Tichys Einblick
Greta: bei Lindner in die Schule gegangen?

Grün-Rot jetzt auch in Gelb

Wer eventuell gemeint haben sollte, die Ablehnung einer Jamaica-Koalition nach der letzten Bundestagswahl könne ein Neubeginn für echte liberale und antisozialistische FDP-Politik sein, sieht sich ge- und enttäuscht.

imago images / Sven Simon

Noch immer hält sich bei vielen die Vorstellung, die FDP sei eine liberale Partei und unterscheide sich maßgeblich von den anderen linken Parteien in Deutschland. Die Beschlüsse vom Parteitag Ende April 2019 weisen in eine andere Richtung. Auch die FDP hat sich weitgehend eingereiht in die grün-rote Einheitsbewegung, in die CDU/CSU längst eingemeindet sind.

Quote statt Leistung: auch wir sind jetzt dafür (FDP)

Das jüngste Beispiel für die ideologische Ausrichtung der FDP an Grün-Rot: Auf ihrem Parteitag beschloss sie eine Quote für Frauen. Sie nennt es nicht so, sondern Zielvereinbarung. Aber in der Sache geht es darum, Parteiämter vermehrt nach dem Kriterium Geschlecht statt nach dem der Befähigung zu besetzen. Eine besonders innovative Idee ist das sicher nicht, liberal sicher auch nicht (aber man nennt sich ja auch nicht mehr Die Liberalen), sie liegt auf bewährter (konservativer) Linie der anderen Parteien und zeigt Anschlussbereitschaft an das linke Milieu.

Linke Kampfrhetorik: wir trinken den Kakao, durch den man uns zieht (FDP)

Anschlussbereitschaft zeigt man bei der FDP auch mit der Übernahme linker Kampfrhetorik der anderen Parteien. Gerade konnte man in der sogenannten Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung der SPD folgendes lesen: Bei Personen mit Präferenz FDP sei die Zustimmung sowohl zum herkömmlichen als auch zum israelbezogenen Antisemitismus deutlich höher als bei den Anhängern aller anderen Parteien einschließlich der AfD. Als wolle man jeden Verdacht abschütteln, fasste die FDP auf dem Parteitag auch einen Beschluss zum Antisemitismus. Der liest sich wie das typisch hohle und an dem eigentlichen Problem vorbeizielende Geschwätz der anderen Parteien zum Thema. Es erfülle die FDP mit Sorge, dass Juden sich zunehmend bedroht fühlen und bestimmte Gegenden meiden. Den Grund für die zunehmende Bedrohung benennt die FDP allerdings nicht, der große weiße Elefant bleibt unerwähnt. Immerhin ganz „mutig“ wird einmal der politische Islam angesprochen, aber auch nur im Zusammenhang mit den antisemitischen, als Israelkritik verbrämten Angriffen der Boykott-Bewegung BDS.

Mit einer neuen Bundes-Meldestelle will die FDP der Bedrohung begegnen. Als Vorbild nennt die FDP die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus aus Berlin (die sich in geschichtsklitternder Weise das Kürzel RIAS „angeeignet“ hat, des Rundfunks im amerikanischen Sektor von Berlin aus der Zeit der deutschen Teilung). Diese Meldestelle ist ein Projekt des steuerfinanzierten Vereins für demokratische Kultur e.V. Dessen Mitglieder sind ein Sammelsurium von Vertretern der dunkel-linken Szene Berlins, sie stammen unter anderem von der Partei Die Linke (vormals SED), der Rosa-Luxemburg-Stiftung der Linken, von sogenannten Aktionsbündnissen gegen Gewalt und sonst was oder von der als linksextremistisch eingestuften Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes. Mit-Gründer und Vorstand des Vereins ist Timo Reinfrank, in Personalunion auch Geschäftsführer der umstrittenen linksradikalen Amadeu Antonio Stiftung. Wie man dort Menschen diffamiert und mit Andersdenkenden verfährt und Geschichtsklitterung betreibt, kann man unter anderem hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier oder hier nachlesen.

Bei solchen „Vorbildern“ muss man sich nicht wundern, dass sich die FDP in ihrem Parteitagsbeschluss auch gleich noch deren Kampfbegriffe wie den der „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ zu eigen macht. Dieser Un-Begriff wird seit einigen Jahren medial gepusht und ist Grundlage der sogenannten Mitte-Studie. Diese „Studie“ ist nichts anderes als eine Verleumdungsschrift gegen die bürgerliche Mitte der Gesellschaft. Ersteller der „Studie“ sind die derzeitige Stiftungsratsvorsitzende der Amadeu Stiftung und deren Vorgänger. Auch die FDP trinkt also den Kakao, durch den sie gezogen wird.

Neue CO2-Steuer: auch wir sind dafür, nennen es nur anders (FDP)

Auf grün-roter Parteilinie liegt die FDP auch in der Steuer-/Klimapolitik. Mit der seit kurzem viel debattierten CO2-Steuer steht die größte Steuererhöhung des Jahrhunderts an. Geht es nach den Vorstellungen des politisch-klima-industriellen Komplexes soll die Steuer in möglichst vielen Staaten der Welt erhoben werden (siehe beispielsweise hier).

