Tichys Einblick
Weniger noch als Schall und Rauch:

Robert Habecks Politik fußt auf fragwürdigen Prognosen

Nicht einmal die Zahlen, mit denen das Bundeswirtschaftsministerium rechnet, decken die Behauptungen des Ministers zu steigenden Gas- und Ölpreisen. Im Gegensatz zu den Verlautbarungen von Robert Habeck und Co lohnt die Anschaffung einer Wärmepumpe nicht nur nicht, sie stellt sich sogar als Verlustgeschäft heraus.

IMAGO / Chris Emil Janßen

Habecks Propaganda wird selbst von Habecks Ministerium widerlegt. Als im Frühjahr die Diskussion um das Wärmepumpendiktat Habecks und seiner grünen NGOs und Thinktanks, das die Bundesbürger zwingen sollte, Wärmepumpen einzubauen, die Gemüter erhitzte, als die Grünen dieses Gesetz noch vor der Sommerpause durchpeitschen wollten, drohte Ricarda Lang den Zuschauern in der ARD damit, dass wer weiter auf Öl- und Gasheizungen setzt, sich in eine Kostenfalle begebe: „In ein paar Jahren – spätestens ab 2027, wenn der Zertifikatehandel auch auf Wärme angewendet wird, also die CO2-Preise auf Gas und Öl steigen – stehen die dann mit unbezahlbaren Heizkosten da.“ „Die“ sind übrigens nicht wenige deutsche Familien, Männer, Frauen und Kinder. Mit dem „die“ zeigt Lang nur, wie sehr sie die Familien, Männer, Frauen und Kinder verachtet.

Im April hatte Habeck in einem Interview bereits die Propagandarichtung vorgegeben: „Die Preise für Erdgas und Heizöl werden ab 2027 durch den EU-Emissionshandel kontinuierlich steigen. Allein schon deshalb sollte man bei einer so langfristigen Investition wie einer Heizung auf Erneuerbare setzen.“ Habeck behauptete völlig faktenfrei, dass sich die Wärmepumpe über einen Zeitraum von 18 Jahren rechnen würde. „Außerdem werden die Preise bald sinken. Deswegen wäre Torschlusspanik wirklich falsch“, verkündete der Prophet der Wärmepumpen damals den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Niemand sollte jetzt noch schnell eine Öl- oder Gasheizung einbauen. Die fossilen Energien sind eine Sackgasse, keine Spardose.“ Doch die Bibel kennt eben auch die falschen Propheten.

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Eine kleine Anfrage der Unionsfraktion des Bundestages, über die die WELT berichtet, offenbart nun, dass Habecks und Langs Behauptungen nicht einmal von den Zahlen gedeckt werden, mit denen Habecks Ministerium rechnet. Die Experten im Bundeswirtschaftsministerium gehen trotz der dreisten Erhöhung der Atemsteuer (CO2-Bepreisung) nicht von einem exzessiven Anstieg der Preise für Gas und Öl aus, sondern der Strom wird nach einer Senkung im Jahr 2024 bis 2035 wieder teurer. Mehr noch, der Strompreis für die Wärmepumpen würde in einem Zeitraum von 12 Jahren sich lediglich um zwei Cent pro Kilowattstunde reduzieren.

In Zahlen laut der kleinen Anfrage, über die die WELT berichtet, heißt das: Die Gaspreise fallen von 18,85 Cent pro Kilowattstunde auf 12,07 Cent im Jahr 2024. Bis 2030 soll sich der Gaspreis zwischen 12,07 Cent und unterhalb von 13 Cent pro Kilowattstunde einpegeln. Zwar soll der Strompreis 2024 von 33,35 Cent pro Kilowattstunde auf 30 Cent fallen, bis 2035 würde er jedoch auf 31,53 Cent pro Kilowattstunde steigen. In all diesen Berechnungen dürften die Verknappung von Strom und die steigenden Importpreise nicht überzeugend dargestellt sein. Übrigens erwartet die Bundesregierung bei der Fernwärme einen deutlichen Preisanstieg.

Nach diesen Zahlen lohnt sich im Gegensatz zu den Verlautbarungen von Habeck und Lang und ihrer eifrig twitternden grünen Freunde die Anschaffung einer Wärmepumpe nicht nur nicht, sie stellt sich sogar als Verlustgeschäft heraus. Fazit: Nicht einmal die Zahlen, mit denen Habecks Ministerium rechnet, decken die Äußerungen des Ministers.

