Tichys Einblick
Förderung anti-israelischer Hetze

EU-Hilfen an Palästinenser: Gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen!

Geliefert wie bestellt: eine Prüfung soll belegen, dass keine EU-Gelder an den Hamas-Terror fließen. Dabei war schon vorher klar, dass die EU die Zahlungen an die Palästinenser nicht einstellen würde. Umso mehr wirft der oberflächliche Bericht Fragen auf.

IMAGO / ANP
Die Aufregung war groß, als EU-Kommissar Olivér Várhelyi zwei Tage nach dem Hamas-Massaker in Israel vom 7. Oktober verkündete, die Palästinenserhilfen des Staatsverbunds in Höhe von knapp 700 Millionen Euro würden sofort ausgesetzt und überprüft. Das Ausmaß des Hamas-Terrors und der Brutalität gegen Israel seien ein „Wendepunkt“, begründete der Ungar seinerzeit die Ankündigung.

Das passte vielen in der in weiten Teilen palästinenserfreundlichen EU nicht. Der Außenbeauftrage Josep Borrell erklärte nach Várhelyis Ankündigung, die „überwiegende Mehrheit“ der Mitgliedsstaaten sei „gegen die Idee, Zahlungen an die Autonomiebehörde auszusetzen“. Auch die EU-Kommission teilte mit, es gebe keine Suspendierung von Zahlungen. Das Gremium unter Leitung von Ursula von der Leyen kündigte aber an, eine Prüfung einzuleiten, um sicherzustellen, „dass kein EU-Geld indirekt Terrororganisationen begünstigt, Angriffe gegen Israel auszuführen“.

Ein erstes Ergebnis dieser Prüfung wurde in der vergangenen Woche veröffentlicht. Dem Bericht zufolge bestand die Untersuchung aus zwei Stufen. Zunächst nahmen die Prüfer in den Blick, inwiefern aktuelle Projekte unter den neuen Kriegsumständen noch umsetzbar sind. Der Bau einer Entsalzungsanlage im Gazastreifen etwa erscheint derzeit wenig sinnvoll. Dann nahmen sie eine Risikoeinschätzung vor hinsichtlich der Frage, ob europäische Gelder an unerwünschte Stellen umgeleitet werden und Personen zugutekommen, die zu Hass und Gewalt aufstacheln.

Insgesamt wurden so 119 Verträge über 331 Millionen Euro unter die Lupe genommen. Das betrifft Gelder an die Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland ebenso wie Zahlungen an das UN-Hilfswerk UNRWA sowie an palästinensische Nichtregierungsorganisationen. Alle diese Zuwendungen stehen nicht erst seit gestern, sondern seit vielen Jahren im begründeten und durch die Arbeit zahlreicher Beobachter immer wieder untermauerten Verdacht, direkt oder indirekt anti-israelischen Terror und Hetze zu fördern.

Trotzdem kommt der Bericht an die EU-Kommission zu dem Schluss, dass im Großen und Ganzen eigentlich alles palletti sei. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen garnierte die Veröffentlichung der Prüfung denn auch mit den Worten: „Die Überprüfung hat bestätigt, dass die bestehenden Schutzvorkehrungen wirksam sind.“ Botschaft: Bitte gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen!

Doch der Bericht wirft Fragen auf. So muss die EU-Kommission erklären, wie sie innerhalb von sechs Wochen ernsthaft genau überprüft haben will, welche Wege ihre millionenschweren Hilfen an die Palästinenser nehmen. Der Bericht ist gerade einmal 19 Seiten lang. Das kann nicht ernsthaft als Nachweis dafür dienen, dass alles in Ordnung sei. Die israelische Organisation „NGO Monitor“, die eine hohe Expertise im Hinblick auf die Verwendung internationaler Gelder für anti-israelische Zwecke besitzt, kritisiert entsprechend nachvollziehbar, dass die Prüfung weit hinter der erforderlichen Sorgfalt zurückbleibe.

