteignung Millionen Euro an Entschädigungen nach Moskau überweisen muss, wie es sich aus dem Grundgesetz, aus dem Investitionsschutzabkommen, das seit 1989 zwischen der Bundesrepublik und Russland bis heute gültig ist, und schließlich aus dem Paragraphen 21 des Energiesicherheitsgesetzes ergibt. Neben den Entschädigungen steht aber auch die Belieferung der Raffinerie auf dem Spiel, denn selbst wenn es kein russisches Erdöl, sondern tatsächlich kasachisches Erdöl ist, das derzeit durch die Drushba fließt, können die Russen die Durchleitung sperren.

Die Importe aber, die über die Notpipeline von Rostock und über Danzig kommen, dürften kaum die notwendige Mindestauslastung gewährleisten, da die Erdölpipeline vom Danziger Hafen zur Drushba und zur polnischen Raffinerie Plock, von PKN Orlen betrieben, nicht genügend freie Kapazitäten für den Bedarf des PCK besitzt. Hinzu kommt, dass sich die Polen in der Vergangenheit nicht immer als sehr zuverlässig erwiesen haben. Sich von Polen abhängig zu machen, wäre also ein großer strategischer Fehler.

Deutschlands Ausverkauf:
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Robert Habeck hat durch seine Wasserstoff-Leidenschaft und seine All-Electric-Träume die Bundesregierung und Deutschland in eine schwierige Situation manövriert. Will man eine wie auch immer geartete Perspektive für das PCK eröffnen und das PCK nicht einfach nur abwirtschaften, muss in der Tat Klarheit in der Gesellschafterstruktur geschaffen werden, und das heißt: Entweder wird enteignet oder Rosneft tritt wieder in seine vollen Rechte als Gesellschafter ein. Letztere Lösung setzt Regierungswechsel in Berlin und in Brandenburg voraus. Die Enteignung hingegen wird den Schwebezustand, in dem sich das PCK befindet, verlängern, weil niemand weiterreichende Entscheidungen trifft, bis hin zum Kauf der Anteile von Rosneft, solange Rechtsunsicherheit besteht – und die besteht, solange die Klagen von Rosneft, die Rosneft im Falle der Enteignung einzureichen bereits angekündigt hat, bei Gerichten anhängig sind.

Die Enteignung und auch die rechtliche Form und der rechtliche Verlauf der Enteignung werden dem Investitionsstandort schaden, denn jeder Investor wird es sich dreimal überlegen, ob er in Deutschland investiert, wenn er nach dem Gutdünken eines grünen Wirtschaftsminister aus welchen Gründen auch immer enteignet werden kann. Es sei denn, Robert Habeck, der sich ein Sondervermögen Wirtschaft als Spielgeld wünscht, sichert Investments durch viel stupid geman money ab. Rosneft hat sich bisher rational und ordnungsgemäß verhalten.

Eine dritte Möglichkeit besteht darin, dass Deutschland eine Entschädigung in einer Höhe zahlt, die Rosneft von Klagen absehen lässt. Das würde natürlich sehr teuer. Aber in puncto Kosmetik lässt sich die Ampel bekanntlich nicht lumpen.

Und was wird bei Robert Habeck nicht teuer für die Bürger, es ist ja nur Geld, es ist ja nur das Geld der Bürger. Was der Mann anpackt, geht schief, richten muss es dann die Propaganda – und wenn alles nicht mehr hilft, helfen immer noch Aufmärsche „gegen Rechts“. Denn rechts von ihm steht die Wirklichkeit.

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