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Natürlich verweist das Bundeswirtschaftsministerium in seiner Antwort darauf, dass die Prognosen „mit großer Unsicherheit behaftet“ seien. Habeck hat es noch dekuvrierender im Interview mit Slomka ausgedrückt: „Nun sind diese Prognosen in die Zukunft natürlich immer Prognosen, deshalb sind sie quasi aus ihrer Logik heraus nie 100 % richtig, sondern sie schaffen eine Perspektive, die hoffentlich eintreten wird.“ Man stelle sich einmal diesen Irrsinn vor: Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klima und Vizekanzler der Bundesregierung Deutschland, baut seine Politik auf Prognosen grüner NGOs und Thinktanks für eine Perspektive oder Utopie auf, die dann hoffentlich vielleicht eintreffen wird, und nimmt die Prognosen seines eigenen Ministeriums nicht zur Kenntnis. Denn nur diejenigen Prognosen stimmen, die die eigene ideologisch ausgerichtete Politik stützen. Gesinnung statt Expertise, Träume statt Realität.

Hinzu kommt, dass Habecks Ministerium keine Antwort auf die Frage zu geben sich in der Lage sieht, wie viel CO2 durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das am 8. September vom Bundestag beschlossen werden soll, tatsächlich eingespart wird. Die Ampel-Regierung und die ihr anhängenden Fraktionen peitschen also am 8. September 2023 ein Gesetz durch den Deutschen Bundestag mit den größten Auswirkungen auf den Wohlstand der Bürger, auf die Industrie, auf die anfallenden Kosten für Städte und Gemeinden aus dem einzigen Ziel heraus, CO2 zu sparen – und dann weiß diese Regierung nicht einmal, wie viel CO2 eingespart wird. Schmallippig antwortet Habecks Ministerium auf diese zentrale Frage, auf die grundsätzliche Frage für das GEG mit dem Satz: „Hierzu liegen der Bundesregierung gegenwärtig noch keine abschließenden Abschätzungen vor.“

Über die Kosten, die dieses Gesetz auslösen wird, weiß man in Habecks Ministerium natürlich auch nichts. Wie fundiert übrigens die „Perspektiven“ des Ministers Ahnungslos sind, zeigte Habeck in dem Interview mit Slomka, als er sagte: „Wir haben eine Lücke bis 2030 von 200 bis 300 Millionen Tonnen, sagen wir, sage ich, sagt der Expertenrat, keiner weiß, ich nicht, der Expertenrat nicht, ob es nicht 199 Millionen Tonnen oder 299 Millionen Tonnen sind … die entscheidende Botschaft ist, es ist eine Lücke da und diese Lücke muss geschlossen werden …“

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Habeck behauptet, es existiere eine Lücke in der Einsparung von CO2, nur weiß Habeck nicht, ob diese Lücke 199 Millionen Tonnen oder 299 Millionen Tonnen ausmacht. Um diese Lücke, von der Habeck nicht weiß, wie groß sie ist, zu schließen, „müssen wir in der Umsetzung besser werden, wie schnell werden die Windkraftanlagen gebaut, wie schnell werden Gebäude saniert …“, obwohl wir über die Sanierung der Gebäude und über die Zwangswärmepumpenbeglückung nicht wissen, wie viel sie an CO2 einsparen. Und ob sie überhaupt diese Lücke schließen können, von der wir weder wissen, wie groß sie ist, und wie viel mit diesen Maßnahmen von dieser Lücke unbekannten Ausmaßes mit weitreichenden Maßnahmen unbekannten Einsparpotentials geschlossen werden kann.

Die Regierung baut die Wirtschaft um und plant größte, im Grunde grundgesetzwidrige Eingriffe in das private Leben der Bürger, ohne zu wissen, was sie überhaupt damit erreicht. Und da stellen wir noch gar nicht einmal die Frage, wie sinnvoll die CO2-Einsparung und die CO2-Bepreisung eigentlich sind, ob sie am Ende nicht die dreisteste Umverteilung von den Bürgern an den Klimakomplex aus Finanzindustrie und gewissen Industrien, wie der Windkraftenergie, seit Menschen Gedenken darstellt.

Dreist, wie die asoziale Forderung des BDI-Präsidenten Siegfried Russwurm, dass die Bürger künftig, übrigens wie in jeder guten Staatswirtschaft, Habecks Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft für die Industrie zu tragen hätten: „Es ist höchste Zeit, da mal einen Strich drunter zu ziehen und zu kommunizieren, was unser Weg zur Dekarbonisierung letztendlich kosten wird.“ Denn: „Die Dekarbonisierung der Wirtschaft ist auch für mich alternativlos. Aber wir müssen ehrlich sagen: Das hat Priorität, das kostet Geld. Den Eindruck zu verbreiten, das gehe einfach so, werde niemandem wehtun, und am Ende müssen nur die Reichen ein paar Prozent mehr Steuern zahlen, diese Rechnung geht nicht auf.“

Mit anderen Worten, die Unwirtschaftlichkeit der für Russwurm alternativlosen „Dekarbonisierung der Wirtschaft“ sollen die Bürger mit ihrem Wohlstand finanzieren, nicht Russwurm und Co., denn der Industriestrompreis ist nichts anderes als die Verlagerung der Kosten einer falschen Energiepolitik von den Unternehmen auf die Bürger, auf die Steuerzahler. Das nennt man im Kern Staatswirtschaft – und für die tritt der Präsident des BDI hier ein, für die Subventionierung von Habecks Weg in die Unwirtschaftlichkeit, in die Deindustrialisierung.