In Deutschland sind alle Bundestagsparteien dafür, bis auf eine. Die frühere Steuersenkungs-zumindest-Ankündigungspartei FDP ist diese Ausnahme allerdings nicht. Sie nennt es nur nicht Steuer, sondern Bepreisung mittels Emissionshandels. Gemäß FDP-Parteitagsbeschluß solle „in einem marktwirtschaftlichen Ordnungsrahmen“ „der CO2-Preis als zentrale Steuerungsgröße in allen Wirtschaftssektoren mit relevanten CO2-Emissionen wirken“. Globalen oder zumindest EU-weiten Öko-Sozialismus mit zentraler Steuerung als marktwirtschaftlich zu begreifen – die „Kunst“ der Dialektik zumindest beherrscht man in der FDP.

Die politische Diskussion wird eigentlich nur noch geführt über die Höhe (20 € oder 50 € pro Tonne CO2), über die beste Methode (Steuer oder Emissionshandel) und über die „sozial verträglichste“ Art, die Bürger auszunehmen. Die FDP wird dazu sicher ihre geballte „Kompetenz“ einbringen, vielleicht kann sie ja mit der CSU Vergünstigungen für Hoteliers durchsetzen (Stichwort: Mövenpick-Steuer).

Den Parteivorsitzenden der FDP kann man geradezu als Geburtshelfer der CO2-Steuerpläne in Deutschland bezeichnen. Es war Christian Lindner, der die Bepreisung von CO2 „ins Spiel brachte“, so die Zeitung Die Welt im Januar 2018. Lindner forderte damals verbindliche Klimaziele für 2030. „Das sei eine Überlebensfrage der Menschheit. Ich bin dafür, dass wir CO2 einen Preis geben, damit die wirtschaftlich effektivsten Formen der Vermeidung genutzt werden. Und zwar europaweit und in allen Sektoren des Lebens.“

Man könnte fast meinen, Greta und ihre Jünger hätten freitags gar nicht blaugemacht, sondern wären bei Lindner zur Schule gegangen und hätten bei ihm ein paar Stunden in Endzeitrhetorik „Ich will, dass ihr in Panik geratet“ und im Aufstellen populistischer Klima-Forderungen genommen.

Kalte Progression abschaffen: nicht mehr mit uns (FDP)

Selbstredend wird es der Mittelstand sein, der am meisten unter den Preissteigerungen für Güter und Dienstleistungen aufgrund der Klimaabgaben leiden wird. Der auch am meisten unter den Auswirkungen der sogenannten kalten Progression bei der Einkommensteuer leidet. Seit Jahrzehnten ist dieses Problem Thema der steuerpolitischen Diskussion. Mit Verve und markigen Sprüchen stritt die FDP für die Beseitigung der Wirkungen der kalten Progression. Der Chef-Sprücheklopfer der FDP, Christian Lindner, etwa nannte die kalte Progression im Dezember 2014 institutionellen Lohnklau, den man nicht weiter tolerieren dürfe“. Und denen, die das tolerieren, nämlich vor allem CDU/CSU, attestierte er im Oktober 2016 in der Steuerpolitik „die Glaubwürdigkeit eines Handtaschenräubers“. Noch im Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2017 forderte die FDP lautstark: „Keine heimlichen Steuererhöhungen durch die kalte Progression.“ Selbst in den Verhandlungen zu einer Jamaika-Koalition im Oktober 2017 monierte die FDP-Generalsekretärin Nicola Beer, dass die anderen Gesprächspartner nicht den Mut hätten, die kalte Progression zu beseitigen.“

Doch kaum war das Problem kalte Progression am 26.04.2018 Thema einer Bundestagsdebatte, war es für die FDP auch schon gelöst. Die FDP übernahm die Diktion der Regierungsparteien und lehnte einen Antrag zur Beseitigung der Auswirkungen der kalten Progression ab. Der FDP-Abgeordnete Herbrand begründete dies wie folgt: „Im Grundsatz gibt es das Problem im Augenblick nicht. Es ist eine theoretische Debatte.“ Vermutlich so theoretisch wie für Bundestagsabgeordnete das stetige Ansteigen der Strompreise und der Wohnnebenkosten.

Aber da war doch noch was

Aber da war doch was, was die FDP so als richtig „liberale“ Partei ausweist. Richtig. Die FDP will den Sozialisierungsartikel aus dem Grundgesetz streichen. „Artikel 15 passt nicht zur sozialen Marktwirtschaft. Er ist ein Verfassungsrelikt und wurde aus gutem Grund nie angewandt“, so der FDP-Vorsitzende Lindner. Löblich, etwas abzuschaffen, was noch nicht angewandt wurde, weil es eventuell angewandt werden könnte. Aber für die meisten Bürger hilfreicher wäre es wohl, die tagtägliche Teilenteignung der Bürger durch – steigende – Abgaben-/Steuerbelastungen anzugehen. Stattdessen jedoch setzt die FDP auf ein Mittel, das schon häufig in der bundesdeutschen Geschichte angewandt wurde: neue Abgaben/Steuern bzw. deren Erhöhung. Das hat sich schließlich „bewährt“, da macht man dann mit den anderen Parteien gerne mit und bringt die eigene Erfahrung ein, um die Bürger – natürlich marktwirtschaftlich korrekt – mit einer Bepreisung von CO2 abzukassieren.

Die FDP werde gebraucht, schrieb hier erst vor kurzem Hugo Müller-Vogg. In ihrer gegenwärtigen Verfassung als Steigbügelhalter für grün-rote Ideologien und als gesamtdeutsche LDPD aber sicher nicht. Wer eventuell gemeint haben sollte, die Ablehnung einer Jamaica-Koalition nach der letzten Bundestagswahl könne ein Neubeginn für echte liberale und antisozialistische FDP-Politik sein, sieht sich ge- und enttäuscht.