Der Bericht selbst legt offen, wie oberflächlich die Untersuchung offenbar in großen Teilen und an entscheidenden Stellen durchgeführt wurde. So heißt es zum Beispiel, dass man dem UN-Hilfswerk für Palästinaflüchtlinge (UNRWA), dem Kritiker eine Nähe zur Hamas vorwerfen, einen Brief geschickt habe mit der Bitte, Informationen zu Sicherheitsmaßnahmen mitzuteilen. Auf diese etwas absurde Art der Briefaufklärung, in der der Ankläger mithilfe des Angeklagten dessen Taten untersucht, setzte die Kommission auch bei den zahlreichen fragwürdigen palästinensischen „Nichtregierungsorganisationen“: Auch sie erhielten Post mit der Bitte, sich zu erklären.

Selbst im Fall von – laut EU-Kommission – zwei Projekten, in denen anhand öffentlich zugänglicher Informationen konkret nachweisbar sein soll, dass Trägerorganisationen zu Gewalt und Hass aufgehetzt haben, hat die Kommission Briefe an die Beschuldigten geschickt und um Klarstellung gebeten. Wer diese Beschuldigten konkret sind, will eine Sprecherin auch auf Nachfrage nicht sagen – eine Geheimnistuerei, die wenig Vertrauen weckt.

Selbst wenn man die Kommission mit konkreten, durch öffentlich zugängliche Quellen überprüfbaren Beispielen konfrontiert, weicht sie aus und flüchtet in Verweise auf die Privatsphäre der Betroffenen. Da sind etwa das Palästinensische Zentrum für Menschenrechte, das von der EU in einem bis 2024 laufenden Projekt 475.000 Euro erhalten soll, und die Organisation Al Mezan, die 375.000 Euro für ein aktuelles Vorhaben ergattern konnte. Beide Gruppen unterschrieben direkt nach dem 7. Oktober eine Stellungnahme, die den Terrorüberfall in Hamas-Diktion als „Operation in Reaktion auf eskalierende israelische Verbrechen gegen das palästinensische Volk“ verklärt.

Die Organisation AMAN, die ebenfalls mit einigen hunderttausend Euro auf der Förderliste der EU steht, nannte den Anschlag wiederum eine „legitime Verteidigungsoperation des palästinensischen Widerstands“. Auch hierzu sagt die EU-Kommission bisher nichts. Warum ist sie nicht dazu in der Lage, diese nachprüfbaren Stellungnahmen umgehend zu verurteilen und ihrer Gelder zu entziehen?

Und wie kommt sie dazu, in den zwei von ihr identifizieren (aber nicht benannten) Fällen auch noch zu betonen, dass die Zahlungen weiterlaufen könnten, „wenn zufriedenstellende Erklärungen“ eingetroffen seien? Zumindest bei den hier zitierten Einlassungen stellt sich die Frage, was es da noch zu erklären geben soll. Die Ankündigung im Bericht, die Aktivitäten von geförderten Organisationen künftig mithilfe eines „internationalen Unternehmens“ überwachen zu wollen, klingt angesichts dieses Herumdrucksens lediglich wie ein Feigenblatt.

Noch gar nicht angesprochen sind damit die undurchsichtigen Zahlungen an die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) von Mahmud Abbas. Sie dienen der Bereitstellung von Sozialhilfen aber auch von Gehältern und Renten zahlreicher PA-Beamter. Im Bericht an die Kommission wird betont, dass durch verschiedene Prüfungen, etwa einen Abgleich mit Gefangenenlisten, sichergestellt werden soll, dass kein Geld an unerwünschte Personen wie Terroristen fließt. In Zukunft „könnten“ entsprechende Checks demnach auch auf Verwandte ersten Grades ausgedehnt werden.

Doch selbst wenn die Behauptung stimmen sollte, dass durch Überprüfungen bereits mehrere Personen von der Zahlungsliste der EU geflogen sind: Einem Vorwurf wird sich die Kommission nie entziehen können – dass sie durch ihre millionenschweren Hilfen Gelder bei den Palästinensern freisetzt, die diese dann an anderer Stelle in Terror stecken können.

Insgesamt machen die nun vorgelegten Prüfungsergebnisse den Eindruck, als habe die Untersuchung von Anfang an nur das sowieso gewünschte Ergebnis bestätigen sollen, das da lautet: alles ist in Ordnung; und nun bitte weiter wie bisher! Von dem von EU-Kommissar Várhelyi am 9. Oktober festgestellten „Wendepunkt“ ist nichts mehr zu spüren.

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