Doch Robert Habeck kümmern die Folgen seiner Politik nicht. Schnell ist er mithilfe der grüntreuen Medien zum nächsten öffentlichkeitswirksamen Thema gesprungen. Gemeinsam mit dem Selbstbestimmungsminister Buschmann möchte er die EU-Bürokratie entbürokratisieren. Dass diese Entbürokratisierung ein so aussichtsloses wie schlagzeilenträchtiges Unterfangen ist, in Wahrheit aber nichts weiter als eine Politiksimulation darstellt, weiß auch er, doch angenehmer ist zurzeit die Fahrt nach Brüssel als die Fahrt nach Flensburg allemal.

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Einen Tag vor Weihnachten 2022 überbrachte Robert Habeck wie ein vorfristiger Weihnachtsmann der dort ansässigen Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) einen Förderscheck über 62 Millionen Euro. Die Reederei Nordic Hamburg sollte bei der FSG LNG-Bunkerschiffe bestellen, Schiffe also, die in deutschen und europäischen Häfen Schiffe betanken sollten, die statt Schweröl mit LNG-Gas betrieben werden. Da der Bund 25 Prozent der Investitionen übernahm, dürfte das Volumen 248 Millionen betragen.

Doch nun berichten laut Schleswig-Holsteinischer Zeitung Mitarbeiter von „verspäteten Gehaltszahlungen“. Die sh:z schreibt, dass auch „der Stapellauf der aktuell im Bau befindlichen RoRo-Fähre für eine Reederei in Australien … verschoben werden“ musste und im Juni der Geschäftsführer der Werft zurücktrat. Für die Werft, die 2020 sich in Insolvenz befand und die auf den Bau von Fähren spezialisiert ist, bedeutet dieser Auftrag die Chance, das Geschäftsfeld zu erweitern. Doch bisher wurde der Vertrag mit Nordic Hamburg noch nicht unterschrieben.

Laut der CDU-Bundestagsabgeordneten Petra Nicolaisen aus Schleswig-Holstein, habe die FSG auf die Verteuerung des Materials hingewiesen, so dass für das vorgesehene Budget nur zwei, statt drei Schiffe gebaut werden können. Nun müssen, was immer das auch heißt, die Förderbescheide angepasst werden. Mit Blick auf Robert Habeck formulierte Nicolaisen: „Politisch bedeutet dies, dass der Weihnachtsmann hier ein Versprechen abgegeben hat, das er offensichtlich leider nicht halten konnte.“ Doch im Versprechen ist Robert Habeck groß. Politik ist schließlich Kommunikation – und Realität nur reaktionär oder eben rechts.


Am 9. September 2023 lädt Roland Tichy zur Diskussion im Rahmen der „Bauen Kaufen Wohnen“-Messe in Dresden ein. Hier soll der Frage nachgegangen werden, wie Bauen wieder erschwinglich werden kann, wie die Wohnmodelle der Zukunft aussehen können und ob das Modell vom Eigenheim überholt ist. Diese Diskussionsrunde wird auch mit Fragen aus dem Publikum im Rahmen der Diskussionsreihe „Tichys-Einblick-Talk“ auf Kabel und YouTube ausgestrahlt.

Auf dem Podium zu Gast sind:

  • Silke Schröder, selbstständige Immobilien-Managerin. Sie kennt wie kaum eine Zweite den Markt in der Hauptstadt und seine Entwicklung;
  • Christian Rietschel ist Vorsitzender Haus & Grund Dresden und vertritt Eigentümer. Er informiert über die Entwicklung der Rechtsprechung, Normen, Vorschriften und Regulierung und richtet Forderungen an die Politik;
  • Dr. Fritz Söllner, Professor der Volkswirtschaftslehre TU Ilmenau, spricht über die Bedeutung des Wohnungsbaus für die gesamte Volkswirtschaft und die Folgen der derzeitigen Politik für Bauherren, Eigentümer und Mieter;
  • Gunter Weißgerber (Mitglied des Bundestages, a.D.) kennt die politischen Prozesse und kennt wie kaum ein zweiter auch die technischen und baulichen Hintergründe des umstrittenen Wärmepumpengesetzes und seine Folgen für die betroffenen Hauseigentümer und Mieter.

Tickets für die Diskussion sind hier erhältlich. Bitte beachten Sie, dass das Kontingent begrenzt ist.