Tichys Einblick
Verschiebung des Heizungsgesetzes

Der Phrasendrescher Habeck entlarvt sich neuerlich – und die Ampel gleich mit

Gegenüber Markus Lanz erklärt Robert Habeck, der Eingriff des Bundesverfassungsgerichts sei „kein Beinbruch“. In Wirklichkeit ist die Verschiebung eine Bankrotterklärung für die Grünen – mit schwerwiegenden Folgen.

IMAGO / Political-Moments

Im ZDF versucht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, souverän zu wirken. Die Verschiebung des Heizungsgesetzes sei „kein Beinbruch“. In Richtung CDU, die Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hatte, frotzelt er, die Union habe jetzt genügend Zeit, um das Gesetz noch einmal in Ruhe durchzulesen. Lässige Sprüche sehen anders aus. Die Majestätsbeleidigung des grünen Häuptlings ist fassbar.

Denn nicht die Union, sondern das Bundesverfassungsgericht hat das grüne Projekt vorerst gestoppt. Medien und Politik spielen diesen Vorfall bezeichnend herunter – denn wann ist in der bundesrepublikanischen Geschichte zuletzt ein Gesetz zwei Tage vor seiner Verabschiedung vom obersten Gericht der Republik verhindert worden? Üblicherweise läuft es in Deutschland so ab: Ein verfahrenstechnisch oder verfassungsmäßig fragwürdig zustande gekommenes Gesetz wird Monate, wenn nicht Jahre später gerüffelt. Das Bundesverfassungsgericht gibt der Bundesregierung anschließend den Auftrag, nachzujustieren.

Heizungshammer
Robert Habeck, treten Sie zurück
Dieses Mal waren die handwerklichen und verfahrenstechnischen Fehler aber offenbar so schwerwiegend, dass sich das Gericht dazu genötigt sah, dem Eilantrag stattzugeben. Das ist eine Watsche, wie man sie in Jahrzehnten nicht erlebt hat. Die Botschaft lautet: Die Ampel weiß im Grunde nicht, wie man Gesetze richtig verabschiedet. Und die Grünen wissen es nicht nur nicht, sie haben ganz gezielt versucht, dies mit roter und gelber Schützenhilfe dennoch durchzuboxen, in der Hoffnung, dass es keiner merkt.

Nächster Punkt: Nicht nur die Union, sondern auch die vom Bundestag bestellten Sachverständigen hatten große Zweifel an der jetzigen Form des Gesetzesentwurfs. Selbst die von den Ampelparteien bestellten Experten waren nicht vollständig zufrieden. So gut wie jeder in der Fachrunde hatte am Montag Verbesserungsvorschläge. Wie aber hätten die in ein Gesetz einfließen sollen, das vier Tage später von den Ampelparteien abgesegnet werden sollte.

Damit nicht genug. Die erste Reaktion innerhalb der Ampelparteien war nicht etwa, dass man nach dem Hineingrätschen Karlsruhes die Sache erst einmal auf sich beruhen ließ. Vielmehr bestand die Idee, eine Sondersitzung anzusetzen. Diese Sondersitzung fiel nicht deswegen aus, weil man nun „genug Zeit“ geben wollte, um ein gutes Gesetz vorzubereiten. Laut Informationen des Spiegel enthüllen interne Chatprotokolle der Grünen, dass diese davor Angst hatten, die Sondersitzung zum „Thema ihrer Kampagne“ machen zu wollen.

Nicht mehr haltbar
Habeck brüskiert den Bundestag – mal wieder
Damit folgt die nächste Entlarvung. Am Montag hatten die Ampelparteien gegenüber den Sachverständigen beteuert, das Gesetz müsse so schnell verabschiedet werden, um die „Planungssicherheit“ in der Wirtschaft und „Verlässlichkeit“ bei den Bürgern zu verstärken. Es gehe um „Vertrauen“ und ein Ende der „Verunsicherung“ nach der langen Debatte. In Wirklichkeit bestätigen die Grünen genau das, was man schon vorher wusste: Es geht um parteipolitische Kämpfe und Wahlkämpfe.

Führen wir uns neuerlich vor Augen, mit welcher Verve die Grünen dafür stritten, dieses Gesetz durchzupauken, weil es so immens wichtig sei. Politiker wie Katrin Göring-Eckardt missbrauchten die Bilder der Überflutung in Italien gar für ihre Agenda, nach dem Motto: Deswegen braucht Deutschland so schnell wie möglich die Wärmepumpe. All diese Mätzchen entpuppen sich nun genau als das, was sie immer waren: Mätzchen.

Damit befinden sich die Grünen in der Falle: Entweder ihnen ist der Klimaschutz so wichtig, dass sie das Gesetz nun in einer Sondersitzung durchpauken; oder andere Interessen sind bedeutend wichtiger, weil sie es nun nicht tun. Böse Zungen könnten auch vermuten, dass der Sommerurlaub eine höhere Priorität hat als die Weltrettung. Bei den Klimaklebern, die ganz ähnlich in die Sommerpause gehen, gibt es verblüffende Parallelen.

Bundesverfassungsgericht
Urteil zu Habecks Heizhammer: „Eine verdiente Quittung für die Grünen“
Das Fegefeuer hat aber immer noch kein Ende. Denn auch, wenn die Ampel der Falle entgangen ist, die Sondersitzung und damit das Heizungsgesetz zum Sommerlochthema zu machen, so stehen ab September gleich zwei Kröten bevor, die Habeck und seine Gefährten durchstehen müssen. Da wäre zuerst das neuerliche Bundestagsprozedere, das sich ganz anders ausnehmen wird als vor der Sommerpause. Mittlerweile werden all die Mängel, die versteckten Fallstricke und groben Schnitzer im Entwurf auffallen, weil sowohl Abgeordnete wie Sachverständige den Entwurf von 111 Seiten durchackern können, wie sie es vor dem Wochenende nicht konnten. Habeck wird sich also neue Fragen stellen lassen müssen.

Diese Fragen werden nicht nur von der Opposition kommen. Im Oktober wird in Bayern und Hessen gewählt, und Sozialdemokraten wie Liberale werden keine Lust haben, sich vom grünen Mühlstein in den Abgrund ziehen zu lassen. Das gilt insbesondere für die FDP, die derzeit bei 5,5 Prozent in den Umfragen steht und droht, wegen ihrer Koalition mit den Linken neuerlich aus einem Landesparlament zu fliegen. Die SPD wird wiederum alles dafür tun, dass ihre Kandidatin Nancy Faeser – immerhin Bundesinnenministerin – keine Klatsche für eine Politik einfährt, die Berlin zu verantworten hat.

Strategisch bringt das Gesetz also die Grünen im Besonderen und die Ampel im Speziellen für die nächsten Monate in unruhige Fahrwasser. Habeck mag behaupten, dass der Karlsruher Entscheid kein Beinbruch war. In einer Koalition, wo man täglich am offenen Herzen operiert, ist das in der Tat ein schiefer Vergleich.

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